Oberlandesgericht Celle:
Beschluss vom 28. September 2007
Aktenzeichen: 2 Ws 261/07
(OLG Celle: Beschluss v. 28.09.2007, Az.: 2 Ws 261/07)
Sach- oder Geldleistungen an eine Schule im Rahmen einer Schulfotoaktion begründen den hinreichenden Tatverdacht einer Vorteilsgewährung und einer Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 331 ff StGB (entgegen BGH, Beschluss vom 20.10.2005, I ZR 112/03, veröffentlicht u.a. in NJW 2006, 225 ff)
Tenor
1. Der Beschluss vom 18.07.2007 wird zu Ziffer 2. und 3. teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
a) Die Anklage der Staatsanwaltschaft H. vom 14.12.2006 wird gegen die Angeklagten K. H. N. und H. B. im Hinblick auf die Fälle 1 bis 9 und 11 bis 16 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der Strafkammer 5 des Landgerichts H. (2. große Wirtschaftsstrafkammer) eröffnet.
b) Das Verfahren gegen die Angeschuldigten K. H. N. und H. B. wird hinsichtlich der Tat zu Ziffer 10. der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft H. vom 14.12.2006 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. In diesem Umfang trägt die Landeskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten.
c) Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigte A. N. wird auf Kosten der Landeskasse, die auch die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten zu tragen hat, abgelehnt.
d) Es wird festgestellt, dass die Angeschuldigte A. N. für Schäden, die ihr aufgrund der Strafverfolgungsmaßnahmen entstanden sind, aus der Staatskasse zu entschädigen ist.
2. Soweit die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigte A. N. abgelehnt wurde, wird die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.
3. Die Angeklagten K. H. N. und H. B. tragen die Kosten des gegen sie geführten Beschwerdeverfahrens und die ihnen insoweit entstandenen Auslagen.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Angeschuldigte A. N. und ihre insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
Gründe
I.
Den Beschuldigten wird mit der Anklage Bestechung in 16 besonders schweren Fällen gemäß §§ 334 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 335 Abs. 2 Nr. 3 1. Alt StGB zur Last gelegt. Der Angeklagte K. H. N. ist Gesellschafter und Angestellter der Firma G. f. Sch. K. H. N. mbH (im folgenden G.) und Komplementär der Firma G. G. für Sch.- und K. KG (im folgenden G.). Die Angeklagte H. B. ist Angestellte der G. und G. sowie Kommanditistin der G., die Angeschuldigte A. N. ist Geschäftsführerin und Gesellschafterin der G.. Ihnen wird mit der Anklage der Staatsanwaltschaft H. vom 14.12.2006 vorgeworfen, in insgesamt 16 Fällen mit den jeweiligen Leitern öffentlicher Schulen umsatzabhängige Rückvergütungen bzw. Geld- oder Sachspenden an die Schulen vereinbart und gewährt zu haben als Gegenleistung für die Gelegenheit zur Anfertigung von Schülerfotos oder sogenannten Schulsets und für die Erlaubnis zum Betreten der Schulgebäude und die Bereitstellung von Räumlichkeiten für die Anfertigung der Fotos. Dabei sollen die Ermessensentscheidungen der Schulleiter nicht nur von sachlichen Gründen, etwa Höhe des Preises, Qualität der Fotos und zügige Abwicklung der Fotoaufträge, sondern auch von der sachwidrigen Erwägung bestimmt worden sein, von den Firmen G. und G. Zuwendungen für die jeweilige Schule zu erhalten. Den drei Beschuldigten wird eine mittäterschaftliche Begehungsweise zur Last gelegt.
Die Einzelheiten ergeben sich aus Anklageschrift vom 14.12.2006.
Die Strafkammer 5 des Landgerichts H. lehnte mit Beschluss vom 18.07.2007 die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Sie begründet dies im Anschluss an den in der Entscheidung des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2005 (11 ZR 112/03) entwickelten Begriff des €Vorteils€ i. S. der §§ 331 ff. StGB im Wesentlichen mit der Erwägung, die geleisteten Zuwendungen enthielten keinen solchen Vorteil für die Schulen, da sie nicht unangemessen seien. Im Übrigen sei auch keine Unrechtsvereinbarung geschlossen worden, weil der Zusammenhang zwischen den jeweiligen Zuwendungen und der Entscheidung, den beteiligten Firmen das Durchführen der Fotoaktion zu ermöglichen, sich nicht als regelwidrig darstelle. Während der Tatzeiten habe es in Niedersachsen keine gesetzlichen oder ministeriellen Regelungen gegeben, die den Bereich der Schulfotografie einem besonderen Genehmigungsverfahren unterworfen hätten. Auch sonst gebe es keine Indizien für eine Regelwidrigkeit der Vereinbarungen zwischen G./G. und den Schulen, insbesondere sei von keiner Seite Druck auf die Schüler oder die Eltern ausgeübt worden, um höhere Umsatzbeteiligungen zu erzielen. In den Fällen 2, 7 und 13 bis 16 lasse sich ferner nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die bei den Vereinbarungen auf Seiten der beteiligten Schulen als Entscheidungsträger beteiligten Personen Amtsträger gewesen seien. Im Tatsächlichen begegne die Annahme mittäterschaftlichen Handelns, das allen drei Beschuldigten im Hinblick auf die angeklagten Taten zur Last gelegt worden sei, durchgreifenden Bedenken.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 24.07.2007. Sie beantragt, den Beschluss des Landgerichts H. vom 18.07.2007 aufzuheben, das Hauptverfahren zu eröffnen und hinsichtlich der Tat zu Ziffer 10 das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig und hat in der Sache hinsichtlich der Angeklagten K. H. N. und H. B. Erfolg. Hinsichtlich der Angeschuldigten A. N. ist die sofortige Beschwerde unbegründet.
1. K. H. N. und H. B.
Die Angeklagten K. H. N. und H. B. sind nach dem Stand der Ermittlungen der ihnen zur Last gelegten Straftaten i. S. von § 203 StPO hinreichend verdächtig.
8a) Hinreichender Tatverdacht zum Vorliegen eines Vorteils i. S. von § 334 StGB ist gegeben. Zwar hat der für Wettbewerbssachen zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in einer Entscheidung vom 20.10.2005 (I ZR 112/03) im Rahmen einer Inzidentprüfung auf der Grundlage von § 4 Nr. 11 UWG für einen gleichgelagerten Fall - es ging um das Angebot eines Fotostudios an eine Schule, dieser eine Geld- oder Sachspende zu überlassen, wenn die Schule eine Schulfotoaktion vermittelt - ausgeführt, eine solche Spende begründe keinen Vorteil i. S. der §§ 331 Abs. 1 und 333 Abs. 1 StGB, weil aufgrund eines entgeltlichen Vertrages eine Gegenleistung für eine geldwerte Leistung erbracht werde, die Gegenleistung im konkreten Fall als Entgelt nicht unangemessen und allein der Vertragsschluss als solcher nicht als Vorteil anzusehen sei. Diese Argumentation widerspricht allerdings der ständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofes, wonach ein Vorteil i. S. der § 331 ff. StGB bereits im Abschluss eines Vertrages liegen kann, der Leistungen an den Amtsträger zur Folge hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Leistungen nur das angemessene Entgelt für die vom Amtsträger aufgrund des Vertrages geschuldeten Gegenleistungen sind (so etwa BGHSt 31, 264 ff. m. w. N.). Diesen Standpunkt hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in dem Urteil vom 21.06.2007 - 4 StR 99/07 - ausdrücklich beibehalten, ohne allerdings auf die Entscheidung des 1. Zivilsenates vom 20.10.2005 einzugehen (gegen die Auffassung des 1. Zivilsenats auch Korte in: Münchener Kommentar, StGB, § 331 Rdn. 80, 107).
Auch der erkennende Senat vermag der Rechtsprechung des Wettbewerbssenates beim Bundesgerichtshof nicht zu folgen. Es geht bei der Frage eines Vorteils im Rahmen der Bestechungsdelikte nicht um eine Bewertung von Leistung und Gegenleistung als angemessen oder unangemessen, sondern darum, ob schon der Vertragsschluss als solcher ein Vorteil ist, unabhängig vom Wert der daraus geschuldeten Gegenleistung. Auch durch eine angemessene - aber sonst nicht erzielbare - Gegenleistung kann ein Amtsträger veranlasst werden, im Sinne des leistenden Vertragspartners zu entscheiden. Dies trifft auch die hier relevanten Fälle von Schulfotoaktionen, denn hier ist gerade der Vertragsschluss als solcher vorteilhaft für die Schule, weil bereits damit der Anspruch auf eine Zuwendung begründet wird, die anders nicht zu erlangen wäre.
Bei der Bewertung eines Vertragsschlusses als Vorteil handelt es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keineswegs um einen überflüssigen €Kunstgriff€. Vielmehr ist diese Bewertung gerade deshalb entwickelt worden, um solche Fälle in den Tatbestand einzubeziehen, bei denen sonst durch die Vereinbarung eines Vertragsverhältnisses zwischen Amtsträger und Leistungsgeber Bestechungstatbestände ausgeschlossen wären (vgl. dazu BGHSt 31, 264 ff.). So bliebe nach der Auffassung des Wettbewerbssenates beim Bundesgerichtshof selbst derjenige Amtsträger straflos, der eine Vereinbarung über eine eigene Leistung und eine - angemessene - Gegenleistung im Hinblick auf eine von ihm selbst zu entscheidende Angelegenheit schließt; dies würde für den Bauamtsleiter gelten, der eine - angemessene - Gegenleistung für den Entwurf des Bauwerkes erhält, dessen Genehmigung in seine Zuständigkeit fällt und auch für den Richter, der - angemessen - vergütet wird für die Fertigung einer Klageerwiderung in einer bei ihm anhängigen Sache. Es steht außer Frage, dass solche Ergebnisse jedwede Intention des Korruptionsgesetzgebers konterkarieren würden (vgl. im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intentionen auch die Entscheidung des 3. Strafsenates des Bundesgerichtshofes vom 28.08.2007 - 3 StR 212/07 -, in der eine teleologische Reduktion der Korruptionstatbestände mit der Erwägung begründet wird, ein anderes Ergebnis €kann nicht sein€).
Im Übrigen wäre nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen auch kaum von einer angemessenen Gegenleistung für die Schulen auszugehen, weil deren €Organisationsleistung€ in keinem Vertrag Bezugspunkt der Abreden war. Der Wert der von den Angeklagten im Vorfeld oder in den Verträgen versprochenen Zuwendungen ist unabhängig davon bemessen worden, wie aufwendig die Schulfotoaktion ist, sondern nur danach, welcher Umsatz bei der G. und der G. zu erwarten war. Im Rahmen der Ermittlungen ist bei keiner Schule zutage gefördert worden, dass die Schulleiter oder die anderen Amtsträger ihren Organisationsaufwand hätten vergütet wissen wollen. Zwar stand der zu erwartende Umsatz in Zusammenhang mit der Anzahl der Schüler und dadurch mit dem Aufwand bei der Organisation. Dennoch ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen kein Zusammenhang zwischen der Organisationsleistung der Schule und der Rückvergütung oder Sachspende, was insbesondere in den Fällen der prozentualen Rückvergütung deutlich wird. Die Höhe der Rückvergütung richtete sich in diesen Fällen nach der Höhe des Umsatzes und gerade nicht nach dem Ausmaß der Organisationsleistungen.
b) Die Angeklagten K. H. N. und H. B. sind auch hinreichend verdächtig, für die G. und die G. Unrechtsvereinbarungen mit den Amtsträgern der in der Anklage zu Ziffer 1 bis 9 und 11 bis 16 genannten Schulen getroffen zu haben.
Das dabei vorausgesetzte Äquivalenzverhältnis begründet sich mit der Gegenseitigkeit der Geld- oder Sachzuwendungen für die Durchführung der Schulfotoaktion durch die Angeklagten und der Zustimmung der Schulleiter zur Durchführung einer solchen Schulfotoaktion mit Zutritt zum Schulgelände.
Auch eine Unrechtsvereinbarung liegt vor. Es besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, dass über das deskriptive Merkmal des Äquivalenzverhältnisses hinaus ein normatives Korrektiv erforderlich ist, um den Anwendungsbereich der Korruptionsvorschriften auf die tatsächlich strafwürdigen Fallgestaltungen zu beschränken und nicht etwa beispielsweise schon das Aushandeln eines Rabattes für die Anstellungskörperschaft zu bestrafen (vgl. dazu Korte in: Münchener Kommentar a. a. O., § 331, Rdnr. 106). Dieses mit dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung beschriebene normative Korrektiv wird unterschiedlich definiert. Verlangt wird in der Literatur zum Teil über das Bestehen eines Äquivalenzverhältnisses zwischen Vorteil und Gegenleistung hinaus eine Regelwidrigkeit (vgl. etwa Korte in: Münchener Kommentar a. a. O., Rdnr. 106; Schönke-Schröder-Heine, StGB, 27. Aufl., § 331 Rdnr. 4/5) oder Unlauterkeit (Beulke, Strafrechtliches Gutachten zur Schulfotografie, S. 45) dieses Verhältnisses, während die Rechtsprechung auf den €bösen Anschein möglicher Käuflichkeit des Amtsträgers€ abstellt (vgl. dazu BGH NStZ 2005, 334; BGH, Urteil vom 21.06.2007, 4 StR 99/07 und zuletzt BGH, Urt. v. 28.08.2007 - 3 StR 212/07).
Nach allen diesen Auffassungen liegt der hinreichende Tatverdacht einer Unrechtsvereinbarung vor. Zwar führt das Landgericht zutreffend aus, zum Zeitpunkt der zur Anklage gelangten Taten habe es keine Verwaltungsvorschriften gegeben, die die Durchführung von Schulfotoaktionen explizit geregelt und auch Drittvorteile erfasst hätten. Daraus schließt es im Ergebnis auf das Fehlen einer Regelwidrigkeit bzw. eines bösen Anscheins der Käuflichkeit, weil das Verhalten der Schulleiter nicht verboten gewesen sei. Demgegenüber weist die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass die Annahme €von Spenden oder sonstigen Zuwendungen, die mit Werbung verbunden sind€ gem. Ziffer 2 des Erlasses des MK vom 07.09.1994 (jetzt gleichlautend Abschnitt 2 des Folgeerlasses vom 10.01.2005) wegen einer Inventarisierung der Gegenstände oder wegen möglicher Folgekosten einer Zustimmung des Schulträgers, jedenfalls aber der Kontaktaufnahme mit ihm bedurft hätte. Selbst wenn es sich bei den Zuwendungen der G. und der G. an die Schulen um Entgelte für deren Mitarbeit gehandelt haben sollte, fallen diese Geld- und Sachleistungen unter die Begriffe €Spenden oder sonstige Zuwendungen, die mit Werbung verbunden sind€ im Sinne des genannten Erlasses. Das Versprechen der Geld- oder Sachleistungen diente den Schulfotogesellschaften dazu, den Auftrag für die Durchführung der Schulfotoaktionen zu erhalten, war also Bestandteil ihrer Werbemaßnahmen, um den Auftrag zu erhalten. Auch wenn der Erlassgeber seinerzeit eher Fälle direkter Werbung gemeint haben sollte, ändert dies nichts daran, dass die Geld- und Sachleistungen der Schulfotoaktionen Werbecharakter hatten und ihre Annahme deshalb mindestens einer Kontaktaufnahme mit dem Schulträger bedurfte. Eine solche Kontaktaufnahme mit dem Schulträger ist nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen in keinem der angeklagten Fälle erfolgt.
Ein €böser Anschein der Käuflichkeit€ ergibt sich aber auch aus dem Verdacht, dass die Zuwendungen konkrete Auswirkungen auf die Preisgestaltung der G./G. gegenüber den Abnehmern der Fotos hatten. Dieser Verdacht folgt aus den für das Jahr 2005 herausgegebenen Angebotsschreiben mit einem Aktionsangebot für die Eltern, wonach sich der Preis für die Eltern reduzieren sollte, wenn die Schule auf Zuwendungen verzichtete. Es besteht daher der Verdacht, dass eine solche Preisreduktion auch in den früheren Jahren und damit in den angeklagten Fällen möglich gewesen ist, und mithin der Anschein, dass auf Seiten der Schulleiter bewusst die Zuwendung an die Schule einer Preisreduktion für die Eltern vorgezogen wurde, zum Vorteil der Schule und zum Nachteil für die Eltern. Den Abnehmern der Fotos, in der Regel also den Eltern, wurde bei der Entscheidungsfindung kein Mitspracherecht eingeräumt, vielmehr hat der jeweilige Schulleiter nach dem bisherigen Ermittlungsstand allein nach eigener Einschätzung und in Abhängigkeit von Art und Höhe der Zuwendung an die Schule die Entscheidung über die Durchführung einer Schulfotoaktion getroffen.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der durch solche Umstände entstandene Anschein der Käuflichkeit ausgeschlossen wäre, wenn eine Elternbeteiligung - etwa in Form einer Schulkonferenz - stattgefunden und damit eine bewusste Entscheidung der Abnehmer über höhere Fotopreise zugunsten der Schule herbeigeführt worden wäre. Eine Beteiligung der Eltern/Abnehmer lässt sich gegenwärtig für die angeklagten Fälle nämlich nicht feststellen. Lediglich im Fall der Grundschule G. (Fall 2 der Anklage) wurde bei einer früheren Schulfotoaktion auf die noch zu erwartende Abklärung in einer Konferenz verwiesen. Sollte sich im Rahmen der Hauptverhandlung ergeben, dass eine entsprechende Elternbeteiligung stattgefunden hat, wird die Kammer zu entscheiden haben, ob dadurch tatsächlich die notwendige Transparenz geschaffen worden sein könnte, die erforderlich wäre, um den Anschein der Käuflichkeit zu vermeiden.
Der Verdacht auf eine Unrechtsvereinbarung entfällt auch nicht etwa deshalb, weil entsprechende Vorteilsgewährungen von Schulfotografen üblich gewesen wären. Unter diesem Gesichtspunkt könnten allenfalls gewohnheitsmäßig allgemein anerkannte und relativ geringe Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlass zu berücksichtigen sein (vgl. zu diesen Ausnahmen BGH NStZ 2005, 334). Ein solcher Fall liegt bereits im Hinblick auf die Höhe der jeweiligen Zuwendungen ersichtlich nicht vor, zudem war eine solche eventuelle Praxis möglicherweise bei den betroffenen Personenkreisen, keineswegs aber allgemein anerkannt.
Für die strafrechtliche Bewertung als Unrechtsvereinbarung ist es schließlich ohne Bedeutung, dass Verhaltensweisen wie diejenigen der Angeklagten vom Bundesgerichtshof als wettbewerbsrechtlich zulässig angesehen wurden, weil auch ein wettbewerbsrechtlich zulässiges Verhalten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität von Amtsträgern beeinträchtigen kann und das Wettbewerbsrecht bereits wegen seiner anderen Zielrichtung nicht den Maßstab für die Anforderungen an das Verhalten der öffentlichen Verwaltung bildet.
c) Hinreichender Tatverdacht besteht auch in den Fällen, in denen nach Aktenlage auf Seiten der Schulen nicht der Schulleiter selbst, sondern etwa eine Sekretärin, ein Lehrer oder ein Schulassistent tätig geworden sind. Zunächst ist bei lebensnaher Betrachtung nicht davon auszugehen, dass diese Personen die Durchführung der Schulfotoaktion in eigener Zuständigkeit entschieden haben, sondern deshalb, weil sie vom Schulleiter mit der Abwicklung von Schulfotoaktionen beauftragt worden sind. Darüber hinaus ist aber davon auszugehen, dass auch diese Personen Amtsträger i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind, und selbst ein Missbrauch ihrer Zuständigkeit ließe ihre Amtsträgereigenschaft nicht entfallen (vgl. nur Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 331 Rdnr. 6).
d) Schließlich besteht auch - noch - hinreichender Tatverdacht einer mittäterschaftlichen Begehungsweise durch die Angeklagten K. H. N. und H. B.. Dieser Tatverdacht ergibt sich vor allem aus der Zusammenarbeit der Angeklagten in den Fällen 2, 4 und 11 der Anklage, bei denen zwar der Angeklagte K. H. N. die Termine mit den Schulen vereinbart, die Angeklagte B. aber anschließend entsprechende Bestätigungsschreiben an die Schule versandt haben soll. Umgekehrt soll im Fall 8 die Angeklagte B. als diejenige in Erscheinung getreten sein, die den Termin mit der Schule vereinbart hat, später soll jedoch durch den Angeklagten K. H. N. die Kameralieferung an die Schule veranlasst worden sein. Daraus folgt in diesem Stand des Verfahrens, dass beide Angeklagte in mehreren Fällen, und zwar sowohl für die G. als auch für G., zusammen an der Auftragserledigung beteiligt waren, ohne dass sich dies auf ihre jeweilige gesellschaftsrechtliche Stellung zurückführen ließe. Vielmehr scheint sich die arbeitsteilige Auftragserledigung aus der innerbetrieblichen Struktur ergeben zu haben, was wiederum einen hinreichenden Tatverdacht dahingehend begründet, dass dies in den übrigen angeklagten und ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls so war.
2. A. N.
Ein hinreichender Tatverdacht gegen A. N. ist aus tatsächlichen Gründen nicht gegeben. Die Angeschuldigte A. N. ist gegenüber den Schulen weder bei den Vertragsverhandlungen noch bei deren Anbahnung in Erscheinung getreten. Eine positive Kenntnis vom konkreten Handeln der beiden anderen Angeklagten, die Förderung ihres Handelns oder auch nur deren Billigung sind weder dem Anklagesatz noch dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen zu entnehmen. Allein aus ihrer Stellung als Ehefrau des Angeklagten K. H. N. oder als Mitgesellschafterin und seit dem 02.01.2003 als Geschäftsführerin der G. ist eine Mittäterschaft ebenso wenig zu begründen wie hinsichtlich der G., zu der die Angeschuldigte A. N. nicht einmal gesellschaftsrechtliche Beziehungen hat. Den Angabe des Angeklagten K. H. N., wonach er und seine Frau die Schulaktionen durchgeführt hätten, steht seiner Auskunft gegenüber, dass seine Frau zwar Geschäftsführerin der G. sei, die Angebote jedoch von ihm vorgeschlagen und gefertigt worden seien.
3. Nebenbeteiligte
Soweit in der Anklage auch die Anordnung einer Nebenbeteiligung der G. und der G. beantragt worden war, sieht sich der Senat an einer Entscheidung gehindert, weil der Antrag in der Beschwerdeinstanz nicht wiederholt wurde und die Beschwerde sich nur gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens richtete. Die Entscheidung darüber ist indessen noch innerhalb der von §§ 444 Abs. 1 Satz 2, 431 Abs. 4 StPO vorgesehenen Frist nachholbar.
III.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 467 Abs.1 und 4 StPO, soweit das Verfahren gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, im übrigen auf § 473 StPO (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 473 Rdnr. 8).
OLG Celle:
Beschluss v. 28.09.2007
Az: 2 Ws 261/07
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