Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg:
Urteil vom 18. Oktober 2006
Aktenzeichen: 13 Sa 69/05
(LAG Baden-Württemberg: Urteil v. 18.10.2006, Az.: 13 Sa 69/05)
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20.05.2005 - 11 Ca 158/04 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vertragsstrafen- und Schadensersatzansprüche, die der Kläger aus der behaupteten Verwendung betrieblicher Daten durch den Beklagten zu Wettbewerbszwecken herleitet.
Der Kläger, der Buchprüfer und Steuerberater ist, unterhielt u. a. in Kn. eine Steuerberatungskanzlei. Der Beklagte ist Steuerfachangestellter. In dieser Funktion beschäftigte ihn der Kläger vom 01.01.2002 jedenfalls bis zum 29.05.2002. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis in der sechsmonatigen Probezeit zunächst ordentlich mit Schreiben vom 27.05.2002 zum 30.06.2002(Anlage K 2 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 10 der Akte des Arbeitsgerichts). Später teilte er dem Kläger unter dem 30.05.2002 mit, aus zwingenden gesundheitlichen Gründen sei es ihm ab sofort nicht mehr möglich, in der Kanzlei zu erscheinen (Anlage K 3 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 11 der Vorakte). Dieses Schreiben ging dem Kläger schon am 29.05.2002 zu.
§ 6 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 12.12.2001 lautet wie folgt (Anlage K 1 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 8 Rückseite der Akte erster Instanz):
§ 6 Mandatsschutzvereinbarung
(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, bis zu zwei Jahre nach Beendigung dieses Vertragsverhältnisses weder für eigene noch für fremde Rechnung im Rahmen einer Tätigkeit bei einer im Raum K. ansässigen Steuerberatungskanzlei Mandate des Auftraggebers zu bearbeiten.
(2) Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Verpflichtung, so ist er verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe des 1,2-fachen Jahreshonorars an den Arbeitgeber zu zahlen, die der Arbeitgeber zuletzt von dem Mandant erhalten hat. Weiter gehende Schadensersatzansprüche bleiben hiervon unberührt.
(3) Der Arbeitnehmer trägt, soweit es zu einem Mandatswechsel innerhalb (von) 18 Monaten nach Beendigung dieses Vertragsverhältnisses kommt, die Beweislast für die Einhaltung seiner Verpflichtung nach Absatz 1. Auf Verlangen des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer über die einzelnen Umstände Auskunft zu geben.
Drei der Mandanten des Klägers - Frau W. und die Eheleute C. - beendeten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses der Parteien ihre Vertragsbeziehungen mit dem Kläger und erteilten dem neuen Arbeitgeber des Beklagten, dem in N. ansässigen Steuerberater Ch., Mandat. Das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit Herrn Ch. und der mit ihm assoziierten Rechtsanwältin W. begann am 14.10.2002 und endete am 31.07.2003(vgl. dazu das als Anlage des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005 vorgelegte Arbeitszeugnis vom 12.09.2003, Blatt 32 f. der erstinstanzlichen Akte). Die Herrn Ch. erteilten Mandate des Ehepaars C. und Frau W. dauerten über das Ausscheiden des Beklagten bei Herrn Ch. an. Frau W. beendete die Vertragsbeziehung mit Herrn Ch. allerdings inzwischen zum Ende des Monats Oktober 2005 und erteilte dem jetzigen Arbeitgeber des Beklagten Mandat. Die laufende Buchführung der Mandanten C. und W. wurde in der Kanzlei des Klägers durch den für ihn tätigen Buchhalter F. erstellt. Der Beklagte hatte im Büro des Klägers mit Ausnahme der Entgegennahme von Buchungsunterlagen, der telefonischen Anforderung fehlender Belege oder nötiger Rückfragen zu Buchführungsbelegen mit den Mandaten der Damen und Herren C. und W. nichts zu tun (zu den Details S. 5 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 3 der Vorakte).
Wann Frau W., die ein Reisebüro leitet, die Vertragsbeziehung mit dem Kläger beendete und wann sie ein Vertragsverhältnis mit Herrn Ch. aufnahm, ist zwischen den Parteien umstritten. Der Kläger behauptet einen Wechsel im September 2002. Der Beklagte datiert die Aufnahme der vertraglichen Beziehungen zwischen Frau W. und Herrn Ch. auf einen Zeitpunkt nach dem 14.10.2002. Das Ehepaar C., das ein Blumengeschäft unterhält, wechselte zu einem zwischen den Parteien ebenfalls streitigen Zeitpunkt zu dem Steuerberater Ch. Der Kläger behauptet, Herrn Ch. sei im Dezember 2002 Mandat erteilt worden, während der Beklagte den Wechsel erst auf einen nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Februar 2003 datiert (siehe zu den Gründen des Wechsels von Frau W. deren Schreiben an den Kläger vom 04.12.2002, Anlage K 4 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 12 der Vorakte; vgl. auch die Anforderung der Unterlagen der Damen und Herren C. und W. durch die neuen Arbeitgeber des Beklagten - Frau W. und Herrn Ch. - gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 27.02.2003 und 26.06.2003, Anlagen K 5 und K 6 der Klageschrift, Blatt 13 f. der Akte erster Instanz).
Die Umstände der Beendigung der dem Kläger von Herrn und Frau C. sowie Frau W. erteilten Mandate sind zwischen den Parteien umstritten. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die Eheleute C. und Frau W. unmittelbar nach seiner rechtswidrigen fristlosen Kündigung im Juni 2002 durch fernmündliche, postalische oder persönliche Angebote gezielt u. a. mit niedrigeren Preisen zum Mandatswechsel bewegt (im Einzelnen S. 2 vorletzter und letzter Absatz der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 1 Rückseite der Akte des ersten Rechtszugs; S. 8 drittletzter Absatz des Schriftsatzes des Klägers vom 04.04.2005, Blatt 96 Rückseite der Akte des Arbeitsgerichts). Frau C. habe bei einem Telefongespräch mit dem Kläger im Dezember 2002 geäußert, dass ein Steuerberater aus N. die Arbeiten billiger mache und außerdem die Unterlagen abgeholt habe. Deshalb werde sie ab dem neuen Jahr zu dem anderen Steuerberater wechseln (S. 7 des Schriftsatzes des Klägers vom 04.04.2005, Blatt 96 der Vorakte). Die steuerlichen Dokumente habe der Beklagte selbst bei dem Ehepaar C. und Frau W. abgeholt.
Bei anderen Mandanten habe der Beklagte bei seinen Kontaktaufnahmen nach seiner fristlosen Kündigung im Juni 2002 dagegen keinen Erfolg gehabt. In der Folge des rechtswidrig beendeten Arbeitsvertrags habe er sich z. B. telefonisch an das Ehepaar M. gewandt und erklärt, er habe sich nun selbständig gemacht und arbeite mit einem Steuerberater und einer Rechtsanwältin zusammen. Ob die Eheleute M. den Steuerberater nicht wechseln wollten. Die Unterlagen werde er selbst abholen und bearbeiten. Frau M. habe sich für das Angebot zunächst nicht interessiert, weil sie ihre Angelegenheiten nicht nach L. habe verlagern wollen. Darauf habe der Beklagte in Täuschungsabsicht entgegnet, es sei ohnehin beabsichtigt, in Kn. eine Niederlassung zu eröffnen. Als sich Frau M. einem Steuerberaterwechsel noch immer nicht geöffnet habe, habe der Beklagte angekündigt, ihr dennoch in den nächsten Tagen für alle Fälle eine Visitenkarte per Post zu schicken. In der Folge habe der Beklagte auch tatsächlich seine Visitenkarte und die Visitenkarten seines neuen Steuerberaters und der mit ihm assoziierten Rechtsanwältin an Frau M. versandt (S. 3 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 2 Vorderseite der Vorakte).
Schon während der Dauer des Arbeitsvertrags sei der Beklagte in ähnlicher Weise an Herrn B. herangetreten. Er habe ihm ebenfalls von seiner künftigen Selbständigkeit berichtet und erklärt, er werde die Arbeiten wesentlich billiger erledigen. Er arbeite mit einem Steuerberater zusammen, der die Arbeiten fachlich überwache. Kurz nach seiner fristlosen Kündigung sei der Beklagte in den Geschäftsräumen des Friseurmeisters Ko. persönlich vorstellig geworden und habe nach demselben Muster versucht, den Mandanten hinsichtlich seiner beruflichen und privaten steuerlichen Angelegenheiten abzuwerben. Ferner habe der Beklagte versucht, Frau Bü. zu einem Wechsel ihres Steuerberaters zu bewegen.
An all diesen Begebenheiten zeige sich, dass der Beklagte sich während seiner nur viermonatigen Tätigkeit für den Kläger systematisch - spionierend - Adressen, Telefonnummern und andere Informationen über die Mandanten des Klägers verschafft habe. Von seinem neuen Arbeitgeber, dem Steuerberater Ch., habe der Beklagte materielle Zuwendungen für die abgeworbenen Mandanten des Klägers in Höhe des überwiegenden Teils des Honorars erhalten, soweit Herr Ch. nicht unmittelbar mit den Eheleuten C. und Frau W. abgerechnet habe. Für die abgeworbenen Mandanten C. und W. habe der Beklagte während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses mit Herrn Ch. die Jahresabschlussarbeiten und Steuererklärungen für die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer erstellt. Ihm habe die gesamte Mandantenbetreuung oblegen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltene Vertragsstrafe verwirkt und sei ferner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Kläger durch den Verlust der Mandate C. und W. bereits entstanden sei und künftig entstehen werde. Der Anspruch des Klägers folge schon aus der in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltenen Mandantenschutzklausel. Aber auch auf der Grundlage von §§ 823 Abs. 2 BGB, 5, 160 StBerG stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zu. Der Beklagte sei nicht berechtigt, mit einem Steuerberater in Wettbewerb zu treten. Außerdem habe er durch sein Verhalten seine nachvertragliche Treuepflicht verletzt. Da er durch seinen rechtswidrigen Wettbewerb den Absatz des Klägers behindert habe, sei er auch nach §§ 280, 823 Abs. 1, 826 BGB, 3, 4 Nrn. 10 und 11, 9, 17 UWG zum Schadensersatz verpflichtet. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Beklagte in zulässiger Weise zu seinem früheren Arbeitgeber in Konkurrenz getreten sei. Vielmehr sei entscheidend, dass der Beklagte die über den Mandantenstamm des Klägers gewonnenen Kenntnisse nicht zugunsten seines späteren Arbeitgebers habe verwenden dürfen.
Die verwirkte Vertragsstrafe bemesse sich nach dem mit dem 1,2-fachen Betrag des Umsatzes zu bewertenden Geschäftswert der Mandate C. und W. bei der anstehenden Veräußerung der Steuerberatungskanzlei des Klägers. Hilfsweise schulde der Beklagte den Geschäftswert als Schadensersatz. Hinsichtlich der Gewinneinbußen sei der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet (zu der behaupteten Vertragsstrafen- und Schadenshöhe näher S. 8 ff. der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 4 Rückseite und Blatt 5 Vorder- und Rückseite der Vorakte; S. 1 des Schriftsatzes des Klägers vom 27.12.2004, Blatt 20 der erstinstanzlichen Akte; S. 2 erster und zweiter Absatz der Sitzungsniederschrift vom 20.05.2005, Blatt 121 der Akte des Arbeitsgerichts). Das in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltene Verbot habe nicht durch eine Karenzentschädigung ausgeglichen werden müssen, weil die Klausel nicht den Wettbewerb, sondern die Art und Weise der Verwendung der während des Arbeitsverhältnisses erlangten Informationen regle.
Der Kläger hat beantragt:
1. Der Beklagte wird zur Zahlung in Höhe von 18.271,76 Euro nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verurteilt.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte für den entgangenen Gewinn der durch ihn herbeigeführten Mandatswechsel der steuerlichen Angelegenheiten der Eheleute C. in Kn. sowie der Frau W. in J. ab dem Veranlagungsjahr 2004 bis zur Aufgabe der Steuerberatungskanzlei Kn. des Klägers zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat bestritten, jemals Mandanten des Klägers für sich oder Dritte abgeworben zu haben oder auch nur von sich aus an sie herangetreten zu sein (vgl. zu den Einzelheiten dieser Einlassung Ziffern 1 und 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005, Blatt 24 ff. der Akte des ersten Rechtszugs). Insbesondere habe er nicht auf Frau C. und Frau W. eingewirkt, um sie zu einem Steuerberaterwechsel zu bewegen. Vielmehr habe Herr C. den Beklagten an der D.-Tankstelle in Kn. angesprochen und geäußert, wegen des dauernden Personalwechsels in der Kanzlei des Klägers wolle er zu einem anderen Steuerberater wechseln. Man sei mit der Tätigkeit des Beklagten sehr zufrieden gewesen. Herr C. habe gefragt, wo der Beklagte nun arbeite. Daraufhin habe der Beklagte erklärt, bei einem Steuerberater in N. tätig zu sein. Das sei Herrn C. doch zu weit weg. Herr C. habe jedoch entgegnet, er fahre zum Einkaufen regelmäßig nach N. Für ihn sei es deswegen völlig unproblematisch, dorthin zu wechseln. Erst im Februar 2003 habe Herr C. Herrn Ch. das Mandat erteilt, wie das durch den Kläger vorgelegte Schreiben Herrn Ch.svom 27.02.2003 belege (S. 3 f. des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005, Blatt 25 f. der Akte des Arbeitsgerichts).
Was den Steuerberaterwechsel Frau W.s angehe, habe der Beklagte in ihrem Reisebüro in J. eine eigene Reise gebucht. Dabei habe Frau W. den Beklagten gefragt, wo er jetzt arbeite. Er habe bekundet, dass er seit dem 14.10.2002 bei Herrn Steuerberater Ch. in N. tätig sei. Frau W. habe erwidert, sie wolle zu dem Büro Ch. wechseln. Dieses Büro solle ihre steuerliche Betreuung übernehmen (S. 4 des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005, Blatt 26 der Vorakte). In die Geschäftsräume Herrn Ko.s sei der Beklagte im Juli 2002 nur gekommen, um sich die Haare schneiden zu lassen, nicht etwa, um Herrn Ko. zum Steuerberaterwechsel zu bewegen.
Die Mandate der Eheleute C. und Frau W.s seien in der Kanzlei seiner neuen Arbeitgeber ausschließlich von Herrn Ch. betreut worden. Der Beklagte sei auch niemals - als Buchführungshelfer oder in anderer Funktion - selbständig tätig geworden. Über sein Gehalt hinausgehende Provisionen oder Ähnliches habe er zu keinem Zeitpunkt erhalten. Jedenfalls sei die angegebene Vertragsstrafen- und Schadenshöhe unrichtig (dazu im Einzelnen S. 7 ff. des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005, Blatt 29 ff. der Vorakte).
Mit Urteil vom 20.05.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Es gebe keine Grundlage für den Anspruch des Klägers. Die in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltene allgemeine Mandantenschutzklausel sei unwirksam. Daran ändere auch die sog. salvatorische Klausel in § 12 des Arbeitsvertrags nichts. Diese Bestimmung unterliege als allgemeine Arbeitsbedingung dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Nach § 306 Abs. 2 BGB trete die gesetzliche Regelung zwingend an die Stelle der unwirksamen allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Kammer habe bereits Bedenken daran, ob eine Mandantenschutzklausel mit einem Steuerfachangestellten überhaupt wirksam vereinbart werden könne, weil der Steuerfachangestellte nach §§ 5 und 160 StBerG grundsätzlich nicht in Wettbewerb mit einem Steuerberater treten dürfe. Das schützenswerte Interesse des Arbeitgebers daran, Mandate nicht dadurch zu verlieren, dass der Arbeitnehmer Daten, von denen er über Vertragsbeziehungen seines früheren Arbeitgebers erfahren habe, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an Dritte weitergebe, sei ausreichend durch die aus Treu und Glauben abzuleitende nachvertragliche Loyalitätspflicht geschützt. Selbst aus einer wirksamen Mandantenschutzklausel folge nicht das Verbot, Mandanten für Dritte abzuwerben.
Soweit der Kläger Wettbewerbsverstöße während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und Verletzungen der nachvertraglichen Treuepflicht rüge, sei sein Vortrag jeweils nicht ausreichend substanziiert (dazu näher B II und III der Gründe des erstinstanzlichen Urteils, Blatt 131 ff. der Vorakte). Im Hinblick auf §§ 13, 1 UWG und 826 BGB sei ebenfalls nicht klar, wann und mit welchen konkreten werbenden Aussagen der Beklagte Mandanten des Klägers gezielt abgeworben habe. Ein Anspruch aus § 17 Abs. 2 UWG scheitere daran, dass der Kläger nicht vorgebracht habe, auf welche konkreten unbefugt erlangten Geschäftsgeheimnisse der Beklagte zugegriffen habe.
Da der Kläger zuletzt nicht mehr behauptet habe, dass der Beklagte als Steuerberater aufgetreten und in dieser Funktion in Wettbewerb zu ihm getreten sei, stützten auch §§ 823 Abs. 2 BGB, 5, 160 StBerG die erhobenen Schadensersatzansprüche nicht. Ein Eingriff in den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb komme nicht in Betracht, weil die Beziehungen zu Mandanten keine absolut geschützten Rechtsgüter seien. Wettbewerb und das hierzu nötige Abwerben von Kunden seien immanente Bestandteile der deutschen Wirtschaftsordnung, zumal schon zweifelhaft sei, ob das Abwerben von Kunden als betriebsbezogener Eingriff eingeordnet werden könne. Schließlich wiesen Kundenbeziehungen keinen Zuweisungsgehalt auf. Auch die Eingriffskondiktion des § 812 BGB begründe die Ansprüche des Klägers daher nicht.
Mit seiner am 29.06.2005 eingegangenen und am 15.09.2005 begründeten Berufung wendet sich der Kläger gegen die ihm am 01.06.2005 zugestellte arbeitsgerichtliche Entscheidung. Die Berufungsbegründungsfrist war mit Verfügung vom 01.07.2005 bis 15.09.2005 verlängert worden.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts dürfe der Arbeitnehmer wettbewerbsrelevante Kenntnisse über Unternehmensgeheimnisse - hier in Form flüchtiger Mandantenkontakte seines früheren Arbeitgebers - nur im Rahmen seiner Berufsausübung einsetzen. Eine weiter gehende Freiheit des Arbeitnehmers bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht, wie insbesondere die Entscheidung des Dritten Senats vom 15.12.1987(- 3 AZR 474/86 -)zeige. Indem das Arbeitsgericht den Schwerpunkt der Lösung des Falls in der Frage eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gesehen habe, habe es die eigentliche Problematik verkannt. Ein Steuerfachangestellter habe grundsätzlich kein schützenswertes Interesse an der Mandantenakquisition. Wie § 57 a StBerG deutlich mache, sei der Wettbewerb bei freien Berufen gerade stärker reglementiert als bei sonstigen Gewerbetreibenden. Den Schutz der Unternehmensgeheimnisse an eine Karenzentschädigung zu binden, widerspreche zudem der gesetzgeberischen Wertung der §§ 17 UWG und 241 Abs. 2 BGB.
Die Ansprüche des Klägers gründeten sich - wie schon erstinstanzlich vertreten - auf die unterschiedlichen Anspruchsnormen der §§ 280, 282 BGB, des § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb, der §§ 4 Nrn. 10 und 11, 9 und 17 UWG, der §§ 4 Nr. 10, 9 UWG, 823 Abs. 2 BGB und des § 826 BGB(zu diesen Rechtsansichten im Einzelnen Ziffer 3 b bis e der Berufungsbegründung vom 15.09.2005, Blatt 38 Rückseite bis Blatt 40 Vorderseite der Akte zweiter Instanz, und Ziffer 2 b des Schriftsatzes des Klägers vom 12.04.2006, Blatt 67 Rückseite bis Blatt 68 Vorderseite der Berufungsakte). Das Arbeitsgericht habe folglich die erforderliche Beweisaufnahme über die schädigenden Handlungen im Zusammenhang mit den Steuerberaterwechseln der Mandanten C. und W. einschließlich der vorgetragenen Hilfstatsachen - der Vorgänge um die erfolglos gebliebenen Abwerbungsversuche bei den Mandanten B., Bü., Ko. und M. - versäumt. Mit der vermissten Substanziierung habe sich das Gericht erster Instanz in Wirklichkeit eine gründliche Auseinandersetzung mit der Rechtslage ersparen wollen. Aus diesem Grund sei der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen. Wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs seien die Gerichtskosten des Berufungsrechtszugs nach § 21 GKG nicht zu erheben.
Unter Vertiefung seines tatsächlichen Vorbringens hält der Kläger an seinen erstinstanzlichen Behauptungen im Zusammenhang mit dem Herantreten des Beklagten an Herrn B., das Ehepaar Bü., die Eheleute C., Herrn Ko., Frau M. und Frau W. fest (detailliert Ziffer 2 a der Berufungsbegründung vom 15.09.2005, Blatt 35 Rückseite bis Blatt 37 Rückseite der Berufungsakte). Was das aus Sicht des Klägers erstmalig in zweiter Instanz erfolgte Bestreiten des Vortrags zu den Mandanten B., Bü., Ko. und M. betrifft, rügt der Kläger Verspätung. Letztendlich habe der Beklagte in regelmäßiger Schwarzarbeit die Finanzbuchhaltung der in wirtschaftlich beengten Verhältnissen lebenden Mandanten C. und W. erstellt und hierfür finanzielle Zuwendungen erhalten (Ziffer 2 b des Schriftsatzes des Klägers vom 12.04.2006, Blatt 67 Rückseite und Blatt 68 Vorderseite der Berufungsakte).
Zwischen dem Beklagten und dem Ehepaar C. sowie Frau W. sei es auch keineswegs zu zufälligen Begegnungen gekommen. Vielmehr seien diese Mandanten erst durch unterbietende Offerten des Beklagten zum Wechsel veranlasst worden, zumal ein anderer Steuerberater auch durch das Branchenverzeichnis gefunden werden könne, die Höhe des dem Ehepaar C. durch Herrn Ch. in Rechnung gestellten Honorars standeswidrig sei und Frau W. mittlerweile - unstreitig - von dem Steuerberater Ch. zu dem jetzigen Arbeitgeber des Beklagten gewechselt sei. Der Beklagte habe die ihm bekannten Mandantenkontakte des Klägers an Herrn Ch. verkauft und u. a. mit den daraus erlangten Mitteln kurz nach seinem Ausscheiden aus der Kanzlei des Klägers eine Eigentumswohnung für sich und seine Familie finanziert.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20.05.2005, Az.: 11 Ca 158/04, wird aufgehoben und an das Arbeitsgericht Karlsruhe zurückverwiesen.
Hilfsweise:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20.05.2005, Az.: 11 Ca 158/04, wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
a) Der Beklagte wird zur Zahlung in Höhe von 18.271,76 Euro nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verurteilt.
b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte für den entgangenen Gewinn der durch ihn herbeigeführten Mandatswechsel der steuerlichen Angelegenheiten der Eheleute C. in Kn. sowie der Frau W. in J. ab dem Veranlagungsjahr 2004 bis zur Aufgabe der Steuerberatungskanzlei Kn. des Klägers zum Schadensersatz verpflichtet ist.
2. Fürsorglich: Die Revision des Klägers wird zugelassen.
3. Gerichtskosten für die Berufungsinstanz werden nicht erhoben.
Der Beklagte beantragt:
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Er meint, die fehlende Karenzentschädigung sei für die Entscheidung des Falls auf der Grundlage von § 74 Abs. 2 HGB durchaus von Bedeutung, und verweist insoweit auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.08.2002(- 10 AZR 586/01 -). Seine Einlassung, die Mandanten C. und W. seien von sich aus und erst nach dem 30.06.2002 an ihn herangetreten, wiederholt und vertieft der Beklagte (näher S. 2 und 3 der Berufungserwiderung vom 09.11.2005, Blatt 49 f. der zweitinstanzlichen Akte, und S. 1 des Schriftsatzes des Beklagten vom 21.11.2005, Blatt 56 der Berufungsakte). Inzwischen sei Frau W. auch mit der steuerberatenden Tätigkeit Herrn Ch.s nicht mehr zufrieden. Sie habe deswegen - im Ergebnis unstreitig - die Vertragsbeziehung mit Herrn Ch. Ende Oktober 2005 beendet und - im Hinblick auf die Kausalität umstritten - ohne aktives Zutun des Beklagten dessen neuem Arbeitgeber Mandat erteilt. Mit Frau M. habe der Beklagte nach seinem Ausscheiden aus den Diensten des Klägers keinen Kontakt gehabt. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Beklagte keinerlei Daten, über die er durch Mandate des Klägers Kenntnis erlangt habe, an Dritte oder neue Arbeitgeber weitergegeben habe. Auch die Höhe der Klageforderungen sei unzutreffend, weil es sich bei den Vertragsbeziehungen mit den Eheleuten C. und Frau W. nicht um Dauermandate gehandelt habe.
Ergänzend verweist die Kammer auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze, ihre Anlagen, die Sitzungsniederschriften und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ist unbegründet.
A.
Allerdings ist seine Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zulässig.
I.
Eine Schadensersatzpflicht kann grundsätzlich ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO und Gegenstand einer auf Feststellung dieses Rechtsverhältnisses gerichteten Klage sein. Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist nur für das stattgebende Urteil echte Prozessvoraussetzung. Für die Abweisung ist ein Feststellungsinteresse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn auch die in Betracht kommende Leistungsklage abzuweisen wäre (BAG 12.02.2003 - 10 AZR 299/02 - AP BGB § 613a Nr. 243, zu II 1 der Gründe mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung verschiedener Senate des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs; ebenso z. B. Zöller/Greger ZPO 26. Auflage § 256 Rn. 7; a. A. Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Auflage § 46 Rn. 63 und GK-ArbGG/Schütz § 46 Rn. 162, jeweils m. w. N.).
II.
Dieses Erfordernis der sachlichen Abweisungsreife auch einer potenziellen Leistungsklage ist hier gewahrt. Die Klage bleibt in der Sache erfolglos und bliebe es auch, wenn anstelle des Feststellungsantrags ein weiterer bezifferter Leistungsantrag Streitgegenstand wäre. Für die erhobenen Vertragsstrafen- und Schadensersatzansprüche gibt es keine rechtliche Grundlage, wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat. In der konkreten Konstellation kann deshalb offen bleiben, ob das Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht aus einem Wettbewerbsverbot fehlt, wenn eine Leistungsklage - und sei es auch nur in Form einer Stufenklage nach § 254 ZPO - erhoben werden könnte (dafür sprechen sich zwei schon etwas ältere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus: BAG 28.11.1966 - 3 AZR 203/66 - AP ZPO § 268 Nr. 1, zu A II 4 b der Gründe mit Anm. Bötticher, und BAG 12.05.1972 - 3 AZR 401/71 - AP HGB § 60 Nr. 6, zu B der Gründe mit Anm. Fenn).
B.
I.
Soweit sich der Kläger im Rahmen der Begründetheit seiner Anträge auf Wettbewerbshandlungen noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses im Juni 2002 beruft, stützt sein tatsächliches Vorbringen die geltend gemachten Forderungen nicht und erlaubte auch in zweiter Instanz keine Beweisaufnahme.
1. a) Zwar war der Beklagte im Betrieb des Klägers als Steuerfachangestellter kaufmännischer Angestellter und damit Handlungsgehilfe im Sinne der Legaldefinition des § 59 Satz 1 HGB. § 60 HGB findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien daher nicht nur entsprechende, sondern unmittelbare Anwendung. Wird dem mit dem Argument des freiberuflichen Charakters der Steuerberatungskanzlei des Klägers entgegengetreten, ist dennoch für alle Arbeitsverhältnisse der Rechtsgedanke des § 60 HGB über dessen direkten persönlichen und sachlichen Geltungsbereich hinaus als Ausdruck der Treuepflicht zu beachten. Rechtsgrundlage des Wettbewerbsverbots sind bei anderen Arbeitnehmern die auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden vertraglichen Nebenpflichten (MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Auflage § 60 Rn. 8 m. w. N.). Ein Arbeitnehmer darf, solange das Arbeitsverhältnis besteht, keine Konkurrenztätigkeit ausüben. Mit der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers im Marktbereich des Arbeitgebers soll erreicht werden, dass dem Arbeitgeber das Marktsegment in vollem Umfang und ohne die Gefahr nachteiliger Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offensteht (für die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG 17.10.1969 - 3 AZR 442/68 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 7, zu III 3 a der Gründe mit Anm. Canaris; BAG 16.06.1976 - 3 AZR 73/75 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 8, zu II 1 der Gründe; BAG 16.08.1990 - 2 AZR 113/90 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10, zu III 2 a der Gründe).
b) aa) Dem Kläger ist auch darin zuzustimmen, dass das gesetzliche Wettbewerbsverbot des § 60 Abs. 1 HGB - bzw. des § 242 BGB - während des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses - hier also bis zum 30.06.2002 - galt (zum zeitlichen Geltungsbereich des gesetzlichen Wettbewerbsverbots etwas verschlüsselt schon BAG 26.03.1965 - 3 AZR 248/63 - AP BGB § 306 Nr. 1, zu I der Gründe; deutlicher BAG 17.10.1969 - 3 AZR 442/68 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 7, zu III 2 und 3 der Gründe mit Anm. Canaris; die zweite zitierte Entscheidung behandelt den Fall einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers; vgl. zu der hier nicht gegebenen umgekehrten Gestaltung einer Kündigung des Arbeitgebers auch die umstrittene Entscheidung des Zweiten Senats vom 25.04.1991 - 2 AZR 624/90 - AP BGB § 626 Nr. 104, zu B II 1 b und III 3 der Gründe mit klaren Aussagen zu der zeitlichen Reichweite des § 60 HGB; das letztgenannte Urteil hält die Bindung des § 60 Abs. 1 HGB aufrecht, solange der Arbeitnehmer die aus seiner Perspektive unwirksame außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers gerichtlich angreift; zu der Kritik an dieser Lösung beispielsweise Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 22 a m. w. N.; nach der vorläufigen Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses differenzierend MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Auflage § 60 Rn. 20 bis 22).
bb) Durch sein nach der ordentlichen Kündigung vom 27.05.2002 am 29.05.2002 zugegangenes Schreiben vom 30.05.2002 konnte sich der Beklagte nicht vorzeitig aus der Vertragsbindung lösen. Er musste vielmehr die ordentliche Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende einhalten, die § 11 Abs. 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags für die am 29.05.2002 noch nicht verstrichene sechsmonatige Probezeit vorsah.
(1) Dabei kann auf sich beruhen, ob das Schreiben des Beklagten vom 30.05.2002(Blatt 11 der Vorakte)aus Sicht eines objektiven Dritten nach § 133 BGB überhaupt als außerordentliche Kündigung zu verstehen ist, aus ihm mit anderen Worten der nötige Ernst einer rechtserheblichen Willenserklärung hervorgeht.
(a) Dafür könnte zumindest die Bitte um Abmeldung schon zum 31.05.2002 sprechen, während der Hinweis auf das dem Beklagten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mögliche Erscheinen in der Kanzlei isoliert auch als bloßes Suspendierungsverlangen auszulegen sein könnte. Der Beklagte behauptet selbst nicht, er habe ausdrücklich fristlos bzw. außerordentlich mit kurzer Auslauffrist gekündigt, sondern wertet allenfalls seine unter dem 30.05.2002 abgegebene Erklärung entsprechend.
(b) Auch der Umstand, dass der Beklagte seit dem Zugang des Schreibens vom 30.05.2002 am 29.05.2002 nicht mehr zur Arbeit erschien, gibt keinen entscheidenden Hinweis darauf, dass er das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen wollte. Der Umstand des Fernbleibens vom Arbeitsplatz ist zweideutig und kann ebenso gut auf der Annahme einer einvernehmlichen Suspendierung oder sogar auf der Ausübung eines wirklichen oder vermeintlichen Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Abs. 1 BGB beruhen (vgl. zum Verlassen des Arbeitsplatzes in den abweichend gelagerten Fällen schlüssiger außerordentlicher Kündigungen des Arbeitnehmers, auf deren Wirksamkeit sich der Arbeitgeber berief, BAG 16.09.2004 - 2 AZR 659/03 - AP BGB § 623 Nr. 1, zu B I 2 b der Gründe unter Hinweis auf BAG 18.09.2001 - 9 AZR 307/00 - AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 37, allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Erklärungswert der Handlungen, sondern im Rahmen der Prüfung der treuwidrigen Berufung des Arbeitnehmers auf das hier nicht problematische gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB; zu dieser Frage im Zusammenhang mit einem vertraglichen Schriftformerfordernis auch schon BAG 04.12.1997 - 2 AZR 799/96 - AP BGB § 626 Nr. 141, zu II 1 und 2 der Gründe).
(2) Wird eine außerordentliche Kündigung des Beklagten in rechtlicher Hinsicht unterstellt, bestand für sie aber jedenfalls kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Darauf weist der Kläger zu Recht hin. Nach überwiegender Auffassung gilt § 626 BGB nicht nur für Kündigungen des Arbeitgebers, sondern auch für Kündigungen des Arbeitnehmers (BAG 25.07.1963 - 2 AZR 510/62 - AP ZPO § 448 Nr. 1, zu II 2 der Gründe; BAG 04.12.1997 - 2 AZR 799/96 - AP BGB § 626 Nr. 141, zu II 1 b der Gründe; wie hier stellvertretend für eine Vielzahl von Stimmen in der Literatur APS/Dörner 2. Auflage § 626 BGB Rn. 394 und KR-Fischermeier 7. Auflage § 626 BGB Rn. 463). Der Meinung, wegen der grundsätzlich freien Kündbarkeit eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer seien die Anforderungen an den wichtigen Grund bei Arbeitnehmerkündigungen zu senken, ist nicht zu folgen (für weniger strenge Maßstäbe bei Arbeitnehmerkündigungen demgegenüber Erman/Belling BGB 11. Auflage § 626 Rn. 85; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler 6. Auflage § 626 BGB Rn. 30, 177; MünchKomm-Schwerdtner BGB 3. Auflage § 626 Rn. 159). § 626 BGB unterscheidet nicht danach, wer die Kündigung ausspricht. Die grundsätzliche Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers beschränkt sich nach §§ 620 Abs. 2, 622 BGB auf ordentliche Kündigungen.
(a) Deswegen sind auch bei Kündigungen von Arbeitnehmern das Verhältnismäßigkeits- und das Prognoseprinzip sowie regelmäßig ein Abmahnungserfordernis zu beachten (BAG 19.06.1967 - 2 AZR 287/66 - AP GewO § 124 Nr. 1, zu II der Gründe; BAG 28.10.1971 - 2 AZR 15/71 - AP BGB § 626 Nr. 62, zu II 2 d der Gründe; BAG 17.01.2002 - 2 AZR 494/00 - EzA BGB § 628 Nr. 20, zu A I 3 c der Gründe). Darüber hinaus ist eine umfassende Interessenabwägung notwendig (BAG 26.07.2001 - 8 AZR 739/00 - AP BGB § 628 Nr. 13, zu B II 3 c cc der Gründe; BAG 08.08.2002 - 8 AZR 574/01 - AP BGB § 628 Nr. 14, zu II 2 b cc (2) der Gründe). Wie bei Arbeitgeberkündigungen ist die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB einzuhalten (BAG 22.06.1989 - 8 AZR 164/88 - AP BGB § 628 Nr. 11, zu 2 b der Gründe; BAG 26.07.2001 - 8 AZR 739/00 - AP BGB § 628 Nr. 13, zu B II 3 d der Gründe; BAG 08.08.2002 - 8 AZR 574/01 - AP BGB § 628 Nr. 14, zu II 2 b dd der Gründe). In prozessualer Hinsicht obliegt dem kündigenden Arbeitnehmer nicht zuletzt die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 626 BGB(dazu schon BAG 25.07.1963 - 2 AZR 510/62 - AP ZPO § 448 Nr. 1, zu II 4 der Gründe).
(b) (aa) Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Beklagten selbst dann nicht gerecht, wenn wegen der in seinem Schreiben vom 30.05.2002 genannten gesundheitlichen Gründe eine Störung aus der persönlichen Sphäre des Beklagten angenommen und demnach eine Abmahnungsobliegenheit verneint wird. Das Vorbringen des Beklagten lässt bereits nicht die konkrete Ursache für die Erklärung vom 30.05.2002 erkennen. Die pauschale Angabe zwingender gesundheitlicher Gründe im Schreiben vom 30.05.2002 genügt ohne weitere Erläuterung, weshalb dem Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht möglich war, nicht. Die - unterstellte - außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 30.05.2002 war daher unwirksam. Eine solche unberechtigte außerordentliche Arbeitnehmerkündigung lässt das aus § 60 HGB bzw. § 242 BGB abzuleitende gesetzliche Wettbewerbsverbot während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unberührt (ErfK/Schaub 7. Auflage § 60 HGB Rn. 6).
(bb) Selbst wenn entgegen den durch den Beklagten selbst vorgebrachten indiziellen Umständen eine konkludente einvernehmliche Suspendierung angenommen würde, wäre das gesetzliche Wettbewerbsverbot durch sie nicht aufgehoben worden (BAG 30.05.1978 - 2 AZR 598/76 - AP HGB § 60 Nr. 9, zu II 1 der Gründe mit Anm. Schröder; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Auflage § 60 Rn. 16 und 19). Auch einen schlüssigen Aufhebungsvertrag behauptet der Beklagte nicht, zumal eine formlose Auflösungsvereinbarung gegen das am 01.05.2000 in Kraft getretene Schriftformerfordernis des § 623 BGB verstoßen hätte (zu der von der vorliegenden Gestaltung abweichenden einverständlichen, zuvor vom Arbeitnehmer gewünschten Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist mit der Folge des Endes des gesetzlichen Wettbewerbsverbots mit Wirksamwerden des Aufhebungsvertrags BAG 18.05.1982 - 3 AZR 1024/79 - nicht konventionell veröffentlicht, in juris elektronisch abrufbar, zu II 2 c der Gründe). Schließlich beruft sich der Beklagte auch nicht auf eine konkludente Einwilligung des Klägers in Wettbewerbshandlungen während des Arbeitsverhältnisses. Gegen eine solche Einwilligung spricht im Rahmen der Auslegung der Handlungen der Parteien - wenn auch mittelbar, so doch deutlich - die in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltene vertragsstrafenbewehrte Mandantenschutzklausel, die sich nach ihrem ersten Absatz auf den Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erstreckte.
c) Bei dem durch den Kläger behaupteten Herantreten des Beklagten an die Mandanten B., Bü., C., Ko., M. und W. im Juni 2002 handelt es sich auch - den Vortrag des Klägers an dieser Stelle als wahr unterstellt - um Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 60 Abs. 1 HGB. Sie sind grundsätzlich dazu geeignet, die Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs aus § 61 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB auszulösen, der nicht nur den tatsächlich entstandenen Schaden, sondern auch den entgangenen Gewinn nach § 252 BGB umfasst. Als entgangenen Gewinn kann der Arbeitgeber den Betrag beanspruchen, den er erzielt hätte, wenn er die zustande gekommenen Geschäfte - hier hinsichtlich der Mandanten C. und W. - selbst abgeschlossen hätte (zum Schadensumfang näher MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Auflage § 61 Rn. 10; vgl. auch ErfK/Schaub 7. Auflage § 61 HGB Rn. 7).
aa) Was seinen Tatsachenvortrag angeht, behauptet der Kläger zuletzt, der Beklagte habe die Mandanten B., Bü., C., Ko., M. und W. unmittelbar nach seiner rechtswidrigen fristlosen Kündigung im Juni 2002 u. a. mit niedrigeren Preisen zum Wechsel zu seinem Folgearbeitgeber, dem Steuerberater Ch., zu bewegen versucht. Damit macht der Kläger keine bloßen erlaubten Vorbereitungshandlungen in seinem Geschäftszweig geltend, sondern ein Vorfühlen des Beklagten bei Mandanten, um später zum Geschäftsabschluss zugunsten Herrn Ch.s zu kommen. Ein derartiges Verhalten verbietet § 60 Abs. 1 Alt. 2 HGB. Der Wert eines Unternehmens bemisst sich zu einem Großteil nach dem Kunden- bzw. Mandantenkreis, den es sich geschaffen hat und mit dem es rechnet. Dabei ist der Unternehmer für seine Beziehungen zu den Kunden oder Mandanten auf seine Angestellten angewiesen. Für die Mandanten repräsentiert auch ein Steuerfachangestellter zumindest zum Teil die Steuerberatungskanzlei, also das Unternehmen. Das Vertrauen in den angestellten Repräsentanten des Unternehmens ist weitgehend gleichbedeutend mit dem Vertrauen in das Unternehmen selbst. Aus diesem Grund darf ein Angestellter, solange er vertraglich gebunden ist, seine Stellung nicht dazu missbrauchen, um bei Kunden bzw. Mandanten seines Arbeitgebers für eigene Zwecke oder Zwecke Dritter zu werben (vgl. zu Kundenbeziehungen außerhalb der freien Berufe BAG 24.04.1970 - 3 AZR 324/69 - AP HGB § 60 Nr. 5, zu I 1 a bis e, insbesondere I 1 c der Gründe; zu der Abgrenzung von erlaubter Vorbereitungshandlung und Wettbewerbsverstoß auf der Basis von § 60 Abs. 1 Alt. 2 HGB z. B. auch MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Auflage § 60 Rn. 45 und ErfK/Schaub 7. Auflage § 60 HGB Rn. 14).
bb) Wird das ursprüngliche erstinstanzliche Vorbringen des Klägers zugrunde gelegt, der Beklagte habe eine selbständige Tätigkeit vorbereiten wollen, gilt im Ergebnis nichts anderes. In diesem Fall hätte das Verhalten des Beklagten § 60 Abs. 1 Alt. 1 HGB verletzt, der es dem Handlungsgehilfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses untersagt, Kunden oder Mandanten des Arbeitgebers für eigene Zwecke abzuwerben (BAG 24.04.1970 - 3 AZR 324/69 - AP HGB § 60 Nr. 5, zu I 1 a der Gründe; die Entscheidung behandelt die zweite Alternative des § 60 Abs. 1 HGB gewissermaßen als Auffangtatbestand gegenüber der ersten Alternative und lässt deswegen im Einzelfall konsequenterweise offen, ob der Arbeitnehmer selbst ein Handelsgewerbe betrieb; verallgemeinernd zu beiden Tatbeständen des § 60 Abs. 1 HGB BAG 30.05.1978 - 2 AZR 598/76 - AP HGB § 60 Nr. 9, zu II 2 der Gründe). Die zuletzt zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.05.1978 betont a. a. O., dass sich die Abgrenzung der noch erlaubten Vorbereitungshandlung von der bereits verbotenen Konkurrenztätigkeit - sowohl im Sinne der ersten als auch der zweiten Alternative des § 60 Abs. 1 HGB - danach vollziehe, ob der Handelnde unmittelbar in die Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingreife. Im Rahmen des § 60 Abs. 1 Alt. 1 HGB zulässig sind demnach solche Vorbereitungsmaßnahmen, die nur darauf gerichtet sind, die formalen und organisatorischen Voraussetzungen für das geplante eigene Unternehmen zu schaffen. Darin müssen sich die Vorbereitungshandlungen aber auch erschöpfen. Gefährden sie die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers während des Bestands des Arbeitsverhältnisses demgegenüber unmittelbar - insbesondere durch Kontaktaufnahme mit Kunden oder anderen Vertragspartnern - werden die Grenzen erlaubter Vorbereitungsmaßnahmen überschritten. Diese Überlegungen sind entsprechend anzustellen, wenn der Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz so zu verstehen sein sollte, dass er jedenfalls in Teilen erneut eine verdeckte selbständige Tätigkeit des Beklagten behauptet.
d) Der Tatsachengehalt der Behauptungen des Klägers, der den Schluss auf den Schadensersatzanspruch des § 61 Abs. 1 HGB zulassen sollte, war einer Beweisaufnahme allerdings nicht zugänglich.
aa) Dabei verkennt die Kammer nicht, dass an die Substanziierungslast des Darlegungspflichtigen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Er ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebensvorgang in allen Einzelheiten zu schildern. Es genügt, wenn er die Umstände wiedergibt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge - hier des Schadensersatzanspruchs aus §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 HGB bzw. aus Treu und Glauben nach dem Rechtsgedanken dieser Vorschriften - ergeben (für die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs BGH 04.07.2000 - VI ZR 236/99 - NJW 2000, 3286, zu II 1 der Gründe; BGH 08.05.2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433, zu II B 2 b (1) der Gründe, jeweils m. w. N.).
bb) Hier behauptete der Kläger im Hinblick auf die nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses der Parteien mit Ablauf des 30.06.2002 - im Ergebnis unstreitig - durch den Steuerberater Ch. gewonnenen Mandanten C. und W. in zweiter Instanz, der Beklagte habe nach übereinstimmenden Bekundungen diverser Mandanten des Klägers diese Mandanten fernmündlich, schriftlich oder persönlich angesprochen. Das habe er jeweils mit dem subtilen Hinweis verbunden, er habe sich selbständig gemacht und arbeite mit einem Steuerberater zusammen (Ziffer 2 a erster Absatz der Berufungsbegründung vom 15.09.2005, Blatt 35 Rückseite der Berufungsakte; vgl. dort auch den zweiten und vierten Absatz der Ziffer 2 a zu den Äußerungen der als Zeugen benannten Mandanten B., Bü., Ko. und M., ebenfalls Blatt 35 Rückseite der Akte zweiter Instanz, und ergänzend S. 7 letzter Absatz der Berufungsbegründung, Blatt 37 Vorderseite der Berufungsakte). Im Übrigen bezog sich der Kläger in Ziffer 2 b der Berufungsbegründungsschrift vom 15.09.2005 auf sein Vorbringen erster Instanz (Blatt 37 Rückseite der zweitinstanzlichen Akte).
Im ersten Rechtszug hatte der Kläger behauptet, der Beklagte habe die Eheleute C. und Frau W. unmittelbar nach seiner rechtswidrigen fristlosen Kündigung im Juni 2002 durch fernmündliche, postalische oder persönliche Angebote gezielt u. a. mit niedrigeren Preisen zum Steuerberaterwechsel bewegt (im Einzelnen S. 2 vorletzter und letzter Absatz der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 1 Rückseite der Akte des ersten Rechtszugs; S. 8 drittletzter Absatz des Schriftsatzes des Klägers vom 04.04.2005, Blatt 96 Rückseite der Akte des Arbeitsgerichts). Frau C. habe in einem Telefongespräch mit dem Kläger im Dezember 2002 geäußert, dass ein Steuerberater aus N. die Arbeiten billiger mache und außerdem die Unterlagen abgeholt habe. Deshalb werde sie ab dem neuen Jahr zu dem anderen Steuerberater wechseln (S. 7 des Schriftsatzes des Klägers vom 04.04.2005, Blatt 96 der Vorakte). Die steuerlichen Dokumente habe der Beklagte selbst bei dem Ehepaar C. und Frau W. abgeholt.
Bei anderen Mandanten habe der Beklagte bei seinen Kontaktaufnahmen nach seiner fristlosen Kündigung im Juni 2002 dagegen keinen Erfolg gehabt. In der Folge des rechtswidrig beendeten Arbeitsvertrags habe er sich z. B. telefonisch an das Ehepaar M. gewandt und erklärt, er habe sich nun selbständig gemacht und arbeite mit einem Steuerberater und einer Rechtsanwältin zusammen (detailliert S. 3 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 2 Vorderseite der Vorakte).
Schon während der Dauer des Arbeitsvertrags sei der Beklagte in ähnlicher Weise an Herrn B. herangetreten. Er habe ihm ebenfalls von seiner künftigen Selbständigkeit berichtet und erklärt, er werde die Arbeiten wesentlich billiger erledigen. Er arbeite mit einem Steuerberater zusammen, der die Arbeiten fachlich überwache. Kurz nach seiner fristlosen Kündigung sei der Beklagte in den Geschäftsräumen des Friseurmeisters Ko. persönlich vorstellig geworden und habe nach demselben Muster versucht, den Mandanten hinsichtlich seiner beruflichen und privaten steuerlichen Angelegenheiten abzuwerben. Ferner habe der Beklagte versucht, Frau Bü. zu einem Wechsel ihres Steuerberaters zu bewegen. Diesen Vortrag ergänzte der Kläger im Berufungsrechtzug in Bezug auf den Zeitpunkt des Herantretens des Beklagten an Frau Bü. damit, dass der Beklagte nach seinem Ausscheiden bei ihr angerufen und ihr mitgeteilt habe, dass er sich selbständig gemacht habe (S. 4 fünfter Absatz der Berufungsbegründung vom 15.09.2005, Blatt 35 Rückseite der Berufungsakte). Bei Frau M. habe sich der Beklagte ebenfalls kurz nach seinem Ausscheiden fernmündlich gemeldet und erklärt, dass er sich selbständig gemacht habe und mit einem Steuerberater zusammenarbeite (näher S. 7 letzter Absatz der Berufungsbegründung, Blatt 37 der Akte zweiter Instanz).
(1) Damit bezeichnete der Kläger die handelnden Personen zwar genau. Schon was die behaupteten Wettbewerbshandlungen gegenüber den für den Schadensersatzanspruch zentralen Mandanten C. und W. betrifft, blieb sein Vorbringen allerdings verhältnismäßig vage. Indem er sich darauf beschränkte auszuführen, der Beklagte habe die Eheleute C. und Frau W. unmittelbar nach seiner rechtswidrigen fristlosen Kündigung im Juni 2002 durch fernmündliche, postalische oder persönliche Angebote gezielt u. a. mit niedrigeren Preisen zum Steuerberaterwechsel bewegt, blieben die Art der Kontaktaufnahme und ihr jeweiliger exakter Zeitpunkt im Ungewissen. Der möglichst genaue Wortlaut der Gespräche bzw. brieflichen Kontaktaufnahmen wäre v. a. deshalb bedeutsam gewesen, weil der Beklagte auf das Vorbringen des Klägers entgegnete, die Eheleute C. und Frau W. hätten ihrerseits nach seiner neuen Stelle gefragt. Auch auf den genauen Zeitpunkt kam es hier - abweichend von anderen Konstellationen - entscheidend an, weil das gesetzliche Wettbewerbsverbot des § 60 Abs. 1 HGB ebenso wie sein bloßer Rechtsgedanke an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gebunden ist.
Die detaillierter geschilderten Kontakte des Beklagten mit Herrn B., Frau Bü., Herrn Ko. und Frau M. sind innerhalb der Überzeugungsbildung der Kammer nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO indiziell heranzuziehen. Die damit einhergehende Würdigung des Vortrags des Klägers entband ihn aber nicht davon, die von ihm während der Dauer des Arbeitsverhältnisses behaupteten erfolgreichen Anbahnungsaktionen weiter zu konkretisieren, zumal die Mandanten C. und W. unstreitig erst nach dem Ende der Vertragsbeziehung der Parteien mit Herrn Ch. kontrahierten. Unabhängig davon blieben die genauen Zeitpunkte der gegenüber den Mandanten B., Bü., Ko. und M. behaupteten Abwerbungsversuche selbst dann ebenfalls unklar, wenn der (kurz) nach dem Ausscheiden des Beklagten angegebene Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit den Damen Bü. und M. jeweils einen Zeitpunkt nach dem tatsächlichen Ausscheiden des Beklagten am 29.05.2002 und nicht erst nach der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2002 meinen sollte.
(2) Die Behauptungen des Klägers, der Beklagte sei unmittelbar nach der rechtswidrigen fristlosen Kündigung im Juni 2002 an die Eheleute C. und Frau W. herangetreten, erlaubten dem Beklagten zwar auf der ersten Stufe seiner Einlassungspflicht nach § 138 Abs. 2 ZPO eine Erwiderung. Nachdem der Beklagte aber - auch und gerade hinsichtlich der Damen und Herren C. und W. - bestritten hatte, jemals auf Mandanten eingewirkt zu haben, um sie zum Steuerberaterwechsel zu bewegen, und diese Einlassung mit näheren tatsächlichen Einzelheiten versehen hatte (im Einzelnen Ziffern 1 und 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005, Blatt 24 ff. der Vorakte), hätte der Kläger die Konkurrenzhandlungen nun seinerseits inhaltlich und zeitlich präzisieren müssen. Die Kammer übersieht dabei nicht, dass auch das dem Beklagten im Rahmen seiner sekundären Behauptungslast nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO obliegende Vorbringen zeitlich nicht sehr exakt ist. Dennoch geht aus den Schilderungen des Beklagten der durch den Kläger in ihrem Wahrheitsgehalt in Zweifel gezogenen Begegnungen mit Herrn C. an der D.-Tankstelle in Kn. und mit Frau W. in ihrem Reisebüro in J. hervor, dass der Beklagte sich bei seinen Antworten auf die Nachfragen Herrn C.s und Frau W.s jeweils auf das bereits am 14.10.2002 aufgenommene Arbeitsverhältnis mit Herrn Ch. und Frau W. bezog. Der Beklagte bestritt also nicht nur das Ob der Wettbewerbshandlungen im Einzelnen, sondern insbesondere auch, schon vor dem 01.07.2002 in Kontakt mit den Mandanten C. und W. getreten zu sein.
(3) Eine Vernehmung der benannten Zeugen hätte die soeben wiedergegebenen Grundsätze der gestuften Darlegungslast und letztendlichen Beweislast des Klägers verletzt. Auf diesen Gesichtspunkt wies schon das Arbeitsgericht in Ziffer 5 b seiner Verfügung vom 08.02.2005 hin (Blatt 59 der erstinstanzlichen Akte). Die Kammer lässt insoweit nicht außer Acht, dass der Kläger von den Zeitpunkten und dem Inhalt der Kontakte des Beklagten insbesondere mit den Mandanten C. und W. keine gesicherte eigene Kenntnis haben und beides nur vermuten konnte. Dennoch spricht gerade das Korrektiv der hier erfüllten sekundären Behauptungslast des Beklagten dafür, dem Kläger nach der konkreten Einlassung des Beklagten den Vortrag der genauen Zeitpunkte der weiter präzisierten, zum Erfolg führenden Wettbewerbshandlungen abzuverlangen. Zumindest bei den nicht abgewanderten Mandanten B., Bü., Ko. und M. wären dem Kläger auch Nachfragen hinsichtlich der exakten Zeitpunkte ihrer indiziell bedeutsamen Kontakte mit dem Beklagten möglich gewesen. Das gilt nach Auffassung der Kammer aber auch für die verlorenen Mandanten C. und W. Dem Kläger wäre die Darlegung weiterer konkretisierter tatsächlicher Anhaltspunkte folglich nicht schlechthin verschlossen gewesen (zu der Abstufung der Behauptungslast außerhalb des arbeitsgerichtlichen Verfahrens im allgemeinen Zivilprozess z. B. BGH 08.05.2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433, zu II A 2 d der Gründe).
(4) Aufgrund der schon mit Blick auf die gestufte Vortragslast nicht erreichten Beweisstation braucht nicht darüber entschieden zu werden, ob erst die Beweiserhebung den Kläger in den Stand hätte versetzen sollen, weitere Umstände - v. a. die für das gesetzliche Wettbewerbsverbot essenziellen genauen Zeitpunkte, aber auch die näheren Abläufe der behaupteten erfolgreichen Abwerbungsmaßnahmen - vorzutragen. Hätte es sich um exakte, aber nur vermutete Tatsachen gehandelt, hätte sich dagegen die Frage gestellt, ob die Beweisantritte des Klägers bezüglich des Klagegrundes der Wettbewerbstätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht unmittelbar oder indiziell dem Beweis der durch ihn als Beweisführer vorgetragenen Tatsachen gedient hätten, sondern der Ermittlung von Umständen oder der Erschließung von Erkenntnisquellen, die es erst hätten ermöglichen sollen, die den Schadensersatzanspruch gemäß oder entsprechend § 61 Abs. 1 HGB begründenden Umstände zu behaupten und danach unter Beweis zu stellen. Bei der Annahme einer bloßen Behauptung ins Blaue hinein wäre allerdings auch in diesem Fall Zurückhaltung geboten gewesen (vgl. zu der Abgrenzung des zulässigen Beweisantrags von dem unzulässigen und damit unbeachtlichen Beweisermittlungsantrag beispielsweise BAG 03.08.2005 - 10 AZR 585/04 - EzA ZPO 2002 § 850h Nr. 1, zu II 2 c der Gründe mit Besprechung Mestwerdt in jurisPR-ArbR 48/2005 Anm. 4; BGH 25.04.1995 - VI ZR 178/94 - AP ZPO § 286 Nr. 23, zu II 2 der Gründe; BGH 08.05.2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433, zu II B 2 b (1) der Gründe, jeweils m. w. N.; dazu auch Zöller/Greger ZPO 26. Auflage Vor § 284 Rn. 5 m. w. N.).
2. a) Die Substanziierungsproblematik im Rahmen der gestuften Darlegungslast des Klägers erfasst auch Ansprüche aus folgenden in Konkurrenz zu §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 HGB stehenden Rechtsgrundlagen:
- §§ 280 Abs. 1, 282 BGB aus positiver Forderungsverletzung,
- §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB auf Herausgabe des Erlöses der Geschäfte,
- § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UWG, der für die Verwertung und den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen während des Dienstverhältnisses gilt, während sich aus § 17 Abs. 2 UWG nur ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ergeben kann (Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 23 und 24),
- den hinter §§ 17 Abs. 1 und 2, 18 UWG zurücktretenden weniger speziellen und bei Unanwendbarkeit der §§ 17, 18 UWG nur auf der Grundlage besonderer Umstände eingreifenden §§ 3 UWG (bis 2004: § 1 UWG), 4 Nr. 11, 9 Satz 1 UWG(zu der Anspruchskonkurrenz innerhalb der Normen des UWG etwa BGH 21.12.1962 - I ZR 47/61 - AP UnlWG § 17 Nr. 7, zu 2 der Gründe; BGH 24.02.1994 - I ZR 74/92 - Sistierung von Aufträgen DB 1994, 1134, zu II 2 b aa der Gründe; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 26),
- § 826 BGB(vgl. zu dem soeben behandelten Gesamtkomplex der Anspruchskonkurrenz zwischen §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 HGB einerseits sowie vertraglichen, quasivertraglichen und deliktischen Ansprüchen andererseits in dem hier nicht zu erörternden Zusammenhang der kurzen Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB BAG 22.08.1966 - 3 AZR 157/66 - AP BGB § 687 Nr. 3, zu II 1 der Gründe mit Anm. Isele; BAG 28.01.1986 - 3 AZR 449/84 - AP HGB § 61 Nr. 2, zu B I der Gründe; BAG 11.04.2000 - 9 AZR 131/99 - AP HGB § 61 Nr. 3, zu I 2 b der Gründe; zu den gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch BAG 19.05.1998 - 9 AZR 394/97 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 11, zu C II der Gründe).
b) Unabhängig vom Tatsachengehalt des Vorbringens des Klägers scheitert die Anwendung von §§ 823 Abs. 2 BGB, 18 UWG schon daran, dass auch der Kläger nicht behauptet, der Beklagte habe schriftliche Unterlagen - in Betracht kommen hier Kundenlisten - an Herrn Ch. weitergegeben oder für eigene Zwecke verwertet (zu dem Geltungsbereich des § 18 UWG Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 25). Vielmehr trägt auch der Kläger nur die Verwertung nicht schriftlich dokumentierter Informationen aus der Erinnerung des Beklagten vor.
II.
Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als sich der Kläger auf nachvertragliche Handlungen des Beklagten stützt.
1. Allerdings macht der Kläger im Ausgangspunkt zutreffend geltend, dass es ausgeschiedenen Mitarbeitern in manchen freien Berufen standes- bzw. berufsrechtlich verboten ist, Mandanten des bisherigen Arbeitgebers abzuwerben. Wenn sog. beschränkte Mandantenschutzklauseln das standesrechtliche Verbot in solchen Fällen nur deklaratorisch wiederholen, unterfallen sie §§ 74 ff. HGB nicht und können daher entschädigungslos vereinbart werden (BAG 16.07.1971 - 3 AZR 384/70 - AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 25, zu II 3 b der Gründe in der Gestaltung der Unterlassungsklage eines Steuerberaters gegen seinen früheren sog. fachkundigen Mitarbeiter, der noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als Steuerberater zugelassen wurde und sich nach dem Vertragsende in dieser Funktion selbständig machte; zu der bloßen wiederholenden und damit deklaratorischen Funktion - auf das Standesrecht - beschränkter Mandantenschutzklauseln auch BAG 15.12.1987 - 3 AZR 474/86 - Kundenschutz AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5, zu B I 2 c der Gründe). Eine solche Konstellation ist hier aber nicht gegeben. § 33 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer - BOStB, einer Satzung - vom 02.06.1997 in der Fassung vom 08.11.2000 lautet in seinem ersten und zweiten Absatz wie folgt:
(1) Steuerberater, die aus einer Steuerberatungsgesellschaft, aus einer Bürogemeinschaft, einem freien Mitarbeiterverhältnis ausscheiden, haben alles zu unterlassen, was darauf gerichtet ist, ihre früheren Vertragspartner aus einem Auftrag zu verdrängen.
(2) Entsprechendes gilt für ehemalige Mitarbeiter, die nach Bestellung zum Steuerberater den Beruf selbständig oder im Anstellungsverhältnis nach § 58 StBerG ausüben.
An Absatz 1 der Bestimmung wird deutlich, dass das Satzungsrecht nicht jegliche Tätigkeit für Mandanten des früheren Arbeitgebers verbietet, sondern lediglich das gezielte Abwerben. Gemeint ist das direkte Ansprechen von Mandanten mit dem Ziel, sie für sich zu gewinnen (Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 147). Derartige Abwerbungshandlungen gegenüber den Eheleuten C. und Frau W. konnte der Beklagte - wie unter B I 1 d und 2 a ausgeführt - nicht im Einzelnen darlegen. Es kommt hinzu, dass das Standesrecht grundsätzlich nur Regeln für Standesgenossen auf gleicher beruflicher Stufe aufstellen kann. Es dient nicht dazu, den Schutz eines Arbeitnehmers zu verringern, der ihm nach dem Arbeitsrecht zusteht (vgl. die durch den Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.08.2002 - 10 AZR 586/01 - AP HGB § 75 d Nr. 4, zu II 2 c der Gründe m. w. N. in der Konstellation der Stufenklage eines Steuerberaters gegen seine Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen; das Urteil behandelt eine sog. Mandantenübernahmeklausel). Ob § 33 Abs. 2 BOStB einen solchen Versuch unternimmt, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil auf der Basis der innerhalb der gestuften Darlegungslast möglichen Tatsachenfeststellungen jedenfalls ein gezieltes Abwerben im Sinne von § 33 Abs. 1 BOStB zu verneinen ist.
2. a) Die in § 6 Abs. 1 bis 3 des Arbeitsvertrags getroffene Regelung wiederholt auch nicht ausschließlich § 33 Abs. 1 BOStB. Vielmehr untersagt § 6 Abs. 1 des Vertrags bis zu zwei Jahre nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses jegliche Bearbeitung von Mandaten des Klägers für eigene und fremde Rechnung im Rahmen einer Tätigkeit bei einer im Raum K. ansässigen Steuerberatungskanzlei und nicht nur das gezielte Abwerben. Damit handelt es sich um eine sog. allgemeine Mandantenschutzklausel, die - räumlich beschränkt auf den Raum K. - schlechthin jede Betreuung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers des Beklagten verbietet. Davon ging das Arbeitsgericht zu Recht aus. Eine solche Abrede ist konstitutiv. Sie beschränkt den Beklagten ähnlich wie ein Wettbewerbsverbot in der freien Ausübung seines Berufs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und unterfällt damit §§ 74 ff. HGB. Gerade für den Angestellten eines Angehörigen der freien Berufe sind berufliche Erfahrung sowie berufliches Wissen und Können ein schutzbedürftiger wirklicher Vermögenswert, der für viele Angestellte in diesem Bereich die einzige Existenzgrundlage bildet (BAG 16.07.1971 - 3 AZR 384/70 - AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 25, zu II 2 b der Gründe unter Aufgabe der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung; dem folgt - soweit ersichtlich - die durch den Kläger zitierte, im Langtext konventionell und elektronisch unveröffentlichte Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25.04.1990 - 2/10 Sa 1100/88 - im zweiten Teil ihres publizierten Leitsatzes jedenfalls zum Teil; danach verbieten es die Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis und das Standesrecht im Allgemeinen nicht, Mandanten des früheren Arbeitgebers künftig zu betreuen, sofern sie ohne Zutun des Berufsangehörigen aus eigenem Entschluss seine persönlichen Dienste weiter in Anspruch nehmen wollen). Bauer/Diller formulieren plastisch, dass es kein Privileg der freien Berufe gebe, ausgeschiedenen Mitarbeitern stärkere Bindungen aufzuerlegen, als dies in anderen Branchen der Fall sei (Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 149).
b) Zwar enthält § 6 des Arbeitsvertrags weder ausdrücklich noch schlüssig eine sog. Geheimhaltungsklausel, die den Beklagten verpflichtet hätte, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren (zu der möglichen Formulierung einer solchen Geheimhaltungsklausel z. B. Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 151). Deswegen finden die gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Anwendung, in denen der Kläger das Schwergewicht der rechtlichen Problematik sieht. Verschwiegenheitspflichten für ausgeschiedene Mitarbeiter können sich neben der allgemeinen Anspruchsgrundlage der aus § 242 BGB hergeleiteten nachvertraglichen Treuepflicht aus den speziellen, teilweise bereits in anderem Zusammenhang diskutierten Normen der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 17 Abs. 1 und 2, 18, 3, 4, 9 UWG, 826 BGB ergeben (BAG 19.05.1998 - 9 AZR 394/97 - Kantenbänder AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 11, zu C II der Gründe). Die Verwirklichung dieser besonderen Tatbestände konnte der Kläger hier allerdings gerade nicht vortragen. Insbesondere steht kein Fall einer strafbaren Betriebsspionage im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 17 Abs. 1 oder 2 UWG zur Überzeugung der Kammer fest (die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1982 - 3 AZR 83/79 - Thrombosol AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 1 verwendet zu B II der Gründe diesen Begriff der Betriebsspionage).
aa) Um die Grenzen der allgemeinen nachvertraglichen Treuepflicht zu bestimmen, können dennoch die zu Geheimhaltungsklauseln entwickelten Grundsätze der Thrombosol-, Kundenschutz- und Kantenbänderentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 16.03.1982, 15.12.1987 und 19.05.1998 herangezogen werden (BAG 16.03.1982 - 3 AZR 83/79 - Thrombosol AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 1, zu B III der Gründe; BAG 15.12.1987 - 3 AZR 474/86 - Kundenschutz AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5, zu B I der Gründe, die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.10.1989 - 1 BvR 663/88 - AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5 a nicht zur Entscheidung angenommen; BAG 19.05.1998 - 9 AZR 394/97 - Kantenbänder AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 11, zu C I der Gründe; instruktiv zu der Geheimhaltungsproblematik Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 154 ff.). Die allgemeine nachvertragliche Treue- und Verschwiegenheitspflicht reicht nicht weiter als derartige Geheimhaltungsklauseln.
bb) (1) Schon das durch den Kläger zitierte Kundenschutzurteil vom 15.12.1987 hielt eine Geheimhaltungsklausel nach § 75 d HGB wegen völligen Fehlens einer Entschädigung für unwirksam. Die konkrete Klausel gebot es einem als Weinberater tätigen Außendienstmitarbeiter, auch nach Vertragsende die Namen der Kunden, die er bei seiner Tätigkeit für die Arbeitgeberin erfahren hatte, in keiner Weise für sich oder einen Dritten zu verwenden (BAG 15.12.1987 - 3 AZR 474/86 - Kundenschutz AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5, zu B I 2 und 3 der Gründe). Die Kundenliste könne zwar grundsätzlich ein Betriebsgeheimnis sein, an dessen Geheimhaltung der Arbeitgeber ein legitimes Interesse habe. Eine Geheimhaltungsklausel dürfe jedoch nur so weit gehen, dass dem Arbeitnehmer die unmittelbare Verwertung der Kundenliste - etwa durch Veräußerung der Liste an einen Wettbewerber - verboten werde. Dagegen könne eine Geheimhaltungsklausel dem Arbeitnehmer nicht die Nutzung der Kundendaten im Rahmen seiner eigenen Berufsausübung verwehren. Insbesondere dürfe dem Arbeitnehmer nicht untersagt werden, die betreffenden Kundendaten für ein eigenes Unternehmen oder einen neuen Arbeitgeber zu verwerten.
(2) Daran zeigt sich, dass das Bundesarbeitsgericht in der Kundenschutzentscheidung im Wesentlichen nach der Art und Weise der Verwertung der Kundendaten differenziert (zu der Kritik an dieser Vorgehensweise Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 158, die nicht vorrangig auf die Art der Verwertung abstellen wollen, sondern auf die faktischen Auswirkungen der Geheimhaltungsklausel, aber in den jeweiligen Einzelfällen zu denselben Ergebnissen kommen wie das Bundesarbeitsgericht in den Thrombosol-, Kundenschutz- und Kantenbänderurteilen). Durch eine Geheimhaltungsklausel - oder auch nur die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht - soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer Betriebsgeheimnisse außerhalb eines Folgearbeitsverhältnisses oder einer eigenen selbständigen Tätigkeit verwertet und sie stattdessen an Dritte veräußert.
(3) Soweit der Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz dahin zu verstehen sein sollte, dass der Beklagte Herrn Ch. die Kundendaten nicht im Rahmen der am 14.10.2002 aufgenommenen arbeitsvertraglichen Beziehung zugänglich gemacht, sondern sie zuvor an Herrn Ch. im Sinne eines Dritten veräußert habe, blieben auch diese Behauptungen im Hinblick auf Inhalt und Zeitpunkt der Absprachen zu vage, um dem Beklagten eine andere Einlassung als das ebenfalls mit wenigen Einzelheiten versehene Bestreiten zu ermöglichen, er habe keinerlei über sein Gehalt hinausgehende Provisionen oder Ähnliches von Herrn Ch. erhalten. Selbst wenn in diesem Zusammenhang zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Mandanten C. und W. nicht von sich aus, sondern durch aktive Vermittlung des Beklagten auf Herrn Ch. zugingen, spricht zumindest der auch nach dem Vorbringen des Klägers frühestmögliche Zeitpunkt der Mandatierung Herrn Ch.s durch das Ehepaar C. im Dezember 2002 gegen die Verwertung der Daten außerhalb des späteren Arbeitsverhältnisses mit Herrn Ch. Die Kammer lässt dabei nicht außer Acht, dass der Kläger einen Vertragsschluss Herrn Ch.s mit Frau W. schon vor dem 14.10.2002 im September 2002 behauptet. Auch dieser Vortrag bleibt mit Blick auf das an den Kläger gerichtete Schreiben Frau W.s vom 04.12.2002(Blatt 12 der Vorakte)aber zu unklar, um daraus eine Veräußerung der Kundendaten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses schließen zu können. Denn Frau W. bezog sich in diesem Schreiben auf ein Telefax vom 31.10.2002, mit dem sie dem Kläger das Ende der Zusammenarbeit mitgeteilt habe. Zugleich bat sie den Kläger erst in ihrem Schreiben vom 04.12.2002 darum, ihre Unterlagen zusammenzustellen.
cc) (1) Die Kantenbänderentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.05.1998 beschreibt Umfang und Rechtsfolge der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht in der Folge des Thrombosol- und des Kundenschutzurteils zusammenfassend wie folgt (BAG 19.05.1998 - 9 AZR 394/97 - Kantenbänder AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 11, zu C I der Gründe; im Ergebnis ebenso beispielsweise BAG 07.09.2004 - 9 AZR 545/03 - NZA 2005, 105, zu B 1 der Gründe):
Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet gleichzeitig die Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Der Arbeitgeber kann sich vor einer nachvertraglichen konkurrierenden Tätigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Vereinbarung eines bezahlten und auf höchstens zwei Jahre befristeten Wettbewerbsverbots nach §§ 74 ff. HGB schützen. Fehlt es an einer rechtswirksamen Wettbewerbsabrede, kann der Arbeitnehmer wie jeder Dritte zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb treten. Hierbei kann er sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einsetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers eindringen (BAG Urteil vom 15.06.1993 - 9 AZR 558/91 - BAGE 73, 229 = AP Nr. 40 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel).
Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht sowie eine allgemeine nachvertragliche Treuepflicht begründen deshalb für den Arbeitgeber regelmäßig keinen Anspruch gegen den ehemaligen Arbeitnehmer auf Unterlassung von Wettbewerb. Ein solcher Anspruch ergibt sich wegen der dem Arbeitnehmer gesetzlich gewährleisteten Wettbewerbsfreiheit - vom Fall des wirksamen Wettbewerbsverbots abgesehen - nur nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb, § 1 UWG, §§ 823, 826 BGB.
(2) Die dargestellten Kundenschutz- und Kantenbänderentscheidungen machen am jeweils a. a. O. mittelbar auch deutlich, dass eine völlig entschädigungslose wettbewerbsunterbindende Abrede - ob nun in Form einer Geheimhaltungs- oder der hier gegebenen allgemeinen Mandantenschutzklausel - nicht nur unverbindlich, sondern nach bzw. entsprechend §§ 74 Abs. 2, 75 d HGB unwirksam ist. Soweit die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.07.1971 noch bloße Unverbindlichkeit angenommen hatte, ging diese Lösung auf den nötigen Vertrauensschutz wegen der mit dem Urteil erfolgten Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zurück (BAG 16.07.1971 - 3 AZR 384/70 - AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 25, zu II 4, 5 und III der Gründe). Da § 6 des Arbeitsvertrags ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot enthält, ist diese Mandantenschutzabrede nach § 74 Abs. 2 HGB unverbindlich und darüber hinaus wegen Fehlens jeglicher Entschädigungsvereinbarung aufgrund einer Umgehung von § 75 d Satz 2 HGB unwirksam (vgl. BAG 15.12.1987 - 3 AZR 474/86 - Kundenschutz AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5, zu B I 1 der Gründe; zu der Umgehung von § 75 d Satz 2 HGB in dem anderen Zusammenhang einer Mandantenübernahmeklausel auch BAG 07.08.2002 - 10 AZR 586/01 - AP HGB § 75 d Nr. 4, zu II 2 a der Gründe; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 4. Auflage Rn. 66, 161, 313 ff.).
(3) (a) Der Kläger kann aus diesem Grund auch keine Vertragsstrafe aufgrund von § 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verlangen. Ein durch Vertragsstrafe zu sichernder Unterlassungsanspruch bestand nicht, weil die Parteien kein wirksames, weil entschädigungsloses Wettbewerbsverbot vereinbart hatten. Aus der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht folgt kein Kunden- bzw. Mandantenschutz (zu dieser plakativen Formulierung BAG 15.12.1987 - 3 AZR 474/86 - Kundenschutz AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5, zu B I 3 der Gründe). Die Entstehung des Vertragsstrafenanspruchs kann auch nicht damit begründet werden, dass §§ 74 ff. HGB unanwendbar sind, wenn dem Arbeitnehmer keine zusätzlichen Beschränkungen auferlegt werden, sondern lediglich die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen bestehende gesetzliche Einschränkungen seiner Berufstätigkeit nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 17 f., 3, 4, 9 UWG, 826 BGB verschärft werden. Ein solcher deliktischer Anspruch scheidet hier gerade aus.
(b) Ob die in § 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags getroffene Vertragsstrafenregelung daneben wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten gegen § 307 BGB verstößt, kann auf sich beruhen (zu der Frage der unangemessenen Benachteiligung einer Vertragsstrafenabrede in einem Formulararbeitsvertrag, den die Parteien abweichend von der vorliegenden Gestaltung erst im Jahr 2002 geschlossen hatten, BAG 04.03.2004 - 8 AZR 196/03 - AP BGB § 309 Nr. 3, zu B I und III der Gründe). Allerdings gilt § 307 BGB n. F. für die im Jahr 2002 aufgetretenen Sachverhalte, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.01.2002 mit Vertrag vom 12.12.2001 begründet wurde und vor dem 01.01.2003 endete. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001(BGBl. I S. 3138)am 01.01.2002 begründete Dauerschuldverhältnisse unterstehen nach Art. 229 § 5 Satz 2 und 1 EGBGB zwar erst seit dem 01.01.2003 dem neuen Recht (zu der Übergangsproblematik z. B. Palandt Ergänzungsband zur 61. Auflage Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts Einleitung Rn. 12). Dennoch soll altes und neues Recht nicht auf unbestimmte Zeit parallel gelten (BT-Drucks. 14/6040 S. 273). Auf Tatbestände, die das Dauerschuldverhältnis nach seiner Begründung nachträglich ändern - und seien sie wie hier die Kündigung des Beklagten auch schon im Jahr 2002 aufgetreten - ist seit dem 01.01.2003 neues Recht anzuwenden (dazu im Einzelnen BAG 27.11.2003 - 2 AZR 135/03 - AP BGB § 312 Nr. 1, zu B II a und b der Gründe).
(4) Soweit entgegen den vorstehenden Ausführungen nicht ohne weiteres von der Unwirksamkeit der in § 6 des Arbeitsvertrags enthaltenen Mandantenschutzklausel ausgegangen wird, sondern - aus Sicht der Kammer unzutreffend - die Grundsätze der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.08.2002 zu einer sog. Mandantenübernahmeklausel herangezogen werden (BAG 07.08.2002 - 10 AZR 586/01 - AP HGB § 75 d Nr. 4, zu II 2 der Gründe), gilt im Ergebnis nichts anderes. Abweichend von dem soeben zitierten Urteil ist im zu entscheidenden Fall die in § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags enthaltene Bindungsdauer von bis zu zwei Jahren in Anlehnung an § 74 a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht zu beanstanden (zu der Herleitung der zweijährigen Bindungsdauer BAG 07.08.2002 - 10 AZR 586/01 - AP HGB § 75 d Nr. 4, zu II 2 b der Gründe). Demgegenüber erschwert die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe des 1,2-fachen Jahreshonorars für jeden Fall der Zuwiderhandlung in § 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags unbillig das berufliche Fortkommen des Beklagten und umgeht damit die Pflicht des Klägers, nach bzw. entsprechend §§ 74 Abs. 2 und 75 d Satz 2 HGB eine Karenzentschädigung zu leisten.
Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel in geringerer Vertragsstrafenhöhe ist nicht möglich. Die Unterscheidung von Unverbindlichkeit und Nichtigkeit in §§ 74 ff. HGB führt in einem solchen Fall nicht weiter. Das aus einer bloßen Unverbindlichkeit abzuleitende Wahlrecht des Arbeitnehmers, sich entweder des Wettbewerbs zu enthalten oder ungehindert Wettbewerb zu betreiben, besteht hier gerade nicht, weil sich der Kläger nicht verpflichtete, eine Karenzentschädigung zu leisten (vgl. BAG 07.08.2002 - 10 AZR 586/01 - AP HGB § 75 d Nr. 4, zu II 2 d der Gründe, dort allerdings zu dem Problem der zu langen Bindungsdauer).
C.
Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
LAG Baden-Württemberg:
Urteil v. 18.10.2006
Az: 13 Sa 69/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d527e73f7112/LAG-Baden-Wuerttemberg_Urteil_vom_18-Oktober-2006_Az_13-Sa-69-05