Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 23. September 1992
Aktenzeichen: 6 W 43/92
(OLG Köln: Beschluss v. 23.09.1992, Az.: 6 W 43/92)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 8. Juli 1992 verkündeten Beschluß der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 0 143/92 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne
Erfolg.
Nachdem die Parteien das Verfahren vor
dem Landgericht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, war über die erstinstanzlichen Kosten gemäß § 91 a
Abs. 1 ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach hat aber
das Landgericht die Kosten zu Recht der Antragstellerin
auferlegt.
Zwar war der Verfügungsantrag der
Antragstellerin bis zu den übereinstimmenden Erledigungserklärungen
der Parteien im Termin vom 8. Juli 1992 zulässig; insbesondere
fehlte nicht der Verfügungsgrund der Dringlichkeit. Auch wenn
Anhaltspunkte darauf hindeuten, daß die Antragstellerin
möglicherweise durch Herrn L. bereits eine gewisse Zeit vor dem 25.
Juni 1992 Kenntnis von der mit dem Verfügungsantrag gerügten
Wetttbewerbshandlung der Antragsgegnerinnen erhalten hat, sind
diese Anhaltspunkte doch insgesamt zu unbestimmt und daher nicht
geeignet, die gemäß § 25 UWG zugunsten der Antragstellerin
eingreifende Vermutung der Dringlichkeit zu widerlegen.
Die Antragstellerin hat aber nicht
hinreichend glaubhaft gemacht, daß ihr gegenüber den
Antragsgegnerinnen der mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Verfü-gung geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht.
§ 1 UWG vermag das
Unterlassungsbegehren der Antragstellerin (die entgegen der
Ansicht der Antragsgegnerinnen gem. § 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG als
alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der von ihr
geführten Friseurbetriebe für die Geltendmachung von
Unterlassungsansprüchen aus §§ 1, 3 UWG aktivlegitimiert ist)
nicht zu stützen. Der den Antragsgegnerinnen zur Last gelegte
Verstoß gegen die Handwerksordnung begründet, da es sich bei den
Vorschriften der Handwerksordnung um sogenannte wertneutrale
Vorschriften handelt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 16.
Auflage, § 1 RndNr. 632) nur bei Hinzutreten besonderer Umstände
die Unzulässigkeit der Wettbewerbshandlungen nach § 1 UWG. Dazu ist
insbesondere Voraussetzung, daß sich der Wettbewerber bewußt und
planmäßig über wertneutrale Vorschriften hinwegsetzt, um sich einen
ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber gesetzestreue Mitbewerber zu
verschaffen (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO. § 1 UWG RndNr. 658 f.).
Ein derartiges Handeln der Antragsgegnerinnen ist aber vom
Landgericht zutreffend als nicht hinreichend glaubhaft gemacht
angesehen worden. Der sehr atypische und vom Landgericht im
angefochtenen Beschluß ausführlich dargestellte Geschehensablauf
seit der Óbernahme des Geschäfts in der L. durch die
Antragsgegnerin zu 1. und der Mitarbeit der Antragsgegnerin zu 2.
in diesem Geschäft legt vielmehr den Schluß nahe, daß die
Antragsgegnerinnen jeweils in der Vorstellung handelten, allen
Anforderungen der Handwerksordnung und der Handwerkskammer zu
genügen. Sie standen unstreitig in der hier maßgeblichen Zeit im
ständigen Kontakt mit der Handwerkskammer, um den Geschäftsbetrieb
in der L. im Einklang mit den Vorschriften der Handwerksordnung zu
führen, und kamen stets prompt sämtlichen (einschließlich der
später von der Handwerkskammer selbst als fehlerhaft beurteilten)
Vorschlägen der Handwerkskammer zur rechtlichen Gestaltung dieses
Geschäftsbetriebs nach. Die Handwerkskammer, die sonst
gerichtsbekannt als erster bei ihr zur Kenntnis gelangten Verstößen
gegen die Handwerksordnung einzuschreiten pflegt, hat die
Antragsgegnerinnen auch zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, den
Geschäftsbetrieb ganz oder zumindest vorübergehend einzustellen.
Wegen der Einzelheiten dieses Geschehensablaufs wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen
der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Haben danach aber die
Antragsgegnerinnen nur irrtümlich gegen die Vorschriften der
Handwerksordnung verstoßen, liegen schon deshalb die oben
angeführten Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 UWG nicht vor.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin
auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, daß den
Antragsgegnerinnen während der Zeit bis zur Eintragung der C. am
14.07.1992 in die Handwerksrolle durch die beanstandete
Wettbewerbshandlung ein relevanter Wettbewerbsvorsprung gegenüber
den Mitbewerbern entstanden ist, wie es weiterhin von § 1 UWG
gefordert wird. Tatsächlich war die Antragsgegnerin zu 2. als
Friseurmeisterin in der Handwerksrolle eingetragen und seit Beginn
der Óbernahme des Geschäfts in der L. durch die Antragsgegnerin zu
1. dort als Meisterin tätig. Zwar führte die Antragsgegnerin zu 2.
daneben noch ein eigenes Friseurgeschäft. Allein die sich daraus
ergebende bloße Möglichkeit, daß die Antragsgegnerin zu 2. nicht im
ausreichenden Maße im Geschäft der Antragsgegnerin zu 1. tätig war,
reicht aber noch nicht aus, um den zur Bejahung des § 1 UWG
notwendigen Wettbewerbsvorsprung glaubhaft zu machen. Hier hätte es
vielmehr der näheren Darlegung bedurft, ob und wie sich die
Inhaberschaft des eigenen Friseurgeschäfts auf die Tätigkeit der
Antragsgegnerin zu 2. im Geschäft in der L. tatsächlich ausgewirkt
hat, die Antragsgegnerinnen also durch den mit dem
Verfügungsantrag geltend gemachten Verstoß gegen die
Handwerksordnung in der Lage waren, Dienstleistungen
preisgünstiger zu kalkulieren und dadurch ihre Leistungen günstiger
anzubieten. Ein derartiger Vortrag der Antragstellerin fehlt aber.
Da dem Sachvortrag der Parteien nicht zu entnehmen ist, welche
relevanten Vorteile die Antragsgegnerinnen sonst durch den ihnen
zur Last gelegten Wettbewerbsverstoß erzielt haben können, war ein
Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nach dem im Rahmen des §
91 a Abs. 1 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt
der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien
ebenfalls aus diesen Erwägungen nicht gegeben.
Das Unterlassungsbegehren der
Antragstellerin war jedoch auch nicht gemäß § 3 UWG
gerechtfertigt. Da die Antragsgegnerin zu 2. als in die
Handwerksrolle eingetragene Friseurmeisterin im Geschäft der
Antragsgegnerin zu 1. tätig war, ist nicht ausreichend
ersichtlich, ob und und in welcher Hinsicht die Verbraucher über
die Qualifikation des Geschäftsbetriebs der Antragsgegerin zu 1. in
handwerklicher Hinsicht im Sinne von § 3 UWG irregeführt worden
sind. Insoweit hätte es vielmehr ebenfalls der näheren Darlegung
und Glaubhaftmachung seitens der Antragstellerin bedurft, um dem
Verfügungsantrag zum Erfolg zu verhelfen.
Andere Anspruchsgrundlagen, die das
Unterlassungsbegehren der Antragstellerin stützen könnten, sind
nicht ersichtlichund werden von der Antragstellerin auch nicht
geltend gemacht. War aber somit der Antrag auf Erlaß einer
einstweiligen Verfügung unbegründet, wäre die Antragstellerin ohne
die übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien vor dem
Landgericht im Verfahren unterlegen. Es entsprach deshalb gemäß §
91 a Abs. 1 ZPO billigem Ermessen, die Antragstellerin mit den
gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu belasten.
Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO waren der
Antragstellerin ebenfalls die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aufzuerlegen.
Beschwerdewert: Summe der
erstinstanzlichen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
OLG Köln:
Beschluss v. 23.09.1992
Az: 6 W 43/92
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