Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. September 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 46/02
(BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az.: 32 W (pat) 46/02)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 29. Oktober 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarketopbrandwebfür ein umfangreiches Waren und Dienstleistungsverzeichnis hat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 29. Oktober 2001 teilweise und zwar für folgende Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen:
elektrische und elektronische Geräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Disketten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten und andere Datenträger, Computersoftware, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische Datenträger;
Papier soweit in Klasse 16 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse; gerahmte und ungerahmte Schnitte, Bilder und Drucke;
Werbung; Organisation und Veranstaltung von Messen für wirtschaftliche und gewerbliche Zwecke; Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von wirtschaftlichem und technischem Know how; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping) in Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Betrieb eines Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Beratung im Hinblick darauf, Marktforschung, Anbieten von Dienstleistungen im Internet, nämlich die elektronische Entgegennahme von Warenbestellungen, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Übermittlung von Nachrichten; Entwicklung (Design) von Marken und Produkte für Dritte.
Zur Begründung heißt es, "topbrandweb" beschreibe den Gegenstand (nämlich Marken) der Angebote im Internet.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, dass ein Schutzhindernis nicht bestehe, da dem beanspruchten Markenwort keine eindeutige und unmissverständliche beschreibende Aussage entnommen werden könne.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) der Marke noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).
Diese Unterscheidungseignung fehlt der angemeldeten Marke "topbrandweb" für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen nicht; die Marke hat insoweit keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt.
Eine Verwendung von "topbrandweb" im beschreibenden Sinn ist weder im Englischen, noch im Deutschen feststellbar. Ohne lexikalischen Eintrag und ohne Nachweis einer beschreibenden Verwendung kommt es darauf an, ob die Marke als bisher unbekannte Sachaussage und damit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird.
Dies ist hier nicht der Fall. Von den möglichen Wortbedeutungen ausgehend ist "topbrandweb" keine Sachangabe für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Das aus "top" (Spitzen-), "brand" (Marke) und "web" (kurz für world wide web) zusammengesetzte Wort ist zwar sprachüblich gebildet, es weist aber keinen eindeutig beschreibenden Bezug zu den strittigen Waren und Dienstleistungen auf.
Der von der Markenstelle angenommene Bezug, es handle sich um Internetseiten, die sich mit Spitzenmarken oder Spitzenmarkenprodukten befassten, oder um Angebote im Internet im Zusammenhang mit diesen, ist nicht zwingend. Der Verbraucher nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Er hat hier auch keine Veranlassung, "topbrandweb" ausschließlich in dem von der Markenstelle unterstellten Sinn zu interpretieren.
"web" ist der umfassende Begriff für einen großen Internetbereich und wird von vielen sogar als das gesamte Internet gesehen, weil sich private Nutzer regelmäßig nur in diesem Bereich bewegen. Dieser mit "www" bezeichnete Bereich ist jedoch nicht weiter untergliedert in thematisch oder sonst spezifizierbare Bereiche, die mit "web" bezeichnet würden. Der Nutzer kann sich also nicht - im Wege einer gewissen Vorauswahl - in ein spezielles "web", etwa "Sportweb", "Kulturweb" oder eben "Spitzenmarkenweb" ("topbrandweb"), begeben, sondern nur auf bestimmte Seiten, die sich mit den ihn interessierenden Themen befassen. Diese aber befinden sich "ungeordnet" im world wide web und sind mittels sogenannter Suchmaschinen auffindbar. Diese bieten zur Erleichterung - z.B. in einem bei Yahoo mit "Web-Verzeichnis" benannten Bereich - bestimmte Suchbegriffe an, u.a. Lifestyle sowie Sport, und führen über "Kategorien" zu den einzelnen "Web-Sites". Der Senat konnte nicht feststellen, dass eine der gängigen Suchmaschinen solche Bereiche mit einer Kombination aus Inhaltsangabe und "web" bezeichnet.
Es ist auch nicht feststellbar, dass Anbieter, die nach (Spitzen)Markenprodukten und Noname-Produkten differenzieren, den Bereich der (Spitzen)Markenprodukte mit "(top)brandweb" bezeichnen.
In "topbrandweb" weist "web" also allenfalls darauf hin, dass die unter der Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen im Internet angeboten werden oder für das Internet gedacht sind. Im Zusammenhang mit Spitzenmarken wäre hier vorstellbar, dass Spitzenmarken zum Kauf angeboten werden, Spitzenmarkenrecherchen möglich sind, Spitzenmarken kreiert oder Gegenstände mit ihnen versehen werden, Spitzenmarkenprodukte beworben oder vertrieben werden oder die Wirkung von Spitzenmarken erforscht wird. Für all dies, sowie entsprechende Waren und Dienstleistungen, ist "topbrandweb" jedoch nicht eindeutig beschreibend. Selbst die mit solchen Angeboten befassten Fachkreise, die "topbrand" als englisches Wort verstehen, ist also unklar, was mit bzw. hinsichtlich der Spitzenmarke geschehen soll.
Wollte man nicht auf Fachkreise abstellen, wäre die Unterscheidungskraft von "topbrandweb" schon deshalb gegeben, weil es sich bei "topbrand" im Sinne von "Spitzenmarke" nicht um ein so gebräuchliches englisches Wort handelt, dass zumindest nicht unbeträchtliche Teile des inländischen Verkehrs darin eine Phantasiebezeichnung sehen werden.
Ohne feststellbare beschreibende Aussage fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese Vorschrift verhindert nur die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder sonstiger Merkmale dienen können.
Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gebietet die Versagung der Eintragung zwar auch dann, wenn eine noch nicht feststellbare Benutzung als Sachangabe jederzeit erfolgen kann (vgl. BGH BlPMZ 2001, 55, 56 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hier ist jedoch keine Tendenz, "topbrandweb" mit beschreibender Bedeutung zu verwenden oder Suchkategorien im Internet mit einer Kombination aus Inhaltsangabe und "web" zu benennen, anhand konkreter Tatsachen prognostizierbar. Insbesondere auch aus dem Englischen sind solche Tendenzen nicht erkennbar.
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse. Dem Deutschen Patent- und Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.
Dr. Albrecht Sekretaruk Bayer Ko/Fa
BPatG:
Beschluss v. 25.09.2002
Az: 32 W (pat) 46/02
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