Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 254/00

(BPatG: Beschluss v. 04.12.2001, Az.: 27 W (pat) 254/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke TeleDentfürelektrische und elektronische Geräte, Maschinen, Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten) sowie daraus gebildete Anlagen zur Erfassung, Eingabe, Übertragung, Wandlung, Speicherung, Verarbeitung und Ausgabe von Daten, Informationen und Signalen; Computer sowie daraus zusammengestellte Anlagen; Computer-Peripheriegeräte, nämlich Dateneingabe-, -ausgabe-, -übertragungs- und -speichergeräte; Teile aller vorgenannten Waren; Datenträger (soweit in Klasse 9 enthalten), auf vorgenannten Datenträgern gespeicherte Computerprogramme und Datensammlungen; alle vorgenannten Waren auch in Verbindung mit ärztlichen und zahnärztlichen Instrumenten und Apparaten; Datenträger (soweit in Klasse 16 enthalten), auf vorgenannten Datenträgern gespeicherte Computerprogramme und Datensammlungen, Computerprogramme in Form von Programmdokumentationen; Bedienungs- und Benutzungsanleitungen, Programmhandbücher sowie anderes schriftliches Begleitmaterial für Programme; Lehr- und Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen; Bücher, Kataloge, Broschüren, Zeitschriften, Zeitungen und andere gedruckte Publikationen, insbesondere für ärztliche und zahnärztliche Praxen; Schreibwaren und Druckereierzeugnisse als Planungsmittel für ärztliche und zahnärztliche Praxen sowie als Verbrauchsmaterial für Computer und Computeranlagen; Geschäftsführung für Dritte, einschließlich Factoring; Datenverarbeitung für andere; Betrieb einer Datenbank; betriebswirtschaftliche Beratung ärztlicher und zahnärztlicher Praxen; Wartung von Computern; Schulung und Fortbildung Dritter; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften; Vermietung von Computern; Vermietung von Computerprogrammen; Entwickeln und Erstellen von Computerprogrammen für Dritte; technische Beratung ärztlicher und zahnärztlicher Praxenist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wort-/Bildmarkeeingetragen unter der Nr 2 084 980 für Informationsträger mit elektronischen, magnetischen und/oder optisch aufgezeichneten Informationen; Druckereierzeugnisse; Produktion von Multimedia-Software; Produktion und Betrieb von elektronischen Informationssystemen; Produktion und Vervielfältigung von vorgenannten Informationsträgern, sämtlich im Auftrag und für Rechnung Dritter.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Erstbeschluß zunächst die teilweise Löschung der Marke für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Geschäftsführung für Dritte, einschließlich Factoring; betriebswirtschaftliche Beratung ärztlicher und zahnärztlicher Praxen" angeordnet und den Widerspruch hinsichtlich der von der Löschungsanordnung ausgenommenen Dienstleistungen zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Markeninhaberin ist der Erstbeschluß im Umfang der Löschungsanordnung aufgehoben und der Widerspruch insgesamt zurückgewiesen worden. Die Widersprechende habe auf die nach Erinnerungseinlegung am 11. September 1999 erhobene zulässige Nichtbenutzungseinrede eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht; die Nichtbenutzungseinrede sei jedenfalls nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zulässig, da die Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke am 14. November 1999 geendet habe und ein vorsorgliches Bestreiten der Benutzung zulässig sei. Für den sich danach ergebenden Zeitraum vom 7. Februar 1995 bis 7. Februar 2000 (dem Tag des Beschlußerlasses) habe die Widersprechende aber keine Benutzungsunterlagen vorgelegt.

Gegen diesen ihr nach eigenen Angaben am 17. März 2000 zugestellten Beschluß richtet sich die mit Schriftsatz vom 17. April 2000 eingelegte und mit Schriftsatz vom 17. Mai 2000 begründete Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß die Gesamtlöschung der jüngeren Marke begehrt und die sie wie folgt begründet: Die Markeninhaberin bestreite zu Unrecht die Benutzung der Widerspruchsmarke, da diese ihr aus den Verhandlungen der Beteiligten über den Verkauf der älteren Marke sehr wohl bekannt sei (Beweis: Zeugnis des Dr. K..., zu laden über die Beschwerdeführerin). Die Widerspruchsmar- ke sei auch während der fünfjährigen Nutzungsfrist für ein Computerprogramm, zugehörige Prospekte, schriftliches Begleitmaterial, Beratung von Ärzten und im übrigen im eingetragenen Umfang genutzt worden (Beweis: Zeugnis wie vor; eidesstattliche Versicherung des Herrn F...). Im übrigen sei die jüngere Marke zu löschen, da zwischen beiden Marken Verwechslungsgefahr bestehe; das Bildelement sei als einziges Unterscheidungsmerkmal von nur geringer Bedeutung, zumal die Markeninhaberin den Wortteil der jüngeren Marke auch in ihrer Firma führe. Der Beschwerde sei daher in der Weise abzuhelfen, daß die angegriffene Marke zu löschen sei sowie die Wirkungen des Widerspruchs der Beschwerdeführerin wiederherzustellen seien; zudem habe die Markeninhaberin die anfallenden Kosten zu tragen.

Die Markeninhaberin ist der Beschwerde entgegengetreten. Ihrer Auffassung nach muß der angefochtene Beschluß der Widersprechenden - wie ihr selbst - bereits am 7. März 2000 zugestellt worden sein, so daß die Beschwerde unzulässig sei. In der Sache selbst hat sie bislang - auch nach Mitteilung des Senats, daß von einer rechtzeitigen Beschwerde auszugehen sei - nur geltend gemacht, daß eine Benutzung der Widerspruchsmarke bislang nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist entgegen der Ansicht der Markeninhaberin zulässig (§ 66 Abs 1 MarkenG). Nach dem in der Vorakte 395 15 429 befindlichen Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG wurde der angefochtene Beschluß der Widersprechenden am 16. März 2000 durch Einschreiben zugestellt; dies ist der Markeninhaberin vom Senat mit Verfügung vom 27. März 2001 mitgeteilt worden. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine frühere Zustellung sind nicht ersichtlich; insbesondere läßt sich entgegen der Rechtsauffassung der Markeninhaberin aus der früheren Zustellung des Beschlusses an ihren Verfahrensbevollmächtigten (7. März 2000) nicht einmal ein Indiz für eine gleichzeitige Zustellung an die Widersprechende herleiten, da es keinen Erfahrungssatz gibt, demzufolge postalische Übermittlungen an verschiedene Empfänger grundsätzlich zur gleichen Zeit in Auftrag gegeben und durchgeführt werden. Die Beschwerdefrist lief somit - da der 16. April 2000 ein Feiertag war - am 17. April 2000 ab; die an diesem Tag beim Patentamt eingegangene Beschwerde ist daher rechtzeitig erhoben worden.

Die somit zulässige Beschwerde hat aber bereits deshalb keinen Erfolg, weil eine Benutzung der Widerspruchsmarke auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Beschwerdegegnerin nicht glaubhaft gemacht wurde.

Allerdings war die im Erinnerungsverfahren mit Schriftsatz vom 10. September 1999 erhobene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin unzulässig, da zu diesem Zeitpunkt die Widerspruchsmarke noch keine fünf Jahre eingetragen war. Entgegen der Ansicht der Markenstelle ist sie auch nicht nach dem Ablauf der Benutzungsschonfrist am 14. November 1999 automatisch gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zulässig geworden, da eine einmal unzulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede ohne erneute Geltendmachung unzulässig bleibt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rn 23; so bereits 5. Aufl § 43 Rn 14; ferner BPatGE 43, 8 - Rhoda Hexan/Sota-Hexal). Der im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 24. Juli 2000 vorgetragene Einwand der Markeninhaberin, daß eine Benutzung der Widerspruchsmarke nach wie vor nicht glaubhaft gemacht worden sei, stellt jedoch eine nunmehr gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede dar. Damit war eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den der Entscheidung über die Beschwerde vorangehenden Zeitraum von fünf Jahren (November 1996 bis November 2001) glaubhaft zu machen.

Der Ansicht der Widersprechenden, die Inhaberin der jüngeren Marke 395 15 429 habe die Nichtbenutzungseinrede in Kenntnis der Benutzung der Widerspruchsmarke wider besseres Wissen und damit unzulässig erhoben, kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Inhaberin der jüngeren Marke anläßlich von Vergleichs- bzw Vertragsverhandlungen mit der Widersprechenden über Einzelheiten der Benutzung der Widerspruchsmarke informiert worden sein sollte, sagt dies noch nichts darüber aus, ob die Benutzung rechtlich betrachtet in einer den gesetzlichen Anforderungen der §§ 26, 43 Abs 1 MarkenG genügenden Weise erfolgt ist. Vielmehr hat jeder durch Widerspruch angegriffene Inhaber einer jüngeren Marke unter den Voraussetzungen des § 43 Abs 1 MarkenG grundsätzlich das Recht, die Benutzung der Widerspruchsmarke zu bestreiten. In diesem Fall ist von Amts wegen zu prüfen und entscheiden, ob die von dem Widersprechenden glaubhaft zu machenden Benutzungshandlungen die Anerkennung einer rechterhaltenden Benutzung rechtfertigen.

Die Voraussetzung einer ausreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung hat die Widersprechende nicht erfüllt. Die eidesstattliche Versicherung des Herrn F... enthält nur allgemeine Angaben, aus denen sich aber nichts für eine Benutzung im Sinne des § 26 MarkenG herleiten läßt; denn es ist weder erkennbar, in welcher Weise (§ 26 Abs 3 und 4 MarkenG) die Widerspruchsmarke auf welchen Waren und/oder Dienstleistungen (die allgemeine Aufzählung in der eidesstattlichen Versicherung reicht hierzu nicht) angebracht war, noch welcher Umsatz mit den unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Waren bzw erbrachten Dienstleistungen erzielt worden ist. Allein die Verwendung auf Geschäftspapieren ist zur Glaubhaftmachung einer markenmäßigen Benutzung jedenfalls nicht geeignet (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 26 Rn 11 mwN). Schließlich läßt die eidesstattliche Versicherung auch nicht den Zeitraum der (angeblichen) Benutzung erkennen. Ohne diese Angaben kann sie aber nicht Grundlage einer rechtserhaltenden Benutzung sein.

Soweit darüber hinaus das Zeugnis des Herrn F... als Beweis angeboten worden ist, handelt es sich nicht um ein zur Glaubhaftmachung zugelassenes präsentes Beweismittel (§ 294 Abs 2 ZPO). Wird im Widerspruchsverfahren die Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs 1 MarkenG erhoben, muß die Glaubhaftmachung unmittelbar und unverzüglich erfolgen. Berücksichtigt werden können nur die im Zeitpunkt der Entscheidung präsenten Beweismittel (vgl Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 43 Rdn 18; Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 35).

Da mangels Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke der Widerspruch keinen Erfolg haben kann (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG), war die Beschwerde zurückzuweisen, ohne daß es auf die Frage einer Verwechslungsgefahr beider Marken ankommt.

Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen. Für eine Auferlegung der Kosten, wie von der (ohnehin unterlegenen) Widersprechenden beantragt, besteht keine Veranlassung.

Dr. Schermer Albert Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 04.12.2001
Az: 27 W (pat) 254/00


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