Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 170/00
(BPatG: Beschluss v. 07.03.2001, Az.: 26 W (pat) 170/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2000 aufgehoben.
Die Marke 398 42 794.1 ist wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 05 790.6 für die Waren "Druckereierzeugnisse mit Nachrichten über Reise/Tourismus" zu löschen.
Gründe:
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung
"TTC"
für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 10, 16, 35, 36 und 42, darunter
"Druckereierzeugnisse mit Nachrichten über Reise/Tourismus", unter der Nummer 398 794.1 eingetragen worden.
Dagegen hat die für die Waren
"Druckereierzeugnisse nach Druckverfahren aller Art einschließlich Fotodruck, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Kalender, Verlagserzeugnisse"
unter der Nummer 395 05 790.6 eingetragene Inhaberin der Marke
"TTB"
Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß die Vergleichszeichen selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe einen hinreichend großen Abstand einhielten. Beide Zeichen seien sehr kurz und bestünden nur aus jeweils drei Buchstaben. Bei kurzen Wörtern aber würden Unterschiede leichter erkannt. Dieser für Markenwörter entwickelte Grundsatz könne auch für Zeichen herangezogen werden, die aus einer Buchstabenkombination bestünden, die kein aussprechbares Wort ergäben. Die voneinander abweichenden Endbuchstaben "B" bzw "C" vermittelten einen unterschiedlichen Gesamteindruck. Die Unterschiede seien weder zu überhören noch zu übersehen.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie beschränkt ihren Widerspruch ausdrücklich gegen die Waren "Druckereierzeugnisse mit Nachrichten über Reise/Tourismus" der jüngeren Marke. Auf eine nicht aussprechbare Buchstabenfolge seien die bisher zu aussprechbaren Markenwörtern ergangenen Entscheidungen nicht anwendbar. Vielmehr komme es auf den Gesamteindruck der miteinander zu vergleichenden Marken an. Die beiden Buchstabenfolgen endeten - wenn sie denn ausgesprochen würden - mit einem langen "e". Dann seien die klanglichen Unterschiede zu gering.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2000 aufzuheben und die Löschung der Marke 398 42 794.1 wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 05 790.6 für die Waren "Druckereierzeugnisse mit Nachrichten über Reise/Tourismus" anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Zwischen den Vergleichsmarken bestehe ein hinreichend großer Abstand. Diese seien jeweils Buchstabenmarken, die nicht in einem Sprechfluß als Wort aussprechbar seien, sondern jeweils in ihre Einzelbuchstaben zergliedert würden. Bei den vorliegenden Kurzzeichen aber fielen die unterschiedlichen Endbuchstaben dermaßen stark auf, daß eine klangliche Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Zudem seien Buchstabenfolgen generell sehr kennzeichnungsschwach, weshalb schon geringfügige Unterschiede ausreichten, um Verwechslungen ausschließen zu können.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Zwischen der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die beiderseitigen Waren sind, soweit sich der Widerspruch richtet, identisch. Der Senat geht mangels anderer Anhaltspunkte von einer mittleren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Buchstabenzeichen sind nämlich nach der ausdrücklichen Formulierung des Markengesetzes (vgl § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 sowie den ausdrücklich dargelegten Willen des Gesetzgebers in BlPMZ 1994, Sonderheft, Begründung zum Gesetzentwurf, Zu § 8) nicht per se kennzeichnungsschwach, vielmehr sind auf diese dieselben Grundsätze anzuwenden wie auf Wortmarken, d h von einer Kennzeichnungsschwäche kann nur dann ausgegangen werden, wenn diese einen beschreibenden Sinngehalt oder -anklang haben. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Insgesamt sind daher wegen der Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH BlPMZ 1999, 112, 114 - LIBERO) an den Abstand der Vergleichsmarken mittlere bis strenge Anforderungen zu stellen. Diesen wird die jüngere Marke nicht gerecht.
Bei einer klanglichen Gegenüberstellung der Vergleichsmarken ist nämlich zu berücksichtigen, daß diese nicht als reine Konsonantenfolgen wiedergegeben werden, sondern daß die jeweiligen Konsonanten zur besseren Aussprechbarkeit und Verständlichkeit mit einem jeweils angehängten Vokal gesprochen werden. So lautet das Widerspruchszeichen bei einer Aussprache "TeTeBe" und die jüngere Marke lautet "TeTeTse". Damit aber erscheinen die Vergleichszeichen jeweils wie dreisilbige Wörter, die in ihrer Länge, Silbengliederung und Vokalfolge übereinstimmen. Hinzu kommt, daß auch die jeweils ersten Konsonanten ("TeTe-") gleich sind. Dies und deren Stellung an den Wortanfängen führt zu einer starken Beachtung, denn die Wortanfänge werden grundsätzlich stärker beachtet als die Wortendungen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 99). Zwar sind die Konsonanten "B" einerseits und "C", das wie "TS" gesprochen wird, klanglich äußerst unterschiedlich, denn der Konsonant "B" klingt weich, während der zischend wie "TS" gesprochene Konsonant "C" zu den klangstärksten Konsonanten des Alphabets gehört. Diese Unterschiede befinden sich jedoch zum einen an den in der Regel nicht so stark beachteten Wortendungen, zum anderen überwiegen die Übereinstimmungen in den Vergleichszeichen insgesamt in hohem Maße. Hinzu kommt, daß sich der Verkehr regelmäßig an den Übereinstimmungen stärker orientieren wird als an den Abweichungen. Zwar sind nach dem EuGH, der den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher im Auge hat (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 82), stärker die unterscheidenden und dominanten Elemente zu berücksichtigen (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 86); nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind jedoch von jeher die Übereinstimmungen der Marken bedeutsamer als die Abweichungen (vgl Althammer/Ströbele, aaO). Insgesamt sind daher die Übereinstimmungen im Gesamteindruck so groß, daß eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.
Gründe: dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich. Ein Anlaß, der Markeninhaberin einen die Kostenauferlegung rechtfertigenden Verstoß gegen die prozessuale Sorgfalt vorzuwerfen, war angesichts der nicht einheitlichen Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im Verlauf des Verfahrens nicht ersichtlich. Deshalb kam es auf die Zulässigkeit des nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingegangenen Antrags auf Kostenauferlegung (§ 82 Abs 1 MarkenG, § 296a ZPOP) ohnehin nicht an.
Schülke Reker Ederprö
BPatG:
Beschluss v. 07.03.2001
Az: 26 W (pat) 170/00
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