Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2007
Aktenzeichen: 8 W (pat) 354/03

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2007, Az.: 8 W (pat) 354/03)

Tenor

Das Patent 199 18 359 wird widerrufen.

Gründe

I.

Die Patentinhaberin hat das Patent 199 18 359 am 22. April 1999 beim Patentamt angemeldet. Die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

"Werkzeugmaschine mit einer Arbeitsraumabdeckung"

wurde am 31. Oktober 2002 veröffentlicht.

Dagegen hat am 29. Januar 2003 die Firma F... AG unter der damaligen Anschrift

...-Strasse S..., Schweiz.

Einspruch erhoben, weil der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende hat ihren Einspruch zunächst auf folgende Druckschriften gestützt:

D1: DE 197 36 252 A1 D2: DE 92 02 074 U1 D3: DD 130 770 D4: Prospekt der Firma Mikron, Multistar"

D5: Prospekt der Firma RIS-INGOLD AG "RISMATIC-152"

D6: Sonderdruck aus Maschine + Werkzeug 5/98 "Fräs- und Bohrmaschine HSPC" von Kern; nebst Seite 115 Prospektblatt "KERN HSPC 2525".

Im Schreiben vom 25. Februar 2005 hat die Einsprechende weiterhin auf zwei offenkundige Vorbenutzungen hingewiesen, die auch schon im parallelen europäischen Verfahren geltend gemacht wurden, wozu sie Kopien der betreffenden Seiten aus dem europäischen Verfahren eingereicht hat. Mit Schriftsatz vom 18. September 2007 hat die Einsprechende die Angaben zu diesen behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen präzisiert und folgende weitere Unterlagen und Beweismittel eingereicht:

D7: Hermle Katalog U630 mit Datumsaufdruck 2/98 D8b1 bis D8b8: 8 Fotografien (8 Seiten)

D8c: Zeichnung mit der Nummer 012900-01020 D8d: Zeichnung mit der Nummer 012900-01021 D8e: Zeichnung mit der Nummer 012900-01022 D8f: Zeichnung mit der Nummer 012059-51001-3 D8g: Zeichnung mit der Nummer 012059-51001-4 D8h: Lieferschein Nr. 747352 vom 3. September 1998, D8i: Eidesstattliche Erklärung von Herrn R... vom 22. August 2007 (1 Seite)

D8j: Eidesstattliche Erklärung von Herrn R... vom 22. August 2007 (3 Seiten)

D8k: Titelblatt "Der Werkzeugschleifer" Heft 3, September 1994 D8I: DE 42 42 906 A1 D8m: Zeichnung 012059-51001-1 D8n: Zeichnung 012059-51001-2 D8o: Katalog "Helitronic Power"

D8p: Katalog "Helitronic Power Baureihe"

D8M1 bis D8M25: Digitalfotos (25 Seiten)'

D8M26 bis D8M29: Zeichnungen 011059-51003-1, ...-2, ...-3, ...-4 (4 Seiten)

D8M30: Eidesstattliche Erklärung von Herrn R... vom 22. August 2007 (4 Seiten)

D8M31: Eidesstattliche Erklärung von Herrn H... vom 28. August 2007 (2 Seiten + 1 Zusatzseite)

D8M32: EDV-Ausdruck (2 Seiten)

D8M33: Auftragsbestätigung (4 Seiten)

D8M34: Rechnung (4 Seiten)

D8M35: Maschinenvorabnahme-Protokoll D8M36: Maschineneinweisung- und -abnahme-Protokoll D8M37: PC-Ausdruck (1 Seite)

D9: EP 0 331 178 A1.

In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende vorgetragen, dass sich der Streitpatentgegenstand in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe, wie er durch den vorbehaltlosen Verkauf der Werkzeugmaschine "Helitronic Power" der Öffentlichkeit bekannt geworden sei. Insbesondere liege es im Griffbereich eines Fachmanns, die aus der Werkzeugmaschine "Helitronic Power" bekannte Arbeitsraumabdeckung bei Bedarf auch bei anderen Werkzeugmaschinen zu verwenden, beispielsweise bei Bohr- und Fräsmaschinen, die aus den Druckschriften D9 oder D7 bekannt geworden seien.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 199 18 359 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und ausgeführt, dass der Einspruch hinsichtlich der beiden behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen zum einen hinsichtlich des Tatsachenvortrags verspätet vorgebracht worden sei, so dass der Einspruch diesbezüglich unzulässig sei. Zum anderen seien die Unterlagen so spät zugestellt worden, so dass aufgrund der angespannten Terminsituation beim Mandanten keine Zeit für eine ausreichende Besprechung mit dem zuständigen Fachpersonal möglich gewesen sei. Weiterhin hat die Patentinhaberin vorgetragen, dass in den vorgelegten Fotos D8b1 und D8b2 offensichtlich unterschiedliche Maschinen aus unterschiedlichen Maschinengenerationen gezeigt seien, da sie unterschiedliche Griffe aufwiesen. Daher sei der Vortrag der Einsprechenden insgesamt nicht substantiiert, da nicht klar sei, welche Maschine wann und wie offenkundig vorbenutzt worden sei. Darüber hinaus unterscheide sich die angeblich vorbenutzte Maschine erheblich von dem Streitpatentgegenstand nach Hauptantrag, da sie keine motorisch in Z-Richtung verfahrbare Konsole an der Vorderseite des Ständers aufweise und auch der Spindelstock nicht in Y-Richtung verfahrbar sei. Ebenso sei aus den beigelegten Fotos keine geneigte untere Abdeckfläche, sondern eine horizontale Abdeckfläche erkennbar. Im Übrigen ergäben die im Hilfsantrag ergänzten Merkmale einen deutlichen Abstand zum Gegenstand der behaupteten Vorbenutzung.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 6, eingegangen am 25. August 2004. Beschreibung Absatz [0001] bis Absatz [0020] gemäß Patentschrift, Zeichnungen (3 Seiten), Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift, hilfsweise, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen gemäß Hilfsantrag, Patentansprüche 1 bis 6, im Übrigen wie Patentschrift beschränkt aufrecht zu erhalten.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

Werkzeugmaschine miteinem auf einem Maschinenbett (1) angeordneten Ständer (2), einem am Ständer (2) über einen Schlitten (5) horizontal in den X- und Y-Achsen motorisch verfahrbaren Spindelstock (7), einer an der Vorderseite des Ständers (2) in der vertikalen Z-Achse motorisch verfahrbaren Konsole (13) mit einem Werkstücktisch (14) und einer als Schutzkabine ausgebildeten Arbeitsraumabdeckung (22), die mindestens eine um eine Vertikalachse (23) auf einer kreisförmigen Bahn verschiebbare Rundtüre (24) für den Zugang zum Arbeitsraum (27) enthält, deren Seitenwand (25) in Form eines Zylindermantelsegments ausgebildet und auf einer unteren zur vertikalen Z-Achse koaxialen Rundführung (33) geführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzkabine (22) einen feststehenden Teil enthält, der zwei parallele Seitenwände (28, 29) und einen vorderen abgerundeten Wandteil (30) aufweist, die durch eine obere Deckplatte (31) verbunden sind, die Seitenwand (25) der Rundtüre (24) mit einem oberen flächigen Deckelement (26) fest verbunden ist, das an der oberen Deckplatte (31) um die Vertikalachse (23) verschwenkbar geführt ist und bei geschlossener Rundtüre (24) den Arbeitsraum (27) zusammen mit der Deckplatte (31) nach oben abdeckt, die Rundtüre (24) eine schräg nach innen geneigte untere Abdeckfläche (34) zur Abdeckung der Rundführung (33) enthält, das Maschinenbett (1) unterhalb des Werkstücktisches (14) und der Konsole (13) ein halbkreisförmiges Vorderteil (15) in Art einer Bodenwanne aufweist, auf dem die als Führungsschiene ausgebildete Rundführung (33) vor Verschmutzung geschützt angeordnet ist, wobei die Rundtüre (24) derart ausgebildet ist, dass sie in ihrer geschlossenen Stellung den Arbeitsraum (27) an einer Außenseite und an der Frontseite abdeckt und in ihrer vollständig geöffneten Stellung einen Zugang zum Arbeitsraum (27) von vorne und von der Seite zulässt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

Fräs- und Bohrmaschine miteinem auf einem Maschinenbett (1) angeordneten Ständer (2), einem am Ständer (2) über einen Schlitten (5) horizontal in den X- und Y-Achsen motorisch verfahrbaren Spindelstock (7), der an seiner Vorderseite einen Fräskopf (8) mit einer Arbeitsspindel (9) trägt, einer an der Vorderseite des Ständers (2) in der vertikalen Z-Achse motorisch verfahrbaren Konsole (13) mit einem Werkstücktisch (14) und einer als Schutzkabine ausgebildeten Arbeitsraumabdeckung (22), die mindestens eine um eine Vertikalachse (23) auf einer kreisförmigen Bahn verschiebbare Rundtüre (24) für den Zugang zum Arbeitsraum (27) enthält, deren Seitenwand (25) in Form eines Zylindermantelsegments ausgebildet und auf einer unteren zur vertikalen Z-Achse koaxialen Rundführung (33) geführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzkabine (22) einen feststehenden Teil enthält, der zwei parallele Seitenwände (28, 29) und einen vorderen abgerundeten Wandteil (30) aufweist, die durch eine obere Deckplatte (31) verbunden sind, die Seitenwand (25) der Rundtüre (24) mit einem oberen flächigen Deckelement (26) fest verbunden ist, das an der oberen Deckplatte (31) um die Vertikalachse (23) verschwenkbar geführt ist und bei geschlossener Rundtüre (24) den Arbeitsraum (27) zusammen mit der Deckplatte (31) nach oben abdeckt, die Rundtüre (24) eine schräg nach innen geneigte untere Abdeckfläche (34) zur Abdeckung der Rundführung (33) enthält, das Maschinenbett (1) unterhalb des Werkstücktisches (14) und der Konsole (13) ein halbkreisförmiges Vorderteil (15) in Art einer Bodenwanne aufweist, auf dem die als Führungsschiene ausgebildete Rundführung (33) vor Verschmutzung geschützt angeordnet ist, wobei die Rundtüre (24) derart ausgebildet ist, dass sie in ihrer geschlossenen Stellung den Arbeitsraum (27) an einer Außenseite und an der Frontseite abdeckt und in ihrer vollständig geöffneten Stellung eine durchgehende seitliche und obere Öffnung freigibt, die einen Zugang zum Arbeitsraum (27) von vorne und von der Seite zulässt.

Hinsichtlich der gleich lautenden Patentansprüche 2 bis 6 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag wird auf die Akte verwiesen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Über die Einsprüche ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung (vgl. BlPMZ 2005, 3 und 2006, 225) durch den zuständigen Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden. Die mit der Einlegung des Einspruchs vom 29. Januar 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt gemäß § 147 Abs. 3 PatG begründete Entscheidungsbefugnis des technischen Beschwerdesenats für das vorliegende Verfahren ist durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 und die Aufhebung des § 147 Abs. 2 und 3 PatG zum 1. Juli 2006 nicht entfallen (s. a. BGH, Beschl. v. 17. April 2007 - X ZB 9/06 und vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05).

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Der Einspruch ist auch begründet, denn er führt zum Widerruf des angegriffenen Patents.

Die Einwendungen der Patentinhaberin, dass der Einspruch hinsichtlich des Vorbringens der offenkundigen Vorbenutzungen unzulässig sei, treffen nicht zu. Der Einspruch war ursprünglich auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gestützt. Er war frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Mit Eingabe vom 18. September 2007 hat die Einsprechende neue Beweismittel zur Stützung des Vorwurfs der mangelnden Patentfähigkeit vorgelegt. Diese sind aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes, der auch für das Einspruchsverfahren vor dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts gilt, zu berücksichtigen, sofern sie, - wie hier - vollständig und lückenlos vorgetragen für die zu treffende Entscheidung erheblich sind, und das späte Vorbringen auch keinen Rechtsmissbrauch darstellt.

3. Soweit die Patentinhaberin hinsichtlich der offenkundigen Vorbenutzungen sinngemäß eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil sie aufgrund der späten Zustellung der Unterlagen etwa eine Woche vor dem Termin der mündlichen Verhandlung keine ausreichende Zeit für eine Besprechung mit dem zuständigen Fachpersonal gehabt habe, ist diese nicht gegeben. Denn die von der Einsprechenden vorgebrachten Einzelheiten über die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen waren der Patentinhaberin bereits aus dem europäischen Einspruchsverfahren bekannt. Seit dem Einreichen der entsprechenden Kopien mit Schriftsatz vom 25. Februar 2005 musste sie damit rechnen, dass die Einsprechende auch in diesem Verfahren die im europäischen Verfahren geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen heranziehen würde. Aus diesen Gründen stand trotz der kurzfristigen Zustellung der Unterlagen insgesamt ein ausreichender Zeitraum für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem vorgebrachten Material zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung einschließlich einer Besprechung mit dem zuständigen Fachpersonal zur Verfügung.

4. Gegen die Zulässigkeit der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag bzw. Hilfsantrag bestehen keine Bedenken. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) ergeben sich aus den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 7 und 10 sowie den Ausführungen auf Seite 5, Zeilen 4 bis 20 der ursprünglichen Beschreibung.

Die Ergänzungen im Patentanspruch 1 (Hauptantrag), wonach die parallelen Seitenwände (28, 29) und der feste vordere, abgerundete Wandteil (30) durch eine obere Deckplatte (31) verbunden sind, die Seitenwand (25) der Rundtüre (24) mit einem oberen flächigen Deckelement (26) fest verbunden ist, welches bei geschlossener Rundtüre (24) den Arbeitsraum (27) zusammen mit der Deckplatte (31) nach oben abdeckt und die Rundtüre (24) derart ausgebildet ist, dass sie in ihrer geschlossenen Stellung den Arbeitsraum (27) an einer Außenseite und an der Frontseite abdeckt und in ihrer vollständig geöffneten Stellung einen Zugang zum Arbeitsraum (27) von vorne und von der Seite zulässt, ergeben sich aus der ursprünglichen Beschreibung Seite 6, Absatz 1.

Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vorgenommenen Beschränkungen auf eine Fräs- und Bohrmaschine, deren Spindelstock an seiner Vorderseite einen Fräskopf (8) mit einer Arbeitsspindel (9) trägt, ergeben sich auch aus den Ausführungen auf Seite 5, Zeilen 4 bis 20 der ursprünglichen Beschreibung.

Die weitere im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vorgenommene Ergänzung, wonach die Rundtüre derart ausgebildet ist, dass sie in ihrer vollständig geöffneten Stellung eine durchgehende seitliche und obere Öffnung freigibt, ergibt sich aus der Figur 1.

Die Merkmale des gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag gleich lautenden Patentanspruchs 2 sind in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 6, Absatz 2, Satz 1 in Verbindung mit Figur 1 offenbart.

Die Merkmale der gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag ebenfalls gleich lautenden Patentansprüche 3 bis 6 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 8, 9, 11 und 12 offenbart.

5. Mit Schriftsatz vom 18. September 2007, eingegangen am 19. September 2007, hat die Einsprechende insbesondere hinsichtlich der zweiten offenkundigen Vorbenutzung (Fa. M...) entsprechend den Anlagen D8M1 bis D8M36 im Einzelnen dargelegt, was (Werkzeugmaschine "Helitronic Power" mit der Maschinennummer 6173), wann (am 10. November 1995, belegt durch die Rechnung gemäß Anlage D8M34), wo (Firma M... GmbH in S..., P...strasse), wie (Verkauf und Auslieferung) und durch wen (Verkauf an die Firma M... GmbH in S...) in öffentlich zugänglicher Weise vorbe- nutzt worden ist.

Die Offenkundigkeit ergibt sich ohne weiteres schon aus dem behaupteten bedingungslosen Verkauf und der damit verbundenen Auslieferung der Werkzeugmaschine "Helitronic Power" mit der Maschinennummer 6173 von der Firma W... an einen Dritten, die Firma M... GmbH. Denn mit Empfang der Lieferung lag es im Ermessen des Käufers, jederzeit und in beliebigen Umfang Kenntnis von der Gestaltung der Werkzeugmaschine "Helitronic Power" zu nehmen.

Für den Senat besteht aufgrund der mit Schriftsatz vom 18. September 2007 vorgelegten weiteren Dokumente, insbesondere der Anlagen D8k, D8o, D8p, D8M30 bis D8M37 sowie der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Einzelheiten, kein Zweifel, dass der Verkauf und die Lieferung der Werkzeugmaschine "Helitronic Power" mit einem Integralgehäuse wie sie durch die Zeichnungen mit der Id.-Nr. 301895-556 (Anlagen D8M26 bis D8M29) sowie die Fotos gemäß Anlagen D8M1 bis D8M25 repräsentiert wird, tatsächlich auch stattgefunden hat. Gerade weil sich auch die Darstellung der Werkzeugmaschine in zweifelsfrei vorveröffentlichten Druckschriften wie insbesondere in der Zeitschrift "Der Werkzeugschleifer" (Anlage D8k) vollständig mit den eingereichten Fotos deckt, ist der Senat davon überzeugt, dass die Fotos gemäß der Anlagen D8M1 bis D8M25 die Maschine in einem Zustand zeigen, wie er beim Verkauf vorgelegen hat. Dies belegt auch die übereinstimmende Ident.-Nummer des Integralgehäuses in der Stückliste D8M37 und in den Zeichnungen des Integralgehäuses entsprechend den Anlagen D8M26 bis D8M29 sowie die übereinstimmende Maschinennummer 6173 in den Liefer- und Rechnungsunterlagen (Anlagen D8M32, D8M33, D8M34), Abnahmeprotokollen (Anlagen D8M35, D8M36), in dem Wartungsbeleg (Anlage D8M37) sowie im Foto D8M17.

Die Einwendungen der Patentinhaberin hinsichtlich Ungereimtheiten bei den Fotos D8b1 und D8b2 der ersten offenkundigen Vorbenutzung hat die Einsprechende bereits vorab in ihrem Schriftsatz vom 18. September 2007 auf Seite 9, Absatz 1 im Rahmen der Erläuterungen zum Entstehen der einzelnen Fotos überzeugend widerlegt, so dass die Glaubwürdigkeit des Vortrags der Einsprechenden insgesamt nicht zu beanstanden ist.

Die vorstehend beschriebene Werkzeugmaschine gehört somit zum Stand der Technik.

6. Der ohne Zweifel gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik unstrittig neu. Er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentgegenstand betrifft gemäß Hauptantrag eine Werkzeugmaschine mit einer als Schutzkabine ausgebildeten Arbeitsraumabdeckung.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lässt sich wie folgt baugruppenbezogen sortieren und gliedern, worauf im Folgenden Bezug genommen wird:

1. Werkzeugmaschine mit 1.1. einem auf einem Maschinenbett (1) angeordneten Ständer (2), 1.2. einem am Ständer (2) über einen Schlitten (5) horizontal in den X- und Y-Achsen motorisch verfahrbaren Spindelstock (7), 1.3. einer an der Vorderseite des Ständers (2) in der vertikalen Z-Achse motorisch verfahrbaren Konsole (13)

1.4. mit einem Werkstücktisch (14)

Die Werkzeugmaschine weist weiterhin 2. eine als Schutzkabine ausgebildeten Arbeitsraumabdeckung (22) auf, 2.1. diese Schutzkabine (22) enthält einen feststehenden Teil, 2.1.1. der zwei parallele Seitenwände (28, 29) und 2.1.2. ein vorderes abgerundetes Wandteil (30) aufweist, 2.1.3. die durch eine obere Deckplatte (31) verbunden sind, 2.2. die Schutzkabine enthält weiterhin mindestens eine um eine Vertikalachse (23) auf einer kreisförmigen Bahn verschiebbare Rundtüre (24) für den Zugang zum Arbeitsraum (27), 2.2.1. die Seitenwand (25) der Rundtür ist in Form eines Zylindermantelsegments ausgebildet und 2.2.2. ist auf einer unteren zur vertikalen Z-Achse koaxialen Rundführung (33) geführt, 2.2.3. die Seitenwand (25) der Rundtüre (24) ist mit einem oberen flächigen Deckelement (26) fest verbunden, 2.2.3.1. das Deckelelement ist an der oberen Deckplatte (31) um die Vertikalachse (23) verschwenkbar geführt und 2.2.3.2. es deckt bei geschlossener Rundtüre (24) den Arbeitsraum (27) zusammen mit der Deckplatte (31) nach oben ab, 2.2.4. die Rundtüre (24) enthält eine schräg nach innen geneigte untere Abdeckfläche (34) zur Abdeckung der Rundführung (33), 2.2.5. die Rundtüre (24) ist derart ausgebildet, dass sie in ihrer geschlossenen Stellung den Arbeitsraum (27) an einer Außenseite und an der Frontseite abdeckt, 2.2.6. die Rundtüre (24) ist derart ausgebildet, dass sie in ihrer vollständig geöffneten Stellung einen Zugang zum Arbeitsraum (27) von vorne und von der Seite zulässt.

3. das Maschinenbett (1) weist unterhalb des Werkstücktisches (14) und der Konsole (13) ein halbkreisförmiges Vorderteil (15) in Art einer Bodenwanne auf, 3.1. auf dem die als Führungsschiene ausgebildete Rundführung (33) vor Verschmutzung geschützt angeordnet ist.

Damit soll gemäß der Beschreibung Absatz [0005] eine Werkzeugmaschine geschaffen werden, deren Arbeitsraumabdeckung einen verbesserten und vereinfachten Zugang zum Arbeitsraum ermöglicht.

Für die Lösung dieser Aufgabe erhält der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Konstruktion von Werkzeugmaschinen aus dem bekannten Stand der Technik ausreichend Anregungen.

Bereits aus der an die Firma M... verkauften Werkzeugmaschine "Helitronic Po- wer", dargestellt in den Fotos gemäß den Anlagen D8M1 bis D8M25, die mit einem Integralgehäuse entsprechend den Zeichnungen 301895-556 versehen ist, ist der Öffentlichkeit eine Schleifmaschine und somit eine Werkzeugmaschine (Merkmal 1) bekannt geworden, die gemäß Foto D8M2 einen auf einem Maschinenbett (1) angeordneten Ständer (2) aufweist (Merkmal 1.1). An dem Ständer (2) ist über einen Schlitten (5) ein Spindelstock (7) horizontal in der X-Achse motorisch verfahrbar (Teilmerkmal 1.2). Ein Werkstücktisch (14) ist in der vertikalen Z-Achse an der Vorderseite des Ständers (2) angeordnet und motorisch verfahrbar (Merkmal 1.4 und Teilmerkmal 1.3). Foto D8M10 lässt Merkmal 3 erkennen, wonach Maschinenbett (1) unterhalb des Werkstücktisches (14) ein halbkreisförmiges Vorderteil (15) in Art einer Bodenwanne aufweist.

Die Werkzeugmaschine "Helitronic Power" weist weiterhin eine als Schutzkabine ausgebildete Arbeitsraumabdeckung (22) auf (Merkmal 2), die gemäß Foto D8M3 einen feststehenden Teil mit zwei parallelen Seitenwänden (28, 29) und einen vorderen abgerundeten Wandteil (30) enthält (Merkmale 2.1 bis 2.1.2). Die Fotos D8M4 und D8M5 zeigen, dass die zwei parallelen Seitenwände (28, 29) und das eine vordere abgerundete Wandteil durch eine obere Deckplatte (31) verbunden sind (Merkmal 2.1.3).

Aus den Fotos D8M2 und D8M5 ist weiterhin erkennbar, dass die Schutzkabine eine um eine Vertikalachse (23) auf einer kreisförmigen Bahn verschiebbare Rundtüre (24) für den Zugang zum Arbeitsraum (27) enthält (Merkmal 2.2). Die Seitenwand (25) der Rundtür ist in Form eines Zylindermantelsegments ausgebildet und ist mit einem oberen flächigen Deckelement (26) fest verbunden (Merkmale 2.21 und 2.2.3). Das Deckelelement ist gemäß Foto D8M5 an der oberen Deckplatte (31) um die Vertikalachse (23) verschwenkbar geführt und deckt bei geschlossener Rundtüre (24) den Arbeitsraum (27) zusammen mit der Deckplatte (31) nach oben ab (Merkmale 2.2.3.1 und 2.2.3.2).

Zwar ist, wie die Patentinhaberin durchaus zutreffend festgestellt hat, aus den Fotos nur andeutungsweise erkennbar, dass die Rundtüre (24) eine untere zur vertikalen Z-Achse koaxiale Rundführung (33) und eine schräg nach innen geneigte untere Abdeckfläche (34) zur Abdeckung der Rundführung (33) enthält (Merkmale 2.2.2 und 2.2.4). Jedoch sind diese Merkmale aus der beigefügten Konstruktionszeichnung D8M27 aus Schnitt D-D deutlich ersichtlich. Aus derselben Konstruktionszeichnung ist weiterhin erkennbar, dass die als Führungsschiene ausgebildete Schiene (G) der Rundführung (33) vor Verschmutzung geschützt (durch das Winkelblech N) auf dem Maschinenbett angeordnet ist (Merkmale 3 und 3.1).

Insgesamt ist somit die Rundtüre (24) derart ausgebildet, dass sie in ihrer geschlossenen Stellung den Arbeitsraum (27) an einer Außenseite und an der Frontseite abdeckt (Merkmal 2.2.5) und in ihrer vollständig geöffneten Stellung einen Zugang zum Arbeitsraum (27) von vorne und von der Seite zulässt (Merkmal 2.2.6).

Somit unterscheidet sich der Streitpatentgegenstand gemäß Hauptantrag vom Stand der Technik nach der vorbenutzten Werkzeugmaschine "Helitronic Power" nur dadurch, dass sie eine motorisch in Z-Richtung verfahrbare Konsole an der Vorderseite des Ständers aufweist (Merkmal 1.3.) und der Spindelstock auch in Y-Richtung verfahrbar ist (Teilmerkmal 1.2.).

Für diese Maßnahme erhält der Fachmann aus dem bekannten Stand der Technik ausreichend Anregungen.

Denn dem wie oben definierten Fachmann sind auf Grund seines Fachwissens die grundlegenden Bauarten von Werkzeugmaschinen bekannt. Nur beispielsweise wird auf die Säulenbohrmaschine nach der EP 0 331 178 A1 (Anlage D9) oder auf die Fräsmaschine aus dem Hermle Katalog (Anlage D7) hingewiesen. Beide Druckschriften zeigen jeweils übliche Werkzeugmaschinen, welche jeweils eine motorisch in Z-Richtung verfahrbare Konsole an der Vorderseite des Ständers aufweisen und deren Spindelstock jeweils auch in Y-Richtung verfahrbar ist. Je nach Typ der Werkzeugmaschine wird der Fachmann daher das Integralgehäuse, welches aus der vorbenutzten Werkzeugmaschine "Helitronic Power" bekannt geworden ist, bei Bedarf auch bei anderen Werkzeugmaschinen, beispielsweise auch bei der aus der EP 0 331 178 A1 bekannten Säulenbohrmaschine einsetzen. Eine Anregung hierfür erhält der Fachmann schon daher, weil das Integralgehäuse aus der vorbenutzten Werkzeugmaschine "Helitronic Power" ohnehin als selbständige Baugruppe ausgebildet ist und somit ganz offensichtlich von vorne herein dazu ausgestattet und geeignet ist, baukastenartig auch bei anderen Werkzeugmaschinenarten eingesetzt zu werden. Solche Übertragungen sind in der Fachwelt durchaus üblich und werden auch von der Patentinhaberin praktiziert, worauf die Ausführungen in Absatz [0020] der Streitpatentschrift schließen lassen.

Nach alledem bedurfte es für den einschlägigen Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit, um ausgehend von der durch den Verkauf an die Firma M... offenkun- dig gewordenen Werkzeugmaschine "Helitronic Power" zu dem im Patentanspruch 1 angegebenen Gegenstand zu gelangen.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

7. Auch die unstrittig gewerblich anwendbare, sowie gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik unstrittig neue Fräs- und Bohrmaschine nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthält neben der Beschränkung auf eine Fräs- und Bohrmaschine (Merkmal 1') zusätzlich zu den zum Hauptantrag aufgeführten o. g. Merkmalen noch folgende Merkmale:

1.2.1. der Spindelstock (7), trägt an seiner Vorderseite einen Fräskopf (8) mit einer Arbeitsspindel (9), 2.2.6.1. die Rundtüre ist derart ausgebildet, dass sie in ihrer vollständig geöffneten Stellung eine durchgehende seitliche und obere Öffnung freigibt.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgeführt ist, beruht die Werkzeugmaschine mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag aufgeführt sind, ist das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

Auch die Begründung für die mangelnde erfinderische Tätigkeit der im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vorgenommenen Beschränkung des Streitpatentgegenstandes auf eine Fräs- und Bohrmaschine (Merkmal 1'), deren Spindelstock an seiner Vorderseite einen Fräskopf mit einer Arbeitsspindel trägt (Merkmal 1.2.1.), ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag. Denn die in dem Hermle Katalog (D7) gezeigte Fräsmaschine weist gemäß Seite 2 einen Spindelstock auf, an dessen Vorderseite ein Fräskopf mit einer Arbeitsspindel angeordnet ist. Da mit Fräsmaschinen üblicherweise auch gebohrt wird, handelt es sich somit bei der im Hermle Katalog (D7) gezeigten Maschine um eine Fräs- und Bohrmaschine.

Aber auch das weitere, im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ergänzte Merkmal, wonach die Rundtüre derart ausgebildet ist, dass sie in ihrer vollständig geöffneten Stellung eine durchgehende seitliche und obere Öffnung freigibt (Merkmal 2.2.6.1), kann eine erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstands nicht begründen. Zwar gibt die offenkundig vorbenutzte Werkzeugmaschine "Helitronic Power" in ihrer geöffneten Stellung zweifellos keine durchgehende seitliche und obere Öffnung frei, denn die Fotos D8M2 und D8M4 lassen ein umlaufendes Blechband erkennen, das an der Oberseite der Rundtüre verläuft und somit die obere Öffnung von der seitlichen Öffnung trennt. Jedoch lässt gerade auch das Foto D8M4 zweifelsfrei erkennen, dass das umlaufende Blechband jedenfalls keinerlei Führungsfunktion bezüglich der Rundtüre aufweist, weil es im Öffnungsbereich der Rundtüre von ca. 90¡ frei liegt und die Rundtüre über den zentralen Zapfen, der die Vertikalachse 23 bildet, geführt ist. Somit hat das Blechband nach Überzeugung des Senats keinen funktionellen Zusammenhang mit der Rundtüre, sondern allenfalls eine optische oder sonstige untergeordnete Bedeutung. Sofern der Fachmann die bei verschwenkbaren Schutztüren durchaus übliche (weil beispielsweise aus der DE 92 02 074 U1 bekannte) durchgehende seitliche und obere Öffnung benötigt, um beispielsweise die Werkstückhandhabung mit einem Hebezeug oder Kran zu vereinfachen, wird er ohne weiteres und ohne Schwierigkeiten auf das Blechband verzichten, da es hinsichtlich der Türführung und -Aufhängung ohnehin keine Bedeutung hat.

Somit beruht auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil sich seine Merkmale dem Fachmann aus der vorbenutzten Werkzeugmaschine "Helitronic Power" in Verbindung mit seinem Fachwissen oder mit dem Inhalt des Hermle Katalogs (D7) erschließen.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat daher auch keinen Bestand.

Gemeinsam mit dem Patentanspruch 1 gemäß Haupt- oder Hilfsantrag haben auch die auf diese rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 keinen Bestand (vgl. BGH GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät).

Das Patent hat somit keinen Bestand.

Bei dieser Sachlage brauchte der weiteren behaupteten offenkundigen Vorbenutzung (Lieferung an die Firma M1...) nicht mehr nachgegangen zu werden. In- sofern erübrigt sich auch eine Überprüfung des Vorbringens der Patentinhaberin hinsichtlich mangelnder Substantiierung bezüglich dieser weiteren behaupteten Vorbenutzung.

Dehne Dr. Huber Pagenberg Rippel Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2007
Az: 8 W (pat) 354/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d646f2b15278/BPatG_Beschluss_vom_27-September-2007_Az_8-W-pat-354-03




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