Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 25. Januar 2011
Aktenzeichen: 1 E 32/11
(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 25.01.2011, Az.: 1 E 32/11)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Be-schwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit welchem die Einzelrichterin die Erinnerung zurückgewiesen hat, mit welcher wiederum die Festsetzung des Betrags der vom Gegner zu erstattenden Kosten durch den Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs angefochten worden ist (§§ 164, 165, 151 VwGO). Über diese Beschwerde entscheidet der Senat durch Beschluss (§ 150 VwGO) in der Besetzung von drei Richtern (§§ 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO, 109 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JustG NRW). Eine spezialgesetzliche, die Zuständigkeit des Einzelrichters begründende Regelung liegt nicht vor. Namentlich greifen nicht jene Vorschriften ein, die bei Kosten- und Streitwertbeschwerden eine Beschwerdeentscheidung des Rechtsmittelgerichts durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter vorsehen, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger oder - wie hier - von einem Einzelrichter erlassen wurde (vgl. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG; § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG; § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 RVG; § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 RVG).
Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. Januar 2007 - 24 C 06.2426 -, NVwZ-RR 2007, 497 = juris, Rn. 19; OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 - 18 E 1013/08 -, NJW 2009, 2840 = juris, Rn. 1 f., m.w.N.
Auch liegt keine Zuständigkeit des Berichterstatters nach der insoweit allein in Betracht zu ziehenden, im Beschwerdeverfahren grundsätzlich entsprechend heranzuziehenden Regelung des § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 VwGO vor. Denn die hier veranlasste Beschwerdeentscheidung ergeht nicht im vorbereitenden Verfahren, sondern stellt die abschließende Sachentscheidung dar, auf welche das Verfahren gerichtet ist.
Vgl. Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 29. Mai 2006 - 5 E 369/05 -, SächsVBl. 2006, 216 = juris, Rn. 3, und vom 20. Juni 2006 - 5 E 49/06 -, NVwZ 2007, 116 = juris, Rn. 3; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. Juni 2007 - 2 OA 433/07 -, NVwZ-RR 2007, 816 = juris, Rn. 3; Hessischer VGH, Beschluss vom 11. November 2009 - 1 E 2412/09 -, juris, Rn. 2; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 165 Rn. 34; Zimmermann-Kreher, in Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 165 Rn. 20.
Die Beschwerde, die der Senat mithin in der Besetzung der drei nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter einer Entscheidung zuzuführen hat, versteht der Senat als im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Zwar tritt dies nicht schon aus den während des Kostenfestsetzungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen unmissverständlich hervor, weil die das Verfahren betreibende Person dort jeweils lediglich mit "wir" bezeichnet wird. Ein wirtschaftliches Interesse an dem mit der Beschwerde erstrebten Ansatz einer Erledigungsgebühr haben aber, soweit ersichtlich, allein die Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Außerdem hat die Beklagtenseite dem hier angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2010 nicht auch insoweit widersprochen, als dort der gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 1. Juli 2010 gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) als "Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten" eingeordnet worden ist.
Die so zu verstehende Beschwerde ist bereits unzulässig, weil die Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht beschwerdebefugt sind.
Der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten des dem Kostenfestsetzungsverfahren vorausgegangenen Erkenntnisverfahrens ist nicht befugt, in dem allein dem Kostenausgleich zwischen den betroffenen Beteiligten des vorausgegangenen Verfahrens dienenden Kostenfestsetzungsverfahren im eigenen Namen Anträge zu stellen und Rechtsmittel (hier: Beschwerde) einzulegen.
Wie hier BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1997 - 1 BvR 1174/90 -, BVerfGE 96, 251 = NJW 1997, 3430 = juris, Rn. 7; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Februar 2008 - 12 E 165/08 -, juris, Rn. 1 - 3, vom 12. Juli 2005 - 15 E 424/05 -, NVwZ-RR 2006, 437 = juris, Rn. 1 f. und vom 9. März 1999 - 3 E 853/97 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 6. Oktober 1997 - 14 S 2808/97 -, JurBüro 1999, 35 = juris ; VG Weimar, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 8 K 10/94.We, ThürVBl. 1995, 213 = juris (nur Ls.); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 1990 - 5 S 1030/87 -, JurBüro 1990, 989 = juris, Rn. 1; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23. Juni 1988 - V/V I 1048/88 -, NVwZ-RR 1989, 222; Hessischer VGH, Beschluss vom 22. November 1984 - 1 TJ 987/84 -, juris (nur Ls.); OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Oktober 1984 - 7 A 27/84 -, DVBl. 1985, 1075; Bayerischer VGH, Beschluss vom 15. Juni 1977 - 172 I 76 -, BayVBl. 1977, 611; OVG NRW, Beschluss vom 27. Dezember 1965 - 3 B 519/65 -, NJW 1966, 2425; Olbertz, in: Schoch/ Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 164 Rn. 7 und § 165 Rn. 4; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 165 Rn. 2; Kunze, in: Posser/Wolff, VwGO, § 164 Rn. 5 und § 165 Rn. 3; Wysk, in: Wysk, VwGO, 2011, § 164 Rn. 11 und § 165 Rn. 8; Neumann, a.a.O., § 164 Rn. 38 und § 165 Rn. 15; a.A. Thüringer OVG, Beschluss vom 4. August 1998 - 2 VO 386/96 -, NVwZ-RR 1999, 151 = juris, Rn. 1; Hessischer VGH, Beschluss vom 21. Januar 1988 - 2 TI 2628/87 -, DÖV 1988, 524 = juris, Rn. 1; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. April 1972 - III B 16/72 -, NJW 1972, 2015; Kopp/ Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 165 Rn. 4; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 165 Rn. 4; Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, der den Prozessbevollmächtigten zwar für erinnerungs- und beschwerdebefugt (§ 165 Rn. 3), aber - wenig konsequent - nicht auch für antragsberechtigt hält (§ 164 Rn. 2).
Denn eine solche Befugnis ist - anders als etwa nach § 32 Abs. 2 RVG hinsichtlich der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren - nach den einschlägigen Vorschriften gerade nicht vorgesehen. Die Prozessbevollmächtigten des im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren obsiegenden Beteiligten sind schon nicht Beteiligte des Kostenfestsetzungsverfahrens. Das lässt sich ohne weiteres der Regelung des § 165 Satz 1 VwGO entnehmen, welche die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung betrifft. Danach können (nur) die "Beteiligten" die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. Die Vorschrift bedient sich damit des Begriffs "Beteiligte", wie ihn auch die Regelung des § 162 Abs. 1 VwGO über die Kosten des Verfahrens ("notwendigen Aufwendungen der Beteiligten") verwendet. Diese Norm erfasst aber ersichtlich allein die (möglichen, von der Kostengrundentscheidung erfassten) Beteiligten des Erkenntnisverfahrens, zu welchen weder nach der grundsätzlich abschließenden Regelung des § 63 VwGO noch nach sonstiger bundesgesetzlicher Regelung die Prozessbevollmächtigten eines Beteiligten zählen. Dieses Auslegungsergebnis korrespondiert auch mit dem Inhalt des § 164 VwGO. Denn diese Vorschrift über den das Kostenfestsetzungsverfahren einleitenden Antrag lässt mit Blick darauf, dass die Festsetzung hiernach den "Betrag der zu erstattenden Kosten" betrifft, ohne weiteres erkennen, dass nur die Rechtspersonen überhaupt Beteiligte des Kostenfestsetzungsverfahrens sein können, welche nach der im Erkenntnisverfahren getroffenen Kostengrundentscheidung zur Kostenerstattung berechtigt oder verpflichtet sind.
Eine Beschwerdebefugnis des Prozessbevollmächtigten eines Beteiligten lässt sich auch nicht aus § 146 Abs. 1 VwGO herleiten. Nach dieser Vorschrift steht vorbehaltlich abweichender Regelung in der VwGO nicht nur den Beteiligten, sondern auch den "sonst von der Entscheidung Betroffenen" gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu. Die Beschwerdebefugnis eines Prozessbevollmächtigten kann indes nicht - mit Blick auf das Vorstehende zum Begriff des Beteiligten allein in Betracht kommend - durch Heranziehung des Tatbestandsmerkmals "ein sonst von der Entscheidung Betroffener" begründet werden. Denn die Regelung des § 146 Abs. 1 VwGO ist in einem Beschwerdeverfahren wie dem vorliegenden insoweit schon nicht anwendbar, und unabhängig davon kann ein Prozessbevollmächtigter auch nicht als eine sonst von der Entscheidung betroffene Person qualifiziert werden.
Die Regelung des § 146 Abs. 1 VwGO ist, soweit sie den Kreis der Beschwerdeberechtigten über den Kreis der Beteiligten hinaus ausdehnt, in einem Beschwerdeverfahren, in welchem eine die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts angegriffen wird, schon nicht anwendbar. Das ergibt sich aus Folgendem: Die von § 165 Satz 2 VwGO zur Regelung des Erinnerungsverfahrens u.a. in Bezug genommene Vorschrift des § 151 Satz 3 VwGO ordnet für das Erinnerungsverfahren lediglich die entsprechende Geltung der §§ 147 bis 149 VwGO an und verweist damit gerade nicht auf § 146 Abs. 1 VwGO. Aus diesem Grund und angesichts der vom Gesetzgeber bereits in § 165 Satz 1 VwGO getroffenen Regelung über die Beteiligten des Erinnerungsverfahrens steht jedenfalls für dieses fest, dass nur ein Beteiligter i.S.v. § 63 VwGO, nicht aber auch eine sonst von der Entscheidung betroffene Person erinnerungsbefugt sein kann, und verbietet sich mangels Regelungslücke insoweit auch eine entsprechende, zur Einbeziehung sonst von der Entscheidung Betroffener führende Anwendung des § 146 Abs. 1 VwGO. Dies alles muss, obwohl § 165 VwGO nur das Erinnerungsverfahren, nicht aber auch das Beschwerdeverfahren regelt, entsprechend für letzteres gelten, also zu einer teleologischen Reduktion des im Beschwerdeverfahren anzuwendenden § 146 Abs. 1 VwGO insoweit führen, als auch der Kreis der Beschwerdeberechtigten im Kostenfestsetzungsverfahren lediglich die Beteiligten, nicht aber auch sonst von der Entscheidung betroffene Personen umfasst. Denn ansonsten käme es zu einer erkennbar sachwidrigen Inkongruenz hinsichtlich der Rechtsmittelberechtigung im Erinnerungsverfahren einerseits und im Beschwerdeverfahren andererseits: Eine lediglich sonst von der Entscheidung betroffene Person wäre dann nämlich beschwerdebefugt, obwohl ihr von Gesetzes wegen nicht zugebilligt werden kann, zuvor Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss einzulegen.
Abgesehen von alledem kann ein Prozessbevollmächtigter auch nicht als ein sonst von der Entscheidung Betroffener qualifiziert werden, weil er von der den Gegenstand der Beschwerde bildenden Entscheidung ebensowenig unmittelbar betroffen wird wie von dem ihr vorausgegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Denn die Kostenfestsetzung hat rechtlich keine Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten. Der Kostenfestsetzungsbeschluss bringt lediglich den Betrag zum Ausgleich, welchen der Kostenschuldner an andere Beteiligte zu zahlen hat; dabei sind die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Kostengläubigers lediglich ein Rechnungsposten. Durch die Kostenfestsetzung wird hingegen nicht rechtsverbindlich festgelegt, in welcher Höhe der Prozessbevollmächtigte einen Gebührenanspruch gegenüber seinem - obsiegenden - Auftraggeber hat. Der Rechtsanwalt ist deshalb nicht gehindert, von seinem Auftraggeber höhere Gebühren als die in dem Kostenfestsetzungsbeschluss als erstattungsfähig angesetzten Gebühren zu verlangen. Bei Meinungsverschiedenheiten kann der Rechtsanwalt gegen seinen Auftraggeber die Festsetzung der Vergütung nach § 11 RVG (früher: § 19 BRAGO) verlangen. In jenem Verfahren wird selbständig und unabhängig davon entschieden, wie die zu erstattenden Aufwendungen nach § 164 VwGO festgesetzt worden sind. Allerdings ist die Entscheidung nach § 11 RVG umgekehrt bindend für die Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO. Denn durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 11 RVG wird verbindlich festgelegt, welche Gebühren und Auslagen in welcher Höhe der Auftraggeber seinem Rechtsanwalt gesetzlich schuldet, und diese Kostenlast kann der Auftraggeber gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO in vollem Umfang auf den ihm nach der gerichtlichen Kostengrundentscheidung erstattungspflichtigen Beteiligten abwälzen. Eine abweichende Festsetzung der Vergütung im Verfahren nach § 11 RVG muss demnach zu einer nachträglichen Korrektur der Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO führen, ggf. in einem Nachverfahren.
Zum Ganzen vgl. insbesondere Hessischer VGH, Beschluss vom 6. Oktober 1997 - 14 S 2808/97 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 1990 - 5 S 1030/87 -, a.a.O.; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23. Juni 1988 - V/V I 1048/88 -, a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 27. Dezember 1965 - III B 519/65 -, a.a.O.; Neumann, a.a.O., § 165 Rn. 15; allgemein zur Beschwerdebefugnis nicht am Verfahren beteiligter Dritter (sonst Betroffener) sowie dazu, dass Prozessbevollmächtigte grundsätzlich nicht befugt sind, im eigenen Namen Rechtsmittel einzulegen: Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Assmann/ Pietzner, a.a.O., § 146 Rn. 4 und Vorb. § 124 Rn. 37.
Die Auffassung, ein Prozessbevollmächtigter sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht antrags-, erinnerungs- und beschwerdebefugt, ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Soweit ersichtlich, wird ihr lediglich ergebnisorientiert entgegengehalten, der Prozessbevollmächtigte im Kostenfestsetzungsverfahren müsse deshalb ("materieller") Beteiligter i.S.v. § 165 VwGO (oder sonstiger Betroffener i.S.v. §146 Abs. 1 VwGO) sein, weil es schon in diesem Verfahren auch um seinen Gebührenanspruch gehe und weil die gerichtliche Entscheidung in einem von dem Rechtsanwalt gegenüber der eigenen Partei betriebenen Vergütungsfestsetzungsverfahren "füglich" hinsichtlich des Entstehens einer Gebühr nicht anders lauten dürfe als im Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber dem erstattungspflichtigen Prozessgegner.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. April 1972 - III B 16/72 -, a.a.O.; dem ohne substantielle eigene Begründung folgend: Hessischer VGH, Beschluss vom 21. Januar 1988 - 2 TI 2628/87 -, a.a.O., und Thüringer OVG, Beschluss vom 4. August 1998 - 2 VO 386/96 -, a.a.O.
Dass diese Einwände die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben verfehlen und es auch nicht mit Blick auf (zunächst) divergierende Ergebnisse im Kostenfestsetzungs- und sodann im Vergütungsfestsetzungsverfahren geboten ist, den Prozessbevollmächtigten entgegen diesen Vorgaben schon im Kostenfestsetzungsverfahren als antrags-, erinnerungs- und beschwerdebefugt anzusehen, ist mit den obigen Ausführungen bereits hinreichend dargelegt worden.
Eine Umdeutung der (gemessen an den Regelungen der §§ 146 Abs. 1 und 3, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO - im Übrigen - zulässigen) Beschwerde in eine solche der Beklagten, welche angesichts der fehlenden Beschwerdebefugnis der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Betracht zu ziehen sein könnte
- zu einem solchen Ansatz vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 27. Dezember 1965 - II B 519/65 -, a.a.O.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 15. Juni 1977 - 172 I 76 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 1990 - 5 S 1030/87 -, a.a.O. -,
dürfte sich mit Blick auf die Interessenlage der Beklagten verbieten. Ein wirtschaftliches Interesse der Beklagten an einer solchen Beschwerde ist gerade mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen nicht erkennbar. Außerdem spricht gegen eine solche Umdeutung, dass eine Beschwerde der Beklagten voraussichtlich schon deshalb ohne Erfolg bleiben müsste und die Beklagte daher mit den Kosten des Verfahrens zu belasten wäre, weil eine eigene Beschwer der Beklagten durch einen u.U. zu niedrigen Ansatz der ihrem Prozessbevollmächtigten zustehenden Gebühren im Kostenfestsetzungsbeschluss nicht erkennbar ist. Letztlich kann der Senat die Frage einer solchen Umdeutung hier aber offen lassen. Denn eine Beschwerde der Beklagten wäre, wie die folgenden Ausführungen verdeutlichen, jedenfalls unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat nämlich die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 4. Oktober 2010 zu Recht der Sache nach zurückgewiesen. Insbesondere ist entgegen dem entsprechend beschränkten Beschwerdevorbringen keine Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit Nr. 1002 Anmerkung Satz 2 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Vergütungsverzeichnis - VV RVG) nebst anteiliger Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) angefallen.
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Kern wie folgt begründet: Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, weil es an der erforderlichen materiellrechtlichen Erledigung des Rechtsstreits fehle. Zwar sei das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden; dem habe aber keine Erledigungssituation zugrunde gelegen. Die Beklagte habe die Klägerin nämlich nicht - durch Erlass des begehrten Verwaltungsakts - klaglos gestellt, sondern die Klägerin habe ihr Klagebegehren im Ergebnis nicht weiterverfolgt (versteckte Klagerücknahme). Die Anregung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen zu beenden, stelle keine Mitwirkung an der Erledigung des Rechtsstreits dar. Denn die Mitwirkung eines Anwalts löse eine Erledigungsgebühr nur dann aus, wenn sein Zutun auf die materiellrechtliche Erledigung des Rechtsstreits gerichtet (gewesen) sei. Schließlich werde auch die Einwirkung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die Klägerin dahin, an der Klage nicht mehr festzuhalten, nicht von dem einschlägigen Gebührentatbestand erfasst.
Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
Die Beschwerde macht insoweit geltend, dass eine Erledigungsgebühr bereits dann entstehe, wenn der Rechtsanwalt daran mitwirke, dass ein Klageverfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien ohne eine streitige Entscheidung beendet werde, "ohne dass es dabei auf das Vorliegen einer materiellrechtlichen Erledigung ankäme". Hiermit vertritt sie sinngemäß die Ansicht, dass der Gebührentatbestand schon dann (und deshalb auch vorliegend) eingreife, wenn materiellrechtlich keine Erledigung vorliegt und die anwaltliche Mitwirkung sich außerdem (zwangsläufig) auf die formelle Beendigung des Verfahrens beschränkt. Dieser Ansicht kann offensichtlich nicht gefolgt werden.
Nach Nr. 1002 Anmerkung Satz 2 VV RVG entsteht (vorbehaltlich der hier nicht geltenden Regelung nach Nr. 1005 VV RVG) eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Diese Mitwirkung muss dabei in einer besonderen Tätigkeit des Rechtsanwalts liegen, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgeht und auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichtet ist.
Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 18 E 1103/10 -, juris, Rn. 2 ff.
Vorliegend fehlt es bereits an der Erledigung der Rechtssache in der von Nr. 1002 Anmerkung Satz 2 VV RVG geforderten Art und Weise. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift setzt der Begriff der Erledigung der Rechtssache bei - hier gegebenem - Vorliegen einer Verpflichtungssituation gerade voraus, dass sich die Rechtssache "durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts", also durch Klaglosstellung des Betroffenen und damit gerade auch materiellrechtlich erledigen muss.
Dies entspricht, soweit ersichtlich, allgemeiner Meinung. Vgl. etwa Baumgärtel, in: Baumgärtel/ Hergenröder/Houben, RVG, 14. Aufl. 2009, Nr. 1002 VV RVG Rn. 8 f.; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 1002 VV RVG Rn. 13; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, Nr. 1002 VV RVG Rn. 7 f., insb. Rn. 8, Stichwort "Verpflichtungsbegehren"; außerdem - noch zur früheren Rechtslage - ebenso schon Just, Zum Entstehen einer Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO, NVwZ 2003, 180 ff. (181 mit Fn. 16); aus der Rechtsprechung vgl. ferner OVG NRW, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 13 E 739/10 -, juris, Rn. 9, und Bayerischer VGH, Beschluss vom 5. Februar 2009 - 22 M 09.40001 -, BayVBl. 2009, 546 = juris, Rn. 10 (jeweils für Nr. 1002 Anmerkung Satz 1 VV RVG); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. April 1990 - 6 S 2474/89 -, VBlBW 1990, 373 = juris, Rn. 2: Erledigung der Rechtssache auch durch Erlass des zunächst abgelehnten oder unterlassenen oder eines ähnlichen, den Antragsteller ebenfalls zufriedenstellenden Verwaltungsakts (noch zu § 24 BRAGO, der - ihrem Wortlaut nach nur die Anfechtungssituation erfassenden - Vorgängervorschrift der Nr. 1002 VV RV; vgl. insoweit auch die Gesetzesbegründung zu Nr. 1002 VV RVG-E, BT-Drs. 15/1971, S. 204).
Dies ist hier jedoch zu keinem Zeitpunkt geschehen. Die Beklagte hat nicht den begehrten Unfallausgleich durch Verwaltungsakt gewährt und die Klägerin damit klaglos gestellt, sondern erreicht, dass ihre versagenden Bescheide bestandskräftig geworden sind. Denn die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des entsprechenden Protokolls nach Erläuterung der Aussichtslosigkeit ihrer Klage und vor dem Hintergrund der gütlichen Einigung in einem anderen, unter Kostengesichtspunkten hier nicht relevanten Klageverfahren entschlossen, (übereinstimmend mit der Beklagten) den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Dieses Verhalten stellte, wie auch in der Beschwerdeschrift eingeräumt wird, eine "versteckte" Klagerücknahme dar.
Eine von dem Verständnis, welches sich unter Beachtung des Wortlauts ergibt, abweichende Interpretation der Regelung der Nr. 1002 Anmerkung Satz 2 VV RVG kann jenseits aller methodischen Bedenken auch nicht durch die von der Beschwerde angestellten Erwägungen zu dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt werden. Denn der Sinn und Zweck dieses Gebührentatbestandes liegt nicht undifferenziert darin, den beteiligten Rechtsanwalt für jegliche Mitwirkung zu "belohnen", die zu einer unstreitigen, die Behörden und Gerichte entlastenden Beendigung der Rechtssache führt. Die Erledigungsgebühr soll vielmehr - wie schon unter Geltung der BRAGO - lediglich in den Fällen, in denen eine Einigungsgebühr wegen fehlender Dispositionsbefugnis der Beteiligten nicht entstehen kann (vgl. Nr. 1000 Anmerkung Abs. 4 VV RVG = § 23 Abs. 3 BRAGO), gleichsam ersatzweise ein besonderes Bemühen des Anwalts um außergerichtliche Erledigung der Sache honorieren, da dies für die Beteiligten und ein mit der Sache schon befasstes Gericht nützlich ist.
Vgl. Wolf, in: Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 5. Aufl. 2010, Nr. 1002 VV RVG Rn. 3; Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1002 VV RVG Rn. 3; Just, a.a.O., S. 181.
Diese Funktion der Nr. 1002 VV RVG, Ersatz für den nicht eingreifenden Gebührentatbestand nach Nr. 1000 VV RVG zu sein, verdeutlicht, dass sich die Mitwirkung des Rechtsanwalts (schon) auf die materiellrechtliche Erledigung der Rechtssache beziehen muss. Soll nämlich die Erledigungsgebühr an die Stelle der Einigungsgebühr treten, so muss das mit ihr honorierte Verhalten einen entsprechenden Bezugspunkt haben wie die Einigungsgebühr, mithin den streitigen materiellrechtlichen Anspruch.
Soweit mit der Beschwerde ferner - gleichsam hilfsweise - geltend gemacht wird, das Erfordernis anwaltlicher Mitwirkung könne sich, wenn der Gebührentatbestand eine materiellrechtliche Erledigung erfordere, allein auf eine dieser zeitlich nachfolgend formelle Beendigung der Rechtssache beziehen und sei deshalb schon dann erfüllt, wenn die materiellrechtliche Erledigung ohne Zutun des Rechtsanwalts eingetreten sei und dieser nur an der formellen Beendigung des Verfahrens besonders mitgewirkt habe, so greift auch dies nicht durch.
Dies gilt hier schon deshalb, weil auch dann, wenn dieser Ansicht gefolgt werden könnte, durch sie jedenfalls nicht in Frage gestellt wäre, dass nach dem in Rede stehenden Gebührentatbestand zunächst überhaupt eine materiellrechtliche Erledigung der Rechtssache vorliegen muss, dass also die Behörde den begehrten Verwaltungsakt, eine funktionell entsprechende Regelung oder zumindest einen hinter dem Begehren zwar zurückbleibenden, den Betroffenen aber zufriedenstellenden Verwaltungsakt erlassen haben muss, woran es hier indes, wie bereits ausgeführt, fehlt.
Abgesehen davon überzeugt diese Ansicht auch nicht. Insbesondere angesichts der dargelegten Zweckrichtung der Nr. 1002 VV RVG muss das Zutun des Rechtsanwalts vielmehr gerade auf die materiellrechtliche Erledigung des Rechtsstreits gerichtet sein und lässt eine Mitwirkung an der lediglich formellen Beendigung eines Verfahrens, welches sich zuvor ohne Mitwirkung des Rechtsanwalts materiellrechtlich erledigt hat, eine Erledigungsgebühr nicht anfallen.
Wie hier die ganz h.M. in der Rechtssprechung, vgl. etwa: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 1 O 27/10 -, juris, Rn. 4, 6 und 9, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 12 E 1120/08 -, juris, Rn. 5; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 4. Juli 2008 - 2 OA 338/08 -, NJW 2009, 460 = juris, Rn. 3, 6; vgl. insoweit ferner Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1002 VV RVG Rn. 38, 46 bis 51; anders, soweit ersichtlich, nur der mit dem Sinn und Zweck des in Rede stehenden Gebührentatbestandes nicht zu vereinbarende Beschluss des OVG NRW vom 11. Januar 1999 - 3 E 808/98 -, NVwZ-RR 1999, 348 = juris, Rn. 14, dessen Hinweis auf die Änderung des § 24 Abs. 2 BRAGO im Jahre 1975 (u.a.: "nach Zurücknahme" statt "durch Zurücknahme") in Ansehung der für die Änderung dieser Vorschrift insgesamt gegebenen Begründung (BT-Drs. 7/3243, S. 8) nicht überzeugt, weil der Gesetzgeber danach mit der vom Rechtsausschuss beschlossenen Fassung des Absatzes 2 in Bezug auf den geltenden Absatz 1 nur zwei Klarstellungen beabsichtigte, nämlich dahin, dass die Erledigungsgebühr auch vor der Behörde entstehen kann ("Rechtssache" statt "Rechtsstreit") und dass unter einem "angefochtenen Verwaltungsakt" nur ein solcher zu verstehen ist, der mit einem Rechtsbehelf angegriffen wurde (Einfügung "mit einem Rechtsbehelf").
Eine abweichende Bewertung kann sich auch nicht aus der von der Beschwerde insoweit gegebenen Begründung ihrer Rechtsansicht ergeben. Denn es ist offensichtlich, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung nicht eine - wie immer geartete - rechtliche Mitwirkung bei dem Erlass des begehrten Verwaltungsakts oder (im Falle der Nr. 1002 Anmerkung Satz 1 VV RVG) an der Aufhebung des in Rede stehenden Verwaltungsakts gemeint sein kann, welche dem betroffenen Rechtsanwalt in der Tat nicht möglich wäre, sondern ein ihm ohne weiteres mögliches, über eine "normale" Verfahrensführung hinausgehendes und für die materiellrechtliche Erledigung zumindest mitursächliches Hinwirken auf eine solche Entscheidung der Behörde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da lediglich die Festgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 GKG unanfechtbar.
OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 25.01.2011
Az: 1 E 32/11
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