Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 21. November 2013
Aktenzeichen: 2 U 46/13
(OLG Stuttgart: Urteil v. 21.11.2013, Az.: 2 U 46/13)
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.Das Aktenzeichen des Bundesgerichtshofs lautet: KZR 83/13.
Tenor
1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich
festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht,
zur gesonderten Entscheidung
a b g e t r e n n t.
b) In diesem Umfang wird der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 17 a Abs. 2 GVG für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige
V e r w a l t u n g s g e r i c h t S t u t t g a r tv e r w i e s e n.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.03.2013
z u r ü c k g e w i e s e n .
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 1.900.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach, soweit der Streitstoff in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fällt und nicht abgetrennt und verwiesen werden muss, keinen Erfolg.A
Zum einen wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte für die Aufnahme (Einspeisung) und Zuführung seiner Programmsignale in und über das Kabelnetzsystem der Klägerin an deren Programmendabnehmer eine Einspeisungsvergütung zu entrichten hat.
Die Klägerin begehrt im Kern die Fortsetzung eines Einspeisungsverhältnisses (Verurteilung zum Vertragsabschluss, Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Kündigung und Vorenthaltung eines solchen Vertrages) sowie die Feststellung, dass der Beklagte wegen dessen Einspeisungsvorgängen an die Klägerin Entgelte zu zahlen hat.
Die Klägerin hat Breitbandkabelnetze der D. B. übernommen, die sie in einigen Bundesländern, insbesondere in R., nicht aber in B. betreibt. Der Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der Länder B. und R., versorgt mit seinen Programmen die Empfänger über dessen Antennenanlagen oder über das Netz der Klägerin, welche von Zwischenvertreibern oder dem Endbenutzer Entgelte erhält. In R. wurden 2011 von den ca. 1,79 Millionen TV-Haushalten etwa 690.000 über das Klägernetz versorgt. Die Programmsignale des Beklagten gehen auch über Satellit, terrestrisch oder über Breitbandkabelnetze anderer, kleinerer Kabelnetzbetreiber oder internetbasiert an die Endbenutzer.
Die Klägerin hatte mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunkveranstaltern Einspeisungsverträge geschlossen. So am 27.02.2008 (K 9) auch einen u.a. mit den zur X. zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten, in dessen Präambel in Ziff. 6 bereits festgehalten war, dass die Vertragsparteien unterschiedlicher Auffassung über die Einspeisungsentgelte und die Pflichtigkeit dazu seien. Gemäß § 8 hatten die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter ein Gesamtentgelt von 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr zu leisten. Der Vertrag nahm seinen Beginn am 01.01.2008 und hatte eine Laufzeit bis 31.12.2012 mit einer Verlängerungsoption, falls nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werde. Seine Rechte nach dem UrhG lässt der Beklagte über die GEMA durch Lizenzen auch gegenüber der Klägerin wahren.
Mit Schreiben vom 19.06.2012 kündigte der Beklagte den Einspeisungsvertrag 2008 zum 31.12.2012; die übrigen Rundfunkanstalten sprachen ebenfalls die Kündigung zu diesem Zeitpunkt aus. Seit dem 01.01.2013 zahlen die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter keine Entgelte mehr an die Klägerin für die Verbreitung von ihren Programmen im Breitbandkabelnetz der Klägerin; die Klägerin verbreitet in R. die Programmsignale des Beklagten weiterhin.
Die Klägerin hat dafür gehalten,
dass sie gesetzlich verpflichtet sei, die streitgegenständlichen Programme des Beklagten zur analogen wie digitalen Verbreitung aufzunehmen. Der Beklagte seinerseits sei verpflichtet, seine Programme auch über bestehende Breitbandkabelnetze zu verbreiten. Da in R. rund 807.000 TV-Haushalte durch das Breitbandkabelnetz der Klägerin versorgt würden, stelle auch dies die Art des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrages des Beklagten dar. Der Beklagte könne diese Nutzer nicht auf andere Übertragungswege verweisen, da der Beklagte die Übertragungstechnik selbst zur Verfügung zu stellen und an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten habe, was er gegenüber der Europäischen Kommission übernommen und wozu er nach europäischem Beihilferecht verpflichtet sei. So leiste er auch gegenüber anderen Infrastrukturbetreibern, insbesondere Satellitennetzbetreibern, in Erfüllung bestehender Verträge weiterhin sein Entgelt. In einem Kündigungskartell schlösse auch der Beklagte die Klägerin vom Einspeisungsentgelt nun aber aus, obgleich das Kabel die mit Abstand günstigste Infrastruktur für die Sendeunternehmen sei.
Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Fortsetzung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) sei begründet, da die Kündigung sittenwidrig, jedenfalls grob treuwidrig sei. Der Beklagte sei auch aufgrund eines Kontrahierungszwangs zum Abschluss eines Einspeisungsvertrages verpflichtet. Er missbrauche im Zusammenspiel mit seinen Kartellanten sein Nachfragemonopol, um, in Abweichung von privaten Rundfunkanstalten, unentgeltlich einspeisen zu können, obgleich auch der Beklagte neben anderen, auch öffentlich-rechtlichen Entgelten vom Endkunden über die Rundfunkgebühr bereits zwangsweise ausreichend finanziell ausgestattet werde. Die urheberrechtlichen Lizenzverträge beinhalteten gerade eine Einspeisungsvergütung, da die Lizenzhöhe mit der Höhe dieser Vergütung korrespondiere. Die Parteien unterlägen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei höchstrichterlich geklärt sei, dass das öffentlich-rechtliche Kabelbelegungsregime nicht die Unentgeltlichkeit der Signaldurchleitung bedinge. Der Beklagte, schon für sich, jedenfalls im Verbund mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein marktbeherrschendes Unternehmen, betreibe Ausbeutungsmissbrauch (§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB) hinsichtlich des Nachfragemarktes für die Kapazitäten, die für den Beklagten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 33 LMG, 52 b RStV) reserviert seien. Die Behauptung des Beklagten, bei den Einspeisungsentgelten handle es sich um eine überholte Subventionierung der Rundfunkveranstalter zum Netzausbau, sei falsch, da die Entgelte auf der Grundlage von tatsächlichen Verbreitungskosten kalkuliert seien. Der Beklagte übe auch Diskriminierung gemäß § 20 Abs. 1 GWB, da er andere Verbreiter, wie Satellitenbetreiber, entlohne, die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund aber nicht. Die ausgesprochene Kündigung und die gleichzeitige Verweigerung eines Neuvertrages stellten eine koordinierte Maßnahme zur Änderung der Marktbedingungen dar. Dass die Klägerin in ihren Abnehmerbeziehungen Entgelte erhalte, betreffe eine eigene Leistungsebene der Klägerin, welche der Beklagte nicht abschöpfen könne. Die von ihm bevorzugten Satellitenbetreiber würden ebenfalls Endbenutzerentgelte (etwa durch die Vermarktung von Programmen privater Veranstalter) erzielen. Dass die Klägerin bislang teilweise über Satellit verbreitete Programmsignale an Kabelkopfstellen entgegengenommen und in ihr Netz eingespeist habe, ändere nichts daran, dass sie der erhöhten Qualität des leitungsgebundenen Signals, welche auch die jeweiligen Rundfunkveranstalter bevorzugten, durch Verbesserung ihrer Netze Rechnung trage. Die privaten Fernseh- wie Rundfunkveranstalter leisteten ihrerseits sehr wohl Einspeisungsentgelte.
Der Hilfsantrag Ziff. 1 b (Verurteilung zur Annahme des Standardvertragsangebotes) wie auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c (Feststellung der Pflicht zum Schadenersatz) und der Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz und Bereicherungsausgleich) seien die Folge der aufgezeigten Rechtsverstöße.
Die Klägerin hat beantragt:
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
- S. Fernsehen R.,
und die Radioprogramme:
- S.1 R.,- S.2,- S.3,- S.4 R.,- D.
sowie ausschließlich digital:
- S. Info und- S. 4 B.
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
hilfsweise,
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b beigefügten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1.a) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen a) und b))
c) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1.a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1.b) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 entstehen werden;
und
d) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und zur Herausgabe der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Bereicherung verpflichtet ist, die im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziff. 1 a genannten Programme entstanden sind oder entstehen.
und
e) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1.a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange der Beklagte keinen Vertrag mit der Klägerin über die Einspeisung hat.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat im Wesentlichen eingewandt,
die Einspeisungsentgelte hätten ursprünglich dazu gedient, angesichts knapper Kabelkapazitäten der D. B. den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur zu ermöglichen, was anfänglich auch im Interesse der Rundfunkanstalten gelegen habe, was der Klägerin als Übernehmerin dieser Struktur nun aber eine Monopolstellung verschafft habe. Dieses historische Relikt komme bei rund 350 anderen Breitbandkabelnetzbetreibern nicht mehr zum Tragen. Angesichts der Veränderung der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließe sich die Zahlung von Einspeisungsentgelten nicht mehr rechtfertigen. Im digitalen Zeitalter sei keine Knappheitssituation mehr gegeben, über 350 andere Netzbetreiber betrieben ebenfalls Breitbandkabelnetze wie auch die Betreiber anderer Festnetze, welche ihren Kunden Programme über das Internet anböten. Seine Kündigung habe dazu gedient, die Privilegierung der Klägerin durch die Doppelvergütung durch einerseits den Beklagten und andererseits die die Signale abnehmende Wohnwirtschaft und Haushalte zu beenden, um einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Infrastrukturplattformen zu ermöglichen. Der Beklagte generiere durch sein aufwändig und teuer hergestelltes Produkt mit jährlich etwa 2,35 Milliarden EUR für die Kabelnetzbetreiber jenseits der Telefonie- und Internetangebote einen weiteren erheblichen Mehrwert. Im Jahre 2011 habe die Klägerin Umsatzerlöse in Höhe von rund 541.000.000,00 EUR im Bereich Internet- und Telefonie-Business und von rund 1,16 Milliarden EUR im Bereich TV-Business erzielt, darin eingeschlossen die Einspeiseentgelte mit rund 163 Mio. EUR. Der Nettoprofit der Klägerin liege bei 160 Mio. EUR, umgekehrt die Einnahmen der X.-Rundfunkanstalten aus urheberrechtlicher Vergütung bei ca. 2,6 Mio. EUR. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfüllten ihren Grundversorgungsauftrag durch die Einspeisung ihrer Signale in Satellit und terrestrische Sendenetze. Deren Betreiber enthielten anders als die Betreiber von Festnetzen kein werthaltiges Vorprodukt, da die Programmsignale von dort unverschlüsselt und somit von jedermann empfangen werden könnten. Die Klägerin müsse, um gegenüber diesem Angebot über Satellit oder Internet überhaupt konkurrenzfähig zu sein, die Programmleistung auch des Beklagten mit anbieten; für diese Wertabschöpfung solle der Beklagte nach dem Verständnis der Klägerin nun auch noch bezahlen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geforderten Einspeiseentgelte weder im Inland noch im Ausland noch bei anderen Festnetzbetreibern üblich. Die Klägerin sei auf allen die Vermarktung der Rundfunksignale betreffenden Märkten marktbeherrschend, weshalb sie zwischen 2007 und 2010 sektorspezifisch durch die Bundesnetzagentur reguliert worden sei. Verlange sie anders als nahezu alle Festnetzbetreiber in Deutschland eine Einspeisevergütung, so handle sie vielmehr als Monopolistin kartellrechtswidrig.
Die Hauptanträge seien bereits unzulässig, da ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorliege. Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Feststellung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) scheitere schon daran, dass auch der Beklagte die Verbreitungsleistung von der Klägerin ab 01.01.2013 nicht mehr nachfrage. Wenn diese gleichwohl die Programme verbreite, komme sie ihrer eigenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach den Must-Carry-Regelungen der §§ 33 LMG, 52 b RStV nach und ihrer Vertragspflicht gegenüber ihren Gläubigern (Wohnwirtschaft und Haushalten), diese auch mit den Programmen der Rundfunkanstalten als unverzichtbare Bestandteile ihrer Leistungspakete zu versorgen. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Kontrahierungszwangs unwirksam gewesen, da die Fortsetzung des Einspeisungsvertrages 2008 nur einen rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten hätte. Auch der verfassungsrechtliche Grundversorgungsauftrag des Beklagten verpflichte diesen nicht, mit der Klägerin eine Vergütungsabrede zu treffen. Dem genüge der Beklagte durch Ausstrahlung des Programmsignals über Satellit und terrestrische Sendetechnik. Dieser Auftrag schließe nicht die Pflicht ein, jede verfügbare Übertragungstechnik zu betreiben. Auch aus einfachgesetzlichen Regeln könne der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht hergeleitet werden. LMG und RStV gäben nur die aufeinander abgestimmte Pflicht vor, dass die Klägerin öffentlich-rechtliche Programme weiter zu verbreiten habe, während die Rundfunkanstalten auch der Klägerin ihre Signale zu überlassen hätten; auch aus § 19 RStV lasse sich eine Pflicht zum Abschluss von entgeltlichen Verbreitungsverträgen nicht ableiten. Anderes gäben auch die §§ 52 b, 52 b RStV nicht vor, da dort nur die Verbreitungspflicht der Kabelnetzbetreiber verankert sei. Dieses Konzept stehe auch nicht in Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben: Art. 31 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie ermögliche es den Mitgliedsstaaten, Netzbetreibern im öffentlichen Interesse Übertragungspflichten aufzuerlegen, Abs. 2 spreche nur von der Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, hierfür ein angemessenes Entgelt festzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik Deutschland gerade keinen Gebrauch gemacht. Auch das europäische Beihilferecht gelte nur zwischen der Europäischen Kommission und dem Mitgliedsstaat, nicht aber zwischen der Kommission und dem Beklagten als durch Beihilfe Begünstigten. Auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG fordere keine Entschädigungspflicht, da ein unverhältnismäßiger Eingriff zu Lasten der Klägerin nicht vorliege, weil diese selbst einer Sozialbindung unterliege und sich durch die Weiterverbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme ohnehin gewinnbringend refinanziere. Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB unwirksam, da der Beklagte mangels Nachfrage der Einspeiseleistung bei der Klägerin ab 01.01.2013 schon nicht Normadressat sei. Die X.-Anstalten verfügten nicht über eine Marktbeherrschung, auch sei die Zahlung einer Einspeisevergütung die Ausnahme, schon gar nicht könne festgestellt werden, dass die von der Klägerin geforderten oder andere bei wirksamem Wettbewerb gezahlt würden. Die Vorenthaltung einer Vergütung zwinge die Klägerin auch nicht, ihre Leistung unterhalb der Kosten bereitzustellen, da die Vielzahl anderer Netzbetreiber die Auskömmlichkeit ihres Angebotes ohne Vergütungserhebung belege. Die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB scheitere nicht nur an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung des Beklagten, sondern auch daran, dass keine Diskriminierung vorliege, da durch die Kündigung gerade eine Gleichbehandlung mit 99 % der übrigen Kabelnetzbetreiber hergestellt werde. Der Markt der Satellitennetz- und terrestrischen Sendenetzbetreiber, denen der Beklagte eine Vergütung zahle, sei nicht vergleichbar, da jene Netzbetreiber mangels Verschlüsselung ihrer Signale sich bei Nutzern nicht refinanzieren könnten. Auch ein verbotenes Kartell zwischen den X.-Rundfunkanstalten und dem Y. liege nicht vor, allenfalls sei ein kartellrechtlich bedenkliches Zusammenwirken durch Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 beendet worden. Die Rechtmäßigkeit bzw. Rückkehr zur Rechtmäßigkeit im Kündigungsverhalten des Beklagten stehe auch den geltend gemachten Hilfsanträgen entgegen; hinsichtlich des Hilfsantrages Ziff. 1 d gelte zudem, dass die Klägerin ausschließlich ein eigenes Geschäft besorge.
(Private) Rundfunksender haben ihren Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten wieder zurückgenommen. Über die Kosten der Nebenintervention hat das Landgericht mit gesondertem Beschluss vom 18.03.2013 entschieden.
Das Landgericht hat die Klage in allen Antragspunkten abgewiesen.
Hinsichtlich des Hauptantrages (Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages) verneinte es allerdings den Unzulässigkeitseinwand, dass alle Rundfunkanstalten notwendige Streitgenossen seien. Die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB, da die schon in der Präambel angekündigte Klärungsbedürftigkeit, in deren Zusammenhang auch das ordentliche Kündigungsrecht nach § 13 des Einspeisungsvertrages stehe, nicht durch diese Vorschrift wieder ausgehebelt werden könne. Auch verstoße die Kündigung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, da die Klägerin von dem Beklagten an Satellit und auf terrestrischem Wege ausgestrahlte Programmsignale erst zu einem für sie werthaltigen Leistungspaket schnüre. So sei nicht bestritten, dass mit Ausnahme der beiden Regionalgesellschaften alle Kabelnetzbetreiber (rund 350 Kabelnetzbetreiber) bei ebenfalls Übernahme der unverschlüsselten Programmsignale der öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter in ihre Breitbandkabelnetze ihre Gewinne ausschließlich aus ihren Endkundenbeziehungen zögen. Sei dies aber das Marktmodell, könne die daran ausgerichtete einheitliche Handhabung nicht anstößig sein. Ein Kontrahierungszwang, der schon einer Kündigung eines bestehenden Vertrages entgegenstehe, eröffne § 20 GWB nicht. Zwar sei der Beklagte, da Unternehmen im Sinne des § 130 GWB, Normadressat als zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung zusammen mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Mitglied eines marktbeherrschenden Oligopols im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2 GWB. Zum sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehörten alle Rundfunkveranstalter im örtlich relevanten Markt des Netzbetriebs der Klägerin in R.. Das Fehlen einer Ausweichmöglichkeit auf andere Nachfrager ergebe sich für die digitale Verbreitung aus § 52 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a RStV, für die analoge Verbreitung aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG, da sie Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorhalten müsse; ihr eigenes Produkt sei aber ohne dieses Leistungsangebot praktisch nicht absetzbar. Es liege keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Mit der Kündigung der Einspeisungsverträge, die ausschließlich mit den Regionalgesellschaften, also der Klägerin und der U./K., geschlossen gewesen seien, sei der Regelzustand hergestellt. Dass der Beklagte an Betreibern von Satelliten oder terrestrischen Anlagen Einspeiseentgelte zahle, sei nicht vergleichbar, da diese aus Endkundenbeziehungen für die Signalbelieferung keine Vergütung erhielten. In der Verweigerung des Abschlusses eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages (nach dem Vertrag 2008 zuletzt 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr) manifestiere sich auch keine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB, da nahezu alle anderen Netzbetreiber keine Einspeisungsentgelte erhöben und die Klägerin entsprechend dem nahezu durchgängigen Vermarktungsmodell der übrigen Netzbetreiber weiterhin ungehindert die Programmsignale des Beklagten wertschöpfend vermarkten dürfe und vermarkte.
Auch die einschlägigen rundfunk-, telekommunikations-, europa- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen gäben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung im Sinne einer Vergütungspflicht und damit Pflicht des Beklagten zum Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages. Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und Diensten (sog. Universaldienstrichtlinie [im folgenden kurz: UDRL]) eröffne zwar die Begründung von Übertragungspflichten, stelle dem Mitgliedsstaat aber die Begründung einer Entgeltfestlegung frei; von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik gerade keinen Gebrauch gemacht. Eine solche Gebrauchmachung liege nicht in § 33 LMG (analoge Verbreitung), da dort nur eine Programmreihenfolge bei Kapazitätsbeschränkungen, nicht aber eine Entgeltlichkeit in Ansehung dieser Pflichten bestimmt sei. Auch § 52 b RStV (digitale Verbreitung) regele auf der Grundlage von Art. 31 UDRL gewisse Programmaufnahmepflichten (Must-Carry), gebe aber auch keine Vergütungspflicht vor; auch § 52 d RStV bestimme nur das Wie einer Entgelteausgestaltung, nicht aber das Dass/Ob. Nichts anderes ergebe sich aus dem TKG, zumal der Einspeisungsmarkt keiner Regulierung durch die Bundesnetzagentur mehr unterliege. Auch nach Art. 14 oder 12 GG bestehe kein Anspruch, da die Übertragungspflicht Ausdruck einer eigenen Sozialgebundenheit des Eigentums der Klägerin sei und damit keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung einhergehe, da der Kabelnetzbetreiber durch die Einspeisung seinerseits ein verwertbares werthaltiges Gut erlange und § 19 RStV die Rundfunkanstalten nicht ihrerseits verpflichte, jeglichen Übertragungsweg auch auszulasten. Andernfalls würde die Bejahung eines Kontrahierungszwanges die Autonomie der Rundfunkanstalten dahin prägen, dass diese jeden technisch möglichen Übertragungsweg bedienen müssten und dafür Entgelt zu entrichten hätten. Auch die koordinierte Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 stehe nicht für eine kartellrechtswidrig abgestimmte Verhaltensweise, sondern entspringe dem praktischen Gebot einer naturgemäß einheitlichen Handhabung. Da in der Kündigung kein Gesetzesverstoß begründet sei, auch nicht gegen § 1 GWB, drücke sich in der konzertierten Aktion auch kein verbotenes Handeln eines Kartells. Zwar seien die Hilfsanträge Ziff. 1 b und c zulässig, nach den vorigen Ausführungen jedoch unbegründet. Dies gelte im Ergebnis auch für den Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz/Bereicherung), da die Klägerin nach dem Gesetz ein eigenes Geschäft ohne Entgeltanspruch geführt habe und führe; im Übrigen widerspräche eine Geschäftsführung für den Beklagten dessen durch die Kündigung klar ausgedrücktem entgegenstehendem Willen. Dieser entgegenstehende Wille sei auch nicht unerheblich, denn die Klägerin erfülle eine eigene gesetzlich begründete Pflicht, der keine gleichgerichtete gesetzliche Pflicht des Beklagten gegenüberstehe. Diese gesetzliche Risikoverteilung stehe auch der Annahme entgegen, der Beklagte erlange etwas im Sinne des § 812 BGB durch die Einspeisung seiner Programmsignale durch die Klägerin in deren Breitbandkabelnetz. Der Hilfsantrag Ziff. 1 e (negative Feststellung, ohne Entgeltvertrag nicht zu Einspeisung verpflichtet zu sein) sei unzulässig, da der Beklagte sich eines solchen Einspeisungsanspruchs nicht berühmt habe, auch jetzt insofern keine Leistung verlange, sondern nur auf eine für unentgeltlich erachtete, gesetzliche Einspeisungspflicht der Klägerin verweise.
Dagegen wendet sich die zulässige, weil auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin,
welche unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und der damit verbundenen Wertungen im Wesentlichen vorbringt,
zwar habe das Landgericht den Sachverhalt weitgehend zutreffend festgestellt, die festgestellte Marktbeherrschung und das Beklagtenverhalten aber fehlerhaft in das Rechtssystem des Rundfunkrechts eingeordnet. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Freiheit, darüber zu bestimmen, auf welchem Wege und zu welchen Konditionen er seine Programmsignale weiterverbreite. Diese geminderte Freiheit präge seine privatrechtlichen Verhaltenspflichten aus bürgerlichem Recht und Kartellrecht dahin, dass er die Leistungen der Klägerin nicht unentgeltlich in Anspruch nehmen dürfe. Denn der Beklagte müsse nach seinem rundfunkgesetzlichen Auftrag Programme über die Netze der Klägerin gebührenfinanziert verbreiten, wozu ihm das Rundfunkrecht ein öffentlich-rechtliches Verbreitungsrecht nach Maßgabe des privaten Rechtes gebe, während die Klägerin den Netzzugang als entgeltliche Leistung zur Verfügung stelle, was alle anderen Fernsehveranstalter in Deutschland annähmen und entsprechend vergüteten. Ansonsten könne der Beklagte den ihm übertragenen Grundversorgungsauftrag auf die Klägerin gänzlich umlegen und auf deren Kosten erfüllen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 20. März 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 215/12,
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
- S. Fernsehen R.,
und die Radioprogramme:
- S.1 R.,- S.2,- S. 3,- S.4 R.,- D.
sowie ausschließlich digital:
- S. Info und- S. 4 B.
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
hilfsweise zu 1. a),
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b in der ersten Instanz vorgelegten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
und hilfsweise zu 1. a) und 1. b)
c) den Beklagten zum Abschluss eines Einspeisungsvertrags für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen zu verurteilen;
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen 1. a) und kumulativ zu 1. b) bzw. 1. c)),
d) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1. a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1. b) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 entstanden sind und noch entstehen werden;
und
e) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit dem 1. Januar 2013 im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziffer 1 a) genannten Programme entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und der Bereicherung verpflichtet ist;
und höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit dem Anträgen 1. a), 1. b) und 1. c) und kumulativ zu den Anträgen 1. d) und 1. e)),
f) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht;
2. dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, Abschriften folgender Urkunden vollständig und ungeschwärzt vorzulegen:
a) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. Februar 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 und die Anlagen hierzu [Blatt 42-236 der Verfahrensakte des BKartA]
b) Schreiben des Bundeskartellamts an die Sozietät H. vom 24. Februar 2012 im Verfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 256-260 der Verfahrensakte des BKartA]
c) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 nebst Anlagen [Blatt 340-347 der Verfahrensakte des BKartA]
d) Vermerk zum Gespräch der Beschlussabteilung B 7 mit Vertretern von X. und Y. am 16. April 2012 [Blatt 353/001-012 der Verfahrensakte des BKartA]
e) Schriftsatz der Sozietät H. vom 26. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 375-376 der Verfahrensakte des BKartA]
f) Entscheidungsvorlagen des Beklagten zur Kündigung und zur Anmeldung der Verbreitungsentgelte für die Kabelverbreitung bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF);
3. dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).B
Der Zulässigkeit der Klage steht mit dem Landgericht nicht der ohnehin schon von Amts wegen zu berücksichtigende Gesichtspunkt entgegen, dass die Klägerin nur den Beklagten und nicht zugleich alle übrigen Veranstalter von öffentlich-rechtlichen Regionalprogrammen mit verklagt hat. Denn eine notwendige Streitgenossenschaft als besondere Prozessführungsbefugnis (BGHZ 192, 245 [Tz. 19] - Tintenpatrone II) besteht nicht.1.
Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn wegen der gleichgerichteten Wirkung der Entscheidung gegen alle Beteiligten oder einer nur gemeinsamen Rechtsausübung der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung erforderlich ist (vgl. etwa BGHZ a.a.O. [Tz. 19] - Tintenpatrone II; NZG 2011, 506 [Tz. 15]).2.
Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Streitgegenstand sind ausschließlich die vom Beklagten veranstalteten Programme im Land R., nicht auch Rechtsverhältnisse aus der Beteiligung des Beklagten an den Gemeinschaftsprogrammen mit anderen Landesrundfunkanstalten (so Klägerin Gerichtsakte Band I Bl. 8 [im Folgenden kurz: I 8]). Insoweit ist kein Gebot ersichtlich, dass die ganz maßgeblich medienrechtlich geprägte Rechtsbeurteilung in Bezug auf den Beklagten eine genau gleiche Behandlung erfahren muss wie - etwa - der rundfunkrechtliche Programmveranstalter in Berlin hinsichtlich seines Regionalprogrammes auf der Grundlage der dortigen medienrechtlichen Vorgaben, gar ungeachtet dieser. Auch § 13 Ziff. 3 (c) des Einspeisungsvertrages vom 27.02.2008 (K 9) belegt die Richtigkeit dieser Bewertung, da die Parteien dort selbst von der Kündbarkeit des Vertrages durch nur einen einzigen Programmgestalter ausgegangen sind (vgl. ebenso: LG München I U. v. 25.04.2013 - 17 HK O 16920/12 - B 24 [V 547 bis 574, dort 561]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 - B 26 [V 600 bis 616, dort 608]; offengelassen in LG Berlin U. v. 30.04.2013 - 16 O 389/12 Kart - B 25 [V 575 bis 599, dort 587/588] = AfP 2013, 344, wenngleich auch dieser Auffassung zuneigend).C
Die Klägerin hat nach landesrechtlichen Vorgaben Kapazitäten ihres Kabelnetzes, über welches schon unter der Vorgängerbetreiberin Endkunden Programme der Rundfunkanstalten empfangen haben, weiterhin zur Übermittlung solcher Programme zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat aufgrund seines auch verfassungsrechtlich verankerten Grundversorgungsauftrages Endkunden mit seinen Programmsignalen zu beliefern; dies geschah bislang über Satellit, terrestrische Senderanlagen, Internet, aber auch über das Kabelnetz u.a. der Klägerin. Die Einspeisung in Letzteres hat der Beklagte eingestellt. Die Klägerin kann gleichwohl kostenlos die Signale des Beklagten etwa der Satellitenausstrahlung entnehmen, bei sich einstellen und ihrem Endkunden, sei es wiederum einem Kabelnetzbetreiber, sei es der Wohnungswirtschaft oder dem Endverbraucher selbst, entgeltlich zur Verfügung stellen.
Kernfrage des Rechtsstreits ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, korrespondierend zur Vorhaltepflicht der Klägerin seine Programme in das Kabelnetz der Klägerin einzuspeisen und - im Rechtsstreit entscheidend - hierfür eine Einspeisungsvergütung zu entrichten.1.
Unmittelbare vertragliche Ansprüche bestehen nach formal ordnungsgemäßer Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 auf den 31.12.2012 nicht.2.
Da der Beklagte ab 01.01.2013 auch selbst nichts mehr ins Kabelnetz der Klägerin im Sinne einer aktiven, selbst veranlassten, zweckgerichteten Leistung einspeist, können Ansprüche aus faktischer Inanspruchnahme der nur entgeltlich vorgehaltenen Infrastruktur der Klägerin nicht hergeleitet werden.3.
Soweit die Klägerin (weiterhin) in Bezug auf den Beklagten, und sei es auch nur über die GEMA, für deren Programme urheberrechtliche Lizenzen entrichtet, wird auch damit keinem gewillkürten Leistungsaustausch Rechnung getragen. Zum einen beruht dieses Entgelt entscheidend auf dem Umstand der (einseitigen) Inanspruchnahme des Beklagtenprogramms durch die Klägerin; zum anderen gilt dieses Entgelt dem Leistungsbeitrag der Künstler (vgl. I 75 unten). Diese Zahlung ist danach ungeeignet, eine irgendwie geartete, gar synallagmatische Verknüpfung zwischen den Leistungspaketen der Parteien herzustellen (vergleiche auch Klägerin IV 353).4.
Die Klägerin kann nur dann ein Entgelt vom Beklagten verlangen, wenn ihrer, ihr gesetzlich auferlegten und von ihr gehandhabten Übertragungspflicht der Rundfunkprogramme (auch) des Beklagten eine korrespondierende Pflicht des Beklagten gegenüber steht, gerade diese Versorgungsleistung der Klägerin - und sei es in Teilen - als eigene Leistung zu erbringen und damit zu vergüten.
Dass Grundversorgungspflicht der Klägerin (Kabelbelegungsregime) und Grundversorgungspflicht des Beklagten nicht bloß unverbunden nebeneinanderstehen, sondern in einer solchen Pflichtigkeit miteinander verschränkt wären (die Klägerin bezeichnet dies so: Die Parteien unterliegen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang [I 32]; Beklagter: nur vertikal aufeinander abgestimmte Verpflichtungen ... horizontale Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten sind nicht vorgegeben [I 88], Klägerin: nur durch komplementäre Pflichten die positive, vielfaltsichernde Ordnung geschaffen [I 94]; beiderseitigen Kontrahierungszwang [VI 887, 889, 891]), vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Ergebnis nicht zu erkennen.a)
Etliche Argumente der Klägerin stellen nur eine vorwegnehmende Behauptung dessen dar, was erst noch zu beweisen ist (petitio principii), in immer nur geändertem, neuem argumentativen Gewand. So etwa:aa)
Rundfunkgebühren.
Die Rundfunkgebühren selbst dienen nur dazu, (auch) dem Beklagten die Herstellung wie auch die Verbreitung seines Programmes zu ermöglichen. Damit wird aber die grundsätzliche Frage nicht zugleich beantwortet, welche Verbreitungsart Inhalt des Grundversorgungsauftrags des Beklagten ist. Dass der Endbenutzer des Beklagtenprogramms - erhöht die Klägerin bei Ausfall der Einspeisungsvergütung des Beklagten um diesen Anteil gegenüber dem Endkunden seinen Leistungstarif (vorbehaltlich einer wirksamen Anpassungsklausel) - über die Rundfunkgebühren und diesen dann kalkulatorisch eingepreisten Tarifanteil die Herstellungs- und Verbreitungsleistung des Beklagten zweimal vergüten müsste, stellt nur die nämliche argumentative Variante zur Grundfrage dar: Ist Bestandteil des Grundversorgungsauftrages des Beklagten dessen Pflicht, gerade bei der Klägerin einzuspeisen€ Nimmt also der Beklagte mit der Einspeisung bei der Klägerin eine eigene Leistungspflicht wahr oder - im Fall der Passivität des Beklagten und der gleichgerichteten Leistungsvornahme der Klägerin (Einspeisung als klägerischer Doppeltatbestand, da zugleich Erfüllung seiner vertraglichen Leistungspflicht gegenüber dem Endkunden) - erfüllt die Klägerin durch ihre eigene Einspeisung zugleich die Leistungspflicht des Beklagten€bb)
Werbeeinnahmen (auch) des Beklagten.
Zwar hängt das Werbeaufkommen und damit zugleich das Werbeeinkommen des Beklagten vom Verbreitungsgrad seiner Werbung ab. Die Verbreitungsleistung der Klägerin ist danach Preisparameter für die Werbeeinnahmen des Beklagten. Die klägerische Verbreitungsleistung ist mithin beim Beklagten eingepreist. Zwar mag eine Wechselbezüglichkeit vorliegen zwischen den Werbeeinnahmen des Beklagten, aber auch dem Entgeltaufkommen der Klägerin, weil ihr Leistungspaket gegenüber dem Endkunden (jenseits reiner Telefonie- oder Internetverbindungsleistung) durch das Programmangebot des Beklagten nachhaltig aufgewertet wird, wie diese selbst einräumt (I 133). Auf welcher Seite ein Saldoüberschuss insoweit liegt, bedarf keiner Entscheidung, da dieser Gesichtspunkt nicht, dann schon gar nicht einen festen (Einspeisungsvergütungs-)Zahlbeitrag als Ergebnis eines Leistungsaustausches rechtfertigen kann. Gibt es dem Grunde nach keine Zahlungspflicht, kann auch der zufällig beiden Seiten günstige Verbreitungsgrad einer Leistung kein (entgeltliches) Leistungsverhältnis begründen. In anderem (umgekehrtem) Zusammenhang (eigene Endkundenumsätze der Klägerin) will sie den Verweis auf solche Wertzuwachsabschöpfungen wegen der angeblichen Unterschiedlichkeit der (nachgelagerten) Märkte selbst nicht gelten lassen (IV 360). Ungeachtet dessen ist dieses Argument schon deshalb in wesentlichen Teilen nicht tragfähig, weil die Klägerin selbst vorgegeben hat, dass Streitgegenstand nur die Verbreitung des vom Beklagten veranstalteten Programms und nicht die Beteiligung des Beklagten am Gemeinschaftsprogramm der X. sei (I 8); unstreitig ist jedoch, dass dem Beklagten in seinem - nur streitgegenständlichen - Programm, und zwar in Bezug auf Herstellung und Verbreitung von Fernsehsendungen, Werbung verboten ist und eine solche ersichtlich auch nicht stattfindet (vgl. § 16 Abs. 2 RStV; V 486).cc)
Art. 14 Abs. 1 S. 1/Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG.
Soweit die Klägerin vorbringt, der Beklagte missbraucht ... seine marktbeherrschende Stellung dazu, dass die Klägerin aufgrund der Must-carry-Regeln ihre Leistungen ihm nunmehr unentgeltlich zur Verfügung stellt, (IV 362), wird die Must-Carry-Pflicht, das sog. Kabelbelegungsregime, nicht als staatlicher Zuweisungsakt, sondern als Outsourcing einer originär in der Pflichtigkeit des Beklagten stehenden Aufgabe behauptet. Diese diesem Argument innewohnende Grundannahme ist und bleibt aber die Streitfrage. Die reine Leistungsentsprechung (Programmtransport) schafft für sich nicht die von der Klägerin postulierte privatrechtliche Leistungsbeziehung zwischen den Parteien (IV 363), wenn der Leistungsentsprechung nicht zugleich eine spezialgesetzliche oder sich aus allgemeinen Rechtsregeln ergebende Pflichtigkeitszuweisung zu Grunde liegt, welche in Eigenregie nur kostenintensiv oder in der Fremdübernahme nur entgeltlich geschehen kann. Im Übrigen kann aufgrund einer - einmal gedachten - rechtswidrigen Beauflagung einer Privatperson durch den Staat im Regelfall nur der Staat, dem das gesetzgebende Organ zuzuordnen ist, wegen dieses gesetzgeberischen Übermaßes bei der Auferlegung eines Sonderopfers im Interesse der Allgemeinheit in Haftung genommen werden, nicht unmittelbar ein Dritter, dem diese - rechtswidrige - Aufgabenübertragung mittelbar zugutekommt.dd)
§§ 826, 242, 138 BGB.(1)
Nicht anders verhält es sich mit dem Argument, die Kündigung sei nicht auf eine Beendigung der Leistungsbeziehung, sondern auf die - rechtswidrige - unentgeltliche Inanspruchnahme der Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin gerichtet gewesen (IV 364). Denn ist der Beklagte nicht entgeltpflichtig, wird ohne Selbstwiderspruch nur der rechtmäßige Zustand hergestellt.(2)
Zwar mag denkbar sein, dass die abgestimmte - berechtigte - Kündigung nur zu dem Zwecke geschehen ist, durch den Missbrauch einer formalen Rechtsposition die Klägerin objektiv sittenwidrig und vorwerfbar verwerflich zu schädigen, wie dies etwa angenommen wird bei Ausübung eines Kündigungsrechts in letzter Stunde, um dem Gekündigten die Möglichkeit einer Schadensabwendung zu nehmen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 72. Aufl. [2013], § 826, 5; Oechsler in Staudinger, BGB, § 826 [2013], 197; abl. Wagner in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2013], § 826, 58). Dafür ist aber weder etwas dargetan noch sonst hinreichend ersichtlich gemacht. Die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes mit einem - vertraglich vorgesehenen - Vorlauf von einem halben Jahr bezüglich eines Vertrages, dessen Gegenstand eine Partei bei Vertragsabschluss als demnächst hinfällig bezeichnet hat, steht nach dem Sachstand für nicht mehr als die Wahrnehmung einer vertraglich vorgesehenen Dispositionsmöglichkeit und einen schwelenden, bewusst ungeklärten Grundstreit, der sich vorhersehbar stellte und nun ausgetragen werden muss.ee)
Verweis auf Entgelthandhabung gegenüber anderen Kabelnetz- oder Satelliten-/Terrestrikbetreibern.
Auch insoweit ist aus der unterschiedlichen tatsächlichen Handhabung je nach Blickwinkel und Standort behauptend einmal das Rechtsmäßigkeitsmodell oder einmal postulierend das Beispiel für eine auch dort bloß kartellrechtswidrige Verhaltensweise abzuleiten. Welcher Blickwinkel richtig ist, ergibt nur die Grundantwort, nämlich, welches Modell auch hier für den Beklagten bindend ist.ff)
Kartellverstoß gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 1 und 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB.(1)
Das Nämliche gilt auch insoweit, wie die Ausführungen der Klägerin selbst offenbaren: Die gemeinsame Kündigung eines gemeinsamen Vertrages mag für sich gesehen kartellrechtlich unproblematisch sein. Das gilt jedoch dann nicht mehr, wenn zugleich rechtswidrig verabredet wird, dass trotz eines bestehenden Kontrahierungszwanges kein Nachfolgevertrag mehr abgeschlossen und die Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin künftig unentgeltlich in Anspruch genommen werden sollen (IV 364). Bestand kein Kontrahierungszwang, jedenfalls kein Anspruch auf den Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages, war die Verabredung zur Kündigung ebenso wenig rechtswidrig wie die nachfolgende Verweigerung eines (Neu-)Abschlusses eines solchen Vertrages.
(2) aaa)
Zwar kann auch ein aufeinander abgestimmtes Verhalten, ein bewusst auf Zusammenwirken gerichtetes Signaling dieses Merkmal in § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 AEUV (vgl. zum Verhältnis der Normen etwa Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 1, 4) erfüllen (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 23; ferner Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 11. Aufl. [2011], § 1, 71 und 79) ungeachtet der nachgeordneten Frage, ob im behaupteten koordinierten Verhalten eine bezweckte Beschränkung oder Behinderung liegt (vgl. zum Zweckmerkmal etwa EuGH U. v. 29.10.2009 - C-439/09 [Tz. 47] - Fabre Dermo-Cosmétiqe SAS; U. v. 13.10.2010 - C-32/11 [Tz. 38] - Allianz Hungària [jeweils zu selektiven Vertriebssystemen]) oder bewirkt (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 36; Bunte a.a.O. § 1, 230).
bbb)
Kein abgestimmtes Verhalten ist jedoch das - bewusste oder unbewusste - Nachahmen und das (nur) gleichförmige Verhalten, das für oligopolistische Machtstrukturen typisch ist (Bechtold a.a.O. § 1, 25; Bunte a.a.O. § 1, 74). Zudem schützt § 1 GWB den Wettbewerb nur unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um rechtmäßigen Wettbewerb handelt. Ein vertraglicher Ausschluss der rechtlich gar nicht anerkannten Handlungsfreiheit ist keine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von § 1 GWB (Bunte a.a.O. § 1, 22).
ccc)
Vorliegend sah der Einspeisungsvertrag vom 27.02.2008 (K 9) schon ein Laufzeitende zum 31.12.2012 vor (§ 13 Ziff. 1 S. 1). Zudem war eine die Verlängerungsklausel hindernde Kündbarkeit für jede der Parteien vorgesehen, wobei die Passage in ihrer Terminologie ersichtlich dort von einem Zweiparteienverhältnis (hier Klägerin, dort Programmveranstalter) ausging (nicht von einer der Parteien ..., ... für beide Parteien ... [§ 13 Ziff. 3 {a}]). Hindert die eine Partei vertraglich - die Verlängerungsklausel hinweggedacht - angelegt die Fortsetzung des Vertragswerks einfach durch sein Auslaufenlassen, so manifestiert sich darin nur ein vertragsimmanentes Dispositionsrecht. Dieses privatautonom angesichts der Personenmehrheit im Lager einer Vertragspartei für jeden Beteiligten auf dieser Vertragsseite vorausgedachte gleichgerichtete Vertragsverhalten macht die vertragsgerecht Vorgehenden nicht zu Kartellanten. Ansonsten wäre etwa jede Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags durch eine nicht nur von einer einzigen Rechtsperson gebildete Mieterseite ein verbotenes Kartell.
ddd)
Erst der außerhalb der reinen Privatautonomie bestehende gesetzliche Druck, solch einen Vertrag (wieder) zu schließen oder ihn erst gar nicht aufzukündigen, ist dann der maßgebliche Ansatz für die Bewertung seiner (Un-)Kündbarkeit.b)
Diese Pflicht ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Regelkreis im Zusammenhang mit der Übertragungspflicht der Klägerin.aa)
Die Klägerin trifft eine Übertragungs-/Verbreitungspflicht. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG R. sind die dort genannten - analogen - Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei einer nicht ausreichenden analogen Übertragungskapazität zwingend an erster Stelle zu berücksichtigen. Nach § 52 b Abs. 1 Nr. 1 a des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (RStV) haben Plattformen privater Anbieter mit Fernsehprogrammen innerhalb einer technischen Kapazität im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die für die bundesweite Verbreitung gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme sowie für die Dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich programmbegleitender Dienste, zur Verfügung stehen.bb)
Dass dieser Pflichtigkeit zugleich Entgelterhebungsregeln beigestellt wären, kann nicht erkannt werden.(1)
§ 33 LMG dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/22/EG (so auch Hain/Steffen/Wierny [Privatgutachter auf Beklagtenseite] B 33 = VI 693, 701; vgl. auch Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 7 [Privatgutachter für U. M. K. B. GmbH]). Diese sog. Universaldienstrichtlinie (UDRL) hat den Zweck, aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung eines Zugangs zu den bezeichneten Medien zu für jedermann erschwinglichen Bedingungen verfügbar zu machen (vgl. etwa Erwägungsgrund 13, 14 und 37; so letztlich auch Art. 3 Abs. 1 UDRL). Die Mitgliedsstaaten können anhand objektiver Kriterien entscheiden, welchen Unternehmen Universaldienstverpflichtungen auferlegt werden (Erwägungsgrund 14 und 43). Nach Erwägungsgrund 18 sollten die Mitgliedsstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Erwägungsgrund 21 sieht vor: Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedsstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgelegte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden. Nach Art. 31 Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten zur Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle und -dienste den unter ihre Gerichtsbarkeit fallenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang von Hör- und Fernsehsendungen nutzen. Abs. 2 S. 1 1. Hs. dieser Norm gab vor, dass weder Abs. 1 dieses Artikels noch Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie) die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten beeinträchtigt, in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen ggf. ein angemessenes Entgelt festzulegen. Sofern ein Entgelt vorgesehen ist, stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass die Erhebung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in transparenter Weise erfolgt (S. 2).(2)
Danach ging die Richtlinie davon aus, dass den Unternehmen grundsätzlich bis an die Grenze der Kostenunterdeckung die Zugangsleistung abverlangt werden kann im Dienst und Interesse der überragenden Bedeutung der Zugangseröffnung zu solchen Medien für den Bürger als Bestandteil seiner gesellschaftlichen Teilhabe. Die Richtlinie verschloss den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einer Entgeltregelung für die Inpflichtnahme der Unternehmen für diese Leistungserbringung allerdings nicht (vgl. auch Holznagel/Salwitzek, K&R 2013, 454, 455 = B 43 = VI 854, 855; ferner Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 17, wonach Art. 31 UDRL nur das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern regele. Für das Verhältnis zwischen dem von den Übertragungspflichten Begünstigten und dem verpflichteten Infrastrukturbetreiber ist Art. 31 Abs. 2 UDRL ohne Aussage. Grundsätzlich geht die dort angesprochene Entgeltregulierung von einer Vergütung im Verhältnis zwischen Transporteur und dem transportnachfragenden Inhalteanbieter aus - was bloße Behauptung bleibt). Danach hat die Richtlinie einen Entgeltanspruch als Pendant zur (Sozial-)Pflichtigkeit des Netzunternehmens im Sinne der Klägerin als beiderseitigen Kontrahierungszwang (VI 887, 889 und 891) gerade nicht geschaffen (so auch Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 703).(3)
In der Umsetzung dieser Richtlinie haben weder der RStV noch das LMG von der grundsätzlich nach Art. 31 Abs. 1 UDRL eröffneten Möglichkeit einer Entgeltregelung Gebrauch gemacht, gar im Sinne einer Entgeltpflicht eines Nutzers.
aaa)
Nachdem das LMG eine Umsetzung der Richtlinie darstellt, kann angesichts der aufgezeigten Regelungsstruktur der Richtlinie (Entgelt die Ausnahme, von der Gebrauch gemacht werden kann) ohnehin erwartet werden, dass eine Gebrauchmachung kenntlich gemacht wird und sich nicht aus einem bloßen Umkehrschluss ergibt, zumal der Beklagte als öffentlich-rechtliche Anstalt angesichts seiner Unterworfenheit unter ein Sparsamkeitsgebot (§§ 14 Abs. 1, 35 Abs. 10 S. 2 RStV) und der Überprüfung seines Finanzbedarfs (§ 14 Abs. 2 RStV; ferner zu Beteiligungsbeschränkungen § 16 b RStV) einer besonderen Legitimation bedarf, um im Umfang von Millionen (Einspeiseentgeltanteil des Beklagten im Jahr: 1,9 Mio. EUR [I 13, 50]) Gelder zu verauslagen, die nicht - so aber die petitio der Klägerin - einzig in einer Komplementarität in der Leistungskoexistenz oder des bloß gedanklichen Vorausgesetztseins liegen kann.
bbb)
Aus § 31 Abs. 3 S. 3 LMG, aus dem die Klägerin die Vergütungspflicht eines Nutzers im Umkehrschluss aber ableitet (I 35), kann solches schon nicht herausgelesen werden. Die Norm korrespondiert mit § 33 Abs. 1 Nr. 3 LMG, auf den sie Bezug nimmt, und bestimmt vielmehr, dass ein analoger Fernsehkanal, bei digitaler Verbreitung wahlweise die digitale Übertragungskapazität, für ein Fernsehprogramm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Die Regelung fügt sich danach bruchlos in das System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit ein.(4)
Auch § 52 b RStV verhält sich zu Entgelten nicht, auch nicht bloß mittelbar. Soweit die Klägerin auf die Begründung zur 8. Änderung des RStV abstellt (IV 351/352), gibt diese nur den Erwägungsgrund 44 der UDRL wieder, nimmt danach das dortige System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit auf und kann damit nicht als Argument für eine Vergütungspflicht nutzbar gemacht werden.(5)
Auch aus § 52 d RStV folgt nichts anderes.
§ 52 d S. 1 RStV gibt ein Benachteiligungsverbot vor, S. 2 verpflichtet, dass die Must-Carry-Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat, S. 3 will, dass Entgelte und Tarife für Must-Carry-Angebote offenzulegen sind, S. 4, dass diese so zu gestalten sind, dass auch regionale und lokale Angebote angemessene Bedingungen erhalten; S. 5 verweist auf die Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote, welche unberührt bleiben. In den maßgeblichen Sätzen 2 bis 4 ist zwar von Entgelten und Tarifen die Rede. Dass sie unbedingt erhoben werden und insbesondere von den Begünstigten der Must-Carry-Regelung getragen werden müssten, ergibt sich daraus zwingend nicht. § 52 d schafft keinen Entgeltanspruch der Klägerin, sondern sieht nur vor, wenn es zu Entgeltvereinbarungen kommt, welchen Anforderungen diese zu genügen haben (Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 712; so auch LG Berlin AfP 2013, 344 [juris Tz. 84]). Nichts anderes ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung (vgl. auch VI 888). Begünstigte dieser Norm sind allein die Anbieter von Rundfunkprogrammen und vergleichbare Telemedien, nicht aber etwa die Kabelnetzbetreiber. Damit scheidet § 52 d RStV als Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Netzbetreiber aus (so auch Holznagel/Salwitzek a.a.O. 455 m.w.N.; ebenso Dörr ZUM 2013, 81, 98, 99, 105 und 109 = vor B 20 [seinerseits Privatgutachten für das Y.]; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 40, insoweit; auch diese, obgleich beide Privatgutachter für den Kabelnetzbetreiber U. K. GmbH, gelangen nur zum Ergebnis: ... ist also bei der Aushandlung der Einspeiseentgelte zum einen vorgegeben, dass diese offenzulegen sind und dass die Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Eine ausdrückliche Verpflichtung der KNB (Kabelnetzbetreiber) zur unentgeltlichen Weiterleitung erhält die Norm auf jeden Fall nicht - einen (ausdrücklichen) Entgeltanspruch vermögen auch diese Autoren insoweit nicht zu entwickeln; ähnlich Trute/Broemel MMR-Beil. 2012, 1, 17 in deren Privatgutachten nun für K. D.: Diese Vorschrift sieht also im Grunde die Vielfaltsicherung auf der Inhaltsebene durch bestimmte rundfunkrechtliche Rahmenbedingungen vor und - ebenfalls nur behauptend -, dass die Befugnis des Plattformanbieters zur Gestaltung von Entgelten und Tarifen ... mit der Regelung des § 52d RStV vorausgesetzt werde [dort S. 18]).cc)
Soweit die Klägerin auf § 87 Abs. 5 UrhG als systemgleiches Beispiel eines aufeinander bezogenen Kontrahierungszwangs verweist (etwa VI 889), so ist dort in S. 1 1. Hs. geregelt, dass Sendeunternehmen und Kabelunternehmen gegenseitig verpflichtet sind, einen Vertrag über die Kabelweitersendung im Sinne des § 20 b Abs. 1 S. 1 zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht (vgl. allg. Meckel in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. [2013], § 87, 8; Hillig in BeckOK-UrhG, § 87 [Stand: 01.09.2013], 45). Diese schon 1998 (vgl. Hillig a.a.O. 44) eingeführte Regelung kann jedoch gerade als Gegenargument fruchtbar gemacht werden. Denn dort ist der Kontrahierungszwang (OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603; Hillig a.a.O. 45; Dörr ZUM 2013, 81, 107) ausdrücklich gesetzlich niedergelegt. Hat der Gesetzgeber trotz dieser seit über 15 Jahren bestehenden klaren Interessenlösung in einem von der Klägerin für vergleichbar erachteten Rechtskreis aber von einer solchen gesetzgeberischen Vorgabe abgesehen, weshalb die Privatgutachter der Kabelnetzwirtschaft selbst von einer Asymmetrie in der Ausgestaltung des Kontrahierungszwangs sprechen (vgl. Fink/Keber a.a.O. 37), so kann dem Postulat der Klägerin nicht gefolgt werden, hieraus ergebe sich, dass der Interessenkonflikt identisch zu lösen sei.dd)
Auch Art. 87 f Abs. 2 GG, der u.a. bestimmt, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, die der Bund flächendeckend angemessen und ausreichend gewährleistet (Abs. 1), als privatwirtschaftliche Tätigkeit durch die aus dem Sondervermögen D. B. hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden, gibt der Klägerin keinen Entgeltanspruch. Denn damit geschieht nur eine organisatorische Vorgabe für ein Handeln in Privatrechtsform (vgl. Nachweise bei Cornils in BeckOK-TKG, 4. Aufl. [2013], A, 19, FN 52). Selbst wenn man annimmt, Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG garantiere den in den Post- und Telekommunikationsmärkten tätigen Unternehmen, auch und ohne Unterschied denjenigen mit Bundesbeteiligung, materielle Privatautonomie, d.h. nicht durch spezifisch öffentlich-rechtliche Gemeinwohlbindungen überlagerte Handlungsfreiheit, typischerweise ausgerichtet auf die unternehmerische ratio des Erwerbsstrebens und eingebunden nur in die für jedermann geltenden privat- und wirtschaftsrechtlichen Regeln (Cornils a.a.O. 19), so herrscht doch auch insoweit die Ansicht vor, dass Art. 87 f Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Gewährleistung unmittelbar nur den Staat, nicht aber die privaten Akteure verpflichte (Cornils a.a.O. 19; Windthorst in Sachs, GG, 6. Aufl. [2011], Art. 87 f, 9). Denn Art. 87 f GG steht nur für einen Transfer des Versorgungsmodells. Selbst wenn mit der Privatwirtschaftlichkeit ein berechtigtes Gewinnstreben auch durch die Erhebung von Entgelten einhergeht, ist damit nichts darüber ausgesagt - ungeachtet des personalen Anwendungsbereichs der Norm -, ob der privatwirtschaftlich Tätige nicht gleichwohl einer besonderen Sozialpflichtigkeit unterworfen ist, welche für die Wirtschaftstätigkeit im Gewährleistungsbereich des Art. 87 f GG angenommen wird (vgl. etwa Möstl in Maunz/Dürig, GG, Art. 87 f [10/2010], 43; LG Berlin a.a.O. [V 593/594]). Deshalb gelangen selbst Trute/Broemel a.a.O. [S.18] insoweit zum Ergebnis: Auf eine explizite rundfunkrechtliche Entgeltregulierung unter Vielfaltsgesichtspunkten wird ausdrücklich verzichtet und die Bildung von Entgelten dem Markt überlassen, ....ee)
Diese aufgezeigte besondere Pflichtigkeit ist auch Schrankenbestandteil des Art. 14 GG, den die Klägerin zur Grundlage eines Entgeltanspruchs erhebt. Ungeachtet des schon oben angesprochenen Umstandes, dass Art. 14 Abs. 1 GG eine Geltungsanordnung mit unmittelbarer Drittwirkung nicht zukommt (Papier in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 14 [7/2010], 219; Scholz in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 12 [6/2006], 77), ist das Eigentum ohnehin einer Inhalts- und Schrankenbestimmung unterworfen. Begrenzungen der Eigentumsbefugnisse sind als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BVerfGE 100, 226, 241; BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 19]). Dies gilt gerade für Universaldienstleistungen. Denn hinsichtlich der Basisversorgung mit Universaldiensten ist das Telekommunikationsgesetz also nicht nur aus europarechtlichen Gründen, sondern auch schon verfassungsrechtlich Ertrag der Erfüllung einer legislatorischen Pflichtaufgabe (Cornils a.a.O. 13; vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 13, 14, 37 und 44 zur UDRL; ferner EuGH EuZW 2013, 347 [Tz. 45 f] - Sky Österreich, dort zur Beschränkbarkeit der durch Art. 16 der Charta gewährleisteten Unternehmensfreiheit auch in Bezug auf Übertragungsrechte wegen Kurzberichterstattungsrechte Dritter). Die Klägerin hat danach das Netz als Universaldienstmedium mit dieser Pflichtigkeit erworben. Wird sie davon - wie europarechtlich als Möglichkeit vorgesehen - nicht im Wege einer Kompensation befreit, kann sie diese Pflichtigkeit ohne gesetzliche Entgeltregelung, schon gar nicht aus dem allgemeinen Gedanken der Art. 14 oder 12 GG, nicht gleichwohl kommerzialisieren (vgl. allg. BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 21], dort auch zu denkbaren kompensatorischen Entschädigungsansprüchen, aber auch zum Adressaten eines solchen Anspruchs).ff)
Auch die Behauptung, die hier streitige Rechtsfrage sei bereits höchstrichterlich im Sinne der Klägerin geklärt, verfängt nicht. Die dazu angeführte Entscheidung BGH NJW 1996, 2656 - Pay-TV-Durchleitung bezieht sich ohnehin auf einen Rechtszustand vor der UDRL 2002 und befasst sich, abgesehen von nicht bejahten Ansprüchen nach dem damaligen RStV (vgl. BGH a.a.O. [juris Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung, offengelassen, ob Art. 5 GG einen Durchleitungsanspruch auszulösen vermag: a.a.O. [juris Tz. 21]), ausschließlich mit kartellrechtlichen Fragen (vgl. auch Dörr a.a.O. 107).gg)
Danach kann weder dem Telekommunikationsrecht noch den genannten Regeln des Rundfunkrechts eine legislative Entscheidung über eine Entgeltpflicht entnommen werden noch kann eine einseitige unternehmerische Prärogative zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber als bindend vorausgesetzt werden (so auch Ladeur ZUM 2012, 939, 943 = B 10).c)
Auch dem spezialrechtlichen Rechtskreis, der sich auf den Beklagten und dessen Stellung bezieht, ist dessen Entgeltlichkeitspflicht nicht zu entnehmen.aa)
Eine solche Pflicht zur Entgeltlichkeit ergibt sich zu Lasten des Beklagten nicht aus Bestimmungen des RStV.(1)
§ 11 Abs. 1 S. 1 RStV gibt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Auftrag u.a. vor, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken. § 19 definiert den Versorgungsauftrag dahin: Die in der X. zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das Y. und das ...radio können ihrem gesetzlichen Auftrag durch Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Bei der Auswahl des Übertragungswegs sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme ist unzulässig.(2)
Diesen Versorgungsauftrag erfüllt der Beklagte nach Kündigung des Einspeisungsvertrages durch Herstellung seiner Programme und - hier entscheidend - deren Verbreitung über Satellit und DVB-T (terrestrische Sendeanlagen).(3)
Dass der Verbreitungsauftrag die - weitere - Einspeisung und Bedienung auch des Kabelnetzes der Klägerin mit umfassen würde, folgt aus den genannten Bestimmungen des RStV nicht. § 11 RStV umschreibt mit nachgerader Selbstverständlichkeit die Kernaufgabe solcher öffentlich-rechtlicher Einrichtungen (vgl. auch BVerfGE 78, 118 [juris Tz. 89]; E 119, 181 [juris Tz. 122]). Dass die Aufgabe der Rundfunkanstalten auch auf das Verbreiten angelegt ist, ist nahezu Wesensmerkmal des Rund-Funks. Neben dieser Wesensumschreibung leistet die Norm nichts dazu, wie diese Aufgabe konkret zu bewältigen ist, insbesondere auf welchem technischen Wege (ebenfalls verneinend in diesem Sinne LG Köln ZUM 2013, 505 [juris Tz. 94] = B 22; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 34).(4)
Auch § 19 RStV, welcher die Nutzung geeigneter Übertragungswege vorschreibt, gibt nicht - und sei es im Verbund mit dem Grundversorgungsauftrag und der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 GG - das vor, was die Klägerin als Inhalt dieser Pflichtigkeit ansieht, nämlich dass der Beklagte das Netz der Klägerin unbedingt benutzen muss (ebenso verneinend LG Köln a.a.O. [juris Tz. 96]).
aaa)
§ 19 RStV räumt der Rundfunkanstalt ersichtlich ein Ermessen ein, auf welchem technischen Wege sie ihrer Verbreitungspflicht nachkommen will (ebenso LG Mannheim U. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart [B 23 = V 527 f, 541]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 [B 26 = V 600 f, 611]).
bbb)
Der Funktionsauftrag des öffentlichen Rundfunks schließt auch ein, da das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offenbleiben muss, dass der Auftrag dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist; der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmatischer, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden. Die Finanzierung muss entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht ausgestaltet werden. Dem entspricht die Garantie funktionsgerechter Finanzierung. Die Mittelausstattung muss nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden (BVerfGE 119, 181 [juris Tz. 130]). Von der Freiheit öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Programmautonomie umfasst. Die Entscheidung über die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms steht den Rundfunkanstalten zu. Eingeschlossen ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme (BVerfGE a.a.O. [juris Tz. 131]).
ccc)
Zwar erschöpft sich die Rundfunkfreiheit nicht in einem Schutzanspruch der Rundfunkanstalten selbst, ist also nicht ausschließlich Selbstzweck für diese. Die Rundfunkanstalt hat in ihrer Funktion wegen ihres gesicherten Status auch in ihrer Finanzierungssicherheit eine dienende Funktion (so auch Trute/Broemel a.a.O. 8), was sie verpflichtet, ihre Beiträge zum demokratischen Diskurs auch breitmöglichst nach außen zu tragen und zur Verfügung zu stellen.bb)
Dieser Aufgabe kommt die Rundfunkanstalt allerdings nach, indem sie ihr Programm so verbreitet, dass es verfügbar ist für die Aufnahmewilligen über die für diesen maßgebliche, weil im Zeitpunkt der Verbreitung des Programmsignals vorherrschende Infrastruktur. Insoweit genügt der Beklagte seiner Pflichtigkeit, indem er ein Signal verbreitet, das von solchen herrschenden Infrastrukturen aufgenommen, verarbeitet, verbreitet und zu einem Empfänger transportiert werden kann. Es ist nicht Inhalt der Versorgungspflicht, dass ähnlich der Stromversorgung die Rundfunkanstalt einen eigenen Kabelanschluss für jeden Haushalt herstellen müsste. Es genügt vielmehr, dass das Signal empfangbar ist. Dass die Ausstrahlung des Programmsignals auf terrestrischem Wege und insbesondere über Satellit dieses Erfordernis der Empfangbarkeit nicht erfüllt, wird nicht behauptet, da die Klägerin selbst es auf diesem Wege aufnimmt und an den Empfänger versendet/transportiert. Dass aufgrund technischer Entwicklung manche Hörer/Seher das Programmsignal über ein zwischengeschaltetes Kabelnetz empfangen, schlägt auf die Erfüllung der Grundversorgungsaufgabe des Beklagten ebenso wenig durch, wie dass ein steigender Anteil der Endkunden seine Programme über internetspezifische Netze aufnimmt. Auch insoweit wird schwerlich zu fordern sein, dass der Beklagte dem Zeitenwandel folgend ein eigenes internetfähiges Versorgungsnetz aufbauen muss. Können solche fremdbetriebenen Netze sein Signal aufnehmen, so stellt dieser Transport eine zwischengeschaltete Leistung eines Dritten dar, welche vom Grundsignal des Beklagten lebt, nicht aber wesensmäßigen Bestandteil der notwendigen Infrastruktur des Beklagten für seinen Grundversorgungsauftrag darstellt. Schon gar nicht ergibt sich aus dieser Zwischenschaltung, dass der Beklagte für die Umwandlung seines Signals und dessen Zwischentransport zugleich zu zahlen hat. Zu Ende gedacht, müsste der Beklagte sonst auch dem Internetanbieter eine Vergütung dafür erbringen, dass dieser das Programmsignal des Beklagten als Teil des eigenen Internetangebotes auflädt und dem Endkunden zuführt. Die heute noch nicht absehbare Diversifizierung der Rezeptionsstrukturen und damit Rezeptionsmittlermodelle wird möglicherweise dazu führen, dass der Beklagte sein Programmsignal auch für dann maßgebliche Techniken in einem gewissen Umfang kompatibel wird machen müssen, nicht aber dazu, dass er jedem Veranstalter eines jeglichen Transportmodells ein eigenes Entgelt entrichtet. Dass die Anbieter von Internetplattformen den Transport des Beklagtensignals freiwillig vornehmen, während die Klägerin dies im Rahmen des sog. Kabelbelegungsregimes gezwungenermaßen leistet, ist Bestandteil ihres Geschäftsmodells, mit dem sie ihren Marktauftritt genommen hat, und damit zu verorten bei der Frage, ob sie für diesen Leistungszwang gesetzliche Kompensation verlangen kann - was nach dem Vorgenannten zu verneinen ist -, und ist für sich nicht durchschlagender Gesichtspunkt, die Leistungsbezüglichkeit zwischen Klägerin und Beklagtem durch Einspeisungsentgelte zu kommerzialisieren.cc)
Auch soweit die Klägerin an unionsrechtliche Beihilfegrundsätze anknüpft (I 42 und 43, insbes. Trute/Broemel a.a.O. 22 f), führt diese Sicht, dass die Gebührenfinanzierung der Rundfunkanstalten als Beihilfe, weil strukturelle Koppelung von unabhängiger Finanzierung und Erfüllung des Gemeinwohlauftrages, eine Technologieneutralität bedinge, mit der Verpflichtung, die Kabelnetzbetreiber gegenüber anderen Betreibern von Übertragungsinfrastrukturen nicht zu benachteiligen, in der langen argumentativen Verknüpfungskette schon daran vorbei, dass das Beihilferecht zwar einem Konkurrenten subjektive Rechte einräumt (BGHZ 196, 254 [Tz. 14] - CEPS-Pipeline; Z 188, 326 [Tz. 19 f] - Flughafen Hahn), nicht aber gegenüber jedermann, der von dem Einsatz der Beihilfe betroffen sein könnte, eine Schutzwirkung entfaltet (Rennert EuZW 2011, 576, 582; vgl. auch Ladeur a.a.O. 942). Ohnehin, gelangte man in dieser Argumentationskette überhaupt zu einer Technikneutralität als anspruchsgebendem Rechtssatz, ist die Frage, ob diese Neutralität gerade die mit der Klage eingeforderte Kompensation zur Folge hat, zu verneinen (so auch Ladeur a.a.O. 942).5.
Da die Klägerin nach der gesetzlichen Ausgestaltung ihrer Übertragungspflicht (sog. Kabelbelegungsregime) nicht gleichsam für den Beklagten handelt und der Beklagte seinerseits nicht verpflichtet ist, als Bestandteil seines eigenen Grundversorgungsauftrages die Infrastruktur der Klägerin zu nutzen, somit weder ausdrücklich noch in einer ersichtlichen gesetzlichen Wechselbezüglichkeit die Versorgungsbeiträge der Parteien aufeinander bezogen sind unter gleichzeitiger Zuweisung der wirtschaftlichen Lasten an den Beklagten, kann sich allenfalls aufgrund von Marktpositionen und einer an der Freiheit des Wettbewerbs ausgerichteten Bewertung ergeben, dass der Beklagte gehalten sein muss, Kosten des Signaltransportes zu tragen. Da aus spezialrechtlichen Bestimmungen aus der bloßen Bezogenheit der Leistungshandlungen der Parteien aufeinander keine Entgeltpflicht des Beklagten abzuleiten ist, bleibt nur noch die Prüfung, ob ein Machtgefälle zwischen ihnen besteht und ob dieses hinreichender Ansatz sein kann, im Rahmen eines wettbewerblichen Ordnungsschutzes (Kartellrecht) eine Korrektur im Sinne des klägerischen Anliegens herbeizuführen (so auch Ladeur a.a.O. 944).
Dies ist mit dem Landgericht im Ergebnis zu verneinen.a)
Anspruch gemäß § 19 Abs. 1 GWB.aa)
Darüber, dass der Beklagte unter den Unternehmensbegriff dieser Norm fällt (vgl. BGHZ 110, 371 [juris Tz. 35] - Sportübertragungen; vgl. auch Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 130, 9; Stadler in Langen/Bunte a.a.O. § 130, 13), streiten die Parteien zu Recht selbst nicht.bb)
Zwar ist das GWB seit Vertragsschluss, Vertragsbeendigung zum 31.12.2010 und auch vor und nach dem erstinstanzlichen Urteil (20.03.2010) geändert worden gerade auch in seinen §§ 18 bis 20 GWB. Auch mag abweichend von der wohl landgerichtlichen Sicht mit dem Gesichtspunkt des zeitlich relevanten Marktes zum 31.12.2012 (US 40) auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sein, wenn es um den reinen Kontrahierungszwang als (auch) aktuelle Pflicht zum Neuabschluss geht. Allerdings sind sachliche Änderungen mit der Neuregelung (vgl. im Einzelnen Bechtold a.a.O. § 19, 1 und § 18, 1, mit Ausnahme des Marktanteils für die Monopolvermutung) nicht verbunden (BT-Drs. 17/9852 [S. 23 und 24]; Bechtold a.a.O. § 19, 1). Deshalb legt der Senat die Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung seiner weiteren Sachbefassung zu Grunde.
cc)(1)
Zwar ist der Beklagte für seine Programmsignale, da es keine anderen als seine insoweit gibt, ebenso marktbeherrschend wie die Klägerin mit identischer Erwägung für ihr eigenes Kabelnetz.(2)
Die je nach Verbotstatbestand differenzierend zu handhabende Feststellung des relevanten Marktes folgt aber dem sog. Bedarfsmarktkonzept, nach welchem einem bestimmten relevanten Markt alle Produkte oder Dienstleistungen zuzurechnen sind, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (BGHZ a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung; GRUR 2000, 95 [juris Tz. 8] - Feuerwehrgeräte; vgl. auch Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20 f). Auszugehen ist von der Nachfrage der Anbieter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen nach der Durchleitung ihrer Programme zu den Empfängern mittels Kabeln oder anderen technischen Vorrichtungen, die denselben Erfolg gewährleisten, nämlich dass die Anbieter mit ihren Programmen die Empfänger erreichen. Räumlich ist der jeweilige Markt davon bestimmt, dass es den die Durchleitungen nachfragenden Programmanbietern darum geht, gerade die von ihnen ins Auge gefassten Empfänger - nicht beliebige andere Empfänger - zu erreichen (so BGH a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung, dort aber zum umgekehrten Prüfansatz des von einem Sender geltend gemachten Anspruchs auf unentgeltliche Durchleitung).
dd)(1)
Vorliegend leitet der Beklagte nichts (mehr) ein im Sinne einer zielgerichteten, bewussten Signalzufuhr zur Klägerin. Diese bedient sich einer vom Beklagten an jedermann gestreuten Programmsendung. Danach fragt der Beklagte keine Einspeisungsleistung der Klägerin mehr nach.(2)
Auf dem Signalbelieferungsmarkt ist der Beklagte dann als Anbieter nicht marktbeherrschend, da er nur etwa 2 % (vgl. I 77, 79, 100, 101, II 184) des Signalangebots des Gesamtmarkts der Signalanbieter, gemessen am Zuschaueranteil und danach in etwa der Signalmenge der tatsächlich einspeisenden und Programmdaten liefernden Sender, bedient, womit der Beklagte nicht als marktbeherrschend angesehen werden kann (vgl. § 18 Abs. 4 GWB; so auch LG Berlin a.a.O. V 596).(3)
Auch wenn die Programmsignale der vormaligen Gegenpartei (Personenmehrheit) des Einspeisungsvertrages 2008 als Maßstab herangezogen werden, so liegt deren Marktanteil, wie ebenfalls unwidersprochen geblieben ist (Klägerin selbst I 38), bei 26 % nur auf die X. bezogen (I 70), auf alle Mitglieder der Vertragspartner der Klägerin im Einspeisungsvertrag bei ca. 41,7 % (vgl. etwa I 70, II 184), womit allenfalls ein Fall des § 18 Abs. 5 GWB erfüllt wäre.ee)
Auch wenn man mit dem Landgericht - dort mit einer anderen Marktabgrenzung - den Beklagten im Verbund mit den übrigen Begünstigten des Must-Carry-Status als Oligopol (§ 19 Abs. 2 S. 2 GWB [a.F.], nun § 19 Abs. 5 GWB) ansieht, zumal die Klägerin auf den Bezug auch der Programmsignale dieser Vertragspartei angewiesen ist, kann der landgerichtlichen Wertung im Ergebnis ebenfalls beigetreten werden.(1)
Denn ein Missbrauch, insbesondere dadurch, dass die Klägerin unmittelbar oder mittelbar behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt wird als gleichartige Unternehmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB; vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 GWB als getrennt geregelte Behinderungsverbote: Bechtold a.a.O. § 19, 1 und 6), liegt nicht vor.
aaa)
Die Unbilligkeit kann nicht im unentgeltlichen Angebot des Programms an sich liegen. Denn anderes bieten auch andere, auch private Sender, nicht.
bbb)
Die Klägerin sieht denn auch den Missbrauch darin, dass der Beklagte ihr sein Anerbieten unentgeltlich macht, obgleich er - wie unstreitig ist - gegenüber den Betreibern von Satelliten oder - soweit der Beklagte nicht selbst Betreiber ist - von terrestrischen Sendeanlagen ein Entgelt entrichtet. Der Missbrauch soll im unterschiedlichen Entgeltlichkeitsangebot des Beklagten liegen.
ccc)
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Fall GWB legt marktbeherrschenden Unternehmen zusätzliche Rücksichtnahmepflichten auf, welche sie verpflichten, wettbewerbsinkonformes, leistungsfremdes Marktverhalten zu unterlassen, um so einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen entgegenzuwirken (Bechtold a.a.O. § 19, 7); er verbietet die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen (Bechtold a.a.O. § 19, 8; so auch vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB); erfasst sind die den betreffenden Unternehmen objektiv nachteilige Maßnahmen (BGH WuW/E 863, 869 - Rinderbesamung II; Z 81, 322 [juris Tz. 26] - Original-VW-Ersatzteile; Bechtold a.a.O. § 19, 14; Nothdurft in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 145; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 19, 112 f; so schon Bechtold, GWB, 6. Aufl. [2010], § 19 [a.F.], 77). Die Behinderung wird erst unbillig aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes (Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 19, 16). Dabei wird die gebotene Interessenabwägung auch durch gesetzliche Wertungen in anderen Bereichen beeinflusst (BGH WuW/E 2805, 2809 - Stromeinspeisung; Bechtold a.a.O. 17 m.umfängl.N.).
ddd)
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass in der Nichtzahlung eines anderweitig anerbotenen und entrichteten Entgeltes zwar eine Beeinträchtigung im Sinne der Norm liegt. Dieser Umstand allein trägt jedoch nicht das weiter notwendige qualitative Unwerturteil der Unbilligkeit. Denn der Beklagte hat - wie aufgezeigt - seine ihm übertragene Aufgabe durch die Abgabe seines Programmsignals an Satelliten oder terrestrische Sendeanlagen erfüllt. Bietet er auch der Klägerin sein Sendesignal, und zwar kostenlos, an, so stellt dies nur einen Annex seines Grundversorgungsauftrags dar, der sich gegenüber weiteren Transporteuren wie der Klägerin nur auf die Nichtvorenthaltung seines Signals beschränkt. Die Klägerin fragt aufgrund eigener Pflichtigkeit nach. Ist aber der Grundversorgungsauftrag des Beklagten durch Weiterleitung seiner Programmsignale an die erstaufnehmende Verbreitungstechnik (Satellit und DVB-T) erfüllt, so endet auch dort die mit seinem Kernauftrag notwendigerweise einhergehende Verbreitungslast, sprich sein Finanzaufwand insoweit. Es ist nicht unbillig, wenn er für eine darüber hinausgehende kostenlose Freimachung seines Signals für weitere Signalmittler nicht zusätzlich die gleichen Aufwendungen zu Gunsten dieser Nachfrager tätigt. Das Verständnis der Koexistenz gleichwohl aufeinander bezogener Pflichtigkeiten bestimmt auch das Unwerturteil, hier Werturteil in ihrem ordnungsrechtlichen Begegnen.ff)
Nichts anderes gilt für § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. GWB.(1)
Betreiber von Satelliten und terrestrischen Anlagen sind in Bezug auf die Klägerin schon nicht gleichartige Unternehmen, da diese in ihrer Grundfunktion (vgl. hierzu BGHZ 101, 72 [juris Tz. 29] - Krankentransporte; Bechtold a.a.O. § 19, 37; Nothdurft a.a.O. § 20, 97) unterschiedlich sind, hier die Erfüllung der Grundversorgung, dort die bloß allgemeine Zugänglichmachung des Programmsignals für zusätzliche Programmverwerter.(2)
Zudem gibt es auch neben der Unterschiedlichkeit in der Grundfunktion dieser Unternehmen als sachlichen Grund für eine abweichende Behandlung auch den in die gebotene Interessenabwägung (vgl. BGH GRUR 2005, 177 [juris Tz. 14] - Sparberaterin; Bechtold a.a.O. § 19, 42; Nothdurft a.a.O. § 20, 121; vgl. auch BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, dort zu diesem Tatbestand in § 26 Abs. 2 GWB ) einzustellenden weiteren Gesichtspunkt, dass die Klägerin das Programmangebot des Beklagten - anders als die Betreiber der Satelliten- oder terrestrischen Sendeanlagen - zu einem äußerst werthaltigen und für sie unverzichtbaren Produkt (Klägerin selbst I 133) als wesentlichen Bestandteil ihres Geschäftsmodells macht, damit Wertschöpfungen vornimmt und sich mit diesem Teil ihres Gesamtleistungspaketes in nennenswertem Umfang finanziert.(3)
Und nicht zuletzt tritt als weiterer, eigenständiger Gesichtspunkt hinzu, dass der Beklagte gleichartige Unternehmen, nämlich 350 Kabelnetzbetreiber, nicht anders behandelt - wie unstreitig ist (vgl. Klägerin IV 354, 358). Dass diese wegen deren angeblicher Beschränkung auf die Netzebenen 3 und 4, mithin auf die Vermittlungsstufen unmittelbar am Endkunden, nicht gleichartig zur Klägerin seien, kann nicht erkannt werden. Dem Beklagten geht es nur um die Versorgung von Endkunden mit seinem Signal und nicht um die Stärkung von Zwischennetzen. Letzteres ist die originäre Zusatzaufgabe der Klägerin als Netzübernehmerin, welche sie in ihrer Grundfunktion der Endkundenversorgung im Rahmen von Universaldiensten nicht andersartig macht. Dass jene 350 Kabelnetzbetreiber sich nur der missbräuchlich ausgenutzten Marktmacht des Beklagten, seinem Diktat insoweit unterworfen hätten, entwertet das Vergleichsmarktmerkmal in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB per se und ist damit schon nicht systemkonformer Einwand. Im Übrigen ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass nur 4 - und diese ohnehin konzernverbunden - von diesen 350 Kabelnetzbetreibern ein Verfahren gegen ihn angestrengt hätten und allenfalls in einem von diesen nach dem jeweiligen dortigen Verfahrensstand überhaupt noch eine dem Beklagten ungünstige Entscheidung denktheoretisch erwartbar sein könne. Nichts anderes ergibt sich im Kern nach dem bisherigen Streitstand (Klägerin IV 359, K 26 und BK 5 = IV 462 - 466)gg)
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ist ebenfalls nicht erfüllt, auch wenn unter sonstigen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu etwa Bechtold a.a.O. § 19, 53; Nothdurft a.a.O. § 19, 135) auch das hier unentgeltliche, in anderen Bezügen entgeltliche Leistungsangebot des Beklagten erfasst werden kann. Der Beklagte fordert aber nichts. Er verlangt keinen Einspeisungsvorgang. Im Übrigen bleibt der Verweis auf die 350 Kabelnetzbetreiber mit vergleichbarer Funktion, denen gegenüber der Beklagte ebenfalls nichts entrichtet.hh)
Hinsichtlich § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB gelten die nämlichen Erwägungen mit einem nicht vorhandenen Fordern und einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung.ii)
§ 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB (vormals § 20 Abs. 3 S. 1 GWB) soll Nachfragemacht-Missbrauch erfassen und bezweckt nicht den Schutz der Marktgegenseite (so Bechtold a.a.O. § 19, 84 m.N.), sondern nach überwiegender Meinung den Wettbewerber des Nachfragers und allenfalls sekundär einen Schutz des Anbieters vor einem markstarken Nachfrager (Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, KartellR, 2. Aufl. [2009], § 20 [a.F.], 113 m. N.). Beim vorliegenden Wertungsansatz ist der Beklagte schon nicht Nachfrager. Jedenfalls aber entscheidet über die Erfüllung diese Verbotstatbestandes letztlich wiederum nur eine Interessenabwägung, die genügend Spielraum zwischen wettbewerbsschädlichem und wettbewerbskonformem Verhalten eröffnet. Damit kommt der Interessenabwägung die zentrale Bedeutung zu, die sie auch im Tatbestand des § 20 Abs. 1 GWB hat (Nothdurft a.a.O. § 20 [a.F.], 218; so auch Loewenheim a.a.O. 116 und 121; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 20 [a.F.], 220 f., und zur Systematik 239; wonach sich die Vorschriften nach § 19 Abs.1 und 4 und § 20 Abs. 3 und 4 GWB [jeweils a.F.] fast vollständig überschneiden, was für die nur redaktionell anders geordneten Nachfolgenormen in gleicher Weise zutrifft). Damit gilt auch fort, dass das Streben nach günstigen Konditionen sowohl auf Abnehmer- wie Anbieterseite als solches wettbewerbskonform ist; daraus, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bedingungen und Preisen geführt hat, kann nicht ohne weiteres ein Verstoß hergeleitet werden (so BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, noch zu § 26 Abs. 2 GWG [a.F.]). Besteht aber der vom Senat zu Grunde gelegte Unterschied in der Verbreitungsfunktion der Klägerin einerseits und den Betreibern von Satelliten und terrestrischen Anlagen andererseits in Bezug auf den Auftrag des Beklagten, so behandelt dieser nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches berechtigt unterschiedlich, was auch das Ergebnis der gebotenen Interessenabwägung des Beklagten zwingend als nicht fehlsam bestimmt und einer Tatbestandsverwirklichung insoweit entgegensteht.b)
Auch § 20 GWB ist der Klägerin mit seinen nun nicht in § 19 GWB [n.F.] verorteten weiteren Tatbeständen nicht behilflich.aa)
Die Klägerin kann mit ihrem Gewinn von 159,4 Mio. EUR (so Klägerin selbst: I 7) und einer unwidersprochen gebliebenen Umsatzangabe von 1,158 Milliarden EUR (I 67, 68, II 195) nicht als kleines oder mittleres Unternehmen angesehen werden (vgl. hierzu Bechtold a.a.O. § 20, 10 m.N.). Darauf stellt die Klägerin selbst nicht ab.bb)
Im Übrigen ergeben sich gegenüber den im Einzelnen behandelten Gesichtspunkten zu § 19 GWB hier keine abweichenden Wertungsansätze.c)
Doch auch wenn man mit der Klägerin (so etwa I 38, IV 344, VI 875), dem Landgericht (US 40), dem LG Mannheim (V 541, 542), dem LG München I (V 566) und einer verbreiteten Spruchpraxis des Bundeskartellamtes (wohl allerdings noch unter der Gegebenheit eines Einspeisungsvertrages) davon ausgehen würde, dass bei dem juristischen Bewertungsvorgang der Bestimmung des relevanten Marktes (Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20: zweckbezogen ... anzuwenden) der Einspeisemarkt der maßgebliche ist (so nur in einer Alternativbetrachtung: LG Berlin [V 596]; offengelassen von LG Bremen [V 613]), auf dem der Beklagte Nachfrager ist, und zwar in R. (vgl. auch IV 344) - was insbesondere geboten sein könnte bei der Prüfung, ob die Kündigung unwirksam, da kartellrechtswidrig war, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Einspeisevertrag und damit eine Einspeiseleistung des Beklagten noch vorlagen -, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes.aa)
Mit dem Landgericht stünden sich bei diesem Bewertungsansatz (Beklagter als Nachfrager einer Einspeisungsleistung der Klägerin) aus Sicht der Anbieter für Einspeiseleistungen, also der Breitbandkabelnetzbetreiber, was die bloße Einspeisung als objektiv nachgefragte Leistung anbelangt, dann die Programmsignale, also sowohl der privaten als auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, hinsichtlich ihrer Eigenschaften, ihres Verwendungszwecks und ihrer Preislage so nahe, dass sie bezüglich der Einspeiseleistung als solcher als gegeneinander austauschbar und funktionell gleichwertig angesehen werden. Zu dem sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehören daher alle Rundfunkveranstalter, die ihre Programmsignale in das Breitbandkabelnetz der Netzbetreiber einspeisen lassen bzw. für eine solche Einspeisung objektiv zur Verfügung stellen (so LG US 40).bb)
Daran gemessen ist der Beklagte für sich genommen wiederum nicht marktbeherrschend, da die Klägerin ausreichende Ausweichmöglichkeiten besitzt. Dass, worauf sich die Klägerin bezieht, der Beklagte aufgrund seines Must-Carry-Status als Nachfrager für die speziell ihm medienrechtlich reservierten Kapazitäten gesetzt ist (VI 875), er deshalb ein rechtlich begründetes Nachfragemonopol innehabe (VI 875), was auch kartellrechtlich relevant sei, wird von der insoweit von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 42, 318 - Rinderbesamung I nicht getragen. Denn dort war die Rinderbesamungsgemeinschaft ohne Wettbewerber, was zumindest zu einem wesentlichen Teil auf einem gesetzlich zugewiesenen Monopol beruhte (Zustellung als Besamungsstelle; vgl. BGHZ a.a.O. [juris Tz. 12] - Rinderbesamung I). Hier ist das Monopol, der Anbieterzwang, aber der Klägerin auferlegt, was dem LG Bremen u.a. Anlass war, einen kartellrechtlichen Verstoßtatbestand zu verneinen (V 613).cc)
Doch auch insoweit, auch wenn der Beklagte im Verbund mit den übrigen Vertragsbeteiligten auf seiner Seite als Oligopolist gewertet würde, führte dies nur zu den oben a) und b) schon dargestellten Wertungen, insbesondere auch unmittelbar zu denjenigen des Landgerichts, auf welche der Senat bei diesem Wertungsansatz Bezug nimmt. Auch unter einer - insoweit - anderen Ausrichtung der Marktabgrenzung kommt auch dem Umstand, dass etwa R. oder P. Entgelte (weiterhin) an die Klägerin für die Einspeisung von deren Programmsignalen entrichten, kein Üblichkeitscharakter und damit keine Maßstäblichkeit zu. Denn zum einen entspricht es dem Vortrag der Klägerin, dass dies auch wegen deren besonderer Anforderung im Zusammenhang mit der HD-Technik erfolgt (II 137, VI 870); zum anderen ist den Privatsendern wegen des mit deren Reichweite verknüpften Werbeaufkommens in weit höherem Maße als den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an der Aufnahme ins Programm der Klägerin überhaupt, zudem an einer besonders bequemen Kanalbelegung gelegen.6.
Dieses Ergebnis im Rahmen des aufgezeigten Anspruchsgefüges führt dazu:a)
Der Hauptantrag (Ziff. 1 a: Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages 2008 über den 31.12.2012 hinaus) ist unbegründet, da der Kündigung keine durchgreifenden Rechte der Klägerin entgegenstehen, auch nicht im Sinne eines sogleich greifenden Kontrahierungszwanges.b)
Dies macht auch den Hilfsantrag (Antrag Ziff. 1 b) unbegründet, da auch kein Anspruch auf den Abschluss eines gleichgerichteten Standard-Einspeisungsvertrages besteht.c)
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c scheitert, da das Gericht mangels Kontrahierungszwanges auch nicht Bedingungen eines abzuschließenden Einspeisungsvertrages bestimmen muss.d)
Da die vorgenannten Ansprüche unbegründet sind, ergeben sich auch keine Schadensersatzansprüche aus Kündigung oder Nichtabschluss eines Neuvertrages.e)
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 e verfängt nicht, da die Klägerin mit der Einspeisung nur ihr Geschäft und keines der Beklagten erbracht und diese somit auch nichts auf Kosten der Klägerin ab 01.01.2013 ungerechtfertigt erlangt hat. Der entgegenstehende Wille des Beklagten bleibt beachtlich und ist im Rahmen des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu übergehen, weil es auch einen Geschäftsauftrag für den Beklagten wie von der Klägerin behauptet nicht gibt.
f)aa)
Soweit die Klägerin mit diesem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass sie zur Netzeinspeisung und Vorhaltung von Kapazitäten nicht verpflichtet sei, soweit und solange kein wirksamer Einspeisungsvertrag zwischen den Parteien besteht, erstrebt sie die Klärung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit nach § 33 LMG und § 52 b RStV, ob sie ihrer gesetzlichen Pflicht noch nachkommen muss, wenn der Beklagte nichts (mehr) bezahlt. Die Klärung dieser öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit der Klägerin ist aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen (so zutreffend LG Mannheim B. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart - B 45 = VI 861 bis 863; dort Verweisung an das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Verfahrensabtrennung insoweit). Soweit die Klägerin auf den Hinweis des Senats darauf und seine geplante Verfahrensbehandlung in Übereinstimmung mit der Vorgehensweise des Landgerichts Mannheim entgegengehalten hat, dass dieser Antrag dem im Verfahren BGH GRUR 1996, 808 - Pay-TV-Durchleitung entspreche und der BGH dort solche Rechtswegbedenken nicht gehegt habe, trägt dieser Einwand nicht. Zwar ist richtig, dass der dortige Antrag (BGH a.a.O. [juris Tz. 3 i.V.m. 11] - Pay-TV-Durchleitung) dem hiesigen gleichgerichtet war. Dort ging es jedoch ausschließlich um eine von kartellrechtlichen Fragen bestimmte Auseinandersetzung zwischen einer Kabelnetzbetreiberin und einem Pay-TV-Unternehmen, der unentgeltlich einspeisen wollte. Da in den Landesmediengesetzen die Richtlinie 2002/22/EG denknotwendig erst nach dieser BGH-Entscheidung vom 19.03.1996 umgesetzt worden ist, der damals gültigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages vom 31.08,1991 keine Must-Carry-Regelung zu entnehmen ist (vgl. § 35 Abs. 2 RStV [1991], folglich auch keine Bestimmungen über Einspeiseentgeltpflichten [vgl. BGH a.a.O. [Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung) und sich anderes auch nicht aus dem Landesmedienrecht ergab, kann aus jenem BGH-Urteil, das sich nicht zur öffentlich-rechtlich begründeten Pflichtigkeit eines Kabelnetzbetreibers unter dem sog. Kabelbelegungsregime verhalten konnte, auch nichts abgeleitet werden in Bezug auf die Rechtswegeinordnung der Übertragungspflicht der Klägerin als ihr eigenständig gesetzlich auferlegte Last. Diese Frage konnte sich erst nach jener BGH-Entscheidung stellen und ist nun wie befunden zu beantworten. Der Antrag findet sein Rechtsschutzinteresse und möglicherweise seine dann abweichend zu beurteilende Einordnung hinsichtlich der Rechtswegzuständigkeit nicht darin, dass sich der Beklagte eines Anspruchs auf unentgeltliche Einspeisung und Verbreitung seiner Programmsignale durch die Klägerin berühmt hätte. Dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur ergänzend (so schon etwa V 526) noch einmal bekräftigt. Soweit die Klägerin insoweit Bezug genommen hat auf Verlautbarungen des M. in Person der Intendantin ... und des W. ... (IV 368 und der dazu in Bezug genommenen Anlagen [etwa K 39]), welche dem Beklagten zugerechnet werden mögen, wird dort die Signalaufnahme- und Verbreitungspflicht der Klägerin als bloßer gedanklicher Reflex einer bewertenden Betrachtung der tatsächlich aufeinander bezogenen Systeme dargestellt. Die Intendantin fordert denn auch nicht die Klägerin zur unentgeltlichen Leistung auf, sondern äußert gegenüber den dortigen Adressaten ihres Schreibens, den Landesmedienanstalten, die Bitte um die Durchsetzung der Must-Carry-Regeln (K 39 S. 5).bb)
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Entscheidung des Senates über diese Frage mit dem ergänzenden Verweis auf § 17 Abs. 2 GVG einfordert, ist ihr im Ausgangspunkt zuzugeben, dass durch diese Norm grundsätzlich eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz eröffnet ist (etwa Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 17 GVG, 5). Dies gilt allerdings nur für einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Werden im Wege der Klagehäufung mehrere selbstständige Ansprüche gemeinsam geltend gemacht, so muss die Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs für jeden Anspruch getrennt geprüft werden und ggf. eine Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO erfolgen; andernfalls wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet (BGH NJW 1998, 826, 828; OLG München NJW-RR 2011, 1002 [juris Tz. 5]; Lückemann a.a.O. § 17, 6; Wittschier in Musielak, ZPO, 10. Aufl. [2013], § 17 GVG, 9; Zimmermann in MünchKomm-ZPO, 4. Aufl. [2013], § 17 GVG, 13).cc)
Der Senat ist danach nicht zur Entscheidung über diese ihm im Wege objektiver Klagehäufung mit vorgelegte Frage berufen.
Deshalb hat auch hier die nämliche Verfahrensweise hinsichtlich dieses Hilfsantrages wie beim Landgericht Mannheim zu geschehen.7.
Soweit die Klägerin die Vorlage von Aktenbestandteilen von vor dem Bundeskartellamt geführten Verfahren begehrt, ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte über § 142 ZPO der Klägerin Hilfsmittel zur weiteren Begründung ihrer Position verschaffen soll. Dies wird von der Funktion des § 142 ZPO nicht gedeckt (BGH NZM 2013, 126 [Tz. 10]; B. v. 21.01.2010 - VI ZR 162/09 [Tz. 2]). Im Übrigen würde auf diese Weise auch das dem Bundeskartellamt in seinem Verfahren zustehende Recht, über ein dort anzubringendes Akteneinsichtsgesuch selbst zu entscheiden, auf diese Weise unterlaufen.II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, da diese Frage nicht nur in Bezug auf den Beklagten, sondern auch die übrigen Beteiligten der Gegenpartei des Einspeisungsvertrages 2008 der grundsätzlichen und damit höchstrichterlichen Klärung harrt (vgl. etwa BGH WM 2013, 45 [Tz. 2]; BGH B. v. 12.09.2012 - IV ZR 189/11 [Tz. 6])
Hinsichtlich der Wertbemessung folgt der Senat ebenfalls der landgerichtlichen Festsetzung, welche auf einer Wertvorgabe der Klägerin beruht (I 2, 13, 50), die keinen Widerspruch erfahren hat und mit der reinen Jahresbetrachtung (arg. § 41 Abs. 1 S.1 GKG) auch Gefolgschaft verdient.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 21.11.2013
Az: 2 U 46/13
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