Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 231/00
(BPatG: Beschluss v. 07.02.2001, Az.: 32 W (pat) 231/00)
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die unter der Nr 395 32 866 am 12. September 1995 eingetragene Wortmarke Carvergeschützt für Skierist Löschungsantrag gestellt worden, dem die Antragsgegnerin fristgerecht widersprochen hat.
Mit Beschluß vom 27. Juni 2000 hat die Markenabteilung 3.4. die Löschung der Marke angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, sowohl im Zeitpunkt der Eintragung als auch der Entscheidung habe ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG an der Bezeichnung "Carver" bestanden. Der "Carverski" sei ein spezieller Ski, bei dem aufgrund seiner Verschlankung ein leichtes Aufkanten genüge, um Kurven auszufahren und zu schneiden. Da man auf der Kante stehend beschleunige, müsse der Ski tailliert sein. In der Bedeutung "carver" liege der beschreibende Hinweis darauf, daß mit den so bezeichneten Skiern die Kurven "geschnitten" werden könnten. Das Markenwort sei bereits vor der Eintragung als einschlägiger Fachbegriff bekannt gewesen. Aus den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen ergebe sich, daß "Carver" bereits 1994 in Fachkreisen - zunächst für Snowboards - ein gängiger Ausdruck für die entsprechenden Wintersportgeräte gewesen sei. Für die betroffenen Verkehrskreise sei erkennbar gewesen, daß dieser beschreibende Begriff bald auch für Skier eingesetzt werde. Die sprachübliche Entwicklung bei Skiern und Snowboards sei regelmäßig eng miteinander verknüpft. Es sei bereits vor der Eintragung der Marke naheliegend gewesen, "Carver" über kurz oder lang auch für "Skier" zu verwenden.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Sie macht geltend, das Freihaltungsbedürfnis habe im Zeitpunkt der Eintragung für Skier bestehen müssen, so daß ähnliche Waren wie Snowboards für die Feststellung des Freihaltungsbedürfnisses hätten außer Betracht bleiben müssen. Die Bezeichnung "Carver" im Sinne von "Kurven, Tranchiermesser, Bildhauer" sei mehrdeutig und deshalb nicht zur Beschreibung für Skier geeignet. Zudem sei es auch bis heute nicht üblich, Snowboards als "Carver" zu bezeichnen. Bestenfalls würden Snowboardfahrer und nicht Snowboards als "Carver" bezeichnet. Dies gelte auch bis heute für Skier. Ein Freihaltungsbedürfnis sei auch deshalb zweifelhaft, weil die beteiligten Verkehrskreise die Eintragung über Jahre hinweg widerspruchslos hingenommen hätten.
Sie beantragt, den Beschluß der Markenabteilung vom 27. Juni 2000 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, im Jahre 1994 sei zumindest die Bezeichnung "Carve" bereits bekannt gewesen. Bei der Ispo 96 sei der Carverski bereits ein wichtiges Thema gewesen. Hierbei habe es sich nicht um eine plötzliche Entwicklung zum Sachbegriff gehandelt, sondern eine derartige Verwendung sei bereits im Jahre 1994 vor der Eintragung vorhersehbar gewesen. Deshalb habe im Zeitpunkt der Eintragung im Jahre 1995 zumindest ein künftiges Freihaltungsbedürfnis an der Bezeichnung "Carver" bestanden.
Die Antragsgegnerin schränkt das Warenverzeichnis hilfsweise auf "Skier, nämlich Langlauf-Skier" ein.
II.
Die nach § 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet, da die Markenabteilung zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat.
Die Marke "Carver" ist nach § 50 Abs 1 Nr 3, Abs 2 MarkenG zu löschen, da sie entgegen § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG trotz Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses eingetragen worden ist und das Eintragungshindernis auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können (vgl BGH GRUR 2000, 882 "Bücher für eine bessere Welt"). Für fremdsprachige Bezeichnungen gilt dies nur insoweit, als die beschreibende Bedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird oder die Mitbewerber den fraglichen Begriff im Inland oder beim Ex- und Import benötigen (Althammer/ Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 131; BGH GRUR 1994, 370, 371 "Rigidite III"). Diese Voraussetzungen sind zumindest insoweit erfüllt, als die Bezeichnung "Carver" im Zeitpunkt der Eintragung bereits ohne weiteres in seiner Bedeutung erkennbar war.
Die Bezeichnung "Carver" ist bereits seit Anfang der 90er-Jahre in den angesprochenen Verkehrskreisen durch entsprechende Veröffentlichungen über Snowboards bekannt geworden, wie die Antragstellerin unter Hinweis auf die den Löschungsantrag beigefügten Anlagen nachgewiesen hat. Diese Verkehrskreise sind nicht auf Snowboarder einzugrenzen, sondern umfassen auch Skifahrer, die bereits vor der Eintragung im Jahre 1995 ebenfalls zu den interessierten Verkehrskreisen gehörten. Denn eine Vielzahl von Skifahrern ist - wie dem Senat bekannt ist - insbesondere Anfang der 90er-Jahre dazu übergegangen, Snowboard zu fahren. Dementsprechend hat sich eine große Zahl von Skifahrern mit der Frage befaßt, ein Snowboard zu erwerben. Deshalb waren vielen Skifahrern die Veröffentlichungen bekannt, aus denen sich Bezeichnungen wie "carven" als Hinweis auf Snowboards ergaben, mit denen Kurven gezogen werden konnten. Darüber hinaus ergibt sich aus dem von der Antragstellerin eingereichten Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. Dezember 1994, daß Begriffe wie "carving" und "carven" bereits zu dieser Zeit in Verbindung mit Skiern verwendet wurden. Zudem enthält das "Ski Magazin" vom Mai 1994 einen Hinweis auf Ski, die "genausogut Carve heißen" könnten.
Damit können keine Zweifel daran bestehen, daß die an "Ski" interessierten Verkehrskreise bereits im Zeitpunkt der Eintragung am 12. September 1995 in der Lage waren, die Bedeutung von "Carver" als Hinweis auf eine verbesserte Kurventechnik der Sportgeräte zu verstehen. Diese Bedeutung stand für den Verkehr in Verbindung mit "Ski" auch im Vordergrund, mag "Carver" auch noch andere Bedeutungen wie "Tranchiermesser, Bildhauer" haben. Zudem ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin unbeachtlich, daß "Carver" im ursprünglichen Sinne eine personenbezogene Bedeutung hat und im eigentlichen Sinne den Skifahrer bezeichnet, der die Kurven fährt. Denn in der Wintersportbranche ist es üblich, Eigenschaften des Wintersportgeräts zu personalisieren, so daß der Ski zB "Gleiter" oder "Rider" (vgl S 2 der Anlage 7 zur Löschungsantragsschrift, "Ski Magazin" vom Februar 1995) genannt wird.
War mithin die Bezeichnung "Carver" im Zeitpunkt ihrer Eintragung im Jahre 1995 auch in Verbindung mit Skiern als Sachhinweis auf eine verbesserte Kurventechnik ohne weiteres erkennbar, eignete sich das Markenwort schon damals zur beschreibenden Verwendung. Deshalb war eine Eintragung im Jahre 1995 nicht mehr zulässig, ohne daß es darauf ankäme, ob "Carver" bereits in diesem Sinne verwendet wurde (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"). Dieses Freihaltungsbedürfnis, das bereits der Eintragung im Jahre 1995 entgegenstand, besteht auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag fort, was letztlich auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt hat (vgl auch "ski" Winter 2000/01, S 10).
Dem mithin begründeten Löschungsantrag steht nicht ein Besitzstand der Antragsgegnerin entgegen. Soweit sie sich darauf beruft, Wettbewerber hätten längere Zeit die Marke widerspruchslos hingenommen und sich insoweit auf die Entscheidung BGH GRUR 1965; 146 "Rippenstreckmetall II" beruft, ist dieser Einwand nach Einführung der Löschungsfristen des § 50 Abs 2 MarkenG unbeachtlich. Der Gesetzgeber hat bewußt die Frist von 10 Jahren eingeführt, während der ein Markeninhaber es hinzunehmen hat, daß trotz eines möglicherweise erlangten Besitzstandes seine Marke noch gelöscht werden darf.
Schließlich vermag die von der Antragsgegnerin hilfsweise angebotene Einschränkung des Warenverzeichnisses auf "Skier, nämlich Langlauf-Skier" nichts an der Begründetheit des Löschungsantrags zu ändern. Denn auch in Verbindung mit Langlauf-Skiern ist die angegriffene Bezeichnung geeignet, auf eine verbesserte Kurventechnik hinzuweisen. Mögen Langlauf-Skier in erster Linie dazu dienen, auf flachen Loipen zu fahren, müssen diese Wintersportgeräte jedoch auch geeignet sein, auf abschüssigen Pisten ein Kurvenfahren zu ermöglichen. Deshalb haben die Mitbewerber der Antragsgegnerin auch hinsichtlich Langlauf-Skiern ein Interesse daran, durch "Carver" darauf hinweisen zu können, daß die Langlaufskier auf abschüssigen Pisten ein besseres Kurvenfahren ermöglichen.
Nach alledem hat die Markenabteilung zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, so daß die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen war.
Eine Kostenauferlegung ist nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern (§ 83 Abs 2 MarkenG). Vielmehr liegt der Schwerpunkt der Entscheidung im tatsächlichen Bereich. Insbesondere kam es nicht auf die Rechtsfrage an, ob im Löschungsverfahren zum Nachweis des Bestehens eines zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses Belege verwendet werden dürfen, die nach dem Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke veröffentlicht wordensind. Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, daß die Eignung zur beschreibenden Verwendung aus Belegen herzuleiten ist, die vor dem Zeitpunkt der Eintragung im September 1995 veröffentlicht worden sind.
Dr. Fuchs-Wissemann Richter Sekretaruk befindet sich auf Dienstreise und kann daher nicht unterschreiben.
Dr. Fuchs-Wissemann Klantebr/Fa
BPatG:
Beschluss v. 07.02.2001
Az: 32 W (pat) 231/00
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