Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 19. Mai 2011
Aktenzeichen: 6 U 458/11
(OLG München: Beschluss v. 19.05.2011, Az.: 6 U 458/11)
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 30. Dezember 2010, Az. 1 HK O 7394/10, wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 15.000.- festgesetzt.
Gründe
1. Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil des Landgerichts München I vom 30 Dezember 2010, Az. 1 HK O 7394/10, auf das Bezug genommen wird, beruht nicht auf einer Rechtsverletzung; die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Senatsentscheidung durch Urteil, § 522 Abs. 2 ZPO.
Zur Begründung nimmt der Senat in vollem Umfang auf seinen Hinweisbeschluss vom 28. April 2011 Bezug. Die hiergegen gerichtete Stellungnahme des Beklagten vom 16. Mai 2011, die eine Auseinandersetzung mit den vom Senat angeführten Erwägungen nicht erkennen lässt, sondern sich weitgehend im Festhalten an einer abweichenden Rechtsauffassung - zudem unter anhaltender Zugrundelegung eines mit dem Akteninhalt nicht in Einklang stehenden Verfahrensverlaufs - erschöpft, ist nicht geeignet, eine abweichende Beurteilung zu begründen:
a. Wenn die Beklagte unter Ziffer I. ihres Schriftsatzes vom 16. Mai 2011 erneut moniert, der Kläger habe zwei einander ausschließende Klageanträge auf ein und denselben Lebenssachverhalt gestützt, lässt sie nach wie vor den Umstand einer Klageerweiterung, wie sie in dem klägerischen Schriftsatz vom 23. August 2010 vorgenommen wurde, außer Acht. Der Senat hat hierzu unter Ziffer 1.b. seines Hinweisbeschlusses Stellung genommen. Auf diese Ausführungen ist zu verweisen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, nicht erkannt zu haben, dass es sich bei dem Anruf vom 20. Mai 2010 bei Herrn K... um einen bis dato nicht in das Verfahren eingeführten Lebenssachverhalt handelte und eine Hinweispflicht konstatiert, gegen welche das Erstgericht verstoßen habe, ist diese Auffassung mit § 139 Abs. 2, Abs. 3 ZPO nicht vereinbar. Denn es bleibt unerfindlich, an Hand welcher Umstände das Landgericht hätte erkennen können, dass die Beklagte diesen neuen Sachvortrag übersieht oder für unerheblich hält (§ 139 Abs. 2 ZPO), zumal der Vorfall K... schon in der Verfügung vom 24. August 2010 (Bl. 34 d.A.) ausdrücklich als "neu" bezeichnet worden war. Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 3 ZPO lagen nach der - zutreffenden - Rechtsansicht des Erstgerichts ohnehin nicht vor, hat es doch die Klageanträge zu Recht als hinreichend bestimmt erachtet.
b. Die Ausführungen unter Ziffer II. der Stellungnahme der Beklagten sind ebenfalls nicht geeignet, eine ihr günstigere Rechtsauffassung zu begründen. Wie bereits in dem Hinweisbeschluss vom 28. April 2011, dort Ziffer 1.c., ausgeführt, hat es die Beklagte auch in der Berufungsbegründung verabsäumt, das Ergebnis "weiterer Nachforschungen" zur fehlenden Verbrauchereigenschaft des Herrn K... mitzuteilen und entsprechende Beweise anzubieten. Im Übrigen ist anzumerken, dass die Beklagte aufgrund der Verfügung des Landgerichts vom 24. August 2010 ohnehin kein Vertrauen dahingehend entwickeln konnte, dass mit einer (wenigstens teilweisen) Klageabweisung zu rechnen sei; denn dort ist im Gegenteil ausgeführt, dass die Klage begründet sein dürfte.
c. Soweit die Beklagte unter Ziffer-III. ihrer Stellungnahme der materiell-rechtlichen Beurteilung der streitgegenständlichen Telefonwerbung als Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 UWG unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes GRUR 2004, 520 - Telefonwerbung für Zusatzeintrag entgegentritt, bleibt dies ebenfalls erfolglos. Wie in der (beklagtenseits ebenfalls zitierten) Entscheidung GRUR 2008, 189 - Suchmaschineneintrag ausgeführt, beruhte die damalige Beurteilung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, die es erlaubten, ein erhebliches Interesse des Angerufenen an dem konkreten Angebot (kostenpflichtiger Zusatzeintrag in den bekannten "Gelben Seiten", der von Gewerbetreibenden erfahrungsgemäß häufig zur werblichen Eigendarstellung genutzt wird), anzunehmen. Solche Besonderheiten liegen im Streitfall nicht vor. Es hat deshalb bei den in der Entscheidung "Suchmaschineneintrag" formulierten Grundsätzen, wonach der kostenlose Eintrag eines Gewerbetreibenden im Verzeichnis einer beliebigen Internetsuchmaschine nicht einmal die Annahme rechtfertigt, der Gewerbetreibende werde mit einem Anruf zur Überprüfung des über ihn gespeicherten Datenbestands einverstanden sein, wenn der telefonische Weg gewählt wurde, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung zu unterbreiten, sein Bewenden: Ein Einverständnis i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 UWG ist erst Recht nicht anzunehmen, wenn die telefonische Kommunikation ohne jeglichen vorherigen Geschäftskontakt ausschließlich dem Zweck eines entgeltlichen Angebots dient. Die weiter angeführte Entscheidung BGH GRUR 2010, 939 - Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel ist mit der im Streitfall zu judizierenden Konstellation bereits deshalb nicht vergleichbar, weil dort zum einen zwischen Anrufendem und Angerufenem eine vorbestehende Verbindung existierte und im Übrigen nicht - wie im Streitfall - die Werbung für eine entgeltliche Leistung, sondern die Information über eine Veränderung in dieser Verbindung, nämlich ein Wechsel des Arbeitgebers des Anrufenden, im Vordergrund stand, so dass ein konkreter Anhalt dafür bestand, die Auskünfte seien für den Adressaten von Belang. Ergänzend ist zu diesem Punkt auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer 1.d. seines Hinweisbeschlusses vom 28. April 2011 zu verweisen: Ein "objektiv mutmaßliches Interesse" Herrn F... "an der Senkung der Lohnnebenkosten seiner Mitarbeiter" ist - schon im Hinblick darauf, dass der Angerufene keinerlei Mitarbeiter beschäftigt - nach wie vor nicht ersichtlich.
2. Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Bemessung des Streitwerts entspricht § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
OLG München:
Beschluss v. 19.05.2011
Az: 6 U 458/11
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