Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 100/01

(BPatG: Beschluss v. 17.12.2002, Az.: 24 W (pat) 100/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. November 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarkeopenshopist ursprünglich für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 9: Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Computer-Peripheriegeräte, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Bildern und Tönen, Magnetaufzeichnungsträger, Datenträger, Rechenmaschinen, elektronische und elektrotechnische Apparate und Instrumente, Computerprogramme und -software (soweit in Klasse 9 enthalten);

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und das Internet, Softwareentwicklung und -pflege, Aktualisierung von Software, Entwicklung und Einrichtung von Datenbanken, Entwicklung von internetgestützten Einkaufssystemen, Beratung bei der Zusammenstellung von EDV-Anlagen, Wartung und Fernwartung von EDV-Anlagen"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angemeldete Marke stelle in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende, freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe dar (§§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG). Das angemeldete Markenwort "openshop" bezeichne eine bestimmte Betriebsart für die Systemprogrammierung, bei der im Unterschied zum sog "Closed-Shop-Betrieb" mehrere Programmierer zugelassen seien und bei der nicht zwischen Programmierung und Maschinenbedienung unterschieden werde. Die Marke weise damit auf die Bestimmung und das Einsatzgebiet der Waren und Dienstleistungen hin. Sie sei deshalb den Mitbewerbern der Anmelderin zur freien Verwendung offenzuhalten. Außerdem würden die hier angesprochenen Verkehrskreise, die den begrifflichen Inhalt des Markenwortes ohne weiteres erkennen würden, darin lediglich einen Sachhinweis sehen, nicht hingegen einen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie macht im wesentlichen geltend, daß die von der Markenstelle zitierte Fundstelle einem Artikel in der Computerzeitschrift "Computerwoche" aus dem Jahr 1976 entstamme und es sich bei "openshop-Betrieb" und "closedshop-Betrieb" um Begriffe im Zusammenhang mit den Betriebsarten bzw der administrativen Organisationsform von Rechenzentren handle, die dem damaligen Stand der Technik entsprächen. Mit der rasant fortschreitenden Entwicklung im Bereich der Informationstechnologie und der gegenwärtigen Vernetzung von Computersystemen sei die Diskussion um diese Betriebsarten eines Rechenzentrums jedoch obsolet geworden, so daß der für dieses enge Fachgebiet lexikalisch nachweisbare Fachbegriff "open shop" keine Relevanz mehr habe. An der Bezeichnung bestehe daher weder ein aktuelles noch ein künftiges Freihaltebedürfnis. Der angemeldeten Marke fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft, da den angesprochenen breiten Verkehrskreisen der in den 70er Jahren von Fachkreisen im Zusammenhang mit der administrativen Führung eines Rechenzentrums diskutierte Begriff "open shop" nicht mehr geläufig sei. Soweit der Senat in der mündlichen Verhandlung auf die allgemeine Bedeutung "geöffnetes Geschäft" von "openshop" hingewiesen habe, die im Bereich des elektronischen Handels freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig sein könne, werde der Schutz nicht mehr für Waren und Dienstleistungen beansprucht, die geeignet und bestimmt seien, den Betrieb eines derartigen geöffneten Ladengeschäftes für den Verkauf von Waren zu ermöglichen.

Die Anmelderin schränkt insoweit das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Marke wie folgt ein:

"Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Bildern und Tönen, Magnetaufzeichnungsträger, Datenträger, elektronische und elektrotechnische Apparate und Instrumente."

Sie beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen in der jetzt geltenden Fassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen die Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 u 2 MarkenG nicht mehr entgegen.

Nach der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung sowie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke nicht vor. Keine dem Markenwort "openshop" innewohnende Bedeutung vermag die nach der erfolgten Einschränkung im Verzeichnis der Anmeldung verbleibenden Waren der Klasse 9 unmittelbar und eindeutig hinsichtlich ihrer Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale zu beschreiben.

Bei der von der Markenstelle zugrundegelegten Bedeutung im Sinn eines offenen, dh jedem zugänglichen Rechenzentrumsbetrieb (vgl ua Prof. Dr. Hans-Jochen Schneider, Lexikon Informatik und Datenverarbeitung, 4. Aufl 1998, S 595; Peter Winkler, M + T Computerlexikon, Ausg 2000, S 555; Hans Herbert Schulze, Computer-Englisch, 2002, S 236), kann dahinstehen, ob "open shop" insoweit als Fachbegriff durch die technische Entwicklung obsolet geworden ist. Denn selbst wenn es sich um einen (noch) gebräuchlichen Fachterminus handelt, fehlt es an einem unmittelbar beschreibenden Bezug zu den in Rede stehenden Waren. "Open shop" ist in dem genannten Sinn ein auf das Teilgebiet des "Betriebes von Rechensystemen bzw Rechenzentren" beschränkter Fachbegriff (vgl aaO). Bei den fraglichen Waren aber kann es sich weder um Rechensysteme oder -zentren noch um deren wesensbestimmende Bestandteile handeln, so daß die Marke nicht zur Bezeichnung ihrer Betriebsart im "Open Shop Betrieb" dienen kann. Zu berücksichtigen ist außerdem, daß der Betrieb eines Rechenzentrums im Open- oder Closed-Shop-Betrieb in erster Linie eine Frage der Programmierung, also der Software ist. Auch soweit die verbleibenden Waren der Klasse 9, bei denen es sich sämtlich um Hardware-Produkte sowie Datenträger handelt, als Bestandteile von Rechenzentren fungieren können, stellt sich die Bezeichnung "openshop" daher nicht als ernsthafter Hinweis auf deren bestimmungsgemäße Verwendung in Rechenzentren dar, welche im Open-Shop-Betrieb betrieben werden. Denn der Einsatz einzelner Hardwarekomponenten oder Datenträger in einem derart betriebenen Rechenzentrum/-system ist nicht durch objektive Eigenschaften oder Merkmale dieser Produkte bedingt, sondern ergibt sich unabhängig davon durch die Art der System-Programmierung und -Organisation (vgl BGH GRUR 2001, 1046, 1047 "GENESCAN").

Entsprechendes gilt, soweit sich eine Verwendung des Begriffs "Open Shop" in Zusammenhang mit Software für E-Commerce-Anwendungen zum Hinweis auf einen offenen Benutzerkreis - im Gegensatz zu einem geschlossenen, beschränkten Benutzerkreis - belegen läßt (vgl die der Anmelderin vom Senat mit Bescheid vom 7. November 2002 übersandte Internet-Recherche), da hiermit ebenfalls nur ein Merkmal der Software bzw der Programmierung, nicht aber Eigenschaften, Merkmale oder eine spezielle Bestimmung der für die E-Commerce-Anwendungen eingesetzten Hardwarebestandteile und Datenträger bezeichnet werden.

Schließlich ist der Wortzusammensetzung "openshop" auch in der sich aus ihrer direkten Übersetzung ergebenden Bedeutung "offener(s) Laden(geschäft)" (vgl Dieter Hamblock/Dieter Wessels, Großwörterbuch Wirtschaftsenglisch, Engl/Dt, 1998, S 1306) keine produktbeschreibende Aussage zu entnehmen, nachdem die Anmelderin auf diejenigen Waren und Dienstleistungen, insbesondere die Dienstleistungen der Klasse 42, verzichtet hat, für die insofern ein beschreibender Bezug in Betracht käme.

Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die noch fraglichen Waren mithin kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl ua BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2001, 1043, 1044 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"), fehlt ihr außerdem nicht die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 17.12.2002
Az: 24 W (pat) 100/01


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