Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 29. September 2010
Aktenzeichen: 12 O 235/09

(LG Düsseldorf: Urteil v. 29.09.2010, Az.: 12 O 235/09)

Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 13.045,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2008 abzüglich am 12.05.2009 gezahlter 902,99 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Zahlungsansprüche aufgrund einer Nutzung von Musikstücken im Rahmen des Xstraßenfestes 2007 vom 25.08.2007 -26.08.2007 in X geltend.

Die Klägerin ist die X. Sie verwaltet durch Berechtigungsverträge mit Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern sowie durch Gegenseitigkeitsverträge mit ausländischen Verwertungsgesellschaften ein weltumfassendes Repertoire. Ihr wurden zudem von den inländischen Verwertungsgesellschaften Wort, Bild-Kunst, GÜFA, VGF, GWFF sowie GVL Ermächtigungen zur Einziehung von Ansprüchen im eigenen Namen und für eigene Rechnung erteilt. Bezüglich der Vergütungsansprüche für die Nutzung von Urheberrechten haben diese Gesellschaften keine eigenen Tarife aufgestellt. Die Klägerin hat für die unterschiedlichen Arten von Nutzungen Tarife aufgestellt, die im Bundesanzeiger allgemein veröffentlicht und zugänglich sind.

Der Beklagte zu 1) holte die straßenrechtliche Genehmigung für die Durchführung des Xstraßenfestes bei der Stadt X ein. Zudem warb er selbst für das Fest und brachte eigene Ideen ein.

Die Beklagte zu 2) war für die Aufführungen auf insgesamt vier von sieben Bühnen verantwortlich (Bühne 2: 850 qm; Bühne 3: 400 qm; Bühne 5: 400 qm; Bühne 7: 850 qm). Einen Tag vor Beginn des Festes meldete sie per Fax die Musik auf diesen Bühnen bei der Klägerin an. Eine Rechnung für die Musikwiedergabe auf dem Xstraßenfest 2007 erhielt die Beklagte zu 2) von der Klägerin nicht.

Die Klägerin stellte dem Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 26.10.2007 wegen der Musikwiedergabe auf dem Xstraßenfest 2007 einen Betrag von insgesamt 8.042,44 Euro in Rechnung. Dabei legte sie ihrer Berechnung den Tarif U-VK I zugrunde. Der Beklagte zu 1) nahm auf diese Rechnung keine Zahlung an die Klägerin vor.

Die Beklagte zu 2) zahlte auf Grundlage einer von ihr unter dem 08.05.2009 erstellten Aufstellung am 12.05.2009 einen Betrag von 902,99 Euro an die Klägerin.

Die in dieser Sache angerufene Schiedsstelle hielt mit Einigungsvorschlag vom 11.06.2008, gegen den die Klägerin und die Beklagte zu 2) Widerspruch einlegten, die Anwendung des Tarifs U-VK I auf Grundlage der gesamten bei der Veranstaltung genutzten Fläche für angemessen. Auf den Antrag der Klägerin an die Schiedsstelle erwiderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2) am 08.04.2008 und der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) am 02.05.2008.

Am 27.01.2005 schlossen der Beklagte zu 1) und die X eine Vereinbarung dergestalt, dass der Beklagte zu 1) die Durchführung und Organisation des Xstraßenfestes 2005 auf diese übertrug. Zudem wurde eine Option zur Durchführung des streitgegenständlichen Straßenfestes eingeräumt, sofern keine Kündigung bis zum 31.07.2006 erfolgt. In dieser Vereinbarung wird die Beklagte zu 2) als Partneragentur der X bezeichnet.

Unter Punkt 13. wurde vereinbart:

"Die GEMA-Gebühren für die unter 12.1 eingesetzten Programmpunkte [drei Bühnen] werden von X oder ihrer Partneragentur X übernommen.

Die GEMA-Gebühren für die unter 12.2 eingesetzten Programmpunkte müssen von dem jeweiligen Veranstalter übernommen werden.

Sollte die X an den X herantreten, wird dieser X davon umgehend in Kenntnis setzen, damit in gemeinsamer Abstimmung an die jeweils zuständigen Musikveranstalter verwiesen werden kann. Der X wird keinerlei eigene Verhandlungen mit X führen, sofern er nicht als einzelner Programmveranstalter aufgetreten ist. Bei einem Verstoß gegen diese Vereinbarung haftet der Verursacher gegebenenfalls für die Zahlung der Lizenzgebühren."

Die Klägerin ist der Auffassung, dass beide Beklagten als (Mit-)Veranstalter haften, jedenfalls aber aus unerlaubter Handlung, da sie jeweils Handlungen vorgenommen haben, die kausal für eine unberechtigte Musiknutzung auf dem Fest gewesen seien und die Beklagten insoweit sie treffende Prüfpflichten verletzt hätten.

Die Klägerin behauptet, die Gesamtveranstaltungsfläche beliefe sich auf 27.171 qm und bezieht sich insoweit auf die Aufzeichnungen der Kontrolleurin X.

Sie behauptet weiter, die Beklagte zu 2) habe das Fest für den Beklagten zu 1) durchgeführt.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Tarif U-VK I sei ohne Abzug anwendbar.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 14.349,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2008 abzüglich am 12.05.2009 gezahlter 902,99 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten die Größe der Gesamtveranstaltungsfläche und behaupten wechselseitig, der jeweils andere Beklagte sei Veranstalter des Xstraßenfestes 2007 gewesen. Auch seien nur die tatsächlich beschallten Flächen maßgeblich.

Der Beklagte zu 1) behauptet, er habe in Bezug auf das Xstraßenfest 2007, auch beim Einholen der straßenrechtlichen Genehmigung, ausschließlich für die Beklagte zu 2) gehandelt.

Zudem wirke die Vereinbarung zwischen ihr und der X auch für die Beklagte zu 2), da es sich insoweit um Partneragenturen handele. Aufgrund dieser Vereinbarung sei allein die Beklagte zu 2) zur Zahlung verpflichtet.

Darüber hinaus hält die Beklagte zu 2) den von der Klägerin in Ansatz gebrachten Tarif für nicht angemessen.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, der Kontrollzuschlag könne nicht mehr gefordert werden, da er mit der Rechnung vom 26.10.2007 auch nicht gefordert wurde und die Klägerin daher von einer erlaubten Veranstaltung ausging.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 13.045,20 € gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu.

Nach § 97 Abs. 2 UrhG macht sich schadensersatzpflichtig, wer das Urheberrecht eines anderen widerrechtlich und schuldhaft verletzt.

Dabei gilt die sog. GEMA-Vermutung, wonach angesichts des umfassenden In- und Auslandsrepertoires der Klägerin eine tatsächliche Vermutung dahingehend besteht, dass bei einer entsprechenden Nutzung in ihre Rechte eingegriffen wurde. Die Vermutung erstreckt sich zudem darauf, dass die genutzten Werke urheberrechtlich geschützt sind (BGHZ 95, 274, 276 und BGHZ 95, 285, 288 - GEMA-Vermutung I und II). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht erschüttert.

Unstreitig ist, dass auf dem streitgegenständlichen Straßenfest Musikstücke öffentlich zu Gehör gebracht wurden. Daher ist davon auszugehen, dass in die Nutzungsrechte der Klägerin eingegriffen wurde.

Der Eingriff war auch widerrechtlich, da eine entsprechende Erlaubnis nicht vorlag. Allein die Anmeldung der Veranstaltung ersetzt die erforderliche Erlaubnis nicht.

Die Beklagten handelten zumindest fahrlässig im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB, da ihnen bekannt war bzw. ihnen hätte bekannt sein müssen, dass entsprechende Musiknutzungen erlaubnispflichtig sind und sie dennoch eine Erlaubnis der Klägerin nicht eingeholt haben.

Die Beklagten sind als Veranstalter passivlegitimiert. Passivlegitimiert ist, wer ein fremdes Urheberrecht verletzt. Das ist jeder, der die Rechtsverletzung als Täter entweder selbst adäquat kausal begeht oder daran als Teilnehmer beteiligt ist (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 97 Rn. 23), wie auch der Veranstalter einer verletzenden Aufführung. Veranstalter ist derjenige, der in organisatorischer und finanzieller Hinsicht verantwortlich ist (BGH, GRUR 1972, 141, 142 - Konzertveranstalter). Ausschlaggebend ist auch, dass der Veranstalter einen maßgebenden Einfluss auf die Programmgestaltung hat (BGH, GRUR 1959, 150 - Musikbox-Aufsteller).

Der Beklagte zu 1) holte die straßenrechtliche Genehmigung für die Durchführung des Xstraßenfestes bei der Stadt X ein. Zudem warb er selbst für das Fest und brachte eigene Ideen ein. Auch wurden ihm die Vorteile der Veranstaltung zuteil. Er hatte ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung und dem Erfolg der Veranstaltung.

Die Beklagte zu 2) war für die Aufführungen auf insgesamt vier von sieben Bühnen verantwortlich (Bühne 2: 850 qm; Bühne 3: 400 qm; Bühne 5: 400 qm; Bühne 7: 850 qm). Einen Tag vor Beginn des Festes meldete sie per Fax die Musik auf diesen Bühnen bei der Klägerin an.

Damit nahm sie von mehreren Bühnen die Beschallung des Festes vor und führte in Bezug hierauf auch die Veranstaltung durch. Zu beachten ist dabei, dass die Besucher und Passanten im Rahmen der Gesamtveranstaltung fluktuieren und auch zwischen den Bühnen pendeln, so dass eine größere Verbreitung der Musik stattfindet, als dies bei einer Einzelveranstaltung vor einer Bühne der Fall wäre. Diesen Vorteil muss sich die Beklagte zu 2) anrechnen lassen.

Aufgrund der Charakteristik eines Straßenfestes ist von einer Gesamtveranstaltung und somit von einer Einheit auszugehen, für die sowohl der Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) als Veranstalter anzusehen sind.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Beklagten zu 1) vorgelegten Vereinbarung zwischen ihm und der X. Zwar übertrug der Beklagte zu 1) in dieser Vereinbarung die Durchführung und Organisation des Xstraßenfestes auf die X. Doch selbst wenn diese Vereinbarung auch für die Beklagte zu 2) wirkt, verliert der Beklagte zu 1) dadurch nicht seine Veranstaltereigenschaft. Der Beklagte zu 1) hatte ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung der Veranstaltung. Ihm wurden auch in dieser Vereinbarung weitere Pflichten auferlegt, so die Einholung der behördlichen Genehmigungen. Zudem behielt sich der Beklagte zu 1) eine Beteiligung an den einzelnen Gesprächen, die das Fest betreffen, sowie an der Pressearbeit ausdrücklich vor, womit er als Einladender offensichtlich die "Zügel in der Hand" behalten wollte. Auch sollte der Aufbau der Veranstaltung mit dem Beklagten zu 1) besprochen werden. Des Weiteren erhielt der Beklagte zu 1) von der X ein Honorar in Höhe von 18.500 €, wobei beiden Vertragsparteien ein Rücktrittsrecht eingeräumt wurde, wenn das Fest wirtschaftlich nicht erfolgreich oder quantitativ nicht ausreichend zu realisieren ist.

Zwar wurde vereinbart, dass die GEMA-Gebühren von X oder ihrer Partneragentur, der Beklagten zu 2), bzw. von dem jeweiligen Bühnensponsor übernommen werden sollten. Für den Fall, dass die X an den Beklagten zu 1) herantritt, wurde jedoch vereinbart, dass dieser X davon umgehend in Kenntnis setzen werde, damit in gemeinsamer Abstimmung an die jeweils zuständigen Musikveranstalter verwiesen werden kann. Auch daraus ergibt sich, dass die Beklagten - zumindest im Außenverhältnis - gemeinsam für die streitgegenständliche Veranstaltung verantwortlich waren.

Weder der Umstand, dass der X die Durchführung und Organisation des Festes übertragen wurde, noch die Tatsache, dass X sich zur Zahlung eines Teils der GEMA-Gebühren verpflichtete, vermag etwas an der Verpflichtung des Beklagten zu 1) zu ändern. Die Bezeichnung im Vertrag betrifft allein das Verhältnis der vertragsschließenden Parteien zueinander. Diese Freistellung beinhaltet nur intern die Übernahme der finanziellen Aufwendungen im Falle einer Inanspruchnahme, regelt aber keine externe Handlungsverpflichtung. Diese besteht kraft Gesetzes aus § 13b WahrnG (vgl. OLG Hamburg, GRUR 2001, 832[834] - Tourneeveranstalter).

Zudem ist es in der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt, dass die Eigenschaft als "Veranstalter" nicht nur einer Person bzw. einem Unternehmen allein obliegen kann, sondern dass weitere Organisationen als Mitveranstalter bzw. "Mittäter" daneben ebenfalls verantwortlich sein können (BGH, GRUR 1960, 606, 607 - Eisrevue II; OLG Hamburg, GRUR 2001, 832, 834 - Tourneeveranstalter).

Auch bei dem streitgegenständlichen Straßenfest war es offenbar so, dass die Organisation aufgeteilt wurde.

Eine Aufgabenzergliederung und mehrfach gestufte Zuständigkeiten auf Veranstalterseite können nicht zu Lasten der finanziellen Interessen der von der Klägerin vertretenen Urheber gehen.

Beide Beklagten hatten erkennbar ein eigenes Interesse an der Durchführung der Veranstaltung und nahmen auch auf deren Ablauf und Gestaltung Einfluss. Damit haften die Beklagten gemäß §§ 830, 840 iVm §§ 421 ff. BGB als Gesamtschuldner.

Der Schaden berechnet sich nach der Lizenzanalogie, wonach diejenige Lizenz als geschuldet gilt, die vernünftige Lizenznehmer im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen üblicherweise ausgehandelt hätten.

Die Höhe der geschuldeten angemessenen Lizenzgebühr berechnet sich daher nach den Tarifen der Klägerin, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden; vorliegend nach dem Tarif U-VK I unter Zugrundelegung der Gesamtveranstaltungsfläche.

Der in Rede stehende Tarif U-VK I ist angemessen. Er findet Anwendung auf Einzelaufführungen von Musikern und ist gestaffelt nach der Größe des "Veranstaltungsraumes" und der Höhe des zu entrichtenden Eintrittsgeldes. Aus der Tarifbezeichnung und Struktur ergibt sich, dass der Tarif U-VK I auf Musikaufführungen, die Einzelveranstaltungscharakter haben, entsprechend anwendbar ist. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung handelt es sich um ein planmäßiges, zeitlich begrenztes, aus dem Alltag herausgehobenes Einzelereignis, das aus einem bestimmten Anlass stattfindet. Dieser Tarif kommt seinen Merkmalen nach der im Streitfall vorliegenden Art und Weise und dem Umfang der Nutzung am nächsten (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 10.06.2010, Az: I-4 U 210/09).

Die Vergütungen sind nach dem Tarif U-VK I nach der Gesamtveranstaltungsfläche abzurechnen. Nicht sachgerecht ist es dabei, nur die im engeren Sinne beschallte Fläche vor den Bühnen zugrunde zu legen und partiell auch all die Flächen herauszurechnen, bei denen vermeintlich keine Beschallung mehr erfolgt oder bei denen die Beschallung durch Dritte erfolgt. Dies würde den Besonderheiten eines Straßenfestes nicht gerecht, das sich gerade auch durch wechselnde Besucherströme, die sich nicht nur an einzelnen Bühnen aufhalten, auszeichnet (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 10.06.2010, Az: I-4 U 210/09). Auch gerade diese Besonderheit kommt den Beklagten zugute, da sich das von ihnen angesprochene Publikum aufgrunddessen gegenüber einer Einzelveranstaltung vergrößert.

Zu berechnen ist die Quadratmeterzahl der gesamten Veranstaltungsfläche. Dabei ist die Quadratmeterzahl vom ersten bis zum letzten Stand sowie von Häuserwand zu Häuserwand zu erfassen unter Berücksichtigung der gesamten Straßenfläche einschließlich etwaiger Gehwege.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26.01.2010 nebst den zugehörigen Anlagen, unter anderem einer Planskizze, sowie mit dem von ihr vorgelegten Bericht der Kontrolleurin X, die detaillierte Flächenangaben enthalten, die Flächen der in Rede stehenden Veranstaltungsfläche näher aufgeschlüsselt und im Einzelnen eine substantiierte und überprüfbare Flächenberechnung vorgenommen. Die Beklagten haben diese Flächenberechnung nicht substantiiert bestritten und auch keine Alternativberechnungen angeboten. Trägt der darlegungspflichtige Verletzte substantiiert vor, steht er als Darlegungspflichtiger allerdings selbst außerhalb des Geschehensablaufs und kann er von sich aus den Sachverhalt nicht ermitteln, während die Gegenseite die erforderlichen Informationen hat oder sich leicht beschaffen kann, so genügt nach Treu und Glauben nicht, dass die Gegenseite sich mit einfachem Bestreiten begnügt. Sie muss vielmehr im Rahmen ihrer sekundären Behauptungslast im Einzelnen darlegen, dass die von ihr bestrittene Behauptung unrichtig ist (BGH, NJW 1999, 579, 580; Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, vor § 284, Rn.34).

Die Größe der jeweiligen Veranstaltungsfläche liegt in der Sphäre der Beklagten, da diese selbst an der Durchführung der Veranstaltung beteiligt waren. Ihnen war es als Veranstalter oder jedenfalls als Mitorganisatoren oder als Betreiber der Bühnen ohne weiteres möglich und zumutbar, ihrerseits die Größe der Veranstaltungsflächen mitzuteilen (vgl. OLG München, Urt. v. 21.01.10 - 29 U 3700/09).

Die Veranstaltungsfläche auf der Xstraße betrug unter Zugrundelegung der von der Klägerin eingereichten Planskizze allerdings nur 12.369 qm (52 m+35 m+79 m+24 m+30 m+30 m x 15 m (= 3750 qm) sowie 80 m+12 m+130 m x 26 m (= 5772 qm) sowie 13 m+60 m x 39 m (= 2847 qm) statt der von der Klägerin angesetzten 14.816 qm.

Die Veranstaltungsfläche auf dem Xplatz betrug zwischen 2832,5 qm und 2880 qm.

Die Veranstaltungsfläche auf dem X-Platz betrug zwischen 1231,2 qm und 1236 qm.

Die Veranstaltungsfläche auf dem X-Platz betrug zwischen 8225,1 qm und 8239 qm.

Danach betrug die Gesamtveranstaltungsfläche zwischen 24.657,80 qm und 24.724 qm, wobei sich die geringfügigen Reduzierungen wegen der Berechnung in 500 qm - Schritten nicht auswirkt.

Zudem ist auch der Verletzerzuschlag als Bestandteil der angemessenen Lizenzgebühr anzusehen (Möhrung/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Auflage 2000, § 97 Rn. 220). Die Höhe der angemessenen Lizenzgebühr, die im Rahmen einer Rechtsverletzung zu zahlen ist, braucht nicht mit der Lizenzgebühr übereinstimmen, die im Falle eines Vertragsschlusses vereinbart worden wären (BGHZ 59, 286 - Doppelte Tarifgebühr).

Dieser Verletzerzuschlag rechtfertigt sich nach ständiger Rechtsprechung daraus, dass die Klägerin einen umfangreichen und kostspieligen Kontrollapparat unterhalten muss, um Urheberrechtsverletzungen nachzugehen. Die Gründung der Klägerin beruht auf zwingenden Erfordernissen des Urheberrechtsschutzes im Bereich des von ihr verwalteten Musikrepertoires. Nur durch die Einrichtung einer besonderen Überwachungsorganisation, wie die der Klägerin, und unter entsprechend hohem finanziellen Aufwand kann verhindert werden, dass der Urheberrechtsschutz in diesem Bereich nicht weitgehend leerläuft. Die von der Klägerin aufgestellten Tarife gelten ausdrücklich nur für erlaubte Musikwiedergaben. Es muss der Klägerin freistehen, diese Tarife als Anreize für die Einholung der Erlaubnis möglichst niedrig zu halten, ohne dadurch die Gerichte bei der Schadensberechnung im Verletzungsfall festzulegen. Würde ein Tarifzuschlag bei Rechtsverletzungen nicht gewährt, so müssten die umfangreichen Überwachungskosten entweder von den einzelnen Urhebern getragen werden oder aber es würden die Normaltarife erhöht und die gesetztestreuen Lizenznehmer müssten für Kosten aufkommen, die ohne das widerrechtliche Verhalten anderer Benutzer nicht entstanden wäre (BGHZ 59, 286 - Doppelte Tarifgebühr; BGHZ 17, 376 - Betriebsfeiern).

Der Verletzerzuschlag kann unabhängig davon verlangt werden, ob im konkreten Fall ein besonderer Kontroll- und Überwachungsaufwand erforderlich war (BGH, NJW 1986, 1249 - GEMA-Vermutung III).

Der Verletzerzuschlag entfällt auch nicht dadurch, dass die Klägerin dem Beklagten zu 1) zunächst eine Rechnung ohne diesen Zuschlag zusandte. Allein aus diesem Umstand kann nicht von einem etwaigen Verzicht auf den Verletzerzuschlag ausgegangen werden.

Auch ist ein Zuschlag in Höhe von 10% für die Rechte der übrigen jeweils beteiligten Verwertungsgesellschaften angemessen. Die Beklagten haben die Angemessenheit der Höhe dieses Zuschlags nicht bestritten.

Es ergibt sich bei Zugrundelegung einer Gesamtveranstaltungsfläche von 24.657,80 qm bis 24.724,00 qm folgende Berechnung:

bis 3.000 qm 373,60 Euro

je weitere 500 qm (44 x 62,10 Euro) 2.732,40 Euro

Zwischensumme 3.106,00 Euro

+ 10% GLV-Zuschlag 310,60 Euro

Summe 3416,60 Euro

x 2 Tage 6.833,20 Euro

+ Verletzerzuschlag für 2 Tage 6.212,00 Euro

Endsumme 13.045,20 Euro

Die bereits von der Beklagten zu 2) gezahlten 920,99 Euro sind dabei von der Gesamtforderung in Abzug zu bringen. § 366 BGB ist hier nicht einschlägig, da diese Norm einen anderen Sachverhalt betrifft. Von § 366 BGB werden Fälle erfasst, bei denen der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist, hier liegt jedoch nur ein Schuldverhältnis vor.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. Es ist mangels Bestreitens davon auszugehen, dass den Beklagten der Antrag an die Schiedsstelle spätestens am 01.05.2008 zugestellt wurde. Bereits am 08.04.2008 (Bl. 214 GA) erwiderte der Prozessbevollmächtigen der Beklagten zu 2) und am 02.05.2008 (Bl. 212 GA) der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) auf den Antrag an die Schiedsstelle. Zwar wird durch das Verfahren vor der Schiedsstelle keine Rechtshängigkeit im Sinne des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO begründet, jedoch tritt dieselbe Wirkung ein (vgl. Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 1044 Rn. 5).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

S t r e i t w e r t: 13.446,31 €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 29.09.2010
Az: 12 O 235/09


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