Landgericht Berlin:
Beschluss vom 25. Januar 2011
Aktenzeichen: 27 O 24/11
(LG Berlin: Beschluss v. 25.01.2011, Az.: 27 O 24/11)
Tenor
In dem Rechtsstreit ... wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Kosten des Antragstellers nach einem Wert von 8.000 € zurückgewiesen.
Gründe
Das Gegendarstellungsverlangen ist schon nicht unverzüglich i.S.d. § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV erfolgt. Von der Veröffentlichung am 3. Dezember 2010 bis zum Abdruckverlangen am 14. Dezember 2010 sind mehr als zehn Tage verstrichen. Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. KG, Beschluss vom 28.9.1993, 9 W 6162) ist ein später als 10 Tage nach Kenntniserlangung zugeleitetes Abdruckverlangen nicht mehr unverzüglich. Dass der Antragsteller selbst erst später Kenntnis vom Beitrag erlangt hätte, hat er auch auf entsprechende Rüge der Antragsgegnerin und entsprechenden richterlichen Hinweis nicht dargetan. Dass seine Verfahrensbevollmächtigten erst am 6. Dezember 2010 Kenntnis erlangt haben, ist unerheblich.
Ohnehin fehlt es vorliegend am berechtigten Interesse gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 RStV. Nach verfassungskonformer Auslegung unterliegt das Gegendarstellungsverlangen einer Behörde bzw. eines Ministers grundsätzlich strengeren Anforderungen als dasjenige einer natürlichen Person (vgl. KG, Beschluss vom 17.3.2009, 9 W 48/09). Juristische Personen des öffentlichen Rechts können zwar grundsätzlich zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird (BGH NJW 2009, 915). Das gilt jedenfalls, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen (BGH NJW 2008, 2262). Die Ehrschutzvorschriften der §§ 185 ff. StGB verfolgen bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts das Ziel, das Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung zu gewährleisten, das erforderlich ist, damit die betroffene Einrichtung ihre Funktion erfüllen kann und das unerlässliche Vertrauen in die Integrität öffentlicher Stellen nicht in Frage gestellt wird. Tritt dieser Schutzzweck in Konflikt mit der Meinungsfreiheit, so ist diese besonders hoch zu veranschlagen, weil das Grundrecht gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin seine Bedeutung findet (BGH NJW 2009, 915, 916). Ein Anspruch auf Gegendarstellung kommt danach für Behörden nur in Betracht gegenüber Tatsachenbehauptungen, die unter Berücksichtigung der Unterschiede in ähnlich gravierender Weise wie bei natürlichen Personen in ihre Rechtsstellung eingreifen und sich jenseits ihrer konkreten Einwirkungsmöglichkeiten auf das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit erheblich auswirken können, namentlich etwa das unerlässliche Vertrauen in die Integrität staatlicher Stellen in Frage stellen oder ihre Funktionsfähigkeit gefährden (BerlVerfGH NJW 2008, 2551).
Das ist hier nicht der Fall. Es fehlt an einer schwerwiegenden Falschmeldung. Ob die Pressesprecher des Antragstellers aus dem Dehler-Haus kommen, was in der Ausgangsberichterstattung im Übrigen gar nicht ausdrücklich behauptet wird, oder aus dem sonstigen FDP-Milieu ist im Kontext des Beitrages gänzlich belanglos.
LG Berlin:
Beschluss v. 25.01.2011
Az: 27 O 24/11
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