Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 51/04
(BPatG: Beschluss v. 13.12.2005, Az.: 24 W (pat) 51/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die für Waren der Klasse 3 international registrierte Wortmarke 771 418 PROTECTION PLUS beansprucht Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Die Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Schutz verweigert, da ihrer Schutzerstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegenstehe (§§ 107, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG; Art. 5 Abs. 1 MMA i. V. m. Art. 6 quinqies B Nr. 2 PVÜ). Die sprachüblich aus dem englischen Wort "PROTECTION" für "Schutz" und dem häufig als nachgestellten Zusatz zum Hinweis auf "ein Plus, ein Mehr" bzw. "einen Überschuss" an Produkteigenschaften verwendeten Wort "PLUS" gebildete Wortfolge "PROTECTION PLUS" würde in ihrer Gesamtheit von den angesprochenen inländischen Verkehrskreise unmittelbar und ohne weitere Gedankenschritte als eine eindeutige und klare Sachaussage dahingehend verstanden werden, dass die betreffenden Waren einen besonders guten bzw. zusätzlichen Schutz böten. Der englische Begriff "PROTECTION" sei im Bereich der Kosmetik, in dem der Schutz von Haut und Haar vor Reizungen der Umwelt eine wichtige Rolle spiele, infolge seines beschreibenden und werblichen Gebrauchs dem Verbraucherpublikum bekannt. Dabei werde auch bei dekorativen Kosmetika - neben ihrer dekorativen Wirkung - zunehmend Wert auf den Schutz der Haut vor Reizungen und Irritationen gelegt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beschränkt das Warenverzeichnis der IR-Marke für Deutschland auf folgende Fassung:
"Parfums, eaux de toilette, eaux de Cologne, aerosols rafraîchissants pour la peau, produits hydratants".
Nach ihrer Ansicht fehlt der IR-Marke bei dem anzulegenden großzügigen Maßstab nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Ihr könne für die noch gegenständlichen Waren in Alleinstellung und, wie die Ausführungen in dem Erinnerungsbeschluss zeigten, ohne weitgreifende Interpretationsversuche kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden. Es ergebe sich eine Vielzahl möglicher Bedeutungen der Wortfolge "PROTECTION PLUS", z. B. "zuzüglich(er) Schutz (Sicherheit, Abschirmung), extra (mehr) Schutz (Sicherheit, Abschirmung) etc.", die allesamt schwammig, vage und interpretationsbedürftig blieben. Ohne ergänzende Angabe der Indikation (z. B. "SKIN (HAIR) PROTECTION PLUS") bleibe offen, gegen wen sich der zusätzliche Schutz richte. Zu berücksichtigen sei auch, dass vor allem Parfümerien nicht zum Schutz, sondern zur Dekoration und Verzierung dienten. Für "Parfüms", die im übrigen selbst schädigende Wirkung haben könnten, würde der Begriff "Schutz" bzw. "Protection" nicht verwendet. Parfüms würden durchweg mit anderen Attributen belegt, wie sich aus der von der Markeninhaberin eingereichten Internet-Recherche ergebe.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auch auf die der Markeninhaberin vom Senat übermittelten Ergebnisse einer Internet-Recherche, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats fehlt der IR-Marke für die nach der Beschränkung noch beanspruchten Waren der Klasse 3 die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ, weshalb ihr der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu Recht von der Markenstelle verweigert worden ist (§§ 107, 113, 37 Abs. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 MMA).
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmungen ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) "Henkel"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"; MarkenR 2003, 148, 149 "Winnetou"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. u. a. EuGH GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 41) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 50) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) "SAT.2"). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen i. d. R. so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; EuGH GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 53) "Henkel"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKalk"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard"). Jedoch ist das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nicht auf konkret Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angaben beschränkt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 19) "BIOMILD"). So fehlt einer Wortmarke die Unterscheidungskraft auch dann, wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder ein geläufiges Wort einer fremden Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 "Cityservice"). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der IR-Marke nicht die erforderliche Unterscheidungseignung beigemessen werden.
Wie die Markenstelle anhand einschlägiger Internet-Seiten belegt hat, wird das englische und französische Wort "Protection" in seiner Bedeutung "Schutz" (vgl. PONS, Großwörterbuch für Experten und Universität, Engl.-Dt., 2001, S. 653; PONS, Weis Mattutat, Franz.-Dt., 1986, S. 446) im inländischen Geschäftsverkehr im Bereich kosmetischer Produkte zum Hinweis auf eine Schutzfunktion oder -wirkung häufig eingesetzt (vgl. in den Anlagen z. Beschluss v. 15.7.2003 z. B. Anlage A3: "GEL DE RASAGE - Haute Protection von Biotherm Homme"; Anlage A4: "Mittlerer Schutz CRéME PROTECTION MOYENNE IP10 Wasserfeste Sonnenschutzcreme, LSF 10"; Anlage A5: "Nautica Latitude - Longitude Daily Moisture Face Protection, 24h-Pflege") und folglich von den angesprochenen Verbrauchern in Deutschland überwiegend in diesem Sinne verstanden.
Das weitere Markenwort "PLUS", welches in der englischen wie in der deutschen Sprache die Bedeutung "Plus, Mehr, Überschuss, Vorteil" besitzt (vgl. PONS, a. a. O., Engl.-Dt., S. 622; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. (CD-ROM) zu "plus/Plus"), wird vielfach in der Werbung - meist als nachgestellter Zusatz - eingesetzt, um auszudrücken, dass ein Plus, ein Mehr von etwas geboten wird (vgl. z. B. auf den der Markeninhaberin übermittelten Internet-Seiten: "Die Triclosanhaltigen Zahnpastasorten "Blendamed complete plus" und "Mendandent 3-fach Schutz plus" wurden überprüft (www.umweltjournal.de/...); "ANTIOXDANTIEN-SCHUTZ PLUS" (www.beautynetparfum.de/...); "Leovet Wasch-Shampoo mit Pflege Plus" (www.kleinanzeigen.landesweit.de/...); s. auch die Entscheidungen BPatG 25 W (pat) 310/03 "medizin plus", BPatG 28 W (pat) 296/03 "Plus", HABM R0704/04-2 "THERAPY PLUS", veröffentlicht jeweils in PAVIS PROMA).
Damit stellt sich die IR-Marke in ihrer Gesamtheit den Verbrauchern als eine übliche schlagwortartige Begriffsbildung dar, die in ihrer nächstliegenden Bedeutung "Schutz Plus" einen unmissverständlichen werblich beschreibenden Hinweis darauf enthält, dass die so bezeichneten Produkte ein Plus, ein Mehr an Schutz bieten. Hierzu bedarf es nicht der Ergänzung um eine bestimmte Schutzindikation, da nicht nur die Bezeichnung einzelner, genau definierter Warenmerkmale als Sachangabe aufzufassen ist, sondern auch eine allgemein gehaltene, oberbegriffsartige Benennung von Eigenschaften oder Wirkungen der Produkte (vgl. BGH BlPMZ 2000, 331, 332 "Bücher für eine bessere Welt"). Die Begriffskombination "PROTECTION PLUS" weist auch keine das Verständnis als Sachhinweis beseitigende Mehrdeutigkeit auf. Das mögliche Spektrum an Begriffsdeutungen - ein Mehr, ein Überschuss an Schutz, Sicherheit bzw. mehr, zuzügliche(r), extra Schutz, Sicherheit - bewegt sich durchweg im Bereich synonymer Begrifflichkeiten und kann daher an dem ausschließlich sachlichen Warenbezug der IR-Marke nichts ändern (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT").
Schließlich steht die im dargelegten Sinn rein werbliche Sachaussage für sämtliche nach Einschränkung des Verzeichnisses noch Schutz beanspruchenden Waren der Klasse 3 im Vordergrund. Das gilt nicht nur für "aerosols rafraîchissants pour la peau (Erfrischung-/Beruhigungssprays für die Haut), produits hydratants (feuchtigkeitsspendende Produkte)", die dem Bereich pflegender Kosmetika angehören, bei denen, wie die Markenstelle belegt hat, Haut oder Haar schützende Komponenten wesentliche Produktmerkmale darstellen, sondern auch für die Waren "parfums, eaux de toilette, eaux de Cologne". Dem steht nicht entgegen, dass der Schutz vor schädigenden Umwelteinflüssen nicht zu den üblichen, spezifischen Warenmerkmalen von Parfüms und Duftwässern zählt, diese vielmehr mitunter selbst Auslöser von allergischen Reaktionen oder Hautirritationen sein können, und demgemäß im allgemeinen andere Eigenschaften zur Bewerbung bzw. Beschreibung von Parfüms herausgestellt werden als eine wie immer geartete Schutzwirkung. Vielmehr ist - gerade im Hinblick auf den aktuellen Trend zur Naturkosmetik - nicht ausgeschlossen, dass Parfüms und Duftwässer aus speziellen, nicht haut- oder schleimhautreizenden Duftstoffen kombiniert sind oder entsprechende schützende Zusatzstoffe enthalten und insofern Schutz vor unerwünschten Körperreaktionen bieten. Nicht zu verkennen ist außerdem, dass - ungeachtet des historischen Wandels in der Einstellung zum Parfüm (vgl. hierzu die Ausführungen auf der von der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung übergebenen Internet-Seite www.lexitv.de, S. 1 von 1) - eine wesentliche Eigenschaft und Verwendungsintension von Pafüms und Duftwässern, neben der Verbreitung von Wohlgeruch, nach wie vor der Schutz vor unangenehmen oder als unangenehm empfundenen Körpergerüchen ist. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher in der Bezeichnung "PROTECTION PLUS" auch in Bezug auf "Parfüms, Eau de Toilette oder Eau de Cologne" kein die Waren hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnendes Unterscheidungsmittel sehen, sondern nur besagte werbliche Sachinformation auf eine zusätzliche Schutzwirkung der Mittel.
Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb
BPatG:
Beschluss v. 13.12.2005
Az: 24 W (pat) 51/04
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