Kammergericht:
Beschluss vom 20. Mai 2014
Aktenzeichen: 1 VA 7/14
(KG: Beschluss v. 20.05.2014, Az.: 1 VA 7/14)
Soll in einem laufenden Verfahren im Wege der Amtshilfe einer Behörde Akteneinsicht gewährt oder Auskunft aus den Akten erteilt werden, ist für die Entscheidung über das Ersuchen der das Verfahren führende Richter und nicht der Gerichtsvorstand zuständig.
Tenor
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gründe
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Er ist gemäß § 23 Abs.1 S.1 EGGVG statthaft, da die Antragsgegnerin als Justizbehörde gehandelt hat. Soweit die Antragstellerin die Frist des § 26 Abs.1 EGGVG versäumt hat, weil sie ihren Antrag (innerhalb der Frist) schriftlich beim Amtsgericht und nicht beim zuständigen Kammergericht eingereicht hat, wird ihr gemäß § 26 Abs.2 und 3 EGGVG von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten, § 28 Abs.1 S.1 EGGVG. Denn die Antragsgegnerin ist als Gerichtsvorstand nicht für die Entscheidung über das Ersuchen des Polizeipräsidenten in Berlin vom 16. Januar 2014 zuständig; die Entscheidung obliegt dem Betreuungsrichter in dem Verfahren Amtsgericht ... Soll in einem laufenden Verfahren € wie hier in dem Betreuungsverfahren € im Wege der Amtshilfe einer (nicht am Verfahren beteiligten) Behörde € wie hier dem Polizeipräsidenten € Akteneinsicht gewährt oder Auskunft aus den Akten erteilt werden, ist der das Verfahren führende Richter für die Entscheidung über die Amtshilfe zuständig (BGHZ 51, 193, 197; OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1871, 1872; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 299 Rn. 8); die Entscheidung, ob und in welcher Weise in einem schwebenden Verfahren Amtshilfe zu gewähren ist, ist richterliche Tätigkeit im Rahmen der Aktenführung, die nicht dem Bereich der Justizverwaltung angehört (BGHZ, a.a.O.).
Vorliegend wird der Betreuungsrichter nicht mehr zu entscheiden haben, da der Polizeipräsident das Ersuchen vom 16. Januar 2014 nicht aufrecht erhält; hierzu wird auf den Vermerk vom 19. Mai 2014 verwiesen. Vorsorglich wird für den Fall einer erneuten Anfrage darauf hingewiesen, dass § 13 Abs.2 FamFG nicht für Behörden (vgl. BTDrucks. 16/6308 S. 181; Zöller/Geimer, a.a.O., § 13 FamFG Rn. 4) und §§ 12 ff. EGGVG nicht für die Datenübermittlung auf Ersuchen gilt (vgl. BTDrucks. 13/4709 S. 17; OLG Düsseldorf, a.a.O.; Zöller/Geimer, a.a.O., v. § 12 EGGVG Rn. 3). Bei einem Ersuchen um Amtshilfe (Art. 35 Abs.1 GG) hat das ersuchte Gericht nicht zu prüfen, ob die Aktenanforderung berechtigt ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.; vgl. zu diesem Grundsatz auch OLG München, OLGZ 1972, 360, 361). Vielmehr obliegt es allein der die Akteneinsicht vornehmenden Behörde, die Rechtmäßigkeit des Ersuchens und insbesondere die Wahrung des Datenschutzes (§§ 6 ff. BlnDSG, §§ 12 ff. BDSG) sicherzustellen (vgl. BT-Drucks 16/6308, S. 181 f.; v.Mangoldt/v.Dannwitz, GG, 6. Aufl., Art. 35 Rn. 24).
Von einer Erstattungsanordnung nach § 30 S.1 EGGVG sieht der Senat ab. Eine Kostenerstattung entspricht nur dann billigem Ermessen, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist, die über den Erfolg des Antrags hinausgehen (vgl. Zöller/Lückemann, a.a.O., § 30 Rn. 1). Besondere Gründe, wie eine offensichtliche oder schwere Rechtsverletzung durch die Justizbehörde, liegen nicht vor.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 29 Abs.2 EGGVG nicht erfüllt sind.
KG:
Beschluss v. 20.05.2014
Az: 1 VA 7/14
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