Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Februar 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 42/00
(BPatG: Beschluss v. 08.02.2001, Az.: 9 W (pat) 42/00)
Tenor
Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes - Prüfungsstelle für Klasse F03G - vom 10. April 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Prüfungsstelle für Klasse F03G des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die am 27. April 1999 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Gravitations- Hydrostatische- Aerostatische Motoren von Frank"
mit Beschluß vom 10. April 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie unter Hinweis auf einen Artikel von Wolfgang Bürger "Perpetua mobilia: Sie dürfen nicht funktionieren, aber warum€" in: CH-Z Technische Rundschau 19/90, S 92 bis 97, aus, daß es dem Anmeldungsgegenstand, da der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs dem Energiesatz widerspreche, an der technischen Brauchbarkeit und damit entgegen der Vorschrift von § 34 Abs 4 PatG an der Ausführbarkeit mangele.
Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er begründet seine Beschwerde damit, daß mit dem von ihm angemeldeten Motor ständig potentielle Energie genutzt werden könne.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. April 2000 aufzuheben und das Patent mit den geltenden Unterlagen zu erteilen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Gemäß dem geltenden Patentanspruch und unter Berücksichtigung der Beschreibung bewegt sich beim angemeldeten Gegenstand eine vom Anmelder als Gelenkgetriebe bezeichnet Umlaufkette 4 um zwei senkrecht übereinander angeordnete Räder 1, 7. Mit der Umlaufkette sind über Hebel beabstandete Arbeitselemente 5 gelenkig verbunden. Die Gelenke 10 sind so ausgebildet, daß die Arbeitselemente auf der einen Seite (in der nebenstehenden Figur auf der rechten Seite) einen größeren Abstand zur Umlaufkette aufweisen als auf der anderen Seite.
Nach Auffassung des Anmelders führt der unterschiedliche Abstand der Arbeitselemente zur senkrechten Mittellinie des Motors wegen der Schwerkraft zu einem andauernden Drehmoment gleicher Richtung und zu einer ununterbrochenen Drehung der Umlaufkette. Auf diese Weise lasse sich ein Motor schaffen, der ohne Energiezufuhr von außen allein durch Nutzung der Schwerkraft zB den Antrieb einer Wanduhr ermögliche.
2. Mit dem angemeldeten Motor kann die angestrebte Wirkung nicht erreicht werden, dauerhaft die Schwerkraft zum Antrieb einer Vorrichtung zu nutzen. Der Motor ist folglich technisch nicht brauchbar (vgl BGH BlPMZ, 1985, S 117, 118). Die Erfindung ist im Hinblick auf die angestrebte Wirkung nicht ausführbar und somit dem Patentschutz nicht zugänglich.
Die mit dem Anmeldungsgegenstand offensichtlich beabsichtigte Erzeugung von Antriebsenergie widerspricht nämlich dem Satz von der Erhaltung der Energie, der inhaltlich zum Ausdruck bringt, daß Energie, durch welche technischphysikalischen Maßnahmen auch immer, nicht gleichsam aus dem Nichts entstehen kann. Sie kann nur aus einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Um daher einem physikalischen System Energie zur Nutzung entziehen zu können, muß dem System dafür mindestens dieselbe Energie, gegebenenfalls in anderer Form, zugeführt werden. In der Praxis ist wegen der unvermeidlichen Verluste bei einer Energieumwandlung die dem System zuzuführende Energie sogar stets größer als die dem System wieder zur Nutzung entziehbare. Diese fundamentale Lehre gilt für jedes technische System, wie immer es auch aufgebaut sein mag. Dieser Satz von der Erhaltung der Energie hat sich bei allen überprüften Fällen immer wieder als richtig erwiesen und wird deshalb von der Fachwelt allgemein anerkannt.
Im Falle des anmeldungsgemäßen Gegenstandes bedeutet dies, daß die vom Anmelder angestrebte Energieerzeugung ohne äquivalente Energiezufuhr von außen allein durch die Nutzung der Schwerkraft nicht möglich ist. Der Anmelder hat bei seinen Überlegungen nämlich übersehen, daß nicht nur die Arbeitselemente im mittleren Bereich der Vorrichtung, sondern auch die sich jeweils im Wendebereich der Umlaufkette befindenden Arbeitselemente und deren wegen der Schwerkraft vorliegende Drehmomente zu berücksichtigen sind. Bei Berücksichtigung aller Arbeitselemente ergibt die Berechnung der Drehmomente für verschiedene Positionen der Umlaufkette, daß kein andauerndes Drehmoment gleicher Richtung vorliegt. Vielmehr kommt die Umlaufkette unter Reibungsverlusten in der Lage zur Ruhe, in der der Schwerpunkt aller Massen seine relativ niedrigste Lage und damit die geringste potentielle Energie aufweist. In diesem Zustand sind im übrigen auch die für die vorangegangene Bewegung verantwortlichen Drehmomente zu beiden Seiten des Motors ausgeglichen. Diese Feststellung gilt unabhängig von der Anzahl der Arbeitselemente, so daß die vom Anmelder erwogene Erhöhung ihrer Anzahl zu keiner anderen Beurteilung führen würde.
Da der angemeldete Motor im Widerspruch zu den allgemein anerkannten physikalischen Gesetzen und Erkenntnissen steht, kann auch das Modell, dessen Herstellung der Anmelder erwogen hat, nicht funktionieren.
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BPatG:
Beschluss v. 08.02.2001
Az: 9 W (pat) 42/00
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