Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 3. Juli 1996
Aktenzeichen: 16 WX 104/96
(OLG Köln: Beschluss v. 03.07.1996, Az.: 16 WX 104/96)
Als Verfahrenspfleger sollte in Betreuungsverfahren regelmäßig ein Rechtsanwalt ausgewählt werden, da nur hierdurch sichergestellt ist, daß die zu Gunsten des Betroffenen bestehenden Möglichkeiten des Rechtschutzes in vollem Umfange gewahrt werden. Der Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger ist, soweit er Dienste erbringt, die zu seinem Beruf gehören, nach der BRAGO zu entschädigen.
Gründe
Die nunmehr auf Hinweis des Senats zu Protokoll der
Geschäftsstelle eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 20,
27, 29 FGG), kann in der Sache aber keinen Erfolg haben. Denn die
angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des
Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Die weitere Beschwerde richtet sich nur gegen die durch den
Beschluß des Landgerichts bestätigte Festsetzung einer Vergütung in
Höhe von 598,00 DM für die erstinstanzlich bestellte
Verfahrenspflegerin. Sonach kann dahinstehen, ob die Bestellung
eines Verfahrenspflegers als solche einer Anfechtung durch die
Beteiligten des Betreuungsverfahrens zugänglich ist, weil es sich
um eine bloße Zwischenentscheidung handelt (dagegen BayObLG FamRZ
1993, 1106; a.A. mit guten Gründen z.B. Zimmermann FamRZ 1994, 286
f.). Gleichwohl erfordert die vom Landgericht zu Recht bestätigte
Vergütungsfestsetzung folgende Bemerkungen zur Bestellung der
Verfahrenspflegerin und zur Auswahl einer Rechtsanwältin für dieses
Amt:
Die Bestellung eines Pflegers für das Verfahren zur Anordnung
einer Betreuung war ensprechend den zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts zwingend erforderlich. Denn der Betroffene selbst
konnte seine Interessen und Rechte im Verfahren nicht ausreichend
wahrnehmen (§ 67 Abs. 1 FGG). Der Betroffene war nämlich nach der
vorgelegten hausärztlichen Bescheinigung vom 11.5.1995 persönlich,
zeitlich, örtlich und räumlich desorientiert und litt unter
Verwirrtheitszuständen sowie erheblichen
Störungen des Kurzzeitgedächtnisses; die hieraus folgende
Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms ist durch das
nachfolgende nervenärztliche Gutachten Dr. L. vom 24.5.1995
untermauert und bestätigt worden. Sonach war die durch Beschluß des
Amtsgerichts vom 24.5.1995 erfolgte Bestellung einer
Verfahrenspflegerin als solche nicht zu beanstanden.
Die allein dem pflichtgemäßen Ermessen des
Vormundschaftsgerichts unterliegende Auswahl der Beteiligten zu 3.
als Pflegerin für das Verfahren war unzweifelhaft berechtigt.
Zunächst ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, daß eine neutrale
dritte Person als Verfahrenspflegerin bestellt und tätig wird. Dies
gewährleistet eine nur den objektiven Interessen des Betroffenen
verpflichtete und von Weisungen des Gerichts und anderer
Beteiligter unabhängige Tätigkeit in dem Verfahren. Andererseits
wird mit der Bestellung einer neutralen dritten Person zur
Verfahrenspflegerin kein Mißtrauen gegenüber anderen Beteiligten
oder nahen Verwandten zum Ausdruck gebracht, dazu besteht im
vorliegenden Fall auch keinerlei Anlaß.
Daß die Beteiligte zu 3) von Beruf Rechtsanwältin ist, stand
ihrer Bestellung ebenfalls nicht entgege, im Gegenteil: Gerade weil
die Einrichtung oder Aufrechterhaltung einer Betreuung in der Regel
mit schwerwiegenden Eingriffen in Rechte des Betroffenen verbunden
ist, muß durch besondere Sach- und Rechtskunde des
Verfahrenspflegers sichergestellt sein, daß die zu Gunsten des
Betroffenen bestehenden Möglichkeiten des Rechtsschutzes in vollem
Umfang gewahrt werden (vgl. z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1283).
In der Praxis werden deshalb zu Recht nur in Ausnahmefällen
Personen zu Verfahrenspflegern bestellt, die nicht den Beruf eines
Rechtsanwalts ausüben. Dies entspricht auch der Intention des
Gesetzgebers (BT-Drucks. 11/4528, S. 171), der das Wohl des
Betreuten (§ 1901 BGB) als obersten Grundsatz des gesamten
Betreuungsrechts festgeschrieben hat.
Vor diesem Hintergrund begegnet die vom Landgericht bestätigte
Festsetzung der Vergütung der Verfahrenspflegerin auf 598,00 DM
keinen Bedenken.
Die Entschädigung des nach § 67 FGG bestellten
Verfahrenspflegers richtet sich nach § 1915 BGB i.V. mit §§ 1835,
1836 BGB. Auch davon ist der Gesetzgeber ausgegangen (
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11/4528, S. 88). Nach § 1835 Abs. 1, 3 BGB kann ein Rechtsanwalt,
soweit er Dienste erbringt, die zu seinem Beruf gehören, Ersatz
seiner Aufwendungen in Höhe der ihm nach der BRAGO zustehenden
Gebühren vom Betroffenen verlangen. Die Vorschrift des § 1 BRAGO
steht der Anwendung von § 1835 BGB nicht entgegen. Zwar schließt §
1 Abs. 2 S. 1 BRAGO das Eingreifen der BRAGO für den Fall aus, daß
ein Rechtsanwalt als Pfleger tätig wird. Jedoch bestimmt § 1 Abs. 2
S. 2 BRAGO ausdrücklich, daß § 1835 BGB unberührt bleibt. Der
Rechtsanwalt, der als bestellter Verfahrenspfleger Dienste
erbringt, die zu seinem Beruf gehören und deshalb nach § 1835 Abs.
3 BGB die Anwendung der BRAGO rechtfertigen, kann also eine
Vergütung nach den Gebührentatbeständen der BRAGO verlangen
(BayObLG FamRZ 1994, 525 f.; OLG Schleswig FamRZ 1995, 49; OLG
Düsseldorf FamRZ 1995, 1283; PalandtDiederichsen, BGB, 54. Auflage,
Rdn. 19 vor § 1896). Denn die Interessenvertretung in gerichtlichen
Verfahren gehört zu den typischen beruflichen Tätigkeiten, die
üblicherweise einem Rechtsanwalt übertragen werden. Wie bereits
ausgeführt, gehört dazu auch und nicht zuletzt die Tätigkeit als
Verfahrenspfleger im Betreuungsverfahren.
Die Vergütung der Verfahrenspflegerin ist in ihrer Höhe richtig
berechnet. Die Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von nur
5.000,00 DM ist eher zu niedrig und aus Sicht des nicht
vermögenslosen Betroffenen nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf
die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen Der
angenommene Gegenstandswert liegt nicht unwesentlich unter dem
Regelwert von 8.000,00 DM (§ 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO).
Auch sind die angesetzten Mittelgebühren von 7,5/10 (§§ 118, 12
Abs. 1 BRAGO) angemessen, da es sich um eine Angelegenheit von
durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit handelte. Die
Tätigkeit der Beteiligten zu 3., nämlich die Anhörung des
Betroffenen im Beisein der Beteiligten zu 2., die Durchsicht
des
eingeholten Sachverständigengutachtens und dessen Erörterung mit
dem Vormundschaftsgericht ließen eine Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1
Nr. 1 BRAGO) und eine Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO)
entstehen.
Die hiernach zu Recht festgesetzte Vergütung in Höhe von 598,00
DM muß, soweit sie nicht beglichen ist, gegen den nicht mittellosen
Betroffenen notfalls vor dem Prozeßgericht eingeklagt werden
(Palandt-Diederichsen, § 1836 Rdn. 18; Dammrau-Zimmermann,
Betreuung und Vormundschaft, 2. Auflage 1995, § 1836 Rdn. 18; jew.
m.w.N.). Die Festsetzung durch das Vormundschaftsgericht ist
nämlich kein Vollstreckungstitel. Sie beinhaltet aber eine für das
Prozeßgericht bindende Vorentscheidung. Aufgabe des Prozeßgerichts
ist sonach nur, über eventuelle Einreden und Einwendungen gegen den
festgesetzten Vergütungsanspruch zu entscheiden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, §§ 131 KostO, 13 a
FGG.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird
auf 298,00 DM festgesetzt.
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OLG Köln:
Beschluss v. 03.07.1996
Az: 16 WX 104/96
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