Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 14. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 U 14/09
(OLG Hamm: Urteil v. 14.07.2009, Az.: 28 U 14/09)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Oktober 2008 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung im Rahmen eines Wohnraummietprozesses.
Der Kläger vermietete dem Ehepaar L durch Mietvertrag vom 12. Februar 1998 ab dem 16. Februar 1998 eine Wohnung in F. Der Kläger übergab die Wohnung mit weißer Rauhfaser renoviert. § 23 des vom Kläger verwendeten Formularmietvertrags bestimmte unter der Überschrift "Schönheitsreparaturen":
"(1) Der Mieter hat auf seine Kosten Schönheitsreparaturen durchzuführen.…
(3) Für Art, Umfang und Fälligkeit der Schönheitsreparaturen gilt im Einzelnen folgendes:
Die Schönheitsreparaturen sind … regelmäßig auszuführen, wenn das Aussehen der Wohnräume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist. Dies ist im Allgemeinen nach folgenden Zeitabständen Fall….[Es folgt das herkömmliche 3/5/7-Jahres-Raster.]"
Die Mieter tapezierten die Wohnung mehrfach und wählten andere Farbgestaltungen als der Kläger. Seit Ende 1999 minderten die Mieter die Miete unter Berufung auf Feuchtigkeitsschäden, die nach ihrer Behauptung durch mangelhafte Isolierung des Gebäudes verursacht wurden. Der Kläger führte die Feuchtigkeitsschäden hingegen auf unzureichendes Lüften durch die Mieter zurück. Im Sommer 2000 zog der Mieter L aus der Wohnung aus.
Mit der Klageschrift von 11. Dezember 2000 erhob der Kläger, vertreten durch den Beklagten, wegen der entstandenen Mietrückstände Klage zum Amtsgericht Essen.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 kündigten die Mieter das Mietverhältnis fristlos. Sie teilten dem Kläger mit: "Die Renovierung müsste dann nach Isolierung von Ihnen durchgeführt werden." Nachdem auch die Mieterin aus der Wohnung ausgezogen war, erhielt der Kläger nach seinen Angaben am 2. Januar 2001 den Wohnungsschlüssel zurück. Am 13. Januar 2001 fertigte der Kläger ein Begehungsprotokoll, welches er dem Beklagten mitteilte.
Mit Schriftsatz des Beklagten vom 14. März 2001 erweiterte er die Klage wegen neuerlicher Mietrückstände. Ferner forderte der Beklagte die Mieter auf, bis zum 31. März 2001 Renovierungsarbeiten vorzunehmen, die der Beklagte jedoch nicht näher bezeichnete. Mit Schriftsatz des Beklagten vom 21. Mai 2001 kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs. Ferner forderte der Beklagte die Mieter auf, die Wohnung bis zum 30. Juni 2001 zu renovieren.
Mit (außergerichtlichem) Schreiben vom 28. Mai 2001 an den Prozessbevollmächtigten der Mieter verlangte der Beklagte - unter Verkürzung der zuvor gesetzten Frist bis zum 20. Juni 2001 - erneut Renovierung, wiederum ohne die verlangten Arbeiten näher zu bezeichnen.
Durch Schriftsatz vom 20. Juni 2001, zugestellt am 25. Juni 2001, erhöhte der Beklagte die Klage um weitere 8.001,90 DM. Darin waren - außer einer weiteren rückständigen Monatsmiete - in erster Linie 6.908,93 DM [3.532,48 €] Renovierungskosten enthalten. Mit dem Schriftsatz überreichte der Beklagte den Kostenvoranschlag des Malermeisters T vom 18. Juni 2001, wonach der vorgenannte Betrag zur Renovierung der Wohnung erforderlich sei. Die Mieter beriefen sich darauf, dass die vorzunehmenden Arbeiten nicht ordnungsgemäß aufgelistet seien. Mit Schriftsatz vom 13. August 2001 überreichte der Kläger das Begehungsprotokoll vom 13. Januar 2001.
In der Folgezeit holte das Amtsgericht, in erster Linie wegen der Feuchtigkeitsschäden, zwei Sachverständigengutachten ein. Die Klage hatte in erster Instanz im Wesentlichen Erfolg. Soweit für den vorliegenden Regressprozess von Interesse, sprach das Amtsgericht Essen dem Kläger durch Urteil vom 9. August 2004 Renovierungskosten in Höhe von 3.532,46 € zu.
Die Berufung der Mieter richtete sich unter anderem gegen die Verurteilung zur Zahlung von Renovierungskosten. Sie machten geltend, das Amtsgericht habe nicht ausgeführt, worin es einen stark renovierungsbedürftigen Zustand der Wohnung sehe. Außerdem sei die Fristsetzung mit Ablehnungsdrohung nicht genau genug gewesen. Der Kläger hätte sie im Einzelnen auffordern müssen, welche "Mängel" zu beseitigen seien.
Die Berufung der Mieter hatte im Hinblick auf die Renovierungskosten weitgehend Erfolg. Die Berufungskammer des Landgerichts Essen hielt in ihrem Urteil vom 27. Januar 2005 (10 S 393/04) insoweit lediglich eine Forderung des Klägers in Höhe 421,30 € für berechtigt. In Höhe von 3.111,18 € wies die Berufungskammer den Anspruch des Klägers auf Renovierungskosten zurück. Unter anderem führte sie aus, der Kläger habe keine wirksame Frist mit Ablehnungsdrohung gesetzt, sondern nur allgemeine Angaben für die erforderlichen Schönheitsreparaturen gemacht; die Mieter hätten die Erfüllung ihrer Verpflichtung auch nicht ernsthaft und endgültig verweigert.
Die Regessklage ist am 19. Dezember 2007 eingegangen und am 8. Februar 2008 zugestellt worden. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger die Verzögerung nicht zu vertreten.
Der Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Zeugin C2 (die frühere Mieterin), den Zeugen L (den früheren Mieter) sowie den Zeugen C vernommen. Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 7.135,91 € nebst Zinsen sowie vorprozessuale Anwaltskosten zu zahlen. Es hat angenommen, dass das Schreiben des Beklagten vom 21. Mai 2001 zu unbestimmt gewesen sei. Ferner sei dem Beklagten vorzuwerfen, dass er den Zeugen C im Vorprozess nicht zum Beweis des von den Mietern verursachten Zustands der Wohnung benannt habe. Dann wäre dem Kläger der Beweis gelungen, dass die im Kostenvoranschlag vom 18. Juni 2001 aufgeführten "Schäden" von den Mietern verursacht worden und von ihnen zu beseitigen seien. Bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten hätte der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 3.111,18 € gegen seine früheren Mieter durchsetzen können. Ferner hätte der Kläger die Kosten des Vorprozesses in Höhe von 4.024,73 € nicht tragen müssen. Der Regressanspruch des Klägers gegen den Beklagten sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist habe erst mit der ersten für den Kläger nachteiligen Gerichtsentscheidung begonnen, mithin am 27. Januar 2005. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung macht der Beklagte vornehmlich geltend, dass der Regressanspruch verjährt sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Essen vom 16. Oktober 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger meint, dass die Verjährung des Regressanspruchs mit der Kenntnis von der Falschberatung begonnen habe, also mit Kenntnis des Berufungsurteils des Landgerichts Essen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der beigezogenen Akten 23 C 348/00 - Amtsgericht Essen = 10 S 393/94 - Landgericht Essen, das Sitzungsprotokoll sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 26. Mai 2009 Bezug genommen.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
Der Anspruch des Klägers wegen anwaltlicher Pflichtverletzung richtet sich noch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, weil der Anwaltsvertrag der Parteien vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Zwar hat der Beklagte seine anwaltlichen Pflichten verletzt, weil er die Wohnungsmieter im Vorprozess nur unspezifiziert zur Vornahme von Renovierungsarbeiten aufgefordert hat, jedoch ist ein auf diese Pflichtverletzung gestützter Anspruch verjährt (§ 51b Alt. 1 BRAO aF; dazu unten 1). Die Nichtbenennung des Zeugen C im Vorprozess ist bereits keine Pflichtverletzung; dadurch ist auch kein Schaden verursacht worden (dazu unten 2).
1. Das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 findet auf das bereits im Jahr 2000/2001 beendete Mietverhältnis keine Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB). Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Mieter seiner Wohnung wegen unterlassener Renovierungsarbeiten richtete sich daher nach § 326 BGB aF (vgl. BGHZ 105, 71, 79; aus dem damals maßgeblichen Schrifttum siehe Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., 2002, § 535 Rn. 50; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 548 Rn. 106).
a) Diese Anspruchsgrundlage umfasst das gesamte Schadensersatzverlangen des Klägers gegenüber den früheren Mietern der Wohnung. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht daneben kein Anspruch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung gegen die Mieter wegen einer Substanzverletzung der Mietsache. Die Substanz der Mietsache ist nicht beeinträchtigt worden. Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, dass die von den Mietern vorgenommenen Tapezier- und Anstricharbeiten nicht in jeder Hinsicht fachgerecht ausgefallen seien. Als Schaden kann der Vermieter insoweit lediglich geltend machen, dass die Kosten für die Nachbesserung höher ausfallen als bei einem Auszug des Mieters ohne die von ihm durchgeführten Arbeiten (BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313, Tz. 14; LG Köln, WuM 2007, 125, 126; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., 2007, § 538 BGB Rn. 339). Für einen solchen Zusatzaufwand ist hier nichts ersichtlich.
b) Voraussetzung des Anspruch aus § 326 BGB aF ist unter anderem eine spezifizierte Leistungsaufforderung. Der Vermieter muss den Mieter auffordern, die fällige Leistung zu bewirken und dazu spezifiziert angeben, in welchen Räumen welche Arbeiten an welcher Stelle vorzunehmen sind. Das galt vor den Reformen des Miet- und Schuldrechts (siehe Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 548 BGB Rn. 113) ebenso wie heute im Rahmen von § 281 BGB nF (KG, NJW-RR 2007, 1601; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., 2009, Rn. IX 145). Die Verpflichtung des Beklagten, auch diese materiellrechtliche Voraussetzung der Anspruchsgrundlage zu schaffen, war nicht nur dem Gebot des sichersten Weges geschuldet, sondern um den Anforderungen der Anspruchsgrundlage überhaupt zu genügen. Wie das Landgericht unter II 1 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zutreffend angenommen hat, hat der Beklagte dem jedoch nicht Rechnung getragen.
c) Es kann dahinstehen, ob durch diese Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden verursacht worden ist (§ 249 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO). Dies wäre nicht der Fall, wenn der Kläger ohnehin keinen Schadensersatzanspruch gegen die Mieter wegen nicht vorgenommener, aber fälliger Renovierungsarbeiten gehabt hätte, weil die formularmäßige Überwälzung der Renovierungsverpflichtung auf die Mieter im vorliegenden Fall so ausgestaltet war, dass sie wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam war (§ 9 Abs. 1 AGBG; jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dafür spricht die konkrete Ausgestaltung der Grundverpflichtung unter § 23 Abs. 3 Satz 1 des Mietvertrags. Diese Formularbestimmung sieht vor, dass der Mieter, Schönheitsreparaturen schon dann vorzunehmen hat, sobald "das Aussehen der Wohnräume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist". Das bedeutet - jedenfalls bei der auch im Individualprozess maßgeblichen "kundenfeindlichsten" Auslegung von Formularbestimmungen (BGHZ 176, 244, Tz. 18) -, dass der Mieter die Wohnung bereits bei leichten bis mittelgradigen Abnutzungsspuren renovieren muss. Diese können sich gerade in einer frisch renovierten Wohnung frühzeitig einstellen, ohne dass objektiv bereits Renovierungsbedarf besteht. Das führt im ungünstigsten Fall zu einer Verpflichtung zur nahezu ständigen Beseitigung von Abnutzungsspuren. Dies macht jedes Wohnen praktisch weitgehend unmöglich.
d) Darauf kommt es im vorliegenden Fall nicht an, denn der Regressanspruch des Klägers ist verjährt. Das bestimmt sich nach § 51b Alt. 1 BRAO aF. Danach verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Regelung des § 51b BRAO ist gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V. mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB weiter anzuwenden, falls der primäre Schadensersatzanspruch - wie hier - vor dem 15. Dezember 2004 entstanden ist (BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, NJW 2009, 1350, Tz. 8).
aa) Der Schaden ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht erst mit dem Urteil der Berufungszivilkammer vom 27. Januar 2005 eingetreten, sondern bereits am 2. Juli 2001. Lässt ein Rechtsanwalt eine Mandantenforderung gegen einen Dritten verjähren, beginnt die Verjährung des Regressanspruchs gegen den Anwalt nicht erst, wenn der Schuldner des Mandanten die Verjährungseinrede erhebt und auch nicht erst mit einer darauf beruhenden Gerichtsentscheidung (BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 134/99, NJW 2000, 2661 unter III 1; Fahrendorf in: Rinsche/Fahrendorf/ Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn. 1034 m.w.N.).
bb) Die Verjährung des Anspruchs des Klägers gegen die Mieter richtet sich nach § 558 Abs. 1 und 2 BGB aF. Dieser Vorschrift unterfällt sowohl die Verjährung des Anspruchs auf Vornahme fälliger Schönheitsreparaturen als auch die Verjährung des wegen Nichterfüllung der vorgenannten Verpflichtung begründeten Schadensersatzanspruchs aus § 326 BGB aF (Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 558 BGB Rn. 32 m.w.N.). Das deckt sich mit der heutigen Rechtslage nach Maßgabe des dem § 558 BGB aF entsprechenden § 548 BGB nF (Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 9. Aufl., 2007, § 548 BGB Rn. 34; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., 2009, Rn. IX 231, XIII 187, jew. m.w.N.).
(1) Die sechsmonatige Verjährungsfrist des Erfüllungsanspruchs auf Vornahme von Renovierungsarbeiten beginnt mit der Rückgabe der Mietsache. Unter Rückgabe ist die Herbeiführung einer Art der Sachherrschaft zu verstehen, die den Vermieter in die Lage versetzt, die Mietsache auf etwaige Mängel zu untersuchen (BGHZ 98, 59, 63; BGH, Urteil vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04, NJW 2006, 2399, Tz. 21). Erforderlich ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe durch den Mieter, wovon der Vermieter Kenntnis erlangen muss (BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 - XII ZR 48/03, NJW 2006, 1963, Tz. 12). Freien Zugang erhält der Vermieter in der Regel durch Übergabe der Wohnungsschlüssel (zur damals maßgeblichen Rechtslage: Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 558 BGB Rn. 49; ebenso zur heutigen Rechtlage: Staudinger/Rolfs, BGB, 2006, § 548 Rn. 30). Die Verjährung des Erfüllungsanspruchs des Klägers gegen seine Mieter begann danach am 2. Januar 2001. Der Erfüllungsanspruch verjährte mit Ablauf des 2. Juli 2001.
(2) Ist der Erfüllungsanspruch verjährt, ist es nicht mehr möglich, ihn in einen Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB aF umzuwandeln (BGHZ 104, 6, 13; BGH, Urteil vom 17. März 1999 - XII ZR 101/97, NZM 1999, 478 unter 6; aus dem damals maßgeblichen Schrifttum siehe Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., 2002, § 548 Rn. 11; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 558 Rn. 32; ebenso zur heutigen Rechtslage: Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., 2009, Rn. IX 143). Ein solcher Fall ist hier eingetreten. Der Beklagte hat es nicht vermocht, den Erfüllungsanspruch des Klägers vor Ablauf des 2. Juli 2001 wirksam in einen Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB aF umzuwandeln. Die Fristsetzung in den Schriftsätzen des Beklagten vom 14. März, 21. und 28. Mai 2001 war mangels spezifizierter Leistungsaufforderung unwirksam. Dem Schriftsatz vom 20. Juni 2001 war zwar der Kostenvoranschlag eines Fachhandwerkers beigefügt; dieser war jedoch ebenfalls unzureichend, weil lediglich allgemeine Angaben über Quadratmeter gemacht worden sind. Zudem enthielt dieser Schriftsatz keine neue - und gegebenenfalls erstmals wirksame - Fristsetzung mit Ablehnungsdrohung. Das Begehungsprotokoll vom 13. Januar 2001, das als solches zur Spezifierung grundsätzlich ausreicht (siehe Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 548 BGB Rn. 113; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., 2009, Rn. IX 148), fügte der Beklagte erst seinem Schriftsatz vom 13. August 2001 bei. Dies war zum einen verspätet; zum anderen fehlte auch hier eine neue und gegebenenfalls erstmals wirksame Fristsetzung mit Ablehnungsdrohung.
cc) Die maßgebliche sechsmonatige Verjährungsfrist des § 558 Abs. 1 BGB aF lief somit am 2. Juli 2001 ab. Zu diesem Zeitpunkt trat der Schaden im Sinne von § 51b Alt. 1 BRAO aF ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte die Mieter mangels spezifizierter Leistungsaufforderung nicht wirksam zur Vornahme von Renovierungsarbeiten aufgefordert.
dd) Primärverjährung des Regressanspruchs ist mit Ablauf des 2. Juli 2004 eingetreten. Dem Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf den Eintritt der Primärverjährung zu berufen. Das wäre nur dann der Fall, wenn dem Kläger ein - bei Erhebung der Regressklage nicht verjährter - Sekundäranspruch zustünde, der die Einrede ausschlösse (vgl. BGHZ 94, 380, 385; BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, NJW 2008, 2041, Tz. 33). Daran fehlt es. Zwar hatte der Beklagte Anlass, auf eigenes anwaltliches Verschulden hinzuweisen, nachdem die Mieter sich im Vorprozess darauf berufen hatten, dass die Leistungsaufforderung unspezifiziert und die Fristsetzung damit unwirksam war. Sekundärverjährung ist aber gemäß § 51 b Alt. 1 BRAO a.F. am 2. Juli 2007 eingetreten. Die Regressklage ist erst danach, nämlich am 19. Dezember 2007, bei dem Landgericht eingegangen.
ee) Schlüssige Tatsachen, aus denen sich eine Hemmung der Verjährung ergibt, hat der Kläger nicht vorgetragen.
2. Das Landgericht hat ohne nähere Begründung eine Pflichtverletzung des Beklagten darin gesehen, dass er im Vorprozess den Zeugen C nicht zum Zustand der vermieteten Wohnung bzw. zur Verursachung dieses Zustands durch die Mieter benannt hat. Dem ist nicht zuzustimmen.
a) Den Zustand der Wohnung hat Sachverständige U in seinem in erster Instanz des Vorprozesses eingeholten Gutachten eingehend fotografisch dokumentiert. Das Amtsgericht Essen hat in seinem Urteil vom 9. August 2004 keinen weiteren Beweisantritt vermisst. Allerdings hat in zweiter Instanz des Vorprozesses die Berufungszivilkammer in ihrem Urteil vom 27. Januar 2005 darauf abgestellt, der Kläger habe nicht unter Beweis gestellt, dass die Mieter die beanstandeten "Schäden" verursacht hätten; dem Sachverständigen U sei nicht bekannt, welche Schäden von diesen Mietern verursacht worden seien (Seite 5 des Berufungsurteils = Bl. 343 der Beiakten). Diese Bewertung im Urteil der Berufungszivilkammer war aus Anwaltssicht nach dem gesamten Verlauf des Vorprozesses überraschend. Nach dem Inhalt der Berufungsbegründung der Mieter musste der Beklagte nicht damit rechnen, dass es auf einen zusätzlichen Beweisantritt für den Zustand der Wohnung ankommen werde. Für den Beklagten war nicht vorhersehbar, dass die Berufungskammer diese Anforderung in ihrem Urteil aufstellt. Die Kammer hat keinen darauf gerichteten Hinweis dokumentiert, weder im Sitzungsprotokoll noch zuvor.
b) Eine etwaige Pflichtverletzung wäre zudem nur dann zu berücksichtigen, wenn sie eine eigenständige Schadensfolge gezeitigt hätte (BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, Tz 16). Daran fehlt es. Wie ausgeführt, war es nach Eintritt der Verjährungsfrist des Erfüllungsanspruchs nicht mehr möglich, einen Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB aF zu begründen. Die Aussage des Zeugen C hätte somit nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ausgang des Vorprozesses geführt, weil der Beklagte schon die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch aus § 326 BGB aF vor Verjährungseintritt nicht geschaffen hatte. Zwar haben sich die Mieter im Vorprozess nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Es ist aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 Abs. 1 ZPO) zu erwarten, dass sie diese sichere Verteidigungsmöglichkeit ergriffen hätten, wenn der Beklagte einen weiteren Zeugen zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen benannt hätte.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
OLG Hamm:
Urteil v. 14.07.2009
Az: 28 U 14/09
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