Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. Juli 2002
Aktenzeichen: I-20 U 137/98

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.07.2002, Az.: I-20 U 137/98)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 19. August 1998 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Inhaber der deutschen Wortmarken "S." (eingetragen für "Diamanten zur Weiterverarbeitung als Schmuckwaren") und "C." (eingetragen für "Edelsteine zur Weiterverarbeitung als Schmuckwaren"). Er produziert und vertreibt unter den angegebenen Marken Diamanten und (zumindest über seinen Lizenznehmer P.) Farbedelsteine, die sich durch besondere, nach Angaben des Klägers für ihn patentrechtlich geschützte Schliffe auszeichnen.

Der Beklagte handelt mit Edelsteinen aller Art, wobei er sowohl Steine aus eigener Herstellung als auch hinzuerworbene Fremdprodukte vertreibt.

Am 03. Juli 1997 suchte der Beklagte die Geschäftsräume der Zeugin H. auf, die ein Goldschmiede- und Juweliergeschäft betreibt. Er bot der Zeugin aus seinem Sortiment u.a. Farbedelsteine an, wobei er sich mündlich auf "S." und "C." bezog. Über den genauen Inhalt des Verkaufsgesprächs streiten die Parteien. Daraufhin bestellte die Zeugin H. unter dem 10. Juli 1997 beim Beklagten zwei Granatsteine "im Schliff S.". Er lieferte die bestellten Steine mit Lieferschein vom 14. Juli 1997. In dem Lieferschein und der Rechnung vom 18. Juli 1997 sind die Steine als "2 Rhodolithe" bezeichnet.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte habe durch das Verkaufsangebot und die spätere Lieferung von zwei Farbedelsteinen, die nicht von ihm, dem Kläger, bzw. seinem Lizenznehmer stammten, an die Zeugin H. seine Markenrechte verletzt. Er hat daher beantragt,

I. den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Vertrieb von Edelsteinen, Halbedelsteinen oder Farbsteinen, die nicht von dem Kläger stammen oder mit seiner Zustimmung hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, die Marken

"S."

und/oder

"C."

zu benutzen, insbesondere vorstehend genannte Erzeugnisse im Verkaufsgespräch mit den vorstehend aufgeführten Marken zu bezeichnen,

2. ihm - dem Kläger - über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten und die Marken "S." und "C." betreffenden Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe

a) der Mengen der hergestellten, ausgelieferten bzw. bestellten Edelsteine, Halbedelsteine oder Farbsteine;

b) des mit den Edelsteinen, Halbedelsteinen oder Farbsteinen erzielten Gesamtumsatzes;

c) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer vorstehend bezeichneter Edelsteine, Halbedelsteine oder Farbsteine;

d) des Umfanges der betriebenen Werbung, auf geschlüsselt nach Werbeträgern, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

e) des mit den Edelsteinen, Halbedelsteinen und Farbsteinen erzielten Gewinns unter Angabe sämtlicher Kostenfaktoren.

II. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm - dem Kläger - allen Schaden zu erstatten, der ihm aus den vorstehend unter I.1. bezeichneten, die Marken "S." und/oder "C." betreffenden Handlungen entstanden ist und künftighin entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe die betreffenden Steine im Juni 1997 auf den Mineralientagen in S./F. unter den streitgegenständlichen Bezeichnungen erworben, so dass von einer Herstellung durch den Kläger oder dessen Lizenznehmer auszugehen sei.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Sein Verhalten sei als Markenverletzung anzusehen. Dass die Steine vom Kläger oder dessen Lizenznehmer stammten, sei nicht hinreichend dargetan.

Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten. Er macht weiterhin geltend, es habe sich um Originalstücke aus dem Hause des Klägers bzw. dessen Lizenznehmers gehandelt. Er beantragt daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich das Verbot des Tenors zu I.1. allein auf die Bezeichnung der Marken im Verkaufsgespräch beziehen solle.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, bei den Verkaufsverhandlungen am 03. Juli 1997 sei der Zeugin H. klar gewesen, dass es sich nicht um Farbedelsteine aus dem Hause des Klägers gehandelt habe, die Verwendung der Ausdrücke "S." und "C." sich vielmehr allein auf die Schliff-Form bezogen habe. Der Beklagte habe nämlich erklärt, beim "S."-Schliff handele es sich um einen alten Schliff, den sein Schleifer bereits seit Urzeiten anwende und für den die Rechte nicht allein beim Kläger lägen. Hinsichtlich der als "C." angebotenen Steine habe der Beklagte im Hinblick auf die von ihm verlangten günstigen Preise erklärt, er arbeite mit geringerem Verwaltungsaufwand als der Kläger bzw. sein Lizenznehmer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Der Senat hat nach Beweisaufnahme das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a) und b) der Markenrechtsrichtlinie vorgelegt.

Gründe

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

I.

Markenrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht zu.

1.

a) Der Kläger hat, nachdem im Prozess die Erklärungen des Beklagten zu den von ihm angebotenen Farbedelsteinen zunächst nur sehr allgemein vorgetragen worden waren (vgl. Klageschrift Bl. 3 GA sowie Berufungserwiderung Bl. 120/121 GA), erstmals mit Schriftsatz vom 04. August 1999 (Bl. 154 ff. GA) und unter Bezugnahme auf eine schriftliche Erklärung der Zeugin H. (Anlage F 4) sowie die Nachfrage der Zeugin (Anlage F 5) dazu eine detaillierte Schilderung aus seiner Sicht abgegeben. Danach war der Zeugin H. auf Grund der Erläuterungen des Beklagten klar, dass mit der mündlichen Erwähnung von "S." und "C." nicht eine Herkunft der Farbedelsteine aus dem Hause des Klägers oder seines Lizenznehmers behauptet wurde, damit vielmehr lediglich die Schleifart beschrieben wurde und die Farbedelsteine aus einer anderen, von dem Kläger unabhängigen Quelle behauptet wurden.

Von dieser Darstellung ist der Senat in seinem Beschluss vom 23. Dezember 1999 ausgegangen.

b) Das Verhalten des Beklagten stellt keine Markenverletzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a) und b) der Markenrechtsrichtlinie (= § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG) dar, wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Mai 2002 - für den Senat verbindlich (vgl. BGH NJW 2002, 1881 unter II.1. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH) - entschieden hat.

2.

Der Kläger hat sich auch nicht die - teilweise entgegenstehenden - Behauptungen des Beklagten eigen gemacht. Im übrigen stünden ihm auch danach markenrechtliche Ansprüche nicht zu. Zwar hätte danach der Beklagte die Marken zur Kennzeichnung der Herkunft der Farbedelsteine benutzt, jedoch lägen gleichzeitig die Voraussetzungen des § 24 MarkenG vor.

3.

Ob im Rahmen des Art. 5 Abs. 2 der Markenrichtlinie (= § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) ein weitergehender "Benutzungs-"Begriff zu Grunde zu legen wäre, kann offenbleiben, da der Kläger nichts dafür vorgetragen hat, dass es sich bei seinen Marken um innerhalb beteiligter Verkehrskreise bekannte Marken handelt.

Eines Hinweises dazu durch den Senat bedarf es nicht, weil der Kläger diese Möglichkeit ausweislich seiner Stellungnahme zum Europäischen Gerichtshof gesehen hat (Bl. 289R GA).

II.

Etwaige patent-, gebrauchsmuster- oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche des Klägers sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Das Patent EP 0... ist ersichtlich nur informationshalber in das Verfahren eingeführt worden, ohne dass der Kläger daraus in diesem Verfahren patentrechtliche Ansprüche herleiten würde.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Sie umfasst auch die Kosten des Zwischenverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (vgl. BGH WM 1977, 794, 795; Gerold/Schmidt/Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 113a Rdnr. 3; Swolana/Hansens, BRAGO, 7. Aufl., § 113a Rdnr. 12; Riedel/Sußbauer-Schneider, BRAGO, 8. Aufl., § 113a Rdnr. 14; Anwaltskom.-Wahlen, BRAGO, § 113a Rdnr. 14; Schneider NJW 1972, 1596; Riegel NJW 1975, 1056; aA nur Hartmann, Kostengesetze, Einf. § 113 BRAGO Rdnr. 9).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich. Die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsfrage ist verbindlich durch den Europäischen Gerichtshof entschieden worden.

Berufungsstreitwert: 100.000,00 DM






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.07.2002
Az: I-20 U 137/98


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