Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. Juni 2001
Aktenzeichen: 19 U 199/00

(OLG Köln: Urteil v. 29.06.2001, Az.: 19 U 199/00)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 27. Juli 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 169/00 - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Klägerin eine Forderung in Höhe von 4.105,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 3. März 2000 gegen die Insolvenzmasse hat. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 81 %, die Beklagte 19%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 3.800,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird gestattet, die Sicherheit durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten. Die Beschwer der Klägerin und die Beschwer der Beklagten liegen jeweils unter 60.000,-- DM. Die Revision wird bezüglich des Anspruchs auf Zahlung der Pacht für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Feststellung einer Masseforderung von 12.920,00 DM) zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Treuhänderin im vereinfachten Insolvenzverfahren (§§ 311 ff. InsO) über das Vermögen der Gemeinschuldnerin P.Y.. Diese hatte von der Klägerin am 12. Dezember 1997 das Objekt H. 181 in K. zum Betrieb der Gaststätte "T." nebst zugehöriger Wirtewohnung, in der sie mit ihrer Familie fortan wohnte, zu einem monatlichen Pachtzins von 10.200,-- DM gepachtet. Der Vertrag, wegen dessen näherer Einzelheiten auf AH 1 ff. verwiesen wird, berechtigte die Klägerin, bei Zahlungsverzug mit zwei Raten oder sonstigem Leistungsunvermögen fristlos zu kündigen.

1999 geriet die Gemeinschuldnerin zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten. Die Klägerin vereinbarte mit ihr die Tilgung eines aufgelaufenen Zahlungsrückstandes von 40.800,-- DM in monatlich neben der Pacht zu zahlenden Raten von 7.500,-- DM. Auf Antrag der Innungskrankenkasse vom 4. Mai 1999 wurde die Beklagte im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens am 14. Juli 1999 zur vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt mit der Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Es wurde ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordnet, ferner wurde die Beklagte ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Gemeinschuldnerin zu handeln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben schon vor Verfahrenseröffnung dringend erforderlich werde (AH 53 f.).

Am 3. August 1999 forderte die Klägerin die Gemeinschuldnerin und die Beklagte auf, die ausstehende Pacht für August und die zusätzlich vereinbarte Rate auf die Altrückstände unter Androhung der Kündigung bis zum 15. August 1999 zu zahlen (AH 16 ff.), und sprach am 20. August 1999 die Kündigung aus. Die Gemeinschuldnerin räumte nicht, sondern nutzte das Objekt weiter.

Nachdem am 9. September 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beklagte zur Treuhänderin ernannt worden war (AH 55), sprach die Klägerin wegen der inzwischen offenen Raten für August bis Oktober 1999 am 8. Oktober 1999 erneut die fristlose Kündigung aus und forderte unverzügliche Rückgabe des Objekts, spätestens bis zum 14. Oktober 1999. Die Beklagte verweigerte auch auf weitere Schreiben der Klägerin zunächst die Räumung, da die Gegenstände der privaten Wohnung wegen ihrer Unpfändbarkeit nicht dem Insolvenzbestand unterlägen (AH 31).

Daraufhin reicht die Klägerin am 3. November 1999 beim Landgericht Köln Räumungsklage ein; am 9. November 1999 räumte die Gemeinschuldnerin das Objekt freiwillig. Die Klägerin nahm die Klage zurück, wodurch ihr Kosten von insgesamt 3.552,80 DM netto entstanden sind.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Dezember 1999 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die insgesamt rückständige Pacht von 35.700,-- DM sowie die Bruttokosten der Klagerücknahme, insgesamt 39.636,44 DM, zu zahlen. Die Beklagte zahlte darauf am 7. Januar 2000 22.780,-- DM auf die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Pachtzinsen (9. September bis 15. November 1999).

Mit der Klage hat die Klägerin die Nettokosten der Klagerücknahme (3.552,80 DM), den Pachtzins von August 1999 bis zum 8. September 1999 (12.920,-- DM) und Anwaltskosten von 552,50 DM verlangt, welche durch die Anmahnung der verspätet gezahlten 22.780,-- DM entstanden seien.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe der zahlungswilligen und -fähigen Gemeinschuldnerin im August 1999 die Zahlung der Augustpacht verboten.

Sie ist der Ansicht gewesen, im Hinblick auf die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallenen Pachtzinsen sei eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO geboten; diese Vorschrift dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass anstelle eines allgemeinen Verfügungsverbots nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet werde.

Die Beklagte habe sich mit der Räumung des Objekts in Verzug befunden und sei deshalb verpflichtet, die Kosten der zurückgenommenen Räumungsklage, bei denen es sich um eine Masseverbindlichkeit handele, zu ersetzen.

Die Klägerin hat mit der Behauptung, Bankkredit mit einem Zinssatz von 8% in Anspruch zu nehmen, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 17.024,30 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 3. März 2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Pachtforderung stelle eine einfache Insolvenzforderung dar. Die Kosten der Räumungsklage habe sie nicht zu tragen, da sie zur Räumung des Pachtobjekts nicht verpflichtet gewesen sei; die Gegenstände der Privatwohnung habe sie nämlich nicht verwerten dürfen (§ 313 Abs. 3 InsO). Der Geltendmachung außergerichtlicher Mahnkosten stehe die Regelung des § 118 Abs. 2 BRAGO entgegen.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Kosten der Räumungsklage (3.552,80 DM nebst 4% Zinsen) stattgegeben, weil die Beklagte mit der Aussonderung des Objekts in Verzug gewesen sei. Der Möglichkeit einer Räumung durch die Beklagte habe nicht entgegen gestanden, dass das Objekt teilweise privat als Wohnung genutzt worden sei. Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen, weil es sich bei der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Pachtforderungen nicht um eine Masseverbindlichkeit gehandelt habe; § 55 Abs. 2 InsO sei bei der Bestellung eines schwachen Insolvenzverwalters auch nicht entsprechend anwendbar. Die entstandenen Mahnkosten seien nicht Folge des Verzuges der Beklagten, da die Mandatierung der Rechtsanwälte schon vor Verzugsbeginn erfolgt sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil (GA 58 ff.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung beider Parteien.

Die Klägerin nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, die Anwendung von § 55 Abs. 2 InsO auf den vorliegenden Fall sei zur Vermeidung grober Unbilligkeiten erforderlich. Zum Verzugsschaden meint sie, die Beauftragung der bereits für sie tätigen Anwälte mit der Mahnung stelle einen ersatzfähigen Schaden dar, da diese in Reaktion auf die Nichtzahlung durch die Beklagte erfolgt sei.

Am 6. September 2000, also nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, hat die Beklagte gegenüber dem Amtsgericht Köln die Masseunzulänglichkeit angezeigt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Zahlung weiterer 13.472,50 nebst 8 % Zinsen von (insgesamt) 17.025,30 DM seit dem 3. März 2000 (Zustellung des Mahnbescheides) zu zahlen;

hilfsweise auszusprechen, dass die Forderung der Klägerin in Höhe von insgesamt 17.025,30 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 3. März 2000 zur Insolvenztabelle festgestellt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, aufgrund der angezeigten Masseunzulänglichkeit sei die Klage insgesamt bereits unzulässig. In der Sache verbiete sich eine analoge Anwendung von § 55 Abs. 2 InsO auf den vorliegenden Fall, da die ausufernde Begründung von Masseverbindlichkeiten dem Zweck des Insolvenzverfahrens zuwiderlaufe. Ein Anspruch auf Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 552,50 DM stehe der Klägerin nicht zu, weil die Anwälte bereits vor Verzugsbeginn mandatiert gewesen seien.

Das Landgericht habe zu Unrecht einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Räumungsklage zuerkannt. Sie sei mit der Rückgabe des Pachtobjekts nicht in Verzug geraten, weil die Klägerin ihr Aussonderungsrecht nicht hinreichend spezifiziert und eine zu kurze Frist gesetzt habe. Sie sei auch berechtigt gewesen, vor Erteilung eines Vollstreckungsauftrags zur Räumung das Ergebnis der Gläubigerversammlung abzuwarten, die am 2. November 1999 stattgefunden hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung der Klägerin und die (selbstständige) Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig. In der Sache hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich der anwaltlichen Mahnkosten von 552,50 DM Erfolg. Die Berufung der Beklagten führt wegen der inzwischen angezeigten Massunzulänglichkeit dazu, dass die Klägerin nicht mehr Leistung, sondern nur noch Feststellung der Forderung zu Insolvenzmasse verlangen kann, wie sie dies mit dem Hilfsantrag begehrt. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

I. Berufung der Klägerin:

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung der Pachtzinsen von 12.920,-- DM für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahren (August bis 9. September 1999) sowie die Klage auf Ersatz weiterer Anwaltskosten von 552,50 DM abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

1. Unzulässigkeit der Leistungsklage nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit:

Soweit die Klägerin auch in der Berufungsinstanz in erster Linie die Zahlungsklage weiterverfolgt, hat sie keinen Erfolg. Nachdem die Beklagte die Unzulänglichkeit der Masse angezeigt hat, ist die auf Leistung gerichtete Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. In Betracht kommt nur - die hier hilfsweise erhobene - Feststellungsklage. Dies entspricht der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (vgl. dazu Kübler/Prütting-Pape, Kommentar zur Insolvenzordnung (2000), § 210 Rn. 7; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung-Landfermann, 2. Aufl. (2001), § 210 Rn. 5; Hess/Weis/Wienberg, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. (2001), § 210 Rn. 15; Nerlich/Römermann-Westphal, InsO-Kommentar (2000), § 209 Rn. 18; Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl. (2001), S. 916, ferner Pape KTS 56 (1995), 189, 215). Auch erste Gerichtsentscheidungen treten dem bei (LAG Düsseldorf ZIP 2000, 2034).

Nach § 210 InsO ist die Vollstreckung wegen einer Altmasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Welche Auswirkungen diese Anzeige auf die Fortsetzung bereits anhängiger Rechtsstreitigkeiten zwischen Massegläubiger und Insolvenzverwalter hat, ist auch in der Insolvenzordnung nicht geregelt. Bereits für § 60 KO wurde in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten, eine entsprechende Leistungsklage müsse wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen werden (vgl. die Nachweise bei LAG Düsseldorf ZIP 2000, 2034, 2035). Das Gericht sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung für § 210 InsO abzuweichen.

Zwar gibt es in der Literatur vereinzelte Stimmen, die eine Leistungsklage im Falle des § 210 InsO weiterhin für zulässig halten (etwa Roth, Festschrift für Gaul, 1997, S. 573, 578; Runkel/Schnurbusch NZI 2000, 49). Zur Begründung wird angeführt, dass auch § 888 Abs. 3 ZPO eine Leistungsklage trotz fehlender Vollstreckbarkeit zulasse. Die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs sei mithin kein Merkmal der Zulässigkeit einer Leistungsklage. Einer (unzulässigen) tatsächlichen Vollstreckung aus diesem Leistungstitel stehe dann jedenfalls § 210 InsO entgegen. Zuletzt sei zu bedenken, dass dem Gläubiger auf diese Weise die Möglichkeit verbleibe, nach der Verfahrenseinstellung, § 211 InsO, gegen den Schuldner vollstrecken zu können (Roth, a.a.O.). Der Gesetzgeber habe folglich mit § 210 InsO nur ein Vollstreckungsverbot für den Fall der Masseunzulänglichkeit geregelt, nicht aber das Recht der Altmassegläubiger zur Erhebung der Leistungsklage einschränken wollen.

Diese Argumente vermögen nach Auffassung des Senats im Ergebnis nicht zu überzeugen. Dem Gesetzgeber war bei der Schaffung der Insolvenzordnung die Rechtsprechung zu § 60 KO bekannt. Gleichwohl hat er keine abweichende Regelung geschaffen. Daraus kann gefolgert werden, dass er die für die Konkursordnung aufgezeigten Folgen für das Erkenntnisverfahren auch für die neue Insolvenzordnung gebilligt hat. Es besteht auch keine Vergleichbarkeit zu der Regelung des § 888 Abs. 3 ZPO, die im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, zur Herstellung des ehelichen Lebens und zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und der Menschenwürde die Möglichkeit von Zwangsmaßnahmen ausschließt. Hier ist dem Schuldner die Vornahme der titulierten Leistung möglich, nur die Vollstreckung darf nicht mit den Mitteln staatlichen Zwangs erfolgen. Demgegenüber würde der Erlass eines Leistungstitels gegen den Insolvenzverwalter trotz Masseunzulänglichkeit von vorneherein darauf gerichtet sein, den Insolvenzverwalter zu einer tatsächlich nicht durchsetzbaren Leistung zu verurteilen. Demgegenüber ist davon auszugehen, dass der Verwalter nach der - selten vorkommenden - Überwindung der Masseunzulänglichkeit auch Massegläubiger, deren Ansprüche nur gerichtlich festgestellt sind, genau so behandeln wird wie die übrigen Massegläubiger (Pape ZInsO 2001, 60, 62). § 210 InsO hat den Zweck, die Befriedigung der Massegläubiger in einem gesetzmäßigen Verfahren zu erreichen und eine vorzeitige Entleerung der Masse außerhalb der gesetzlichen Befriedungsreihenfolge zu vermeiden (Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 210 Rn. 1). Damit wird aber bereits das "Bezugsrecht" des Altgäubigers bei Masseinsuffizienz gekürzt und eine materiellrechtliche Einrede begründet (Pape ZInsO 2001, 60, 62). § 210 InsO stellt nämlich nicht nur ein Vollstreckungsverbot, sondern ein gesetzliches Verbot der Leistung auf (Pape KTS 56 (1995), 189, 215). Der vorliegende Fall ist deshalb nicht mit der Klage gegen einen Schuldner, der tatsächlich nicht die Mittel zur Begleichung der Forderung besitzt, vergleichbar. Die Quote, mit der eine Masseforderung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu befriedigen ist, unterliegt während des Verfahrens Schwankungen, eine endgültige Fixierung ist praktisch erst am Ende der Masseverwertung durch den Verwalter im Rahmen des § 208 Abs. 3 InsO möglich (Pape ZInsO 2001, 60, 63; LAG Düsseldorf ZIP 2000, 2034, 2035).

Dem Erlass eines Leistungstitels steht ferner entgegen, dass der Insolvenzverwalter sich gegen die nach § 210 InsO verbotene Vollstreckung erst mit den entsprechenden vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen wehren müsste. Es kann aber nach Auffassung des Senats nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage bejaht werden, wenn das Urteil von vornherein - nach § 210 InsO kraft Gesetzes - nicht vollstreckbar ist (vgl. Dinstühler ZIP 1998, 1696, 1705; Pape KTS 56 (1995), 189, 215). Der gerichtliche Leistungstitel würde dem Gläubiger vielmehr etwas zusprechen, was dieser wieder erstatten müsste; hieran kann kein am prozessualen Nutzen ausgerichtetes Rechtsschutzinteresse bestehen (vgl. Nerlich/Römermann-Westphal, a.a.O., § 209 Rn. 18).

Dem Gläubiger nützte der Titel schließlich auch bei einer späteren Vollstreckung gegen den Schuldner nicht, weil es zum einen zur Auskehrung verwertbarer Massebestandteile an den Schuldner nach §§ 208 ff. InsO gerade nicht kommen soll und eine Umschreibung des Titels auf den Schuldner nach Verfahrensbeendigung auch erheblichen Zweifeln unterliegt, so dass, worauf Pape (InsO 2001, 60,63) zu Recht hinweist, praktisch keine Fälle verbleiben, in denen einem Massegläubiger das trotz Anzeige der Masseinsuffizienz gegen den Verwalter erstrittene Leistungsurteil nach Beendigung des Verfahrens überhaupt noch etwas nützt.

2. Zulässigkeit der Feststellungsklage:

Die Berufung der Klägerin ist aber mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zulässig. Die Klägerin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung, ob ihre Ansprüche als Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, wobei die hier jedenfalls sachdienliche Umstellung des ursprünglichen Leistungsbegehrens in einen Feststellungsantrag auch in der Berufungsinstanz nach §§ 523, 263, 264 ZPO zulässig ist (vgl. Münchener Kommentar/ZPO-Lüke, § 263 Rn. 43; Zöller-Gummer, ZPO, 22. Auflage (2001), § 523 Rn. 8).

a. Feststellung eines Masseanspruchs auf Zahlung der Pacht für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Der Klägerin steht gegen den Schuldner ein Anspruch auf Zahlung von 12.920,-- DM (Pachtzins vom August 1999 - 8. September 1999)zu. Dabei kann dahinstehen, ob die außerordentliche Kündigung des Pachtvertrags vom 20. August 1999 durch die Klägerin wirksam gewesen ist. Sowohl der Anspruch auf Pachtzinszahlung aus dem Pachtvertrag als auch der gesetzliche Anspruch aus § 597 BGB stellen "Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis" im Sinne der Insolvenzordnung dar (vgl. Bähr ZIP 1998, 1553, 1559).

Der Anspruch ist gemäß §§ 87, 89 InsO aber im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Er stellt entgegen der Auffassung der Klägerin keine Masseverbindlichkeit dar. Der insoweit allein denkbare § 55 Abs. 2 S. 2 InsO ist auf den Fall der Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Altern. 2 InsO weder direkt noch analog anwendbar.

Gegen die Anwendung der Vorschrift des § 55 Abs. 2 InsO lässt sich nach Auffassung des Senats nicht anführen, die Regelung werde für Dauerschuldverhältnisse ohnehin von § 108 Abs. 2 InsO verdrängt (offen bei LAG Hamm ZIP 2000, 590, 593; siehe auch RegE InsOÄndG 2001; dafür: Berscheid NZI 1999, 6, 8; ders. ZInsO 1999, 697, 698; ders. ZInsO 1998, 259, 261; Lakies BB 1998, 2368; Niesert InVO 1998, 85, 88; Wiester ZInsO 1998, 99, 103; dagegen: Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 55 Rn. 206ff.; Nerlich/Römermann-Andres, a.a.O., § 55 Rn. 135; Heidelberger Kommentar-Marotzke, a.a.O., § 108 Rn. 20; Bork ZIP 1999, 781, 782). Insofern schließt sich der Senat der herrschenden Meinung an, wonach § 108 InsO lediglich klarstellende Funktion hat und § 55 Abs. 2 InsO in seinem Anwendungsbereich der Regelung des § 108 Abs. 2 InsO vorgeht (vgl. dazu z.B. Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 55 Rn. 206ff.). Für eine Verdrängung des § 55 Abs. 2 InsO findet sich, worauf Pape zutreffend hinweist, im Gesetzgebungsverfahren kein Hinweis und eine allein ergebnisorientierte Auslegung kann eine Verkehrung eines Gesetzes in sein Gegenteil nicht rechtfertigen (Kölner Schrift zur Insolvenzordnung/Pape, 2. Aufl. 2000 S. 578 Fußnote 247 m.w.N.).

Eine direkte Anwendung der Vorschrift des § 55 Abs. 2 S. 2 InsO auf den sogenannten schwachen Insolvenzverwalter ist schon nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung der Vorschrift nicht gerechtfertigt. Dass die Vorschrift nur den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, also den starken Insolvenzverwalter, meint, ergibt sich aus der Formulierung, "soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat". Der Wortlaut der Bestimmung setzt also voraus, dass das Vermögen vom Insolvenzverwalter "verwaltet" und die Gegenleistung von ihm "in Anspruch genommen" wird. Beides ist beim vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gerade nicht der Fall. Nicht der schwache Insolvenzverwalter, sondern die allein verfügungsbefugte Gemeinschuldnerin nimmt die Leistung aus dem Dauerschuldverhältnis "i Anspruch". Auch die Stellung der Vorschrift macht deutlich, dass hier nur der im vorangehenden Satz 1 ausdrücklich beschriebene vorläufige Insolvenzverwalter gemeint ist, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist (etwa Frankfurter Kommentar-Schulz, a.a.O., § 55 Rn. 17); dies ist hier nicht der Fall.

Auch eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO auf den vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt scheidet im Ergebnis aus. Der Senat schließt sich der ganz herrschenden Meinung zu dieser Frage an (Breutigam/Blersch/Goetsch, Berliner Praxiskommentar (2000), § 55 Rn. 52; Frankfurter Kommentar-Schulz, a.a.O., § 55 Rn. 17; Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 55 Rn. 6, 196; Nerlich/Römermann-Andres, a.a.O., § 55 Rn. 128; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2.Aufl. (1998), S. 132; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. (2001), Kap. 3 Rn. 321 (S. 299ff.); Smid, Grundzüge des neuen Insolvenzrechts, 3.Aufl. (1999), S. 75; Jaffe/Hellert ZIP 1999, 1204; ferner - ohne nähere Begründung - Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, S. 240; Bähr ZIP 1998, 1553, 1559; Hauser/Hawelka ZIP 1998, 1261, 1263; Uhlenbruck KTS 51 (1990), 15, 24; Kirchhof ZInsO 1999, 365ff., 368).

Der Gegenauffassung (Heidelberger Kommentar-Eickmann, 2. Aufl. (2001), § 55 Rn. 26; Bork ZIP 1999, 781; vgl. auch LG Essen NZI 2001, 217; Kölner Schrift zur Insolvenzordnung/Pape, 2. Aufl. (2000), S. 578 Fußn. 247; Pape DB 1999, 1538ff., der diese Gegenauffassung für erwägenswert hält), die eine analoge Anwendung von § 55 Abs. 2 InsO auf vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt vor allem deshalb bejaht, um einer Umgehungsgefahr zu begegnen, kann nicht gefolgt werden.

Zur Begründung einer Analogie wird argumentiert, § 55 Abs. 2 InsO wolle sämtliche Personen schützen, die mit einem vorläufigen Verwalter Geschäfte abschlössen. Für diesen Schutz könne es nicht darauf ankommen, wer "im Innenverhältnis das Heft in der Hand" habe. Es handele sich um eine Lücke, die der Gesetzgeber nicht gesehen habe (so Bork ZIP 1999, 781, 785f.). Dies kann nicht überzeugen.

Der Senat verweist zunächst auf die zutreffende Argumentation des Landgerichts (S. 15-17 d. Urt.), wonach weder eine Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage bestehen. Ergänzend ist hierzu auszuführen:

Durch die Neuregelung hat der Gesetzgeber in § 209 InsO die Masseverbindlichkeiten privilegiert und einen Vorrang der Neumasseforderungen geschaffen, andererseits aber grundsätzlich von der Bevorzugung bestimmter vor Verfahrenseröffnung begründeter Forderungen abgesehen (vgl. die sog. "unechten Masseschulden" des § 59 Abs. 1 Nr. 3ae KO). Nur für die vom vorläufigen Verwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis begründeten Verbindlichkeiten hat § 55 InsO angeordnet, dass es sich auch hierbei um Masseverbindlichkeiten handeln soll. Dies folgt nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, sondern entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Verbindlichkeiten aus Rechtshandlungen eines weiterhin grundsätzlich verfügungsberechtigten Schuldners sollen von der Privilegierung dann ausgeschlossen werden, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter den Rechtshandlungen im Rahmen eines allgemeinen oder besonderen Zustimmungsvorbehalts lediglich zugestimmt hat: Die Privilegierung des § 55 Abs. 2 InsO soll Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens einen Anreiz geben, dann - und nur dann - die Geschäftsbeziehung mit einem allgemein verfügungsberechtigten vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen (Begründung zum Regierungsentwurf, Drucksache 12/2443 S. 126). Anknüpfungspunkt für die schuldrechtliche Qualifizierung als Masseverbindlichkeit ist die Verfügungsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters, also dessen dingliche Rechtsmacht. Dem liegt die Überlegung der Insolvenzrechtskommission zugrunde, dass durch die formale Anknüpfung an das allgemeine Veräußerungsverbot und die Rechtsfolge des § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO für den Rechtsverkehr übersichtliche Verhältnisse geschaffen werden sollen (siehe ausführlich Haarmeyer/Wutzke/Förster a.a.O., Kap. 3 Rdnr. 321 (S. 300, 368) unter Hinweis auf den 1. KommBericht zu Leitsatz 1.2.3., S. 106, 107).

Der Gesetzgeber, der in der Insolvenzordnung ein breites Feld möglicher Befugnisse vorläufiger Verwalter ausdifferenziert geregelt hat, hat damit die Differenzierung zwischen der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots und eines bloßen Zustimmungsvorbehalts auch bei der Regelung des § 55 InsO genau bedacht. Die von ihm bewusst vorgenommene unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung bei der Qualifizierung der Masseverbindlichkeiten in § 55 Abs. 2 InsO enthält damit eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass diese nach ihrem klaren Wortlaut nur einen bestimmten Fall vorläufiger Insolvenzverwaltung erfassen sollte (vgl. Berscheid ZInsO 1999, 697, 701; Jaffe/Hellert ZIP 1999, 1204, 1206). Auch der Regierungsentwurf eines "Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze" (InsOÄndG 2001) hat die Diskussion um die analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO auf den schwachen Insolvenzverwalter nicht zum Anlass einer Ausweitung der Regelung genommen, sondern knüpft weiterhin an die Stellung des starken Verwalters an und schränkt umgekehrt die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch die Bundesanstalt für Arbeit ein. In der Begründung hierzu wird ausdrücklich angeführt, mit der beabsichtigten Neuregelung sei eine faktische Schlechterstellung der Bundesanstalt nicht verbunden, da gegenwärtig die Insolvenzgerichte fast ausschließlich vorläufige Verwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellten, so dass die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer aus dem Eröffnungsverfahren in aller Regel nur Insolvenzforderungen bildeten. Dies bestätigt noch einmal den Willen des Gesetzgebers, den schwachen Insolvenzverwalter nicht in die Regelung des § 55 Abs. 2 InsO einbeziehen zu wollen.

Hingegen bleibt es im Falle des bloßen Zustimmungsvorbehalts bei der Grundregelung des § 108 Abs. 2 InsO, wonach Forderungen aus Miet- und Pachtverhältnissen vor Insolvenzeröffnung bloße Insolvenzforderungen darstellen, die zur Tabelle angemeldet werden müssen. Insofern entspricht die Rechtslage der nach altem Recht anerkannten Sicherungssequestration (Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 55 Rn. 6; Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., Kap. 3 Rn. 321 (S. 300)). Der BGH hat bereits festgestellt, dass der vorläufige Verwalter mit den reduzierten Befugnissen nach § 22 Abs. 2 InsO dem bisherigen Sequester entspricht und diesem gleichzustellen ist (BGH ZIP 1997, 1551, 1552).

Hinzu tritt, dass die Anordnung eines bloßen Zustimmungsvorbehaltes nicht nur, wie die Mindermeinung vorträgt, eine Frage des Innenverhältnisses zwischen Gemeinschuldner und Verwalter ist, sondern gerade auch das Auftreten im Außenverhältnis maßgeblich beeinflusst (Förster ZInsO 1999, 332). Auch würde die großzügige Begründung von Masseverbindlichkeiten, welche eine analoge Anwendung von § 55 Abs. 2 InsO zur Folge hätte, dazu führen, dass noch weniger Verfahren zur Eröffnung gelangten, so dass das gesetzgeberische Ziel bei der Schaffung der Insolvenzordnung konterkariert würde (Jaffe/Hellert ZIP 1999, 1204, 1205).

Soweit angeführt wird, dass die differenzierte Regelung in § 55 Abs. 2 InsO dazu führe, dass schon mit Rücksicht auf das Haftungsrisiko des § 61 InsO nur schwache Insolvenzverwalter bestellt würden, mag das zutreffen, wie auch der Regierungsbegründung zum InsOÄndG 2001 zu entnehmen ist (siehe oben). Das ändert aber nichts daran, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der vorläufige Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis grundsätzlich keine Masseverbindlichkeiten begründen kann, es sei denn, er ist hierzu ausdrücklich ermächtigt (Hess/Weis/Wienberg a.a.O. § 22 Rn. 200). Eine solche Ermächtigung ist in dem vorliegenden Beschluss nicht zu sehen. Auch wenn die Beklagte dort ermächtigt worden ist, mit rechtlicher Wirkung für die Gemeinschuldnerin zu handeln, bedeutet dies nicht, dass sie auch berechtigt sein sollte, Masseverbindlichkeiten zu begründen.

Stellte man den schwachen Insolvenzverwalter demjenigen mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Rahmen des § 55 Abs. 2 InsO gleich, so haftete jener ab der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts nach §§ 25 Abs. 2, 61 InsO grundsätzlich für die Erfüllung aller Dauerschuldverhältnisse, für die der Schuldner die Gegenleistung in Anspruch nimmt, und nicht lediglich für eigene Pflichtverletzungen nach § 60 InsO. Schon im Eröffnungsverfahren würden damit die bisher nur einfachen Insolvenzforderungen des Verpächters zu Masseforderungen, für deren Erfüllung der Verwalter bei Masseunzulänglichkeit haftete, ohne überhaupt mit der Sichtung des Schuldnervermögens begonnen zu haben. Eine solche Haftung setzt aber auch die Befugnis voraus, das Vermögen des Schuldners zu verwalten und hierüber zu verfügen. Ebenso wenig wie nach früherem Recht eine Gleichstellung zwischen Konkursverwalter und Sequester wegen der unterschiedlichen Aufgaben und Funktionen möglich war (vgl. BGH NJW 1986, 1496, 1497; 1983, 887, 888), kann dies für den vorläufigen Verwalter mit und ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach neuem Recht angenommen werden. Hatten nach dem alten Konkursrecht die Verbindlichkeiten, die während der Sequestrationsphase begründet wurden, den Status einfacher Konkursforderungen, so gilt dies nach neuem Recht auch für die Zeit, in der ein vorläufiger Verwalter ohne Verfügungsbefugnis eingesetzt ist.

Ob die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass Masseverbindlichkeiten vor Insolvenzeröffnung nur durch den vorläufigen Verwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis begründet werden können, zu einer dogmatischen Schieflage führt, die Konsequenz des gesetzgeberischen Versuchs ist, sowohl den Bedenken des BGH zum Sequester Rechnung zu tragen, gleichzeitig sich aber im praktischen Ergebnis der in der insolvenzrechtlichen Literatur verbreiteten Gegenansicht anzuschließen (so Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., Kap. 3 Rn. 368 (S. 327) unter Hinweis auf Pohlmann, Befugnisse und Funktion des vorläufigen Insolvenzverwalters, 1998, Rn. 348, 328 ff.), braucht nicht entschieden zu werden. Wegen der vom Gesetzgeber bewusst vorgenommenen Differenzierung liegt nämlich schon keine Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigen könnte. Wenn auch die gesetzgeberische Lösung und ihre Motive für Fälle der hier vorliegenden Art, in denen der Schuldner mit Zustimmung des Insolvenzverwalters die Pachträume weiter nutzt, ohne die Gegenleistung zu erbringen, unbefriedigend erscheint, weil die künftige Insolvenzmasse auf Kosten des Verpächters gesichert wird, kommt eine Korrektur des Willens des Gesetzgebers contra legem nicht in Betracht. Angesichts der Einordnung der Pachtforderung als einfache Insolvenzforderung vor Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters kann im Ergebnis auch der Schutz von Art. 14 GG es nicht gebieten, zugunsten des Verpächters eine Masseforderung entstehen zu lassen, sobald der vorläufige Insolvenzverwalter bestellt ist und der Weiternutzung der Pachträume durch den späteren Gemeinschuldner zustimmt, ohne gleichzeitig für die Zahlung der Pachtzinsen Sorge zu tragen.

Soweit die Klägerin der Beklagten persönlich vorwirft, sie habe ihre Pflichten als Treuhänderin dadurch verletzt, dass sie einerseits der Weiternutzung der Pachträume durch die spätere Gemeinschuldnerin zugestimmt habe, andererseits dieser aber verboten habe, den Pachtzins zu zahlen, obwohl sie hierzu noch in der Lage gewesen sei, werden Ansprüche gegen die Beklagte persönlich in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend gemacht. Soweit ihre hilfsweise Geltendmachung in erster Instanz angekündigt worden ist (GA 36 f.), handelte es sich um einen Fall einer unzulässigen hilfsweisen Klageerhebung gegen eine weitere beklagte Partei; den entsprechenden Antrag hat die Klägerin auch nicht gestellt (GA 45).

b. Feststellung eines Masseanspruchs auf Zahlung der Kosten für ein anwaltliches Mahnschreiben:

Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch gegen die Masse auf Zahlung einer 5/10 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale von 552,40 DM. Denn die Beklagte befand sich mit der Zahlung der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Pachtzinsen von 22.780,-- DM zum Zeitpunkt des anwaltlichen Mahnschreibens vom 16. Dezember 1999 (AH 38) in Verzug, § 286 Abs. 1 BGB. Auch nach der Kündigung des Pachtvertrages blieb für die Fälligkeit der Entschädigung die Regelung im Pachtvertrag maßgebend (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 557 Rn. 8 a.E.). Da die Pachtzinsen/Nutzungsentschädigung weder Gegenstand der vorliegenden Klage waren noch eine Abrechnung von Anwaltskosten für frühere Mahnschreiben mit demselben Gegenstand erfolgt ist (vgl. Anwaltschreiben vom 27.01.2000 (AH 43)), verfängt der Hinweis der Beklagten auf § 118 Abs. 2 BRAGO (GA 30)nicht; die angemahnten und vorprozessual gezahlten Beträge waren gerade nicht mehr, wie § 118 Abs. 2 BRAGO voraussetzt, Gegenstand der vorliegenden Klage (Vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl. (1999), § 118, Rn. 25). Allein eine frühere Mandatierung ihrer Rechtsanwälte steht der (einmaligen) Geltendmachung der Anwaltskosten - die Kosten gemäß Abrechnung vom 4. Oktober 1999 (AH 26) hat die Klägerin nicht zusätzlich verlangt -, die sie unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens als Masseforderung geltend machen kann (vgl. Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 55 Rn. 31), nicht entgegen.

II. Berufung der Beklagten:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist, soweit sie von der Beklagten mit der Berufung angegriffen wird, im nachträglich erhobenen Hilfsantrag zulässig und begründet.

1. Der Zahlungsantrag der Klägerin hat nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nur im Hilfsantrag Erfolg.

Trotz des Umstandes, dass insoweit nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist es dem Gericht nicht verwehrt, nach der Abweisung des Hauptantrags über den Hilfsantrag der Klägerin zu entscheiden. Die Festlegung des Streitgegenstandes ist Sache der Klägerin und kann nicht durch Rechtsmittel der Beklagten beschränkt werden. Nach allgemeinen Grundsätzen war daher - nach dem Scheitern des Hauptantrags - über den Hilfsantrag zu befinden. Dies steht dem Berufungsgericht auch im Falle einer Berufung durch die Beklagte zu (st. Rspr., vgl. BGHZ 41, 38 (39); BGH NJW 1992, 117; BGH MDR 1999, 1459, ferner Zöller-Gummer, a.a.O., § 537, Rn. 11). Der in der Literatur vertretenen Gegenauffassung (Müko/ZPO-Rimmelspacher, Band 2 (§§ 355-802), 2. Aufl. (2000), § 536 Rn. 28; Stein/Jonas-Grunsky, Band 5 Teilband 1 (§§ 511-591), 21. Aufl. (1994), § 537 Rn. 10) ist entgegenzuhalten, dass die Klägerin gerade im vorliegenden Fall ansonsten keine Möglichkeit hätte, ihren Hilfsantrag mit Aussicht auf Erfolg zu stellen; mangels Beschwer wäre eine Berufung der Klägerin gegen den obsiegenden Teil des erstinstanzlichen Urteils jedenfalls nicht möglich. Auch der nachträgliche Hilfsantrag bildet insoweit im Rahmen der Berufung einen Entscheidungsgegenstand nach § 537 ZPO, ohne dass ein Verstoß gegen § 536 ZPO vorläge.

2. Der Feststellungsantrag, gerichtet auf die Feststellung einer Masseverbindlichkeit, ist auch begründet.

a. Der Klägerin steht, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, ein Anspruch auf Begleichung der Kosten der Räumungsklage von 3.552,80 DM nebst Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, § 286 Abs. 1 BGB, gegen die Masse zu. Die Beklagte war mit der Erfüllung des gegen sie gerichteten Räumungsanspruchs in Verzug, wodurch die streitigen Kosten der Räumungsklage entstanden sind.

Der Rückgabeanspruch aus §§ 581 Abs. 2, 556 Abs. 1 BGB, der der Klägerin als Verpächterin jedenfalls mit der Kündigung vom 8. Oktober 1999 zustand, ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Anspruch, der auf Aussonderung gerichtet ist (vgl. Gottwald, S. 522 u. 544; Nerlich/Römermann-Andres, a.a.O., § 47 Rn. 50). Schuldnerin dieses Anspruchs ist die Beklagte als Insolvenzverwalterin (vgl. OLG Nürnberg EWiR 9 (1993), 1245; Gottwald, a.a.O., S. 557). Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Pachtverhältnis bereits durch die außerordentliche Kündigung vom 20. August 1999 (und damit vor Insolvenzeröffnung) oder erst durch die spätere Kündigung beendet worden ist. Denn der Insolvenzverwalter ist immer dann Anspruchsgegner, wenn er - wie vorliegend nach Insolvenzeröffnung - den Gegenstand durch Nutzung zur Masse gezogen hat (OLG Hamm ZIP 1992, 1563). Hierfür genügt die (zulässige) Inbesitznahme des Gaststättenräume durch die Beklagte nach Insolvenzeröffnung.

Der Aussonderungsanspruch stellte sich hier als Anspruch auf Räumung des Grundstückes dar (vgl. BGHZ 127, 156, 166). Gegenstand des Anspruchs war auch die Räumung der Wohnräume der Gemeinschuldnerin. Der Pachtvertrag und entsprechend auch der Anspruch auf Rückgabe bezogen sich auf das gesamte Objekt, die Wohnung war unmittelbar mit den Gaststättenräumen verbunden, der Aussonderungsanspruch der Klägerin konnte mithin nur einheitlich erfüllt werden.

Die Räumung war der Beklagten auch möglich. Der Eröffnungsbeschluss, § 148 Abs. 2 InsO, ermöglicht ihr als Treuhänderin, die Räumung eines im Besitz des Schuldners befindlichen Gebäudes durchzuführen, soweit dieses in die (Ist)Masse fällt (vgl. Frankfurter Kommentar-Wegener, § 148 Rn. 13). Soweit es sich um insolvenzfreies Vermögen handelt, nimmt der Verwalter es in Besitz und gibt es dann an denjenigen frei, dem es gehört (Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 148 Rn. 5).

Einer Räumung mittels des Eröffnungsbeschlusses steht, anders als die Beklagte meint, die Beschränkung des § 313 Abs. 3 InsO nicht entgegen. Denn diese Vorschrift gilt nicht für den Fall einer Räumung, die weiterhin zulässig bleibt (vgl. Frankfurter Kommentar-Kohte, a.a.O., § 313 Rn. 37). Der Eröffnungsbeschluss stellt auch einen Räumungstitel gegen die in der Wirtewohnung mitwohnende Familie der Gemeinschuldnerin dar. Da die Gemeinschuldnerin alleinige Pächterin war, kann aus dem Eröffnungsbeschluss gleichzeitig gegen die mitwohnenden Familienmitglieder vollstreckt werden (vgl. OLG Frankfurt MDR 1969, 852; OLG Hamm NJW 1956, 1681; OLG Köln NJW 1958, 598; Frankfurter Kommentar-Wegener, a.a.O., § 148 Rn. 14; Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 148 Rn. 22; Nerlich/Römermann-Andres, a.a.O., § 138 Rn. 46).

Einer Räumung durch die Beklagte stand auch § 160 InsO nicht entgegen. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift lediglich das Innenverhältnis des Verwalters zum Gläubigerausschuss regelt, stellte die Räumung des unstreitig im Eigentum der Klägerin stehenden Gebäudes auch keine Rechtshandlung von besonderer Bedeutung dar. Die Regelbeispiele des § 160 Abs. 2 InsO sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar kann auch die Anerkennung einer Aussonderung besondere Bedeutung i.S.v. § 160 InsO haben (vgl. Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 160 Rn. 35). Hierfür ist aber erforderlich, dass die Befriedigungsaussichten der Gläubiger beeinträchtigt werden, ein erheblicher Einfluss auf die Sanierung genommen wird oder sonst abweichend vom üblichen Verfahrensablauf verfahren werden soll (vgl. Nerlich/Römermann-Balthasar, a.a.O., § 160 Rn. 10; Kübler/Prütting-Onusseit, a.a.O., § 160 Rn. 19, 20). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr war den Parteien klar, dass das Gebäude in keinem Fall zur Insolvenzmasse gehörte, so dass auch die Aussonderung desselben keine Zustimmungsbedürftigkeit der - insoweit nicht betroffenen - Insolvenzgläubiger auslösen konnte. Zwar mag eine Kündigung durch den Verwalter/Treuhänder eine besonders bedeutsame Rechtshandlung sein, wie die Beklagte vorbringt; dies gilt aber nicht, wenn, wie hier, das Vertragsverhältnis durch die nicht der Kündigungssperre des § 112 InsO unterliegende Kündigung der Klägerin beendet war und ein fälliger und im tatsächlichen unstreitiger Räumungsanspruch der Klägerin bestand.

Die Beklagte war mit der Räumungsverpflichtung auch in Verzug. Die Beklagte hatte sie vor Erhebung der Räumungsklage zur Räumung eindeutig und ernsthaft aufgefordert. Nach ihrem Kündigungsschreiben vom 8. Oktober 1999 hat sie mehrfach die "Rückgabe des Objekts" eingefordert (etwa AH 27/30/33). Sie hat darauf hingewiesen, dass sie eine Räumung und Rückgabe sowohl der Gaststätten- wie auch der Wohnräume verlangte. Damit ist der gemahnte Anspruch, anders als die Beklagte meint, hinreichend deutlich umrissen. Ob in dem Schreiben vom 29. Oktober 1999 möglicherweise eine zu kurze Räumungsfrist gesetzt wurde, kann dahinstehen; selbst dies würde an dem Verzug der Beklagten nichts ändern.

Umstände, die gegen ein Verschulden sprechen, hat die Beklagte nicht vorgetragen, vgl. § 285 BGB. Insbesondere kann sie sich angesichts der Rechtlage nicht darauf berufen, sie habe die Gläubigerversammlung abwarten dürfen.

Die durch die Rücknahme der Räumungsklage entstandenen Kosten stellen sich als durch den Verzug entstandene Kosten der Rechtsverfolgung dar, die angesichts des damaligen Verhaltens der Beklagten als sachdienliche Maßnahme prozessualer Durchsetzung anzusehen waren und damit ersatzfähig sind (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 286 Rn. 9).

Zinsen kann die Klägerin nur in Höhe von 4% verlangen. Einen höheren Zinsschaden hat sie nicht belegt.

Der Anspruch stellt eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar (Breutigam/Blersch/Goetsch, a.a.O., § 47 Rn. 110; Kübler/Prütting-Prütting, a.a.O., § 47 Rn. 82).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur teilweise und auch nur mit ihrem Hilfsantrag obsiegt hat, so dass von der berechtigten Forderung nur 80 % angesetzt werden konnten.

Der Senat hat die Revision, soweit es den Anspruch auf Feststellung einer Masseverbindlichkeit hinsichtlich der Pachtzahlungen vor Insolvenzverfahrenseröffnung betrifft, zugelassen, da die Sache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 17.025,30 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 29.06.2001
Az: 19 U 199/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d90716ad1027/OLG-Koeln_Urteil_vom_29-Juni-2001_Az_19-U-199-00




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