Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2005
Aktenzeichen: 20 W (pat) 24/05

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2005, Az.: 20 W (pat) 24/05)

Tenor

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Prüfungsstelle für Klasse G 01 N, vom 20. Dezember 2004, wird aufgehoben. Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamts zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Die Anmelder haben, beide vertreten durch Patentanwalt Dr. B..., am 26. Januar 2001 gemeinsam eine Anmeldung mit der Bezeichnung "Thermographieverfahren" auf dem amtlichen Vordruck eingereicht.

Unter Vorlage einer auf sie lautenden Vollmacht meldeten sich am 1. Juli 2003 die Patentanwälte B1..., D... & F..., H..., als neue Vertreter des Anmelders zu 2, der mit Schreiben vom gleichen Tag die im Bezug auf die Anmeldung erteilten Vollmachten widerrief. Namens und im Auftrag beider Anmelder stellten die oben genannten Patentanwälte am 22. Juli 2003 Prüfungsantrag. Am 21. Juli 2004 teilte Patentanwalt F... telefonisch mit, die Anmelder seien zerstritten; von ihm werde nur der Anmelder zu 2 vertreten. Daraufhin forderte die Prüfungsstelle unter Verwendung des Vordrucks P 2765 10.03 am 3. August 2004 die Vertreter des Anmelders zu 2 unter Berufung auf § 4 Abs. 2 Nr. 5 PatV auf, anzugeben, wer als Zustellungsbevollmächtigter zum Empfang amtlicher Schriftstücke befugt sei, da mehrere Personen ohne einen gemeinsamen Vertreter anmeldeten. Binnen der gesetzten Frist sei eine von sämtlichen Anmeldern unterschriebene Erklärung darüber einzureichen, wer Zustellungsbevollmächtigter sein soll. Andernfalls müsse mit der Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden. Dieses Schreiben wurde ebenfalls dem Anmelder zu 1 zugestellt. Der Vertreter des Anmelders zu 2 bat mit Schreiben vom 15. September 2004 und unter Beifügung einer auf ihn lautenden Vollmacht des Anmelders zu 2 ihn von Amts wegen als Zustellungsbevollmächtigten für beide Anmelder zu bestimmen, da er als Patentanwalt und Organ der Rechtspflege dazu verpflichtet sei, beiden Anmeldern jeweils die amtlichen Bescheide zuzusenden. Der Anmelder zu 1 teilte mit Schreiben vom 20. September 2004 mit, dass er weiterhin von seinen im Rubrum genannten Patentanwälten vertreten werde. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2004 wies das Patentamt die Anmeldung der beiden Anmelder gemäß § 42 Abs. 3 PatG zurück. Eine Zustellung des Beschlusses erfolgte per Übergabeeinschreiben nur an Patentanwalt F....

Dieser hat mit Schreiben vom 28.Dezember 2004 hiergegen Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, ihn als Zustellungsbevollmächtigten für beide Anmelder zu bestimmen sowie die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

Als Einzahlungstag der Beschwerdegebühr ist der 29. Dezember 2004 vermerkt.

Der Senat hat nach Vorlage der Akten durch das Patentamt auch die Vertreter des Anmelders zu 1 vom anhängigen Beschwerdeverfahren informiert und ihnen den angefochtenen Beschluss sowie die Beschwerdeschrift des Anmelders zu 2 zur Kenntnisnahme übermittelt.

II Die zulässige Beschwerde des Anmelders zu 2 ist begründet.

1. Der angefochtene Beschluss ist bereits deshalb aufzuheben, da die unterbliebene Zustellung an den Anmelder zu 1 bzw an dessen Vertreter einen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellt.

Wenn wie im vorliegenden Fall Antrag auf Erteilung eines Patents von zwei Anmeldern gemeinsam gestellt wird, sind beide Anmelder verfahrensrechtlich als notwendige Streitgenossen im Sinne des § 62 ZPO zu betrachten, weil über die Anmeldung nur einheitlich entschieden werden kann (vgl Busse, PatG, 6. Aufl, § 47 Rdn 55; Schulte, PatG, 7. Aufl, § 34, Rdn 18). Dies bedingt nicht nur die Beteiligtenstellung des Anmelders zu 1 im Beschwerdeverfahren, sondern erfordert im Verfahren vor dem Patentamt die Zustellung von Bescheiden und Beschlüssen an jeden Beteiligten (§ 47 Abs 1 Satz 1 PatG); im Falle eines gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten sind diesem in der erforderlichen Anzahl Beschlussausfertigungen zuzustellen (vgl BPatG GRUR 99, 702 - Verstellvorrichtung; BPatG vom 9. Dezember 2004, Az 10 W (pat) 40/04 mwN).

Der Beschluss vom 20. Dezember 2004 über die Zurückweisung der Anmeldung, der dem Anmelder zu 1 nicht zugestellt wurde, ist daher unwirksam. Er ist aufzuheben und die Sache ohne eigene Sachentscheidung des Senats an das Patentamt zurückzuverweisen (§ 79 Abs 3 Nr 2 PatG), das unter Beachtung der nachfolgend dargestellten Rechtslage das Prüfungsverfahren weiter zu betreiben hat.

2. Ungeachtet des oben geschilderter Verfahrensfehlers konnte die Zurückweisung der Anmeldung vorliegend nicht auf den Umstand gestützt werden, dass für beide Anmelder kein gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter benannt worden war. Hierfür stellt der im Amtsbescheid vom 3. August 2004 genannte § 4 Abs. 2 Nr. 5 PatV keine im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses gültige Rechtsgrundlage dar. Die Patentverordnung (PatV) trat am 15. Oktober 2003 in Kraft und löste die bis dahin geltende Patentanmeldeverordnung (PatAnmVO) ab (vgl BlPMZ 2003, 322 ff). Die PatV sah in Übereinstimmung mit der PatAnmVO vor, dass der Erteilungsantrag die Angabe enthalten müsse, wer als Zustellungsbevollmächtigter zum Empfang amtlicher Schriftstücke befugt sei, falls mehrere Personen ohne einen gemeinsamen Vertreter anmeldeten (§ 4 Abs 2 Nr 5 PatV). Durch die Verordnung zur Änderung der Patentverordnung und der Wahrnehmungsverordnung vom 11. Mai 2004 (vgl BlPMZ 2004, 312) sind jedoch § 4 Abs. 2 und 3 PatV mit Wirkung vom 1. Juni 2004 an durch neue Absätze 2 bis 6 ersetzt worden, die keine Bestimmungen für den Fall der Anmeldermehrheit mehr enthalten. Stattdessen sieht seit diesem Zeitpunkt die geänderte DPMAV vom 1. April 2004 (vgl BlPMZ 2004, 296 ff) in § 14 Abs. 1 vor, dass für den Fall einer gemeinschaftlichen Beteiligung mehrerer Personen ohne gemeinsamen Vertreter an einem Verfahren anzugeben ist, wer für alle Beteiligten als zustellungs- und empfangsbevollmächtigt bestimmt ist. Diese Erklärung ist von allen Anmeldern zu unterzeichnen. Fehlt eine solche Angabe, so gilt die Person als zustellungs- und empfangsbevollmächtigt, die zuerst genannt ist.

Daher fehlte der von der Prüfungsstelle im Bescheid vom 3. August 2004 für den Fall, dass ein Zustellungsbevollmächtigter binnen der gesetzten Frist nicht benannt wird, angedrohten Rechtsfolge der Zurückweisung der Anmeldung bereits zu diesem Zeitpunkt jegliche Rechtsgrundlage. Erst recht gilt dies für den angefochtenen Beschluss. Die Prüfungsstelle wird daher die Frage der Zustellungsbevollmächtigung unter den geltenden Vorschriften erneut zu prüfen haben, wobei entgegen der Ansicht des Vertreters des Anmelders zu 2 eine Bestimmung des Zustellungsbevollmächtigten von Amts wegen mangels rechtlicher Grundlage nicht in Frage kommt.

3. Es entspricht der Billigkeit, wegen des unter 1. dargestellten Verfahrensmangels die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Dr. Anders Dr. Hartung Martens Dr. Zehendner Be






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2005
Az: 20 W (pat) 24/05


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