Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Dezember 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 359/06

(BPatG: Beschluss v. 15.12.2010, Az.: 19 W (pat) 359/06)

Tenor

1.

Das Patent 10 2004 062 953 wird beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen, Beschreibung und 1 Blatt Zeichnung mit einer Figur, wie erteilt.

2.

Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Für die am 28. Dezember 2004 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Anmeldung -für die die inländische Priorität vom 7. Januar 2004 der Gebrauchsmusteranmeldung 20 2004 000 091.1 in Anspruch genommen ist -wurde die Erteilung des nachgesuchten Patents am 24. Mai 2006 veröffentlicht.

Das Patent betrifft eine Kabelverschraubung Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben:

"a) Kabelverschraubung mit b) -einem Stutzen (10) mit einem Flansch zur Befestigung an einem Gehäuse, c) -einer Hutmutter (11), d) -einem Käfig (12), der mittels der Hutmutter (11) in Dichtungsund Reibungseingriff mit dem Stutzen (10) bringbar ist, sowiee) -einem zylinderförmigen Dichtungsteil (13), der mittels der Hutmutter (11) und des Käfigs (12) auf einem Kabelmantel des Kabels in Dichtungseingriff bringbar ist, f) -wobei der Käfig mit dem Stutzen über eine Fläche (130) des Stutzens und eine Fläche (120) des Käfigs in Dichtungsund Reibungseingriff bringbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass g) -die Fläche (120) des Käfigs als Zylinderfläche ausgebildet ist, h) -die Fläche (130) des Stutzens kegelförmig mit zum Flansch (9)

hin zulaufenden Kegel ausgebildet ist, undi) -der Winkel des Kegels der Fläche (130) des Stutzens so ausgebildet ist, dass die Fläche (120) des Käfigs und die Fläche (130) des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgangvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und so ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen nicht möglich ist."

Gegen das Patent hat die H... GmbH in W..., mit Schriftsatz vom 22. Juni 2006, eingegangen am 23. Juni 2006, Einspruch erhoben mit der Begründung, dass dem Gegenstand des Patents die Neuheit fehle.

Die Einsprechende vertritt die Auffassung, der hier zuständige Fachmann sei sehr fähig, weil die im Patentanspruch 1 definierte Lehre große Erfahrung und zusätzliches Wissen über Werkstoffpaarung verlange. Im Hinblick auf die Kabelverschraubung nach der US 5 410 104 A führt sie aus, dass gemäß Spalte 4, Zeile 65 bis Spalte 5, Zeile 2 das Grommet als Käfig beim Anziehen der Hutmutter nicht mitgedreht werde und somit eine Verdrehung zwischen dem Grommet als Käfig und dem Stutzen verhindert werde.

Die Einsprechende weist auf die BGH-Entscheidung vom 31. August 2010, X ZR 73/08 "Gleitlagerüberwachung" hin, wonach die Kritik des Standes der Technik in der Streitpatentschrift für den Fachmann auf einen Anlass hindeuten könne, eine Weiterentwicklung des Standes der Technik außerhalb der in der Streitpatentschrift als nachteilig angesehenen Nut/Feder-Verbindung als Verdrehsicherung zu suchen. Wenn der Fachmann ausgehend von einer Kabelverschraubung, wie sie die DE 36 40 832 C2 zeige, eine Verdrehsicherung suche, die ohne Nut/Feder-Verbindung auskomme, werde er nach Auffassung der Einsprechenden auf die in der US 5 410 104 A gezeigte Verdrehsicherung bei einer Kabelverschraubung zurückgreifen, da diese eine Nut/Feder-Verbindung nicht benötige und sie auch noch auf einen spitzen Winkel von 30¡ am Konus des Stutzens hinweise. Der Fachmann komme in Zusammenschau der DE 36 40 832 C2 und der US 5 410 104 A zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Die in der DE 197 38 517 C1 beschriebene Kabelverschraubung zeige zwar keine Dichtung zwischen der Fläche des Käfigs und der Fläche des Stutzens, sie verhindere aber ein Verdrehen von Käfig und Stutzen und komme dabei ohne Nut/Feder-Verbindung als Verdrehsicherung aus. Sie lege die Erfindung nahe.

Die Einsprechende ist weiterhin der Meinung, dass je nach Qualifikation des Fachmanns die anspruchsgemäße Lehre nicht ausführbar sei oder nahe liege.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 10 2004 062 953 in vollem Umfang zu widerrufen und den Kostenantrag der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Die Patentinhaberin beantragt, das angegriffene Patent beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen, Beschreibung und 1 Blatt Zeichnung mit einer Figur, wie erteilt, sowie der Einsprechenden die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Die Patentinhaberin ist der Meinung, die Figur 6 der DE 36 40 832 C2 zeige keine Verdrehsicherung zwischen der Fläche des Stutzens und der Fläche des Käfigs. Es würden für die Dichtung zudem zwei Flächen am Käfig benötigt. Die Verdrehsicherung sei in der DE 36 40 832 C2 in der Figur 8 gezeigt, stelle aber eine andere Lösung als die anspruchsgemäße dar, auch die in der DE 36 40 832 C2 im Patentanspruch 15 angesprochene Verdrehsicherung durch Formschluss sei nicht mit der des Patentanspruchs 1 vergleichbar.

Die Patentinhaberin bestreitet, dass die US 5 410 104 A eine Verdrehsicherung beschreibe; eine solche könne aus dem Schlupf zwischen Hutmutter und Grommet nicht abgeleitet werden. Der Fachmann, bei dem es sich um einen Maschinenbauingenieur mit Erfahrung auf dem Gebiet der Kabelverschraubungen und Dichtungen handele, habe keinen Anlass nach anderen als in der DE 36 40 832 C2 angegebenen Lösungen zu suchen, denn die Kabelverschraubungen nach der DE 36 40 832 C2 und der US 5 410 104 A unterschieden sich deutlich in ihren Dichtungsprinzipien.

Außerdem bestreitet die Patentinhaberin, dass bei der Kabelverschraubung nach der DE 197 38 517 C1 eine Verdrehung zwischen Käfig und Stutzen verhindert werden könne. Die dort in Spalte 8, Zeile 14, 15 angesprochenen Klemmkräfte seien die Klemmkräfte zwischen Käfig und Kabel und beträfen nach ihrer Meinung die Zugentlastung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den am 23. Juni 2006 eingelegten Einspruch besteht auch nach Aufhebung dieser Bestimmung zum 1. Juli 2006 (vgl. Art. 1 Nr. 17 und 18 des Gesetzes z. Änd. d. patentrechtl. Einspruchsverfahrens u.

d. PatKostG v. 21. Juni 2006; BlPMZ 2006, 225, 226, 228) nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der "perpetuatio fori" fort (vgl. u. a. BGH GRUR 2009, 184, 185 (Nr. 5) -Ventilsteuerung).

Der statthafte und auch sonst zulässige Einspruch führt im Umfang der beschränkten Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents zum Erfolg.

2.

Als für die Beurteilung der Lehre des Streitpatents und des Standes der Technik zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau an, mit Berufserfahrung in der Entwicklung und Fertigung von Kabelverschraubungen, die Dichtung und Zugentlastung gewährleisten und dem auch die bei solchen Kabelverschraubungen verwendeten Materialien und deren Eigenschaften bekannt sind.

3.

Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart:

Die Merkmale a) bis e) des Schutzanspruchs 1 entsprechen den Merkmalen des Oberbegriffs des ursprünglichen Patentanspruchs 1, wobei sich die Ersetzung des Begriffes "Stutzen" durch "Stutzen mit einem Flansch" im Merkmal b) aus Absatz 0009 des Streitpatents, dessen Beschreibung und Zeichnung mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmt, ergibt und wobei sich die Ersetzung des Begriffs "Dichtungseingriff" durch "Dichtungsund Reibungseingriff" im Merkmal d) aus einer grundlegenden physikalischen Gesetzmäßigkeit (keine Dichtung ohne Reibung) ergibt.

Das Merkmal f) ist in Absatz 0012 (3. Satz) des Streitpatents offenbart, wobei die dort angesprochene Dichtungswirkung auch hier wegen grundlegender physikalischer Gesetzmäßigkeit auf einem Dichtungsund Reibungseingriff beruht.

Dass gemäß Merkmal g) die Fläche (120) des Käfigs als Zylinderfläche ausgebildet ist, ist jeweils in Absatz 0004 (2. Satz), Absatz 0006 (1. Satz) und Absatz 0012

(1. Satz) des Streitpatents offenbart.

Das Merkmal h) ist durch Absatz 0009 des Streitpatents offenbart.

Durch Absatz 0006 (letzter Satz) in Verbindung mit Absatz 0012 (3. Satz) des Streitpatents ist das Merkmal i) offenbart.

Patentanspruch 2 ist durch Absatz 0011 (1. Satz) und Patentanspruch 3 durch Absatz 0011 (4. Satz) in Verbindung mit der Figur offenbart.

4. Dem Patentanspruch 1 liegt folgendes Verständnis zugrunde, wobei die durch ihn gegebene Lehre ausführbar ist:

Im Merkmal i) ist angegeben, dass der Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens so ausgebildet ist, dass die Fläche des Käfigs und die Fläche des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und so ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen nicht möglich ist. Dieser Anweisung entnimmt der Fachmann, dass es bei der Erfindung darum geht, abhängig von Materialeigenschaften, Materialverformung und Reibung einen Winkel für den Kegel des Stutzens ausfindig zu machen, bei dem bei auf die Hutmutter üblicherweise aufgebrachten -nicht übermäßigen oder gar zerstörerischen -Anzugskräften ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen verhindert und der Kabelmantel eines in der Kabelverschraubung verschraubten Kabels nicht beschädigt wird.

Wenn der Fachmann hierzu verschiedene Kegelwinkel für die üblichen Materialien für Stutzen und Käfig ausprobieren muss, bedeutet dies nach Überzeugung des Senats nicht, dass die Erfindung nicht ausführbar ist; derartige Tätigkeit gehört vielmehr zum Alltagsgeschäft des Ingenieurs.

Als realisierbarer Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens mit dem eine Verdrehsicherung -wie oben verstanden -möglich ist, zieht der Fachmann deshalb nach Überzeugung des Senats einen sehr spitzen Winkel von wenigen Grad (vgl. die einzige Figur des Streitpatents) in Betracht; der Senat folgt hier der Auffassung der Patentinhaberin, gemäß welcher der Winkel von 45¡ ausgeschlossen ist.

5. Der Gegenstand der Patentanspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG).

Aus der DE 36 40 832 C2 ist unter Berücksichtigung des Reibungseingriffs als Folge des Dichtungseingriffs (siehe Punkt 3) bekannt einea) Kabelverschraubung (Fig. 6 i. V. m. der eine Übersichtsdarstellung zeigenden Fig. 1) mitb) einem Stutzen (2) mit einem Flansch (Fig. 6: bei Bezugsziffer 2) zur Befestigung an einem Gehäuse (Fig. 1: Vermögedem unteren Gewinde ohne Bezugszeichen am Stutzen 2 isteine Befestigung der Kabelverschraubung in einer Gehäuseöffnung möglich; dies gilt auch für die hier mit der Kabelverschraubung nach Fig. 1 übereinstimmende Kabelverschraubung nach Fig. 6), c) einer Hutmutter (5), d) einem Käfig (6), der mittels der Hutmutter (5) in Dichtungsund Reibungseingriff mit dem Stutzen (2) bringbar ist (Sp. 5 Z. 59 bis Sp. 6 Z. 4 gilt auch für die hier mit der Kabelverschraubung nach Fig. 1 übereinstimmende Kabelverschraubung nach Fig. 6), sowiee) einem zylinderförmigen Dichtungsteil (7), der mittels der Hutmutter (5) und des Käfigs (6) auf einem Kabelmantel des Kabels in Dichtungseingriff bringbar ist (Sp. 5 Z. 49 bis 65 giltauch für die hier mit der Kabelverschraubung nach Fig. 1 übereinstimmende Kabelverschraubung nach Fig. 6), f) wobei der Käfig (6) mit dem Stutzen (2) über eine Fläche

(Fig. 6: Fläche bei Bezugsziffer 13) des Stutzens (2) undeine Fläche (Fig. 6: Fläche bei Bezugsziffer 16) des Käfigs in Dichtungsund Reibungseingriff bringbar ist (Sp. 7 Z. 16 bis 20), g) -die Fläche des Käfigs (offensichtlich) als Zylinderfläche ausgebildet ist (Fig. 6: Fläche bei Bezugsziffer 16), h) -die Fläche (Fig. 6: Fläche bei Bezugsziffer 13) des Stutzens (2) kegelförmig mit zum Flansch (bei Bezugsziffer 2) hin zulaufenden Kegel ausgebildet ist (Sp. 7 Z. 16 bis 20 i. V. m. Fig. 6: kegelförmige Fläche bei Bezugsziffer 13).

In der DE 36 40 832 C2 ist weder angegeben, noch mitlesbar, den Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens so auszubilden, dass die Fläche des Käfigs und die Fläche des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen so nicht möglich ist (Merkmal i)).

Die US 5 410 104 A zeigt eine Entgegen Merkmal f) berührt der Käfig 28 nur mit den Scheiteln 31 seiner Rippen 30 die Fläche 34 des Stutzens 32, ein Dichtungseingriff erfolgt aber nicht hierüber, sondern über die Dichtlippe 42 der Dichthülse 43. Merkmal d) und f) ist sonach nur teilweise realisiert.

a) Kabelverschraubung mitb) einem Stutzen (32) mit einem Flansch (36) zur Befestigungan einem Gehäuse (Vermöge dem Gewinde 22 am Stutzen 32 ist eine Befestigung der Kabelverschraubung an einem Gehäuse möglich), c) einer Hutmutter (26), dteilw) einem Käfig (28), der mittels der Hutmutter (26) in Reibungseingriff mit dem Stutzen (32) bringbar ist (Fig. 1 i. V. m. Sp. 3 Z. 32 bis 37: der Reibungseingriff erfolgt über die Rippen 30 des Käfigs 28), sowiee) einem zylinderförmigen Dichtungsteil (Hülse 43 mit Dichtlippen 42), der mittels der Hutmutter (26) und des Käfigs (28)

auf einem Kabelmantel des Kabels (54) in Dichtungseingriffbringbar ist (Fig. 1 i. V. m. Sp. 4 Z. 10 bis 37), fteilw) wobei der Käfig (28) mit dem Stutzen (32) über eine Fläche (34) des Stutzens (32) und eine Fläche (bei 30, 31)

des Käfigs (28) in Reibungseingriff bringbar ist (Fig. 1: 34, 30, 31 i. V. m. Sp. 4 Z. 10 bis 37; weitere Ausführungen unten), wobeig) die Fläche (30) des Käfigs (28) als eine Zylinderfläche ausgebildet ist (Die Fläche weist hier Zacken bzw. Rippen 30 mit Scheiteln 31 auf), h) die Fläche (34) des Stutzens (32) kegelförmig mit zum Flansch (36) hin zulaufenden Kegel ausgebildet ist (Fig. 1, 2:

bei 34).

Auch in der US 5 410 104 A ist weder angegeben, noch mitlesbar, den Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens so auszubilden, dass die Fläche des Käfigs und die Fläche des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen so nicht möglich ist (Merkmal i)).

Die DE 197 38 517 C1 zeigt eine

"a) Kabelverschraubung mit b) -einem Stutzen (4) mit einem Flansch (bei 4) zur Befestigung an einem Gehäuse (Vermöge dem unteren Gewinde ohne Bezugszeichen am Stutzen 4 ist eine Befestigung der Kabelverschraubung an einem Gehäuse möglich), c) -einer Hutmutter (5), dteilw) -einem Käfig (bestehend aus einstückig miteinander verbundenen Klemmeinsatz 6 und Kontakteinsatz 10), der mittels der Hutmutter (5) in Reibungseingriff mit dem Stutzen (4) bringbar ist (Fig. 1, 2 i. V. m. Sp. 7 Z. 52 bis 57: Flächen bei Bezugsziffer 14 (linke Hälfte von Fig. 1) des Käfigs 6, 10 liegen unter Herstellung eines Reibungseingriffs an einer Fläche 10a des Stutzens 4 an; weitere Ausführungen unten), sowiee) -einem zylinderförmigen Dichtungsteil (20), der mittels der Hutmutter (5) und des Käfigs (10) auf einem Kabelmantel (2) des Kabels (2) in Dichtungseingriff bringbar ist (Sp. 6 Z. 56 bis 60), fteilw) -wobei der Käfig (10) mit dem Stutzen (4) über eine Fläche (10a) des Stutzens (4) und eine Fläche (bei 14) des Käfigs (10) in Reibungseingriff bringbar ist (Fig. 2 i. V. m. Sp. 7 Z. 52 bis 57: Flächen bei Bezugsziffer 14 des Käfigs 6, 10 liegen unter Herstellung eines Reibungseingriffs an einer Fläche 10a des Stutzens 4 an; weitere Ausführungen unten), wobeig) -die Fläche (Fig. 1, linke Hälfte: bei Bezugsziffer 14) des Käfigs (10) als eine Zylinderfläche ausgebildet ist, h) -die Fläche (10a) des Stutzens (4) kegelförmig mit zum Flansch (bei 4) hin zulaufenden Kegel ausgebildet ist (Fig. 1).

Entgegen den Merkmalen d) und f) erfolgt zwischen Käfig 6, 10 und Stutzen 4 kein Dichtungseingriff, weil der Käfig 6, 10 in seinem Kontaktbereich 10 Schlitze 12 aufweist, die eine Dichtung verhindern.

Auch in der DE 197 38 517 C1 ist weder angegeben, noch mitlesbar, den Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens so auszubilden, dass die Fläche des Käfigs und die Fläche des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen so nicht möglich ist (Merkmal i)).

Der Inhalt der weiter entgegengehaltenen, jedoch von den Beteiligten während der mündlichen Verhandlung nicht erörterten Druckschriften geht über den abgehandelten Stand der Technik nicht hinaus und liefert auch keine anderen Aspekte, so dass auf eine eingehende Abhandlung deren Inhalts verzichtet werden kann. So zeigt die DE-OS 17 50 095 keinen Kegel am Stutzen und die DE 93 18 585 U1 betrifft keine Kabelverschraubung sondern eine elektrische Verbindungskupplung.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG).

Ausgehend von einer Kabelverschraubung, wie sie in Figur 6 der DE 36 40 832 C2 gezeigt ist, stellt sich die von der Patentinhaberin genannte Aufgabe, zu verhindern, dass es beim Aufschrauben der Hutmutter auf den Stutzen und der damit einhergehenden relativen Verdrehung dieser Bauteile dazu kommen kann, dass sich der im Streitpatent als Käfig bezeichnete Klemmeinsatz mitdreht, da eine solche Drehung des Käfigs über die Klemmwirkung des Käfigs auf ein Kabel auch zu einer entsprechenden Torsion des Kabels bzw. dessen isolierender Umhüllung und damit zu einer nachteiligen Beschädigung des Kabels führen kann (Eingabe der Patentinhaberin vom 8. Januar 2010, S. 7 Abs. 3), in der Praxis von selbst, weil der Fachmann stets bestrebt ist, Beschädigungen an Kabeln bei Montagevorgängen zu vermeiden.

Bei der Kabelverschraubung nach der DE 36 40 832 C2 (Fig. 6) mag zwar der Fachmann nur eine der beiden Zylinderflächen (bei Bezugsziffern 15, 16) vorsehen, wenn ihm auch eine geringere Dichtwirkung genügt, die DE 36 40 832 C2 (Fig. 6) gibt dem Fachmann jedoch keine Anregung, zusätzlich den Winkel des Stutzens, wie im Merkmal i) angegeben, auszugestalten.

Dem Fachmann ist zwar klar, dass durch die beiden in der Druckschrift (Sp. 7 Z. 16 bis 20) als Dichtkanten bezeichneten Zylinderflächen 15, 16 neben einem Dichtungseingriff auch ein Reibungseingriff und damit eine verdrehsichernde Wirkung prinzipiell hervorgerufen wird. Da die DE 36 40 832 C2 von den beiden Zylinderflächen 15, 16 gemäß dem Ausführungsbeispiel nach Figur 6 jedoch nur im Zusammenhang mit einer Dichtung (Sp. 7 Z. 16 bis 20) aber nicht im Zusammenhang mit einer Verdrehsicherung spricht, eine Verdrehsicherung dagegen gemäß einem anderen Ausführungsbeispiel (Figur 8) nach einem anderen Wirkungsprinzip (Sp. 7 Z. 21 bis 57: Abstützanschlag 19 i. V. m. nach außen zurückweichender Schrägfläche am Stutzen 2) erreicht wird, liegt es für den Fachmann nicht nahe, zu erkennen, dass er die Kabelverschraubung nach Figur 6 so umkonstruieren könnte, dass unter Weglassen einer Zylinderfläche und Ausgestaltung des Winkels ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen verhindert wird. Es wäre von ihm vielmehr zu erwarten, dass er sich am Ausführungsbeispiel nach Figur 8 orientiert, wenn er eine Verdrehsicherung erreichen möchte. Eine Überlagerung der in den Figuren 6 und 8 gezeigten Maßnahmen (Dichtungseingriff und Reibungseingriff im Sinne einer Verdrehsicherung) zieht der Fachmann wegen der unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien sonach nicht in Betracht.

Zwar ließe sich die in der DE 36 40 832 C2 angesprochene weitere Möglichkeit (Sp. 3 Z. 64 bis 66 i. V. m. Patentanspruch 15), zum Zwecke der Verdrehsicherung vorzusehen, dass der Käfig (6) in Gebrauchsstellung beim dichtenden Anliegen am Stutzen (2) wenigstens bereichsweise in Drehrichtung formschlüssig mit dem Stutzen (2) verbunden ist, mit der in Figur 6 beschriebenen Maßnahme kombinieren. Dies führte aber nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1, weil diese vom Prinzip her andere Lösung keinen Zusammenhang mit dem Merkmal i), d.

h. mit der darin beschrieben Ausgestaltung der Flächen von Stutzen und Käfig liefern kann.

Der Fachmann mag zwar -wie sich durch die Kritik des Standes der Technik in der Streitpatentschrift (Abs. 0002) zeigt -Anlass gehabt haben eine Weiterentwicklung außerhalb der von diesem Vorschlag (Nut/Feder-Verbindung als Verdrehsicherung) vorgezeichneten Bahnen zu suchen (BGH-Gleitlagerüberwachung X ZR 73/08). Auch wenn er dabei die in der US 5 410 104 A beschriebene Kabelverschraubung in Betracht zöge, lieferte ihm diese keinen Hinweis auf die anspruchsgemäße Lösung gemäß dem Merkmal i).

Zwar bewirkt -wie die Einsprechende zur Überzeugung des Senats vorgetragen hat -der Schlupf zwischen Hutmutter 26 und Käfig 28 (Sp. 4 Z. 65 bis Sp. 5 Z. 2), dass sich der Käfig 26 beim Zusammenschrauben nicht dreht, jedoch stellt die US 5 410 104 A keinen Zusammenhang zwischen dem Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens und einer Verdrehsicherung auf Grund des Reibungseingriffs an dieser Stelle her (Merkmal i)). Wegen der Verformung der Zylinderfläche 30 des Käfigs 28 beim Zusammenschrauben (Sp. 3 Z. 32 bis 36) erhält der Fachmann auch keinen Hinweis um auf ein solches Zusammenwirken der gemäß Merkmal i) gestalteten Flächen von Käfig und Stutzen im Zusammenhang mit einer Verdrehsicherung zu gelangen. Auch der von der Patentinhaberin angesprochene Winkel von 30¡ (Sp. 4 Z. 34 bis 36) am Konus 34 des Stutzens 32 kann in Zusammenwirken mit einer zylindrischen Fläche 30 am Käfig 28 eine Verdrehverhinderung, wie sie im Merkmal i) angegeben ist, nicht leisten.

Auch die zwar nach Ansicht des Senats grundsätzlich eine Verdrehsicherung ermöglichende Kabelverschraubung nach der DE 197 38 517 C2 (Fig. 2 i. V. m. Sp. 7 Z. 52 bis 57: Flächen bei Bezugsziffer 14 (linke Hälfte von Fig. 1) des Käfigs 6, 10 liegen unter Herstellung eines Reibungseingriffs an einer Fläche 10a des Stutzens 4 an) führt den Fachmann jedoch nicht in Richtung der anspruchsgemäßen Kabelverschraubung. Denn zum einen ist bei dieser Kabelverschraubung kein Dichtungseingriff zwischen Käfig (6, 10) und Stutzen (4) vorgesehen (Teilmerkmale d) und f)) und zum anderen lässt sich auch diese Druckschrift nicht darüber aus, den Winkel des Kegels der Fläche des Stutzens so auszubilden, dass die Fläche des Käfigs und die Fläche des Stutzens beim Anziehen der Hutmutter auf den Stutzen so miteinander in Eingriff kommen, dass die durch den Anzugsvorgang der Hutmutter aufgebrachten Umfangskräfte von den aufgebrachten Längskräften aufgenommen werden und ein Verdrehen des Käfigs im Stutzen so nicht möglich ist (Merkmal i)). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die DE 197 38 517 C2 dem Fachmann einen Hinweis in dieser Richtung geben könnte.

Sonach bedurfte es einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmann, um ausgehend von der aus der DE 36 40 832 C2 bekannten Kabelverschraubung angesichts des diskutierten Standes der Technik zu der Kabelverschraubung nach dem geltenden Patentanspruch 1 zu gelangen.

7.

Mit dem erteilten Patentanspruch 1 hat das Streitpatent auch im Umfang der auf diesen direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche Bestand.

8.

Es ist kein in prozessualer Hinsicht sorgfaltswidriges Verhalten der Einsprechenden erkennbar, das Anlass geben würde, ihr -wie von der Patentinhaberin beantragt -aus Billigkeitsgründen gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 147 Abs. 3 PatG a. F. die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen. Insbesondere kann kein Sorgfaltsverstoß darin gesehen werden, dass die Einsprechende ihren Einspruch nicht zurückgenommen hat, nachdem der 35. Senat des Bundespatentgerichts das von der Einsprechenden mit Löschungsantrag vom 25. Oktober 2005 angegriffene Gebrauchsmuster 20 2004 000 091, dessen Priorität von dem Streitpatent gemäß § 40 PatG in Anspruch genommen worden ist, mit Beschluss vom 20. Januar 2009 (Az. 35 W (pat) 414/08) gelöscht hat, soweit es über die von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Gebrauchsmustersenat gestellten Schutzansprüche 1 bis 3 hinausgeht, und die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 8. Januar 2010 die beschränkte Aufrechterhaltung des Streitpatents -im Wesentlichen -in demselben Umfang wie das Gebrauchsmuster beantragt hat. Abgesehen davon, dass der Beschluss des Gebrauchsmustersenats für den entscheidenden Senat nicht bindend ist, die Einsprechenden daher weiterhin berechtigterweise ihr Interesse an dem vollständigen Widerruf des Streitpatents verfolgen durfte, hätte eine Zurücknahme des Einspruchs zwar die Beteiligtenstellung der Einsprechenden beendet, nicht aber das Einspruchsverfahren, welches gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG auch nach Rücknahme des Einspruchs ohne die Einsprechende von Amts wegen fortgesetzt wird. Da nicht nur die Einsprechende, sondern ebenfalls die Patentinhaberin hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, und außerdem eine mündliche Verhandlung im Einspruchsverfahren vom Senat aus Gründen der Sachdienlichkeit anberaumt werden kann (§ 59 Abs. 3 Satz 1 PatG), hätte die Rücknahme des Einspruchs angesichts des vor der mündlichen Verhandlung noch offenen Ausgangs des Einspruchsverfahrens auch nicht die Durchführung der mündlichen Verhandlung verhindern können. Kosten werden nicht auferlegt.

Bertl Kirschneck Groß Dr. Scholz Ko






BPatG:
Beschluss v. 15.12.2010
Az: 19 W (pat) 359/06


Link zum Urteil:
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