Verwaltungsgericht Minden:
Urteil vom 28. Februar 2007
Aktenzeichen: 3 K 620/05
(VG Minden: Urteil v. 28.02.2007, Az.: 3 K 620/05)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitslei-stung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich als in der Stadt C. wohnhafter Wahlberechtigter gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl in C. vom 26. September 2004 und gegen die Gültigkeit der ihr nachfolgenden Stichwahl vom 10. Oktober 2004.
Bei der Oberbürgermeisterwahl in der Stadt C. vom 26. September 2004 wurden nach dem amtlichen Endergebnis 135.264 Stimmen abgegeben, davon 132.327 gültige Stimmen und 2.937 ungültige Stimmen. Von den gültigen Stimmen entfielen auf den Kandidaten E. , F. (CDU) 65.199 Stimmen (49,3 %), auf den Kandidaten D. , Q. (SPD) 52.137 Stimmen (39,4 %) und auf die Kandidatin Dr. T. , J. (GRÜNE) 14.991 Stimmen (11,3%). Bei der Stichwahl für die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt C. vom 10. Oktober 2004 wurden 121.185 Stimmen abgegeben, davon 120.569 gültige Stimmen und 616 ungültige Stimmen. Von den abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf den Kandidaten E. , F. (CDU) 60.353 Stimmen (50,1 %) und auf den Kandidaten D. , Q. (SPD) 60.216 Stimmen (49,9 %). Das Ergebnis der Wahl vom 26. September 2004 wurde vom Wahlleiter der Stadt C. in der Neuen X. und im X1. -Blatt vom 6. Oktober 2004 öffentlich bekannt gemacht. Das Ergebnis der Stichwahl vom 10. Oktober 2004 wurde vom Wahlleiter der Stadt C. in der Neuen X. und im X1. -Blatt vom 16./17. Oktober 2004 öffentlich bekannt gemacht.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 5. November 2004, eingegangen am 5. November 2004, Einspruch gegen die Gültigkeit der Kommunalwahl 2004 (1. Wahlgang). Zur Begründung nannte er die Gründe 1 A bis C mit dem Zusatz, dass die Begründung, die bei der Anfechtung des 2. Wahlgangs folge (2 B bis C), auch den Einspruch gegen den 1. Wahlgang mitbegründen solle. Nachfolgend führte er seine Gründe für den Einspruch gegen die Gültigkeit der Kommunalwahl 2004 (1. Wahlgang) dann wie folgt auf:
1 A: Fehlende Benachrichtigung über die Möglichkeit einer Stimmabgabe vor dem Wahltag im Rathausgebäude usw.,
1 B: Verfassungswidrigkeit im Gesetz fehlender Qualifikationsvoraussetzungen für das Amt des Verwaltungschefs,
1 C: Rechts- und Verfassungswidrigkeit fehlender Qualifikationsvoraussetzungen bei mindestens einer der Kandidaturen für das Amt des Verwaltungschefs.
Nur zufällig hätten die Wählenden des 1. Wahlgangs in C. auf die Möglichkeit stoßen können, vor dem Wahltag ihre Stimme nicht der unzuverlässigen Post anzuvertrauen, sondern bei der Abholung der Briefwahlunterlagen gleich im Rathaus (Bürgerberatung) usw. zu wählen. Eine Benachrichtigung darüber wie im 2. Wahlgang habe er nicht bekommen. Der Mitarbeiter an der Wahlurne habe auch nicht bestätigen können, dass sie anderen zugeschickt worden sei. Das könne entscheidenden Einfluss auf alle Wahleinzelergebnisse gehabt haben. Viele Wähler dächten zu spät an die Stimmabgabe, seien aber am Wahltag verhindert. Die postalische Stimmabgabe sei dann entweder unzuverlässig oder gar nicht mehr möglich.
Die Bundesverfassung bestimme nach der einhelligen Meinung aller Kommentatoren und des Bundesverfassungsgerichts, dass Beamte bestimmte Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen müssten (Leistungsprinzip, meistens als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums konstruiert). Das gelte insbesondere für das Amt des Chefs einer Großstadtverwaltung (früher: Oberstadtdirektor), das im neuen Amt des Oberbürgermeisters nach nordrhein- westfälischem Recht aufgegangen sei. Das Kommunalrecht fordere aber nur ein bestimmtes Lebensalter und bezeichnenderweise nicht einmal Kenntnisse der Amtssprache Deutsch, der zweithäufigsten in der Gemeinde gesprochenen Sprache (C. : Türkisch oder Kurdisch) oder Beherrschung der Grundrechenarten. Eine Juristin habe ihm - dem Kläger - die damals einzige Stellungnahme zu dieser Rechtsfrage gezeigt, eine Münsteraner juristische Dissertation. Ihr zu Folge sei die neue nordrheinwestfälische Regelung verfassungswidrig. Ministerialdirektor I. , damals Leiter der Kommunalabteilung im nordrheinwestfälischen Innenministerium, habe etwa 1998, auf dieses Problem von ihm - dem Kläger - in einem Gespräch in Münster angesprochen, dies für keineswegs abwegig gehalten und zugegeben, dass er als Verfasser der neuen Gesetzesregelungen darauf nicht geachtet habe. Die Landtagsparteien hätten darauf nicht achten können, denn sie hätten ja, um ausreichenden Konsens zu erhalten, auch dem Unqualifiziertesten ihrer Parteigänger die Illusion verschaffen müssen, er könne ab jetzt Verwaltungschef mit Pensionsberechtigung werden. Bei einer ordnungsgemäßen, nicht parteipolitisch, sondern rechtsstaatlich bestimmten Wahlprüfung sei dieser naheliegende Einwand der Verfassungswidrigkeit aber ernstzunehmen. Die Stadt C. sei nicht für rechtsstaatlich einwandfreie Verwaltungsverfahren bekannt. Mindestens habe die Kommunalaufsicht bei einem möglichen juristisch nicht ausreichend begründeten, also parteipolitisch motivierten Zurückweisen seines - des Klägers - Einspruchs einzuschreiten.
Könne die Vorschrift des nordrheinwestfälischen Kommunalrechts, die gegen die Bundesverfassung verstoße, verfassungskonform ausgelegt werden€ Könne das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar angewandt werden, indem aus ihm heraus die beamtenrechtlichen Qualifikationsanforderungen eines großstädtischen Verwaltungschefs konstruiert würden€ Selbst wenn man dieser extremen Rechtsmeinung zuneigen sollte, erfüllte aber mindestens eine Person für die Oberbürgermeisterkandidatur diese Voraussetzungen nicht: der Kandidat E. . Dem Hörensagen nach sei er als Kirchenrendant, als Buchhalter einer Religionsgemeinschaft, ausgebildet worden. Das dürfte der Ausbildung für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst nicht gleichgestellt werden. Als Oberbürgermeister habe er in den wenigen Jahren auch nicht die nötigen Verwaltungsqualifikationen erworben. Das zeigten Dokumente seiner Amtstätigkeit, die an der Universität C. (Projekt Juristische Risiken, Fall N. , Professor B. C1. u.a.) ausgewertet worden seien. Er habe weiter nur in den Ratsvorsitz- und Repräsentationsaufgaben die Mindestvoraussetzungen erfüllt. Diese Aufgaben füllten aber nur einen kleinen Teil des Amtes des Oberbürgermeisters neuen Typs aus. Zumindest der Bewerber E. hätte also von der Liste der Kandidaten gestrichen werden müssen.
Mit einem Schreiben vom 15. November 2004, eingegangen bei dem Beklagten am 15. November 2004, erhob der Kläger ebenfalls Einspruch gegen die Gültigkeit der Kommunalwahl 2004 (2. Wahlgang). Er begründete seinen Einspruch mit den Gründen 2 B bis E, die er wie folgt näher umschrieb:
2 B: Verfassungswidrigkeit: im Gesetz fehlende Qualifikationsvoraussetzungen für das Amt des Verwaltungschefs,
2 C: fehlende Wählbarkeit: fehlende Qualifikationsvoraussetzungen bei einer der Kandidaturen für das Amt des Verwaltungschefs,
2 D: Unregelmäßigkeit: amtsmissbräuchliche und verfassungswidrige Behinderung der Stimmabgabe sowie
2 E: Unregelmäßigkeit: strafrechts- und verfassungswidrige Finanzierung der Wahlbehinderung und der darin enthaltenen Werbung
Die Ausführungen des Klägers zu 2 B stimmen wörtlich überein mit den diesbezüglichen Ausführungen in dem Einspruchsschreiben vom 5. November 2004. Die von dem Kläger unter 2 C genannten Gründe sind im Kern deckungsgleich mit den Ausführungen in seinem Einspruchsschreiben vom 5. November 2004 zum Punkt 1 C. Weiter heißt es unter 2 C: Eine in der Universität C. ausgewertete Akte zum Bauordnungsverfahren 5.6301.000000.2 zeige z.B., dass der E. nicht in der Lage gewesen sei, die gröbsten Missstände im Bauordnungsamt aufzuklären. Es habe anschließend der Korruptionsbeauftragte eingeschaltet werden müssen, der es dann besser gekonnt habe. Auf die disziplinarrechtliche Beschwerde gegen den Amtsleiter eines anderen Amtes habe E. ausgerechnet dessen Stellvertreter als Untersuchungsführer eingesetzt, das offenbar, weil er sein politischer Spezi sei und der beschuldigte Amtsleiter ihm als Parteibuchbeamter der SPD gelte. Der E. - Beamte habe nichts Eiligeres zu tun gehabt, als (trotz des offensichtlich unpolitischen Charakters des Verfahrens) in einem Aktenvermerk an seinen Protektor den Beschwerdeführer als politischen Gegner zu outen. Das zeige schlaglichtartig, dass der Bewerber E. offensichtlich entgegen Art. 80 der nordrheinwestfälischen Landesverfassung "Beamter einer Partei oder sonstigen Gruppe" sei. Auch damit zeige sich, dass er die verfassungsmäßigen Qualifikationen auch im Ansatz nicht aufweise. Bis zum Beweis des Gegenteils gelte also für E. , was der dissidierende Ratinger CDU-Ratsherr D. über den dortigen CDU-Bürgermeister D. nach Pressemeldungen gesagt habe: "Der Bürgermeister hat keine Ahnung, wie man eine Verwaltung führt."
Begründung zu 2 D: Die Wahl sei auch aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Wahlergebnis zu Gunsten des Siegers dadurch beeinflusst worden sei, dass amtsmissbräuchlich und verfassungswidrig Wähler daran gehindert worden seien, zur Wahl zu gehen oder richtig (so, wie sie es eigentlich vorhatten) abzustimmen, die ohne diese Behinderung den Gegenkandidaten gewählt hätten. Zahlreiche C. seien am Wahltag ungebeten durch eine krächzende Stimme telefonisch belästigt worden. Sie habe für den Kandidaten E. mit dem einleitenden Satz "Mein Name ist F. E. . Ich bin ihr Oberbürgermeister ... " geworben. Es möge sein, wie es im Jahre 2004 ein Verwaltungsgericht entschieden habe, dass Oberbürgermeister als Berufsbezeichnung auf dem Stimmzettel zulässig sei. Das heiße aber nicht, dass der Bewerber Arbeitsrichter P. D. seine Klientel (Arbeitnehmer in C. oder speziell Parteien vor seiner Kammer am Arbeitsgericht) zur Wahl aufrufen dürfe mit dem amtsanmaßenden Hinweis "Ich bin ihr Arbeitsrichter". Das gelte auch für E. E. , der genau in diesem Sinne amtsanmaßend Bürgerinnen seiner Stadtverwaltung (darunter auch solche, die Anträge laufen hätten, über die er zu entscheiden haben werde) mit Hinweis auf sein Amt (nicht: seinen Beruf) begrüße. Es gebe genügend dumme und autoritätsgläubige Leute unter den Wahlberechtigten C., die sich durch solche Tricks beeinflussen ließen. Der I1. Bewerber T. H. habe bezeichnenderweise bei seinen Telefonbelästigungen auf die Amtsanmaßung verzichtet (und deshalb verloren€).
Die unerbetene telefonische Störung der privaten Sonntagsruhe stelle weiter Eingriffe dar in die Menschenwürde (Verbot der Erregung von Ekel bei sensiblen Bürgerinnen), den Religionsschutz (Sonntagsruhe für Christinnen), insbesondere in Art. 25 der nordrheinwestfälischen Verfassung, in der der Sonntag u.a. als Tag der seelischen Erhebung geschützt werde, die sonstige Freiheit, zu der auch gehöre, in der Privatsphäre unbelästigt zu bleiben. Das sei von den Zivilgerichten in ihrer Rechtsprechung zu unerbetener Werbung regelmäßig anerkannt worden.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass unangenehme Gefühle mancher der von Kandidat E. Belästigten (Ärger, Ekel usw.) gegenüber der Politik allgemein (nicht nur gegenüber E. und seiner Christenpartei!) dazu geführt hätten, dass sie nicht zur Wahl gegangen seien oder aus Protest ungültig gewählt hätten, obwohl sie ohne die Belästigung den unterlegenen Bewerber gewählt hätten. Diese ärger- und ekelerregende Wirkung der rechtswidrigen E.-schen Propaganda sei angesichts der empirischen Forschungsergebnisse zur "Politikverdrossenheit" und zum außerordentlich niedrigen Sozialprestige der Politiker sogar sehr wahrscheinlich. Konkret habe ihm - dem Kläger - eine Studentin von ihrem Ekel beim Telefonanruf E.-s berichtet. Der telefonische politische Annäherungsversuch des E. werde von manchen Wahlberechtigten, gerade Jugendlichen, noch stärker als eklig empfunden, als wenn "Johanna von Glöckler von der Süddeutschen Klassenlotterie" mit ihrer "Profitorientierung" ungebeten ins Privatleben eindringe. Das sei ja "nur" das übliche Geschäft. Von der Politik erwarte man Ehrbarkeit, zumindest aber Respekt der Verfassung.
Zum Punkt 2 E führte der Kläger aus: Die rechtsverachtende Werbung (siehe 2 D) steigere sich zu einem sittenwidrigen Eingriff in die Wahlgleichheit, falls diese Propaganda 1. auf der Telefonanlage der Stadt (einer Fraktion) ohne Entgelt durchgeführt worden sei, 2. aus Schmiergeldern (im Sinne der §§ 331 ff. StGB) finanziert worden sei, 3. aus rechts- und verfassungswidriger Parteienfinanzierung bezahlt worden sei.
Zu 1.: Die amtsanmaßende Anrede spreche in ihrer rechtsverachtenden Ignoranz oder Arroganz für die Benutzung der städtischen Telefonanlage. Es sei zu verlangen, dass der Bewerber die Telefonrechnungen für die beanstandete Propaganda vorlege.
Zu 2.: Es sei in weiten Kreisen bekannt und in einem Forschungsprojekt der Universität C. mit mehreren Interviews und Dokumenten nachgewiesen, dass Ratsmitglieder (vermutlich solche der Partei des Bewerbers E. ) von Funktionären eines großen Vergnügungskonzerns mit Millionenbudget (xxx B.-Berufsfußball) wertvolle Dauerfreikarten mit VIP-Leistungen erhalten hätten. Es sei auch nicht so, dass E. von diesen außersportlichen Machenschaften des xxx B. nichts bemerkt habe, wie es seine Parteifreunde für die Machenschaften des Vereins Olymp jetzt behaupteten. Der E. habe diese Schmierleistungen vielmehr vermittelt, d.h. an andere Ratsmitglieder weitergeleitet. Allgemein werde bei Mitwissern der Affäre die Sponsorenschaft von Teilen des Konzerns Stadt C. (Sparkasse, Stadtwerke) sowie u.a. die jüngst im Finanzausschuss erfolgte Verlängerung einer Bürgschaft der Stadtverwaltung für die Fa. xxx B. als Gegenleistung für das Schmieren angesehen. Wer in dieser Weise Politiker schmiere, spende vermutlich auch in Wahlkampfzeiten für die Partei, deren Oberbürgermeister trotz Warnungen des eigenen Korruptionsbeauftragten die Schmierleistungen vermittele. Und diese Spenden mögen durchaus in einer Weise geschehen, die dem Wuppertaler Oberbürgermeister zum Verhängnis geworden sei und noch weiter werde. Zu prüfen sei auch, ob die Nutzer der VIP-Dauerkarten dafür in die Parteikasse der CDU oder für das Wahlkampfbudget E.-s gespendet hätten. Es liege keineswegs ein fahrlässiger Verstoß vor. Der Korruptionsbeauftragte der Stadt habe E. rechtzeitig auf die Strafbarkeitsrisiken der Freikartenvergabe hingewiesen.
Zu 3.: Zu prüfen sei weiterhin, ob die Finanzierung der verfassungswidrigen Telefonwerbung nicht direkt oder indirekt aus Mitteln stamme, die verfassungswidrig aus dem Budget des Landschaftsverbandes X1. -M. der Partei E.-s zugeflossen seien. Ohne zureichenden Grund erhielten Mitglieder der Landschaftsversammlung (fast alle Parteimitglieder) fast das Doppelte (zurzeit wohl ca. 70,00 EUR, auch für 10-Minuten-Sitzungen) der Sitzungsgelder der sachkundigen Bürger, die nur zum Teil Parteimitglieder seien (eher selten die im Jugendhilfeausschuss). Diese Diskrepanz sei der Beweis dafür, dass gesetzwidrig weit mehr als der Aufwand bezahlt werde. Vielmehr sei die beabsichtigte Parteifinanzierung über "freiwillige" Spenden der Mitglieder der Landschaftsversammlung der einzige Grund für diese Regelung, die die nordrhein- westfälischen Steuerzahlerinnen jährlich Hunderttausende Euro koste. Wie ein CDU- Mitglied der Landschaftsversammlung ausgesagt habe, führten CDU-Mitglieder etwa die Summe an ihre Partei ab, die sie mehr erhielten als die sachkundigen Bürger. Auch E. werde das so gehandhabt haben, als er Mitglied der Landschaftsversammlung gewesen sei. Es reiche, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass E.-s verfassungswidrige Telefonpropaganda von dieser ihm bekannten ebenfalls verfassungswidrigen, wenn auch trickreichen Parteifinanzierung profitiert habe. Damit wäre die Gleichheit der Chancen eklatant verletzt. Hinzu komme das Folgende: Die Aufhebung der Wahl stelle das einzige Mittel dar, um diesem für die Steuerzahlerinnen kostspieligen Treiben ein Ende zu machen, das sehr geschickt eingefädelt worden sei (z.B. kein Kläger - kein Richter). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe mehrfach ausgesprochen (seit dem Herrenreiter-Urteil), dass grob rechtswidriges, aber geldbringendes Handeln nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfe. Dafür müsse das geltende Recht, wie der Bundesgerichtshof es tue, phantasiereich angewendet werden.
Der Beklagte beschloss in seiner Sitzung vom 27. Januar 2005, die Einsprüche des Klägers gegen die Kommunalwahlen vom 26. September und vom 10. Oktober 2004 zurückzuweisen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger in einem Schreiben vom 1. März 2005 mitgeteilt. Die Entscheidung wurde im Hinblick auf die von dem Kläger für seine Einsprüche angeführten Gründe wie folgt begründet:
Zu 1 A: Zu den Kommunalwahlen seien den Wahlberechtigten die Wahlbenachrichtigungen mit dem in Anlage 2 der Kommunalwahlordnung vorgeschriebenen Text zugesandt worden. Darin sei auch ein Hinweis enthalten gewesen, dass Briefwahlunterlagen in der Bürgerberatung des Neuen Rathauses und in den Bezirksämtern (nicht in den Nebenstellen) persönlich abgeholt werden könnten.
Zu 1 B und 1 C sowie zu 2 B und 2 C: Alle Bewerberinnen und Bewerber um das Amt der Oberbürgermeisterin/des Oberbürgermeisters hätten die Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 65 Abs. 5 der Gemeindeordnung erfüllt. Ein Verstoß gegen die Verfassungsmäßigkeit sei bei dieser Bestimmung nicht zu erkennen.
Zu 2 D: Eine Rechtswidrigkeit der getätigten Telefonanrufe sei nicht zu erkennen.
Zu 2 E: 1. Es handele sich um eine reine Vermutung, für die keinerlei stichhaltige Beweise genannt würden. 2. Die unterstellten Schmiergeldleistungen würden nicht weiter kommentiert. 3. Den Schlussfolgerungen des Klägers könne nicht gefolgt werden.
Mit der am 21. März 2005 erhobenen Klage beantragt der Kläger,
den Beschluss des Beklagten vom 27. Januar 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, eine Wiederholungswahl zum Amt des Oberbürgermeisters der Stadt C. anzuordnen.
Zur Begründung seines Antrags führt der Kläger über sein früheres Vorbringen hinaus aus: Was die Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das Gebot von Qualifikationsvoraussetzungen angehe, beantrage er zunächst eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Das Landesparlament müsse dann für die Neuwahl ein Gesetz mit verfassungsgemäßen Wählbarkeitsvoraussetzungen beschließen, insbesondere die Beherrschung der Amtssprache oder einer Sprache vorschreiben, die in der Stadt von einem relevanten Anteil der Bevölkerung gesprochen werde. Es möge sein, dass der korrekte Antrag für dieses Begehren dann laute, die fehlende Wählbarkeit aller Kandidaten festzustellen. Seine Beanstandung der Wahl zu den Volksvertretungen wegen der fehlenden korrekten Benachrichtigung zur Briefwahl lasse er fallen.
Er beantrage, darüber Beweis zu erheben,
1. dass es im 1. und 2. Wahlgang bewusst zwei unterschiedliche Benachrichtigungen zur Briefwahl gegeben habe, um die Wahl zu beeinflussen, und zwar durch Beiziehung der vollständigen Akten des Wahlamtes mit allen Vorgängen zum Entwurf und Druck der Wahlunterlagen und allen Weisungen und Aktenvermerken des Wahlleiters (Beigeordneten),
2. dass Straftaten des Kandidaten E. vorgelegen hätten, die es höchstwahrscheinlich machten, dass er oder seine Partei auch unerlaubte Spenden der Fa. xxx B. angenommen hätten, durch Vorlage aller Akten des Oberbürgermeisters, des Ältestenrats des Beklagten sowie des Korruptionsbeauftragten der Stadt C. mindestens seit 1997, in denen Vorgänge enthalten seien, die zeigten, dass der Oberbürgermeister E. im Auftrag der Fa. xxx B. Schmierleistungen an Mandatsträger der Stadt wie andere Beamte im strafrechtlichen Sinne weitergeleitet oder selbst erhalten habe, ferner Beiziehung aller Akten darüber, was als Gegenleistung für das Schmieren gelten könne, z.B. die Verlängerung des städtischen Darlehens an die genannte Vergnügung,
3. dass die illegale Wahlwerbung "Ich bin ihr Oberbürgermeister ..." einen dienstlichen Charakter gehabt habe, durch Vorlage aller Telefonabrechnungen der Telefonapparate des Oberbürgermeisters und seiner dienstlichen Umgebung sowie der CDU-Fraktion des Beklagten vom Wahltag der Stichwahl und der beiden vorhergehenden Tage.
Der Wahlleiter M1. habe dem Wahlteamleiter die Weisung gegeben, im 2. Wahlgang die Wählerbelehrung über die Briefwahlmöglichkeit vor Ort hinzuzufügen. Er habe offenbar die Wähler des E. begünstigen wollen und gehofft, dass gerade gegnerische Wähler, die von der neuen vorteilhafteren Regelung (Wahl vor Ort, ohne Bundespost) nichts gewusst hätten, nicht zur Wahl gingen. Die Handhabung bei dieser Wahl in C. habe der kommunalrechtlichen Vorschrift einer Differenzierung zwischen Briefwahl und Wahl vor Ort widersprochen. Auch die Briefwahl an Ort und Stelle (§ 20 der nordrheinwestfälischen Wahlordnung) müsse Briefwahl bleiben. Die Vor-Ort-Wahl dürfe nur am Wahltag erfolgen. In C. sei die "Briefwahl" im Rathaus aber u.a. als Urnenwahl genau so ausgestaltet wie die Vor-Ort-Wahl am Wahltag, nur ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherungen, z.B. von den Parteien benannte Wahlbeisitzer, die u.a. den Urneninhalt vor Manipulationen der Machthaber und der von ihnen abhängigen Beamten schützen sollten. Die angebliche Briefwahl sei auch z.B. als Briefwahl in der Bürgerberatung an der Tür der Bürgerberatung angekündigt worden.
Auch dann, wenn der Kandidat E. nicht zu seiner Wahl, sondern nur zur Beteiligung an der Wahl durch Telefonwerbung aufgerufen habe, habe er sich einen illegalen und mandatsrelevanten Wettbewerbsvorteil verschafft, umso mehr, als das hier am Tag vor dem Wahltag geschehen sei. Wenn es dem Oberbürgermeister nur um die Wahlbeteiligung gegangen wäre, hätte er auf die Nennung des Kandidatennamens E. verzichtet. Er bestreite, dass keine noch deutlichere Werbung für die Wahl des E. erfolgt sei. Der Beklagte habe beweiskräftige Unterlagen über Text, Abrechnung usw. vorzulegen oder durch glaubwürdige Beamte vor Gericht eidlich beschwören zu lassen.
Die Telefonanrufe des Oberbürgermeisters seien zur Tarnung im Text gesplittet gewesen: Einige seien direkte Wahlwerbungen gewesen: "Mein Name ist F. E. . Ich bin ihr Oberbürgermeister ... (wählen Sie mich)." Andere seien nur indirekte Werbungen gewesen: "Mein Name ist F. E. . Ich bin ihr Oberbürgermeister ... (gehen Sie unbedingt zur Wahl)." Die Finanzierung sei ebenfalls gesplittet erfolgt, aber nicht entlang dem Textunterschied, sondern entlang den Inhabern der Telefonanschlüsse. Viele Tausende von Telefonaten mit beiden Texten, die weit überwiegende Zahl, seien mit Hilfe von mehreren städtischen Hauptanschlüssen aus erfolgreich durchgeführt worden. Das sei geschehen aus den Räumen des Oberbürgermeisters und seines Büros, aus den Räumen des Wahlleiters und aus den Räumen der Fraktion des Oberbürgermeisters. Die automatischen Einwahl- und Sprachapparate, die Telefongebühren sowie die Reinigungskosten der Räume nach der Wahlwerbungsnutzung seien aus städtischen Mitteln bezahlt worden (Beweis für alles: Akten zu den Vorgängen bei der Stadt C. , z.B. Büro des Rates, Kämmerei, sowie eidliche Vernehmungen der in seinem - des Klägers - Schriftsatz vom 2. September 2006 benannten, mit Z 1, 2, 10, 11 sowie 17 bis 20 bezeichneten Zeugen). Die Gegenkandidaten hätten solche Angebote nicht erhalten oder doch jedenfalls nicht genutzt. Hiernach sei der Grundsatz der Gleichheit der Wahlchancen durch E.-s Telefonwerbung verletzt (Beweis für alles: Akten wie zuvor sowie Zeugnis der Zeugen Z 1 bis 9 a). Die übrigen Telefonate mit beiden Texten seien mit den Mitteln der von ihm später beschriebenen illegalen Parteifinanzierung aus Parteibüros der Partei des E. geführt worden, nämlich aus Räumen des Kreisverbands, des Landtagsabgeordnetenbüros, des Bundestagsabgeordnetenbüros und des Europaabgeordnetenbüros (Beweis: eidliche Vernehmung der Zeugen Z 1 und 2). Nach allem sei die Wahl wegen der amtlichen, den zweiten Bewerber benachteiligenden Wahlwerbung für den E. von der Stadt fehlerhaft durchgeführt worden, und zwar sowohl wegen des amtlich wirkenden Textes als auch wegen der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel.
Zu den die Chancengleichheit verletzenden amtlichen Briefwahlmanipulationen: Was als Briefwahl inszeniert worden sei, sei insoweit keine zulässige Briefwahl, als die Wahlvorgänge für viele Tausende von Wählern in Räumen der Stadt stattgefunden und sich in keinen Merkmalen von der Wahl am offiziellen Wahlsonntag unterschieden hätten außer dadurch, dass die rechtlichen Sicherungen der Wahlgrundsätze (z.B. politisch pluralistisch bestimmte Beisitzer) entfallen seien. Dazu komme die vom Wahlleiter angeordnete ungleiche Benachrichtigung der Wähler, die von dem Beklagten schon ausdrücklich zugestanden worden sei.
Zur Verletzung der Chancengleichheit durch amtlich eingeworbene Spenden für den Wahlkampf des E. : Durch korruptive amtliche Handlungen von Beschäftigten der Stadt sei einseitig nur der Wahlkampf des Oberbürgermeisters finanziert worden. Hierzu macht der Kläger umfangreiche weitere Ausführungen, auf die Bezug genommen wird (Bl. 48 bis 56 d.A.). Der Kläger führt weiter aus: Die die Chancengleichheit verletzende Einwerbung von Wahlkampfspenden bei der amtlichen Tätigkeit der Körperschaft, bei der Kommunalwahlen stattfänden, müsse zur Illegalisierung der Wahl ebenso führen wie amtliche illegale Wahlwerbung.
Zur Beeinflussung des Wahlergebnisses in Folge der Wahlfehler: Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit hierfür müsse angenommen werden, da dem Bewerber D. nur 138 Stimmen gefehlt hätten.
Das Gericht nimmt weiter Bezug auf den Schriftsatz des Klägers vom 11. März 2007, bei Gericht eingegangen am 14. März 2007.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt zur Begründung seines Antrags aus: Dass Herr F. E. die in § 65 Abs. 5 GO NRW genannten Voraussetzungen für die Wählbarkeit zum hauptamtlichen Bürgermeister erfülle, stehe außer Zweifel. Die Gemeindeordnung sehe keine besondere fachliche oder berufliche Qualifikation für die Bewerber um das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters vor. Ob die in § 65 Abs. 5 GO NRW normierten Wählbarkeitsvoraussetzungen verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügten, sei für die Gemeinde im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Norm ohne Belang. Die Gemeindeordnung NRW sei ein formelles nachkonstitutionelles Landesgesetz, das in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß erlassen worden und von den Gemeinden mangels eigener Verwerfungskompetenz zu beachten sei. Im Übrigen seien durchschlagende Gesichtspunkte für eine Verfassungswidrigkeit auch bei Querbetrachtung der Gemeindeordnungen anderer Länder mit vergleichbaren kommunalen Verfassungsprinzipien nicht erkennbar.
Gemäß § 7 Abs. 1 UWG sei "Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen" ohne Einwilligung des Adressaten unzulässig. Diese Norm sei jedoch im vorliegenden Fall mangels des vom Gesetz geforderten kommerziellen Umfeldes nicht einschlägig. Es liege kein "unlauterer Wettbewerb" im Sinne des Gesetzes vor. Jeder Bürger, der keine derartigen Anrufe mit Wahlwerbung erhalten wolle, habe die Möglichkeit, sich auf zivilrechtlichem Wege dagegen zu wehren. Diese zivil- bzw. wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkte seien für die hier zur Entscheidung anstehende wahlprüfungsrechtliche Frage jedoch nicht erheblich. Ob Wahlwerbung eine "Unregelmäßigkeit" im wahlrechtlichen Sinne darstelle, beurteile das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen nach den in seinem Urteil vom 18. März 1997 - 15 A 6240/96 - aufgeführten Kriterien. Hiernach könne von einer Wahlbeeinflussung, die geeignet wäre, die Entscheidungsfreiheit des Wählers ernstlich zu beeinträchtigen, bei der genannten Telefonaktion keine Rede sein. Sie begründe auch keinen Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht des Oberbürgermeisters im Kommunalwahlkampf. Ein Oberbürgermeister dürfe in amtlicher Funktion keine Wahlwerbung zu Gunsten Dritter machen. Er dürfe jedoch auf der Grundlage von Art. 5 GG als Bürger und Kandidat seine private Meinung im Hinblick auf die Wahl äußern und sich im Wahlkampf aktiv betätigen. Der Hauptverwaltungsbeamte sei von der Neutralitätspflicht insoweit entbunden, als er erkennbar in seiner Eigenschaft als Kandidat Wahlempfehlungen zu seinen eigenen Gunsten abgebe. Bei derartigen Meinungsäußerungen brauchten kommunale Amtsträger ihr Amt nicht zu verleugnen und könnten auch ihre Amtsbezeichnung verwenden. Wenn im vorliegenden Fall Herr F. E. unter Hinweis darauf, dass er der - augenblickliche - Oberbürgermeister sei, lediglich auf die bevorstehende Oberbürgermeister-Stichwahl aufmerksam gemacht und die Bürger ermuntert habe, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, begegne dies keinen rechtlichen Bedenken bezüglich des Neutralitätsgebotes.
Im Übrigen sei es nicht richtig, dass im Zusammenhang mit dem Einspruch des Klägers der Wahlleiter Weisungen an den Leiter des Wahlteams erteilt habe, dass der Wahlleiter sich in der Entscheidung über den Einspruch jeden Kommentar zu Schmiergeldleistungen verbeten habe bzw. dass er - der Beklagte - über die Argumente des Klägers nicht unterrichtet worden sei. Richtig sei, dass der Kläger den vorliegenden Verwaltungsrechtsstreit offensichtlich als Forum nutze für eine Reihe von Tatsachenbehauptungen, die nicht zuträfen, und für Vermutungen, für die es keinen ernsthaften Anlass gäbe. Darüber hinaus würden in ehrverletzender Weise strafrechtliche Zusammenhänge insinuiert, die nicht existierten. Da dieser klägerische Vortrag im Hinblick auf den Gegenstand der Klage nicht streiterheblich erscheine, werde bis auf Weiteres darauf verzichtet, diesbezüglich zu erwidern.
Unter dem 13. September 2006 erklärte der Oberbürgermeister der Stadt C. , Herr F. E. , dass er bei der letzten Kommunalwahl 2004 in C. , in der er als Oberbürgermeister-Kandidat angetreten sei, keine Unterstützung von Bediensteten der Stadt C. in ihrer Dienstzeit erhalten und auch keine Sachmittel der Stadt C. benutzt oder verwandt habe. Auch seien zu seiner Wahlwerbung weder Personen noch Hilfsmittel aus Mitteln der Stadt C. bezahlt worden. Ebenfalls auf Veranlassung des Gerichts bat der Erste Beigeordnete der Stadt C. , Herr M1. , als Rechtsdezernent die Ratsmitglieder, dem Rechtsamt bis zum 5. Oktober 2006, 12:00 Uhr, schriftlich und gegebenenfalls mit Beleg mitzuteilen, ob sie als Person Kenntnisse darüber hätten, dass der Oberbürgermeister städtische Kopierer, Fax-Geräte, Telefone u.ä. zu Wahlkampfzwecken genutzt habe. Das Rechtsamt werde dann eine entsprechende Stellungnahme für das Gericht fertigen.
Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2006 trug der Beklagte sodann wie folgt weiter vor: Bis zu dem genannten Termin, aber auch später sei eine Mitteilung, wie sie von den Ratsmitgliedern erbeten worden sei, nicht eingegangen. Im Übrigen sei der zulässige Umfang der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit einer Kommunalwahl nach den Vorgaben des nordrheinwestfälischen Wahlprüfungsrechts der Sache nach beschränkt. Inhaltlich werde der Prüfungsumfang bestimmt durch die zunächst in dem Einspruchsverfahren und im Klageverfahren weiterhin gerügten Sachverhalte. Diese müssten bereits im vorgerichtlichen Verfahren substantiiert vorgetragen worden sein.
Die Behauptung, bei der Weitergabe von Eintrittskarten an Ratsmitglieder habe der Oberbürgermeister "Schmierleistungen (i.S.d. §§ 331 ff. StGB) vermittelt", aus denen die Telefonwahlwerbung finanziert worden sei, sei zum einen tatsächlich falsch, zum anderen rechtlich unerheblich. Darüber hinaus sei - tatsächlich - ein Zusammenhang mit der Finanzierung der Telefonwahlwerbung nicht erkennbar. Zum anderen sei nicht erkennbar, welche Aspekte in diesem Zusammenhang für die offensichtlich rein spekulative Vermutung des Klägers sprechen sollten, dass der xxx B. C. illegale Spenden an die "Partei" (gemeint sei anscheinend die CDU) für den Wahlkampf des Oberbürgermeisters geleistet haben solle. Im Übrigen werde auf einen in Ablichtung beigefügten Vermerk des Korruptionsbeauftragten (Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamtes, der keinen Weisungen unterliege, § 104 GO NRW) vom 19. Juli 2004 über ein Gespräch mit dem Kläger hingewiesen, das - wie zahlreiche in diesem Klageverfahren erhobene Behauptungen - auf Seiten des Klägers Ansätze einer kognitiven Dissonanz erkennen lasse.
Die Behauptung des Klägers, die Finanzierung der Telefonwerbung stamme direkt oder indirekt aus Mitteln, die verfassungswidrig aus dem Budget des Landschaftsverbandes X1. -M. stammten, sei in diesem Verfahren aus der Sicht des Beklagten unerheblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Beschluss vom 27. Januar 2005, durch den der Beklagte die Einsprüche des Klägers vom 5. und vom 15. November 2004 gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl in C. vom 26. September 2004 beziehungsweise gegen die Gültigkeit der ihr nachfolgenden Stichwahl vom 10. Oktober 2004 zurückgewiesen und damit sinngemäß die genannten Wahlen gemäß § 40 Abs. 1 Buchstabe d) KWahlG, wie das Kommunalwahlgesetz insgesamt entsprechend anwendbar auf eine Bürgermeister- beziehungsweise Oberbürgermeisterwahl nach Maßgabe des § 46 b KWahlG, für gültig erklärt hat, ist rechtmäßig; der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass dieser die genannten Wahlen für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl anordnet (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Der Kläger hat mit seinen Einsprüchen und mit der Klage nicht solche Umstände dargelegt, auf Grund derer die Oberbürgermeisterwahl und/oder die Oberbürgermeisterstichwahl wegen mangelnder Wählbarkeit eines Gewählten für ungültig zu erachten sind (§ 40 Abs. 1 Buchstabe a) KWahlG) oder von dem Beklagten wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung, die im jeweils vorliegenden Einzelfall auf das Wahlergebnis von entscheidendem Einfluss gewesen sein können, für ungültig zu erklären und dementsprechend eine Wiederholungswahl anzuordnen ist (§ 40 Abs. 1 Buchstabe b) KWahlG). Eine Unregelmäßigkeit, die nicht zu einer Wiederholungswahl, sondern lediglich dazu führen könnte, die Feststellung des Wahlergebnisses für ungültig zu erklären und eine Neufeststellung anzuordnen (§ 40 Abs. 1 Buchstabe c) S. 1 KWahlG), kommt nach dem gegebenen Sachverhalt ohnehin nicht in Betracht.
Nach nordrheinwestfälischem Wahlprüfungsrecht kann die Ordnungsmäßigkeit einer Kommunalwahl der Sache nach nur beschränkt überprüft werden, wobei der Prüfungsumfang bestimmt wird durch die zunächst in den Einsprüchen und dann im Klageverfahren weiterhin gerügten Sachverhalte. Diese müssen, damit sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden können, bereits im vorgerichtlichen Verfahren substantiiert vorgetragen worden sein; im gerichtlichen Verfahren dürfen keine gegenüber dem Einspruchsverfahren neuen Anfechtungsgründe vorgebracht werden. Dem Gericht ist es weiter verwehrt, von Amts wegen Ungültigkeitsgründe zu ermitteln und diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.
Vgl., auch zum Folgenden, OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1971 - 3 A 35/71 -, OVGE 27, 209; Urteil vom 30. April 1991 - 15 A 2036/90; Urteil vom 18. März 1997 - 15 A 6240/96 -, NVwZ-RR 1998, S. 196; Beschluss vom 11. März 1966 - 3 A 1039/65 -, OVGE 22, 141; VG Aachen, Urteil vom 13. Mai 2004 - 4 K 1142/02 -; Urteil vom 16. Juni 2005 - 4 K 4462/04 -, juris-Rechtsprechung.
Die Regelung in einem Kommunalwahlgesetz, auf Grund derer die Gründe für einen Einspruch gegen eine Kommunalwahl nur innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemacht werden können, verstößt nicht gegen Bundesrecht.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Dezember 1972 - VII B 74.72 -, Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 8.
Nur durch die angeführte Begrenzung des verwaltungsgerichtlichen Prüfungsumfangs lässt sich der Zweck des Wahlprüfungsrechts erreichen, in kurzer Klarheit über die Tatsachen zu schaffen, die gegen die Gültigkeit der Wahl eingewandt werden. Aus dieser Beschränkung der gerichtlichen Prüfung folgt, dass bereits im vorgerichtlichen Einspruchsverfahren bis zum Ablauf der Einspruchsfrist des § 39 Abs. 1S. 1 KWahlG, das heißt binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, durch den Einspruchsführer substantiiert dargelegt werden muss, welche Sachverhalte als Gründe für die mangelnde Wählbarkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Buchstabe a) beziehungsweise als erhebliche Unregelmäßigkeiten im Sinne von § 40 Abs. 1 Buchstabe b) dem Einspruch zu Grunde gelegt werden.
I. Oberbürgermeisterwahl vom 26. September 2004 (1. Wahlgang)
Der Einspruch des Klägers vom 5. November 2004 gegen diese Wahl ist ebenfalls am 5. November 2004 und damit innerhalb der für diese Wahl bis zum 6. November 2004 laufenden einmonatigen Einspruchsfrist bei dem Wahlleiter eingegangen und damit zulässig. Für den 1. Wahlgang unberücksichtigt bleiben müssen aber die Gründe 2 B bis C, bezüglich derer der Kläger in seinem Einspruchsschreiben vom 5. November 2004 auf das den 2. Wahlgang der Oberbürgermeisterwahl betreffende Einspruchsschreiben vom 15. November 2004 verweist, das erst am 15. November 2004 und damit außerhalb der Einspruchsfrist für den 1. Wahlgang bei dem Wahlleiter eingegangen ist. Das gilt allerdings nur insoweit, als diese Gründe nicht mit den im Einspruch gegen die Wahl vom 26. September 2004 vorgetragenen Gründen identisch sind.
1. zur Wählbarkeit des Kandidaten F. E. :
Zu Unrecht geht der Kläger von der mangelnden Wählbarkeit des Kandidaten F. E. aus. Die Wählbarkeitsvoraussetzungen für das Amt eines Bürgermeisters beziehungsweise Oberbürgermeisters sind in § 65 Abs. 5 GO NRW geregelt. Dass Herr E. diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Wahl erfüllt hat und auch weiterhin erfüllt, kann auch von dem Kläger nicht bezweifelt werden. § 65 Abs. 5 GO NRW ist auch nicht insofern verfassungswidrig, als dort nicht über die aufgeführten Voraussetzungen hinaus eine durch eine bestimmte formalisierte Ausbildung mit abschließendem Examen oder in sonstiger Weise nachzuweisende fachliche Qualifikation gefordert wird. Dies lässt sich ohne weiteres der ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Anwendung des Art. 33 Abs. 5 GG, nach dem das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist, auf kommunale Wahlbeamte entnehmen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1957 - 1 BvL 1/57 -, BVerfGE 7. S. 155 ff.
In dieser Entscheidung heißt es auf den Seiten 162 bis 166 unter anderem wörtlich:
"Art. 33 Abs. 5 GG gebietet nicht, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums unter allen Umständen zu beachten, sondern nur, sie bei der Regelung des Rechts des öffentlichen Dienstes zu "berücksichtigen". Diese zurückhaltende Fassung lässt dem Gesetzgeber einen weiten Raum zur Fortentwicklung des Beamtenrechts im Rahmen des gegenwärtigen Staatslebens (vgl. BVerfGE 3, 58 [137]) ... Die Sicherung gegen vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses kann jedoch nicht für alle Beamtengruppen gleich sein. Nach Art. 33 Abs. 4 GG sollen hoheitliche Befugnisse in der Regel Personen übertragen werden, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, also Beamte sind; ihr Dienstrecht ist gemäss Absatz 5 unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu ordnen. Innerhalb des Beamtentums hat es seit je auch den Typus des "Beamten auf Zeit" gegeben, der in der Regel zugleich Wahlbeamter ist ... Auch für die Rechtsverhältnisse dieser Beamten gibt es "hergebrachte Grundsätze". Da aber Beamte dieses Typs in der staatlichen Verwaltung nur ausnahmsweise verwendet werden, beschränken sich die Beamtengesetze regelmäßig auf wenige Vorschriften und verweisen im übrigen auf die jeweils geltende Einzelgesetzgebung. Zeitbeamte gibt es vor allem in der Kommunalverwaltung und bei Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das Recht dieses Verwaltungsbereichs hat sich in den deutschen Ländern sehr verschieden entwickelt, war häufig nicht einmal innerhalb des einzelnen Landes gleich. So findet sich im Beamtenrecht dieser Korporationen eine größere Zahl von Varianten als im staatlichen Beamtenrecht. Daraus folgt, dass auch der an Art. 33 Abs. 5 GG gebundene Gesetzgeber hier eine noch größere Gestaltungsfreiheit besitzt, als sie ihm nach dem oben Gesagten bereits für das allgemeine Beamtenrecht zukommt. Zu fordern ist nur, dass die für die Zeitbeamten im Einzelfall getroffene Regelung nach der Art der Dienstleistung den von der Regel abweichenden tatsächlichen und rechtlichen Elementen des Dienstes sachgerecht erscheint, sich also nicht grundsätzlich und ohne vernünftigen Grund von allgemeinen Regeln des Beamtenrechts löst. Innerhalb der Gruppe der Beamten auf Zeit nehmen die hauptamtlichen Bürgermeister der Gemeinden eine besondere Stellung ein. Sie beruht auf der Grenzposition dieser Amtsträger zwischen Beamtenrecht und Kommunalrecht. Ihre Stellung in der Gemeinde wird in erster Linie durch das Gemeindeverfassungsrecht bestimmt, und dieses beeinflusst damit notwendig auch ihr Dienstrecht. Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde in einem ganz anderen, viel unmittelbareren Sinn als je ein anderer Beamter seinen "Dienstherrn": Durch ihn tritt die Gemeinde handelnd erst in Erscheinung. Bei Erfüllung der kommunalen Aufgaben kann er weitgehend frei und schöpferisch gestalten und so der ganzen Gemeindeverwaltung sein persönliches Gepräge geben ... Diese besondere Stellung der hauptamtlichen Bürgermeister hat seit jeher die Gestaltung ihres Dienstrechts beeinflusst. Bereits das Preußische Kommunalbeamtengesetz vom 30. Juli 1899 (GS S. 141), das im allgemeinen bestrebt war, die Rechtsverhältnisse der Kommunalbeamten denen der Staatsbeamten anzugleichen, nahm die leitenden Kommunalbeamten weitgehend von seinen Regelungen aus (z. B. § 14). Bis in die Gegenwart ist es dabei geblieben, dass das Dienstrecht dieser Beamten nur zum Teil in den Beamtengesetzen, zu einem erheblichen Teil aber in den Kommunalverfassungsgesetzen geregelt wird. Am stärksten äußert sich die Einwirkung des Gemeindeverfassungsrechts auf das Dienstrecht der hauptamtlichen Bürgermeister in gewissen traditionellen inhaltlichen Abweichungen von hergebrachten Grundsätzen des allgemeinen Beamtenrechts: Zunächst gibt es für sie keine Laufbahnvorschriften ...; weder bestimmte Vorbildung noch die Ableistung eines bestimmten Vorbereitungsdienstes oder das Bestehen bestimmter Prüfungen ist vorgeschrieben, vielmehr begnügen sich die Gesetze, soweit sie überhaupt persönliche Voraussetzungen für das Amt des Bürgermeisters aufstellen ..., mit allgemein gehaltenen Klauseln, etwa der, dass der Bewerber die für sein Amt "erforderliche Eignung besitzen" oder über die für sein Amt "erforderliche Eignung, Befähigung und Sachkunde" und eine "ausreichende Erfahrung" verfügen müsse. Das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters soll den Angehörigen aller Schichten der Bevölkerung offen stehen, sofern sie das Vertrauen der Gemeinde genießen ... Entscheidend für seine Berufung ist dementsprechend die Wahl durch die Gemeindevertretung oder durch das Gemeindevolk selbst, also ein Akt demokratischer Willensbildung, der erneuert werden muss, wenn der Bürgermeister nach Ablauf seiner Amtsperiode im Amt bleiben soll."
Dass Oberbürgermeister E. über deutlich mehr als das hiernach allenfalls zu fordernde Mindestmaß an Erfahrung bei der Leitung auch größerer Verwaltungseinheiten verfügt, lässt sich selbst dann, wenn weitere Einzelheiten seines beruflichen und kommunalpolitischen Werdegangs in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, der auch von dem Kläger eingeräumten Tatsache entnehmen, dass er im Zeitpunkt der hier angefochtenen Oberbürgermeisterwahlen das Amt des hauptamtlichen Oberbürgermeisters und Chefs der C2. Verwaltung bereits sei fünf Jahren, nämlich seit dem 1 Oktober 1999, innehatte.
2. zur Benachrichtigung der Wähler über die Möglichkeiten der Briefwahl
Nach Auffassung des Gerichts stellt es keine wahlrechtlich erhebliche Unregelmäßigkeit dar, wenn die bei der Oberbürgermeisterwahl am 26. September 2004 (1. Wahlgang) Wahlberechtigten über die Belehrung hinsichtlich der Möglichkeit einer Briefwahl hinaus nicht zusätzlich und ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen worden sind, den Stimmzettel bei der Abholung der Unterlagen für die Briefwahl sofort an Ort und Stelle anzukreuzen und den sodann von ihnen erstellten Wahlbrief ebendort - ohne Einschaltung der Deutschen Post - abzugeben, denn hierbei handelt es sich lediglich um eine von der allgemeinen Belehrung über die Möglichkeit der Briefwahl mitumfasste Variante. Im Übrigen kann eine solche Unregelmäßigkeit, wenn es sich denn um eine solche gehandelt haben sollte, keinen Einfluss auf den Ausgang des 1. Wahlgangs gehabt haben. Ein anderes Ergebnis wäre nämlich nur dann möglich, wenn es der nach der Bekanntmachung des Wahlleiters drittplazierten Kandidatin Dr. J. T. hätte gelingen können, den nach dem 1. Wahlgang erstplazierten Kandidaten F. E. oder den zweitplazierten Q. D. von ihrem jeweiligen Rang zu verdrängen und an seiner Statt in die Stichwahl einzuziehen. Davon kann aber mit Rücksicht auf die geringe Bedeutung der - hier nur hilfsweise unterstellten - Unregelmäßigkeit bei der Briefwahlabgabe wie auch mit Rücksicht darauf, dass eine etwaige Unregelmäßigkeit sich nicht vorrangig für den einen oder anderen Wahlbewerber auswirken würde, angesichts des erheblichen Stimmenvorsprungs der Kandidaten F. E. und Q. D. gegenüber Frau Dr. J. T. (50.208 beziehungsweise 37.146 Stimmen) nicht ausgegangen werden.
II. Oberbürgermeisterwahl vom 10. Oktober 2004 (Stichwahl)
Der Einspruch des Klägers vom 15. November 2004 gegen diese Wahl ist ebenfalls am 15. November 2004 und damit innerhalb der für diese Wahl bis zum 16. November 2004 laufenden einmonatigen Einspruchsfrist bei dem Wahlleiter eingegangen und damit zulässig.
1. Hinsichtlich der Wählbarkeit des Kandidaten F. E. nimmt das Gericht auf die obigen Ausführungen unter I. 1. Bezug.
2. behauptete Hinderung von Wählern, zur Wahl zu gehen oder entsprechend ihrem gefassten Willen den Gegenkandidaten zu wählen
Dass der Kandidat F. E. unmittelbar vor der Wahl eine nennenswerte Zahl von C2. Bürgern mit Hilfe eines Wählautomaten hat anrufen und ihnen dabei einige von ihm selbst gesprochene Sätze hat vorspielen lassen, ohne dass die Angerufenen zuvor ihr Einverständnis mit dieser Form der Kontaktaufnahme erklärt haben, unterstellt das Gericht zugunsten des Klägers als wahr, weil hierin noch keine wahlrechtlich erhebliche Unregelmäßigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Buchstabe b) KWahlG zu sehen ist. Zwar ist gemäß § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nrn. 2 und 3 UWG eine unzumutbare Belästigung und damit eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 UWG insbesondere anzunehmen bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung beziehungsweise bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, wiederum ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt. Eine Anwendung dieser Regelungen auf eine kommunale Wahlwerbung ist aber nach den §§ 1 und 2 UWG ausgeschlossen. Einer solchen Anwendung steht ferner entgegen, dass die in § 65 Abs. 1 GO NRW unter anderem als frei bestimmte Wahl nach allgemeiner Auffassung auch den Kandidaten weit reichende Möglichkeiten einräumt, sich während des Wahlkampf bekannt zu machen sowie für die eigene Person und für ihre politischen Ziele zu werben.
Nicht als wahlrechtlich erhebliche Unregelmäßigkeit kann auch gewertet werden, dass sich der Kandidat F. E. in dem Text der Ansage - den Tatsachen entsprechend - als Oberbürgermeister vorgestellt hat. Sogar auf dem amtlichen Wahlzettel ist ein solcher über den gegenwärtigen Beruf, den der Bewerber als auf Grund der vorangegangenen Wahl gewählter Beamter auf Zeit ausübt, informierender Zusatz nicht zu beanstanden.
Vgl. VG Münster, Beschluss vom 5. Oktober 2004 - 1 L 1397/04 -, juris-Rechtsprechung; Hessischer VGH, Urteil vom 22. September 2005 - 8 UE 609/05 -, juris-Rechtsprechung.
Schließlich kann eine zur Wahlanfechtung berechtigende Unregelmäßigkeit zwar auch in einer unzulässigen Wahlbeeinflussung liegen.
Vgl., auch zum Folgenden, OVG NRW, Urteil vom 18. März 1997 - 15 A 6240/96 -,NVwZ-RR 1998, S. 196.
Jedoch reicht dafür nicht jede von Wahlbewerbern oder Wählern missbilligte und möglicherweise auch rechtswidrige Wahlkampfpropaganda aus, vielmehr muss es sich um eine qualifizierte Wahlbeeinflussung handeln, die ihrer Natur nach geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Wählers ernstlich zu beeinträchtigen. Dazu ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die strafbare, die amtliche, die geistliche und die unter besonderem Druck vorgenommene private Wahlbeeinflussung zu rechnen.
Hinsichtlich eines solchen Wahlanfechtungsgrundes fehlt es aber bereits an einem substantiierten, nachvollziehbaren Sachvortrag. Bezüglich seiner Behauptung, Wähler seien durch den amtierenden Oberbürgermeister und Kandidaten F. E. gehindert worden, zur Wahl zu gehen oder entsprechend ihrem gefassten Willen den Gegenkandidaten zu wählen, führt der Kläger lediglich aus, die Wahlwerbeanrufe dieses Bewerbers hätten bei den Angerufenen Ärger und Ekel gegenüber der Politik allgemein, nicht nur gegenüber Herrn E. und der CDU, ausgelöst. Der Kläger hat aber nicht mit seinem Einspruch gegen die Stichwahl innerhalb der Frist des § 39 Abs. 1 S. 1 KWahlG den Text oder auch nur den wesentlichen Inhalt der Telefonansage mitgeteilt. Hiernach ist auch nicht erkennbar, ob Herr F. E. als Oberbürgermeister für eine Beteiligung oder als Kandidat für seine eigene Wiederwahl geworben hat. Weiter ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Telefonanruf hätte geeignet sein können, bei den Angerufenen Ärger und Ekel auszulösen, zumal davon auszugehen ist, dass derjenige, der sich durch einen solchen Anruf belästigt fühlt, den Text nicht bis zum Ende anhören, sondern sofort auflegen wird. Schließlich ist nach dem Vorbringen des Klägers in keiner Weise verständlich, weshalb sich eine im Vorfeld einer Kommunalwahl telefonisch übermittelte Botschaft des erneut kandidierenden Oberbürgermeisters, die - nach den Worten des Klägers - bei den Angerufenen Ärger und Ekel auslöst, nicht zum Nachteil des sich der Wiederwahl stellenden Oberbürgermeisters, sondern zum Nachteil seines Gegenkandidaten sollte auswirken können, weshalb sie geeignet sein sollte, dessen Sympathisanten von einer Teilnahme an der Wahl oder zumindest für die Stimmabgabe zugunsten des Gegenkandidaten abzuhalten.
3. mögliche Benutzung der Telefonanlage der Stadt C. (einer Fraktion) für die Verbreitung der unter der vorstehenden Nr. 2 behandelten Telefonansage oder Finanzierung dieser Aktion aus Mitteln, die aus Straftaten im Sinne der §§ 331 ff. StGB - von dem Kläger "Schmiergelder" genannt - oder aus rechts- und verfassungswidriger Parteienfinanzierung herrühren
Auch hinsichtlich des Wahlanfechtungsgrundes "Benutzung der Telefonanlage der Stadt C. " fehlt es an einem substantiierten, nachvollziehbaren Sachvortrag. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht einmal entnehmen, dass es sich bei der Telefonansage überhaupt um Wahlwerbung - und nicht nur um einen Aufruf an die Wähler, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen - gehandelt hat. Nach den Gründen unter 2 E des Einspruchsschreibens vom 15. November 2004 hat der Kläger keine Kenntnis von einer Benutzung der städtischen Telefonanlage für die Anrufe bei den Wahlberechtigten, und er hat auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine solche Benutzung. Seinem Vorbringen lässt sich lediglich die Wertung entnehmen, dass der Kläger dem Kandidaten F. E. auf Grund seiner - des Klägers - subjektiver Einschätzung von der Persönlichkeit des Oberbürgermeisters ein solches Verhalten zutraut. Nimmt man hinzu, dass Herr F. E. in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt C. unter dem 13. September 2006 erklärt hat, bei der letzten Kommunalwahl 2004 in C. , in der er als Oberbürgermeister-Kandidat angetreten sei, keine Unterstützung von Bediensteten der Stadt C. in ihrer Dienstzeit erhalten und auch keine Sachmittel der Stadt C. benutzt oder verwandt zu haben, dass zu seiner Wahlwerbung weder Personen noch Hilfsmittel aus Mitteln der Stadt C. bezahlt worden seien, dass weiter kein einziges Mitglied des Beklagten auf die Aufforderung des Rechtsdezernenten, Kenntnisse über die Benutzung städtischer Kopierer, Fax- Geräte, Telefone u.ä. durch den Kandidaten F. E. zu Wahlkampfzwecken anzuzeigen, eine entsprechende Mitteilung gemacht hat, so fehlt es hinsichtlich dieses Punktes an jeder tatsächlichen Grundlage für die Annahme einer wahlrechtlich erheblichen Unregelmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchstabe b) KWahlG oder auch nur für eine weitere Aufklärung des insoweit maßgeblichen Sachverhalts von Amts wegen. Den dazu von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag 2 hat das Gericht das Gericht abgelehnt mit der Begründung, dass es sich bei ihm um einen so genannten Beweisermittlungsantrag handelt, der insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass er keine konkreten Tatsachen enthält und dass es an einer konkreten Inbeziehungsetzung von Behauptung und Beweismitteln fehlt, wobei der Eindruck eines Beweisermittlungsantrags noch dadurch verstärkt wird, dass eine Vielzahl von Zeugen benannt wird und die übrigen Beweismittel überaus ungenau bezeichnet werden, einer Beweisaufnahme mithin keinerlei Grenzen gesetzt wären.
Auch hinsichtlich des Wahlanfechtungsgrundes "Finanzierung der Telefonaktion aus Mitteln, die aus Straftaten im Sinne der §§ 331 ff. StGB stammen (aus "Schmiergeldern"), fehlt es an einem substantiierten, nachvollziehbaren Sachvortrag. Nach den Gründen unter 2 E des Einspruchsschreibens vom 15. November 2004 hat der Kläger nicht einmal Kenntnis davon, dass Herr F. E. oder die CDU in C. überhaupt Wahlkampfspenden vom xxx B. C. , von Personen aus dem Umfeld dieses Vereins oder von sonstigen, von dem Kläger namentlich genannten Personen erhalten hat, und es gibt dafür auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte, ganz abgesehen davon, dass solche Wahlkampfspenden im Grundsatz nicht rechtswidrig, sondern rechtmäßig sind. Dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Strafverfolgung nach den §§ 331 ff. StGB wegen der Gewährung und/oder der Annahme solcher Wahlkampfspenden gegeben sein sollten, ist erst recht nicht erkennbar. Der Kläger trägt insoweit bestenfalls eigene Vermutungen oder Gerüchte vor, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Weitergabe von VIP- Dauerkarten für die Fußballbundesligaspiele des xxx B. C. durch den Oberbürgermeister - mag es nun dazu gekommen sein oder nicht, mag es sich als (straf-) rechtlich unbedenklich oder nicht erweisen - als solche keinesfalls eine wahlrechtlich erhebliche Unregelmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchstabe b) KWahlG darstellt, schon deshalb nicht, weil sie in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der angefochtenen Kommunalwahl steht. Hiernach hatte das Gericht auch insoweit keinen Anlass, diesen Komplex von Amts wegen weiter aufzuklären. Den von dem Kläger dazu in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag 3 hat das Gericht abgelehnt, und zwar mit der Begründung, dass es sich insoweit um Beweisermittlungsanträge handelt, wobei die Anträge Ad 2 zusätzlich wiederum dadurch gekennzeichnet sind, dass sie keine konkreten Tatsachen enthalten und dass es an einer konkreten Inbeziehungsetzung von Behauptung und Beweismitteln fehlt, dass wiederum eine Vielzahl von Zeugen benannt wird und die übrigen Beweismittel überaus ungenau bezeichnet werden, einer Beweisaufnahme mithin erneut keinerlei Grenzen gesetzt wären. Schließlich sind die im Beweisantrag 3 aufgestellten Behauptungen als solche wiederum unerheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits.
Das Vorbringen des Klägers zu dem Gesichtspunkt "Finanzierung der Telefonwerbung aus Mitteln, die Mitgliedern der Landschaftsversammlung in Form - wie der Kläger meint - verfassungswidrig überhöhter Sitzungsgelder zufließen" lässt ebenfalls eine tatsächliche Grundlage für die Annahme einer wahlrechtlich erheblichen Unregelmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchstabe b) KWahlG nicht erkennen. Das gilt zunächst für die Behauptung, dass Mitglieder der Landschaftsversammlung überhöhte Sitzungsgelder erhalten. Einem Vergleich mit den sachkundigen Bürgern gezahlten Sitzungsgeldern, den der Kläger vornimmt, lässt sich diese Wertung jedenfalls nicht entnehmen. Richtig ist allerdings, dass Mitglieder der Landschaftsversammlung im Zeitraum vor der Kommunalwahl 2004 höhere Sitzungsgelder erhalten haben als sachkundige Bürger, nämlich 83,00 Euro gegenüber 50,00 Euro, wobei diese Differenzierung nicht auf einer Entscheidung der Landschaftsversammlung beruht (vgl. hierzu insgesamt §§ 1 und 2 der Satzung über die Entschädigung der Mitglieder der Landschaftsversammlung und der sachkundigen Bürger in den Ausschüssen sowie über Zuschüsse an die Fraktionen in der Fassung vom 13. November 2003, GV. NRW. S. 714, in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 4. c) einerseits und mit § 2 Nr. 3 der Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse - Entschädigungsverordnung - andererseits). Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass die Aufwandsentschädigung ausschließlich als Sitzungsgeld gezahlt wird, mithin auch die Tätigkeit außerhalb der und zwischen den Sitzungen abdecken muss, und dass insbesondere die Sitzungen der Landesversammlung selbst, an denen nur deren Mitglieder, nicht die sachkundigen Bürger teilnehmen können, nur selten - etwa zweimal im Jahr - stattfinden.
Selbst wenn an Mitglieder der Landschaftsversammlung überhöhte Sitzungsgelder gezahlt worden sein sollten, wäre dies für die Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren unerheblich, weil hierin jedenfalls keine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung läge. Sollten die Mitglieder der Landschaftsversammlung vor der Kommunalwahl 2004 Teile der ihnen zugeflossenen Sitzungsgelder für den Wahlkampf der CDU C. oder für den Wahlkampf des Oberbürgermeisterkandidaten E. gespendet haben, so wären hiergegen unter dem Gesichtspunkt der Wahlprüfung Bedenken ebenfalls nicht zu erheben. Es handelte sich insoweit nämlich weder um eine strafbare noch um eine amtliche Wahlbeeinflussung, weil die Mitglieder der Landschaftsversammlung insoweit als Privatleute Geld aus ihrem Privatvermögen aufgewandt hätten.
Das weitere Vorbringen des Klägers im Klageverfahren kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, weil es, soweit es sich dabei nicht um Wiederholungen, Ergänzungen und Verdeutlichungen handelt, die in den vorstehenden Entscheidungsgründen berücksichtigt worden sind, außerhalb der Frist des § 39 Abs. 1 S. 1 KWahlG von jeweils einem Monat nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und damit verspätet vorgetragen worden ist. Mit Rücksicht hierauf sind auch die Beweisanträge 4 bis 6 sowie die weiteren zur Begründung der Klage außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abzulehnen, weil die in ihnen unter Beweis gestellten Behauptungen ohne Bedeutung sind für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits. Im Übrigen sind alle diese Beweisanträge aus den dazu vorgenannten Gründen auch als Beweisermittlungsanträge zu würdigen.
Die Feststellung, dass Vorbringen des Klägers außerhalb der Frist des § 39 Abs. 1 S. 1 KWahlG und damit verspätet vorgetragen worden ist, darf nicht dahingehend verstanden werden, dass bei einem rechtzeitigen Vortrag wahlrechtlich erhebliche Unregelmäßigkeiten vorgelegen hätten. Das gilt zum Beispiel für die den Gegenstand des Beweisantrages 5 bildende Durchführung der Briefwahl: Insoweit gibt es keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die nach Abholung der Briefwahlunterlagen im Rathaus an Ort und Stelle durchgeführte Wahl nicht nach den für die Briefwahl geltenden Vorschriften, sondern als Präsenswahl, aber ohne Wahlvorstand durchgeführt worden ist. Dass die Briefwahl im Rathaus der Stadt C. tatsächlich als Briefwahl durchgeführt wird, hat bei der Erörterung dieses Punktes in der mündlichen Verhandlung letztlich auch der Kläger auf Grund eigenen Erlebens eingeräumt.
Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Befragen darauf hingewiesen, dass ein Schriftsatz, der nach dem Ende der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingehe, bei der Entscheidung nur dann berücksichtigt werden könne, wenn er Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gebe und sodann in diese mündliche Verhandlung eingeführt werde. Ein Anlass für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist dem Schriftsatz des Klägers vom 11. März 2007 indessen nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
VG Minden:
Urteil v. 28.02.2007
Az: 3 K 620/05
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