Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 6. Oktober 2015
Aktenzeichen: 12 O 60/15

(LG Bielefeld: Urteil v. 06.10.2015, Az.: 12 O 60/15)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Teilbetrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist Immobilienmakler; er vermittelt und weist nach den Verkauf/Kauf sowie Vermietung von Immobilien. Am 31.05.2015 bot er mit der in der Tageszeitung "MV" veröffentlichten Anzeige eine Wohnung zur Anmietung an. Die Anzeige hat folgenden Inhalt:

Bei dem Kläger handelt es sich um einen nach dem Wettbewerbsrecht klagefähigen Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Der Kläger beanstandete die Anzeige als wettbewerbswidrig mit der Begründung, sie beinhalte nicht sämtliche nach § 16 a Energieeinsparungsverordnung (EnEV) vorgegebenen Pflichtangaben. Er mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 06.02.2015 (Anlage K 4) ab und forderte ihn - vergeblich - zur Abgabe der beigefügten Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenversprechen auf.

Der Kläger behauptet, dem Beklagten habe im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anzeige ein Energieausweis über die zur Vermietung angebotene Wohnung vorgelegen. Dies ergebe sich aus einer von dem Beklagten im Internet veröffentlichten Anzeige, mit der er die nämliche Wohnung zur Vermietung ebenfalls angeboten habe. In dieser Anzeige heiße es - unstreitig - wie folgt:

"Energiepaß

Energieausweistyp: Bedarfsausweis

Gültig bis: 2024/05/15

Energieträger: Gas

Energiebedarfskennwert: 155.40

Energieverbrauchskennwert:"

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünde ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zur Seite, da dem Beklagten ein Energieausweis vorgelegen habe und er - entgegen § 16 a EnEV - nicht sämtliche Pflichtangaben veröffentlicht habe.

Der Kläger beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

in Zeitungen Anzeigen für Mietwohnungen vor deren Vermietung zu veröffentlichen ohne sicherzustellen, daß die Immobilienanzeigen die gemäß § 16 a EnEV erforderlichen Pflichtangaben

€ zur Art des Energieausweises,

€ zum Energieausweis genannten Baujahr

enthalten, wenn dies geschieht wie in der Immobilienanzeige des Beklagten in der "Neuen Westfälischen" vom 31. Januar 2015, die wie folgt wiedergegeben wird:

2.

den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn 245,-- € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2015 zu zahlen.

Der Beklagte bestreitet mit näherer Begründung, daß er im Besitz eines Energieausweises im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anzeige gewesen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Zwar hat der Kläger seine Befugnis, wettbewerbsrechtliche Ansprüche zu verfolgen, mit Vorlage der Bescheinigung über die Eintragung in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 des Unterlassungsklagegesetzes hinreichend dargetan (§ 8 II Nr. 3 UWG). Der Beklagte hat sich jedoch nicht wettbewerbswidrig verhalten. Die Verpflichtung, Pflichtangaben in Immobilienanzeigen gemäß § 16 a EnEV zu veröffentlichen, trifft gemäß § 16 a I EnEV den Verkäufer und gemäß § 16 a II EnEV den Vermieter. Der Vermittlungs- oder aber Nachweismakler einer Immobilie ist nicht Adressat der sich aus § 16 a EnEV ergebenden Verpflichtung und mithin auch nicht wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsschuldner. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Regelung (§ 16 a EnEV) sowie dem Wortlaut der Norm. Im einzelnen:

1.

Gemäß § 16 II 1 - 3 der am 01.10.2007 in Kraft getretenen - geändert durch die 2. Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 18.11.2013 (BGBl. I 2013 Seite 3951 ff.) - Energieeinsparverordnung hat der Verkäufer eines Grundstücks, eines Grundstück gleichen Rechtes an einem bebauten Grundstück dem potentiellen Käufer bei der Besichtigung einen näher beschriebenen Energieausweis vorzulegen. Diese zeitliche Bestimmung der Vorlage des Energieausweises wird weiter modifiziert, und zwar ist der Energieausweis spätestens bei Abschluß des Kaufvertrages von dem Verkäufer zu übergeben, § 16 II 3 EnEV. Adressat dieser Verpflichtung ist allein der Eigentümer des Objektes oder der Inhaber der Rechte, die verkauft werden sollen (vgl. Danner/Theobald, Energierecht, Kommentar, Band 3, Loseblattsammlung, § 16 B 3 VIII. Rdz. 20). Eine entsprechende Verpflichtung zur Vorlage des Energieausweises trifft gemäß § 16 II 4 EnEV den Vermieter, Verpächter oder Leasinggeber bei der Vermietung, der Verpachtung oder dem Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit. Diese Regelung bestimmt zum einen den Normadressaten und dessen Pflicht zur Vorlage des Energieausweises, zum anderen aber auch den Zeitraum, innerhalb dessen der Energieausweis vorzulegen ist, und zwar in dem Zeitraum zwischen der Besichtigung des Objektes bis spätestens unverzüglich nach Abschluß des Vertrages. § 16 II bis IV EnEV wurde durch die 2. Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 18.11.2013 neu gefaßt; diese Regelungen haben das alte Recht des § 16 II und III EnEV ersetzt. Zu einer Erweiterung der Normadressaten - z.B. auf den Makler - hat der Normgeber jedoch in dieser Änderungsverordnung keine Veranlassung gesehen.

Durch die 2. Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 18.11.2013 hat der Normgeber die Regelung des § 16 a EnEV eingefügt. Mit dieser Regelung ist die Pflicht zur Veröffentlichung der Pflichtangaben des Energieausweises - so er denn vorliegt - in den Fällen, in denen vor dem Verkauf eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien aufgegeben wird, "vorverlagert". Die Pflichtangaben des Energieausweises sind bereits in der Immobilienanzeige zu machen und nicht erst - wie nach der früheren Regelung - im Zeitpunkt der Besichtigung oder unverzüglich nach Vertragsschluß. Hinsichtlich des Normadressaten - Verkäufer gemäß § 16 a I EnEV und Vermieter gemäß § 16 a II EnEV - ist jedoch keine Veränderung oder Ergänzung vorgenommen worden. Da allgemein und mithin auch dem Normgeber bekannt war, daß in den Verkauf sowie die Vermietung von Immobilien Makler eingeschaltet werden und diese Immobilienanzeigen veröffentlichen, kann aus dem Umstand, daß Makler nicht in dem Normtext als Adressaten der Veröffentlichung der Pflichtangaben genannt werden, nicht von einem redaktionellen Versehen des Normgebers ausgegangen werden. Er hat vielmehr bewußt den Adressatenkreis belassen und nicht auf die Makler erweitert.

2.

Der Wortlaut des § 16 a II EnEV ist eindeutig. Danach ist § 16 a I EnEV entsprechend anzuwenden auf den Vermieter. Die Grenze der Auslegung ist der Wortlaut. Eine Ausdehnung der Pflicht zur Veröffentlichung der Angaben des Energieausweises über den Wortlaut hinaus auf den Makler ist methodisch nicht zulässig.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 709 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 06.10.2015
Az: 12 O 60/15


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