Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 341/03

(BPatG: Beschluss v. 27.07.2005, Az.: 32 W (pat) 341/03)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die am 16. Oktober 2002 zur Eintragung in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts angemeldete Wortfolge Choco'n'Creamist für folgende Waren der Klasse 30 bestimmt:

Schokolade, Schokoladewaren; Fein- und Dauerbackwaren; Zuckerwaren; Speiseeis.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der Belege aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts beigefügt waren, wonach "Choco" eine gängige Abkürzung bzw Kurzform von "Schokolade" ist, in einem ersten Beschluss vom 17. März 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen. Dem mit dem Grundwortschatz der englischen Sprache vertrauten Verkehr erschließe sich ohne Schwierigkeiten der Bedeutungsgehalt "Schokolade und Creme".

Die vor allem mit der Babydry-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2001, 1145) begründete Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle nach Übersendung weiterer Ermittlungsergebnisse mit Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 20. Oktober 2003 zurückgewiesen. Nach Ansicht des Erinnerungsprüfers fehle der angemeldeten Marke zumindest jegliche Unterscheidungskraft. "Choco'n'Cream" stelle lediglich eine Beschaffenheitsangabe dar, welche eindeutig die Geschmacksrichtung bzw die Zutaten hinsichtlich sämtlicher beanspruchter Waren beschreibe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den Antrag, die Beschlüsse vom 17. März 2003 und vom 20. Oktober 2003 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu verfügen.

"Choco'n'Cream" sei eine neue, in dieser Schreibweise weder in englischer, noch in deutscher Sprache vorkommende Wortschöpfung. Zwar seien die Einzelelemente der englischen Sprache entlehnt, sie ergäben aber durch Verkürzung und sprachunübliche Zusammenziehung ein Gesamtzeichen, dem eine gewisse Originalität und somit eine hinreichende Unterscheidungskraft nicht abzusprechen sei. Diesem könne kein unmittelbar beschreibender Sinngehalt im Hinblick auf die beanspruchten Waren entnommen werden. Die dem Erinnerungsbeschluss zugrunde liegende analysierende Betrachtungsweise sei realitätsfern. Ergänzend wird auf die FRISH-Entscheidung des Bundespatentgerichts (25 W (pat) 120/03) hingewiesen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des - zur Zeit ausgesetzten - Parallelverfahrens 32 W (pat) 12/04 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt ohne Erfolg.

1. Einer Eintragung der als Marke angemeldeten Bezeichnung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

a) "Choco'n'Cream" ist - in den einzelnen Bestandteilen ebenso wie in der Gesamtheit - eine die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe, welche dem Allgemeininteresse an einer von Monopolrechten freien Verwendung unterliegt (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG).

Wie die Anmelderin selbst einräumt, stellt "Choco'n'Cream" eine englischsprachige Wortfolge dar, was schon wegen des letzten Wortbestandteils "cream", welcher zum Grundwortschatz dieser Sprache zählt, aber auch wegen des mittleren Elements 'n', das für "and" steht, nicht zweifelhaft sein kann. "Cream" (= Sahne, Creme; vgl PONS, Wörterbuch für Schule und Studium, Teil 1, 1. Aufl. 2001, S 268) ist für sämtliche beanspruchten Waren in beiden aufgezeigten Wortbedeutungen glatt beschreibend und somit schutzunfähig. "Choco" stellt naheliegenderweise die Kurzform für "chocolate" (= Schokolade; PONS, aaO, S 191) dar und wird auch im Inland - sinngleich mit "Schoko" - verwendet. Bereits der Erstbeschluss der Markenstelle hat darauf hingewiesen, dass der Senat in mehreren Entscheidungen eine dahingehende Feststellung getroffen hat. Somit wäre auch "Choco" für sämtliche beanspruchten Erzeugnisse des Süß- und Backwarensektors in Alleinstellung nicht eintragbar.

Die Zusammenfassung beider für sich gesehen schutzunfähigen Einzelbegriffe durch das mittlere Element 'n' ergibt die ebenfalls glatt beschreibende Angabe "Schoko(lade) und Sahne bzw Creme"; sie ist daher nicht geeignet, das Allgemeininteresse an einer Freihaltung entfallen zu lassen. Ein nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Rdn 100, 104; 680 - BIOMILD) erforderlicher begrifflicher "Überschuss" der Gesamtbezeichnung gegenüber dem Sinngehalt der Einzelteile lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen.

Ob es sich bei "Choco'n'Cream" - wie die Anmelderin bei der Erörterung der Unterscheidungskraft vorträgt - um eine neue Wortschöpfung handelt, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht maßgeblich. Die ebenfalls behauptete "sprachunübliche Zusammenziehung" vermag der Senat nicht festzustellen. Denn im Englischen steht 'n' als Kurzform für "and" (vgl PONS, aaO, S 838). Dies ist auch im Inland ganz weitgehend bekannt (sowohl im allgemeinen Publikum als auch bei Konkurrenzunternehmen, deren Schutz die Regelung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG in erster Linie dient), vor allem von der Wortbildung "Rock'n'Roll" her; die betreffende Tanz- und Musikrichtung ist seit gut einem halben Jahrhundert weltweit und auch in Deutschland unter dieser Bezeichnung verbreitet. Dass 'n', wie die Anmelderin im patentamtlichen Verfahren vorgetragen hat, in der englischen Schriftsprache ungebräuchlich sei, hält der Senat nicht für zutreffend. Vielmehr dürfte gerade in der Werbung diese Abkürzung weit verbreitet sein (vgl Beschluss des 25. Senats vom 20.09.2001, 25 W (pat) 24/03 - HAIR'N'MORE, m.w.Hinw. auf vergleichbare Verwendungsformen, S 6 des Umdrucks).

"Choco'n'Cream" ist somit insgesamt geeignet, die Beschaffenheit der beanspruchten Waren zu beschreiben und deshalb nicht eintragungsfähig. Dass es sich um eine englischsprachige Wortfolge handelt, steht dieser Feststellung nicht entgegen, weil die beschreibende Bedeutung vom angesprochenen inländischen Verkehr ohne weiteres erkannt wird und zudem Mitbewerber diese Bezeichnung beim inländischen Warenvertrieb bzw beim Ex- und Import einschlägiger Waren benötigen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 361 m.w.Nachw.).

b) Der angemeldeten Bezeichnung "Choco'n'Cream" fehlt zudem das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), weil es sich - wie oben ausgeführt - um eine warenbeschreibende Wortkombination einer bekannten Fremdsprache handelt, die nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel der Herkunft nach verstanden wird (vgl BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice). Dies hat die Markenstelle zutreffend dargelegt; auf die betreffenden Ausführungen beider Beschlüsse wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Den Erfordernissen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdn 59; - Postkantoor, aaO, Rdn 123) nach einer eingehenden, gründlichen und konkreten, d.h. den Bezug zu den beanspruchten Waren und dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs wahrenden Prüfung ist ausreichend Rechnung getragen worden. Im übrigen fehlt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Postkantoor, aaO, Rdn 86) einer Wortmarke, die Merkmale von Waren (und Dienstleistungen) - also auch die Beschaffenheit - beschreibt, aus diesem Grunde zwangsläufig die Unterscheidungskraft in bezug auf diese Waren.

c) Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare (deutsche und europäische) Marken - wobei für den Senat nicht ersichtlich ist, dass Wortbildungen wie "Babydry" oder "FRISH" Ähnlichkeiten mit der vorliegend streitgegenständlichen aufwiesen - vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Voreintragungen führen weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl z.B. BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH, Postkantoor, aaO, Rdn 43, 44; GRUR 2004, 428 - Henkel, Rdn 63). Diese Beurteilung gilt auch bei angemessener Berücksichtigung des Umstands, dass - wie seitens der Anmelderin im Parallelverfahren 32 W (pat) 12/04 belegt - eine Anzahl von nach dem gleichen "Strickmuster" gebildeter Marken zur Eintragung gelangt sind (vgl BGH BlPMZ 1991, 26, 27 reSp - NEW MAN).

2. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Die Frage, ob dem Umstand, dass andere, demselben Zeichenbildungsprinzip folgende Marken auf dem betreffenden Warensektor zur Eintragung gelangt sind, Auswirkungen auf die Beurteilung der Schutzversagungsgründe des § 8 Abs 2 Nrn 1 und 2 MarkenG zukommt, bedarf höchstrichterlicher Erörterung und Klärung.

Viereck Dr. Albrecht ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Viereck Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.07.2005
Az: 32 W (pat) 341/03


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