Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juli 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 186/01

(BPatG: Beschluss v. 08.07.2003, Az.: 33 W (pat) 186/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 10. Februar 1999 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der (heutigen) Klassen 1 bis 44 eingetragene Markesiehe Abb. 1 am Endehat der Antragsteller am 28. Oktober 1999 einen Antrag auf teilweise Löschung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gestellt. Der Antrag richtet sich gegen folgende Dienstleistungen:

Rechtsberatung und -vertretung.

Zur Begründung des Teillöschungsantrags hat der Antragsteller ausgeführt, dass der Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 und 9 MarkenG die Eintragung hätte versagt werden müssen, da eine Benutzung durch die Markeninhaberin, bei der es sich um eine US-amerikanische Gesellschaft handelt, nach den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung untersagt sei. Die Markeninhaberin habe keine Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft. Eine Lizenzvergabe durch sie sei, wie sich aus § 59 k BRAO ergebe, ebenfalls unzulässig. Außerdem ergebe sich aus § 3 BRAO, nach dem es Rechtsanwälten untersagt sei, ihre berufliche Tätigkeit nach Weisungen auszuüben, die Unzulässigkeit einer Lizensierung an Rechtsanwälte, da jedem Lizenzvertrag eine Weisungsbefugnis des Lizenzgebers immanent sei. Weil eine Benutzung der Marke durch die Markeninhaberin gegen das Rechtsberatungsgesetz und eine Benutzung durch Dritte gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung verstießen, liege für die Dienstleistungen "Rechtsberatung und -vertretung" der Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Ziff. 9 MarkenG vor.

Die Markeninhaberin hat dem ihr zugestellten Löschungsantrag fristgemäß widersprochen.

Mit Beschluss vom 9. April 2001 hat die Markenabteilung 3.4 des Patentamts den Antrag auf Löschung zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenabteilung ist der Antrag nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG begründet. Die Marke verstoße nicht gegen die öffentliche Ordnung. Hierfür seien nur Verstöße relevant, die von der Marke selbst ausgingen, nicht aber Begleitumstände, wie die Art und Weise der Markenbenutzung oder die Waren und Dienstleistungen selbst. Auch ließe sich nicht feststellen, dass jegliche denkbare Verwendung der Marke gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoße. § 59 k BRAO betreffe nur die Firmengestaltung von Rechtsanwaltsgesellschaften. Sein Schutzzweck sei nicht auf ein Eintragungsverbot von Marken gerichtet. Auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG sei die Marke nicht vom Schutz ausgeschlossen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung enthalte keine Vorschriften, die einer Benutzung der Marke für Rechtsberatung und -vertretung entgegenstehen könnten. Auch könne nicht festgestellt werden, dass die Markeninhaberin der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bedürfe, um Inhaberin der Marke für diese Dienstleistungen zu sein. Nachdem das Markengesetz das Vorliegen eines Geschäftsbetriebes nicht vorsehe, sei es für die Entstehung des Markenschutzes nicht erforderlich, dass der Markeninhaber einen Geschäftsbetrieb besitze, der diese Dienstleistungen erbringen dürfe.

Gegen diese Entscheidung der Markenabteilung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Im Beschwerdeschriftsatz vom 17. Mai 2001 hat er angekündigt, die Begründung der Beschwerde nachzureichen, sobald ein avisiertes Gutachten der Rechtsanwaltskammer vorliege. Seither ist keine weitere Äußerung des Antragstellers eingegangen. Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Von der Einreichung einer Begründung hat sie bisher abgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Nachdem seit Eingang der Beschwerde inzwischen über zwei Jahre vergangen sind, geht der Senat davon aus, dass das angekündigte Gutachten nicht mehr eingereicht wird.

Im Übrigen ist das Beschwerdeverfahren beschlussreif.

2. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet, da die angegriffene Marke nicht entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist.

Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG läßt sich nicht feststellen. Die Marke verstößt weder gegen die öffentliche Ordnung noch gegen die guten Sitten. Als öffentliche Ordnung werden nur die wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., Rdn. 264) bzw. die den Staat und die Gesellschaft konstituierenden Institutionen und Prinzipien mit der verfassungsmäßigen Grundordnung als deren wesentlicher Teil (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn. 346) angesehen. Gegen die guten Sitten verstößt eine Marke, wenn ihr Inhalt das sittliche, moralische oder ethische Empfinden weiter Verkehrskreise erheblich verletzt oder eine grob anstößige Geschmacksverletzung enthält (vgl. Fezer, a.a.O., Rdn. 353, Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 267). Angesichts dieser engen Auslegung des Eintragungshindernisses versteht es sich von selbst, dass die Bezeichnung "3M", die als Kennzeichnung von Rechtsberatungs- und -vertretungsdienstleistungen über keinen erkennbaren Sinngehalt verfügt, weder gegen die öffentliche Ordnung noch gegen die guten Sitten verstoßen kann. Ob hingegen auch die konkrete Benutzung der Marke durch die Markeninhaberin einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten darstellt, worauf der Markeninhaber maßgeblich abstellen will, ist unmaßgeblich. Wie bereits aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG hervorgeht, kommt es für das Vorliegen des Eintragungshindernisses nur darauf an, ob der Verstoß von der Marke selbst ausgeht. Etwaige (mögliche) sittenwidrige Begleitumstände wie die Art und Weise der Benutzung, der Verwendungszweck oder die Art der Dienstleistungen spielen insoweit keine Rolle (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 8, Rdn. 262).

Die angegriffene Marke ist auch nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG eingetragen worden. Nach dieser Vorschrift ist eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen, deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann. Dieses Eintragungshindernis ist also zwar auch dann anwendbar, wenn die Benutzung der Marke unzulässig ist, jedoch hat der Antragsteller weder eine Vorschrift genannt, die im öffentlichen Interesse die Benutzung der Bezeichnung "3M" für Rechtsberatung und -vertretung im geschäftlichen Verkehr verbietet, noch ist eine solche Bestimmung sonst wie ersichtlich. Hierbei kann es dahinstehen, ob die angegriffene Marke von der Markeninhaberin nicht für Rechtsberatung und -vertretung benutzt werden darf, etwa weil sie nach dem Rechtsberatungsgesetz keine Rechtsberatung und -vertretung vornehmen kann. Ebenso kann es dahinstehen, ob die Marke an zur Ausübung dieser Dienstleistungen befugte Personen lizenziert werden kann oder nicht. Denn auch beim Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG muss sich das gesetzliche Benutzungsverbot auf die Verwendung der Marke an sich, also auf ihren Inhalt oder ihre Aussage, beziehen, während es auf weitere Begleitumstände beim Einsatz der Marke nicht ankommt (Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 291). Da aber die Bezeichnung "3M" von zur Rechtsberatung und -vertretung befugten Personen für diese Dienstleistungen ohne Weiteres verwendet werden kann, ist ihre Benutzung schon deshalb nicht aufgrund von Vorschriften, die dem öffentlichen Interesse dienen, untersagt. Daher könnte das vom Antragsteller schon im Verfahren vor der Markenabteilung mehrfach angekündigte und nach wie vor nicht eingereichte Gutachten einer Rechtsanwaltskammer, das sich nur auf das anwaltliche Standesrecht, nicht aber auf die Beurteilung markenrechtlicher Schutzhindernisse beziehen kann, auch keine anderweitigen Erkenntnisse erbringen.

Im Übrigen kann die Marke an zur Rechtsberatung und -vertretung befugte Personen verkauft, getauscht oder verschenkt werden. Ein solches einmaliges Austausch- oder Zuwendungsgeschäft würde keine Weisungsbefugnis des Zedenten begründen, wie dies der Antragsteller für Lizenzverträge annimmt. Auch von daher kommt es auf seine Auffassung zum Charakter von Lizenzverträgen, die in dieser Allgemeinheit für den Senat im Übrigen nicht nachvollziehbar ist, nicht mehr an.

In jedem Fall ist zumindest das Erfordernis der Ersichtlichkeit, das inhaltlich dem Ersichtlichkeitserfordernis des § 37 Abs. 3 MarkenG entspricht (vgl. Fezer, a.a.O., Rdn. 405), nicht erfüllt. Erscheint danach die Benutzung der Marke auch in zulässiger, nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßender Weise, als möglich, so liegt das Eintragungshindernis nicht vor (vgl. Amtl. Begründung zum Markengesetz, BlPMZ Sonderheft 1994, S. 65, Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 290). Angesichts der Möglichkeit, die Marke an Angehörige der rechtsberatenden Berufe zu übertragen, scheidet daher auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG aus.

Schließlich ist die Marke auch nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG eingetragen worden. Dieses Eintragungshindernis ist vom Antragsteller zwar nicht genannt worden, es fällt aber ebenso unter den geltend gemachten Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG und ist angesichts des Vorbringens des Antragstellers mit in die Prüfung einzubeziehen. Wie bei § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG müsste die Täuschungsgefahr auch bei diesem Eintragungshindernis von der Marke an sich ausgehen, ohne dass es auf die Modalitäten, wie etwa die erfolgte oder zu erwartende Markenbenutzung ankommt (Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 225). Da "3M" für Rechtsberatung und -vertretung keinen erkennbaren Sinngehalt aufweist, kann der Inhalt bzw. die Aussage der Marke selbst nicht irreführend sein. Somit liegt auch dieses Schutzhindernis nicht vor.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/D1600.3.gif






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Beschluss v. 08.07.2003
Az: 33 W (pat) 186/01


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