Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. April 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 71/04

(BPatG: Beschluss v. 20.04.2005, Az.: 32 W (pat) 71/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 9. Februar 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die am 26. November 2002 angemeldete Wortmarke ALPENSTERN ist für folgende Dienstleistungen bestimmt:

Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb einer Sport- und Fittnessanlage; Beherbergung und Verpflegung von Gästen, insbesondere im Rahmen des Betriebs eines Hotels; Betrieb von Bädern, Schwimmbädern, Saunen, Dampfbädern, Solebädern, Caldarien und Geruchsbädern; Dienstleistungen eines Erholungsheimes und eines Sanatoriums; Dienstleistungen eines Friseur- und Schönheitssalons; Dienstleistungen im Gesundheitswesen, insbesondere Dienstleistungen eines Arztes, eines Masseurs und/oder eines Krankengymnasten; Reservierung und Buchung von Zimmern, Appartements, Wohnungen, Häusern und dergleichen, auch auf elektronischem Wege im Rahmen einer Datenbank.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss einer Regierungsangestellten im gehobenen Dienst vom 9. Februar 2004 als nicht unterscheidungskräftige und freihaltbedürftige Angabe von der Eintragung zurückgewiesen.

Die Wortkombination ALPENSTERN setze sich aus der Bezeichnung für das höchste europäische Gebirge, die Alpen, und für ein Wertversprechen, für das Stern stehe, zusammen. Da die beschreibende Aussage vom inländischen Verkehr erkannt werde, sei sie im Interesse der Mitbewerber von der Eintragung als Marke ausgeschlossen. Wie aus Internetauszügen hervorgehe, sei ALPENSTERN im Gebiet der Alpen als Bezeichnung für Hotels und Beherbergungsbetriebe weit verbreitet. Angesichts der rein werbemäßigen Verwendung fehle der Wortkombination ALPENSTERN auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Voreintragungen anderer, vom Anmelder angeführter ähnlicher Marken, denen andererseits Zurückweisungen gegenüberstünden, führten nicht zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Er beantragt, die angemeldete Marke unter Aufhebung des Beschlusses vom 9. Februar 2004 einzutragen und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

Der angefochtene Beschluss leide offensichtlich an erheblichen Mängeln. Eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Anmeldung durch die zuständige Markenstelle sei nicht erkennbar.

II.

Die nach § 165 Abs 4 (alter Fassung) MarkenG zulässige Beschwerde ist in der Sache auch begründet, soweit der Anmelder die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt.

Einer Eintragung des angemeldeten Markenworts für die beanspruchten Dienstleistungen stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die angemeldete Marke entbehrt nicht des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdnr 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rdnr 123). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunke dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).

Abzustellen ist auf das angemeldete Markenwort ALPENSTERN in seiner Gesamtheit, nicht aber auf die einzelnen Bestandteile und deren begriffliche Bedeutung. Denn der Sinngehalt des Begriffs ALPENSTERN weist über den der Einzelwörter "Alpen" und "Stern" hinaus (vgl. KPN Postkantoor, aaO; EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD). ALPENSTERN ist als Bezeichnung einer Alpenblume lexikalisch belegbar (Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen, bearbeitet von H. Marzell, Leipzig 1943, Band 1 Sp 270). Ihrer sternförmigen Blüten wegen wird hiermit die Anemone alpina (= Teufelsbart) in Teilen der Alpen bezeichnet. Daneben findet sich auch (aaO, Sp 497) die Bezeichnung Alpensternblume für die Aster alpinus (= Alpen-Aster). Zwar mag fraglich sein, ob dies - außerhalb der Alpen - breiten inländischen Verkehrskreisen bekannt ist. Die Bezeichnung wirkt aber jedenfalls wie ein Gesamtbegriff, so dass kein Anlass besteht, sie in ihre Einzelteile aufzuteilen und Überlegungen über deren etwaige beschreibende Bedeutung anzustellen.

Es ist somit im vorliegenden Zusammenhang völlig verfehlt, wenn die Markenstelle dem ersten Wortbestandteil Alpen eine geographische Angabe entnimmt und dem zweiten Wortelement Stern den Hinweis auf qualitativ herausgehobene Dienstleistungen. Für derartige analysierende Betrachtungen hat der mit den betreffenden Dienstleistungen angesprochene allgemeine Verkehr keinerlei Veranlassung. So wie anderen vergleichbaren Bezeichnungen (ohne dass deren etwaige Eintragung als Marken präjudizierend wären) kommt dem Wort ALPENSTERN das erforderliche Maß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft ohne weiteres zu, und zwar für sämtliche von der Marke erfassten Dienstleistungsangebote.

Einer Eintragung steht weiterhin nicht die Regelung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, weil der Gesamtbegriff ALPENSTERN keine Angabe enthält, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der betreffenden Dienstleistungen dienen kann. Eine unmittelbar produktbezogene - wobei dieser Begriff auch für Dienstleistungen sinnvoll ist - Merkmalsangabe liegt nicht vor. Ein aktuelles oder zukünftiges Allgemeininteresse an der Freihaltung dieses Wortes von Monopolrechten lässt sich nicht feststellen.

Die Markenstelle hat die ermittelten Internet-Belege zur Verwendung des Wortes ALPENSTERN ersichtlich unrichtig ausgewertet. Aus diesen ergibt sich nämlich ein kennzeichenmäßiger, nicht aber ein beschreibender Gebrauch. ALPENSTERN wird im Alpenraum häufig als Geschäftsbetriebsbezeichnung (Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs 2 Satz 1 MarkenG) verwendet. Dieser Umstand spricht aber eher für als gegen die Eignung dieser Bezeichnung, als Marke eingesetzt und verstanden zu werden. Allerdings muss der Anmelder im Falle einer Registrierung und Benutzung seiner Marke damit rechnen, dass dieser zeitrangbessere Rechte (§ 6 Abs 3 MarkenG) entgegenstehen. Die Klärung dieser Frage muss etwaigen Kollisionsverfahren vorbehalten bleiben; im vorliegenden (absoluten) Prüfungsverfahren kann sie nicht Grundlage einer Zurückweisung der Markenanmeldung sein.

Die vom Anmelder weiterhin erstrebte Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Billigkeit (§ 71 Abs 3 MarkenG) ist nicht angezeigt. Die Gebühr für die markenrechtliche Beschwerde ist mit ihrer Entrichtung verfallen. Verfahrensfehler der Markenstelle sind nicht ersichtlich. Der ergangene Beschluss ist eingehend begründet (§ 61 Abs 1 Satz 1 MarkenG). Er ist auch nicht in sich widersprüchlich und unverständlich, sondern - wie ausgeführt - nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage stehend. Es mag für den Anmelder äußerst ärgerlich sein, dass er eine - auch nach Überzeugung des Senats letztlich überflüssige - Beschwerde einlegen musste, um zu seinem Recht zu kommen. Dieser Umstand stellt aber für sich gesehen keine Grundlage für die Anordnung einer Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Billigkeit dar.

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BPatG:
Beschluss v. 20.04.2005
Az: 32 W (pat) 71/04


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