Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. März 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 40/01

(BPatG: Beschluss v. 05.03.2002, Az.: 27 W (pat) 40/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarkemetatoolsoll für

"Computer-Erweiterungskarten, Computer-Netzwerkanschlüsse; Telekommunikationsanlagen und -geräte; Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

in das Register eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Sowohl die beiden Bestandteile, aus denen sich das Anmeldezeichen zusammensetze, als auch dieses selbst hätten zwischenzeitlich Eingang in die IT-Fachterminologie mit eindeutigem Sinngehalt gefunden. "Metatool" bezeichne danach ein eigenständiges Softwareprogramm, welches die vom Anwender definierte Suchanfrage autonom ausführe und die Resultate nach Kriterien optimiere. In bezug auf Datenverarbeitungsprogramme stelle die Anmeldemarke daher eine unmittelbare Sachangabe dar, in bezug auf die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen weise sie darauf hin, dass diese "Metatool-Anwendungen" unterstützten bzw erlaubten. Das Anmeldezeichen sei daher freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Seiner Auffassung nach stellt die Anmeldemarke ein neuartiges Kunstwort dar, das gänzlich unbestimmt sei und dessen Sinngehalt nicht festgelegt werden könne. Es sei mehrdeutig, ein einheitlich verwendeter Fachausdruck könne den verschiedenen Fundstellen, in welchen es gebraucht worden sei, nicht entnommen werden. Schließlich werde das Anmeldezeichen auch nicht für Waren oder Dienstleistungen beansprucht, die unter die von der Markenstelle genannte Definition fielen. Hilfsweise schränkt er das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in der Weise ein, dass die einzelnen beanspruchten Waren und Dienstleistungen jeweils mit dem Zusatz "mit Ausnahme von eigenständigen Softwareprogrammen, welche vom Anwender definierte Suchanfragen autonom ausführen und die Resultate nach Kriterien optimieren" versehen werden.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat die Markenstelle die Anmeldung zurückgewiesen, da der Eintragung der angemeldeten Marke zumindest das absolute Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegensteht, dh das Fehlen der einer Marke innewohnenden (konkreten) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH). Denn auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabes (vgl BGH aaO - PROTECH) kann der Anmeldemarke nur ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, so dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH, GRUR 1999, 1089 [1091] - YES; BGH, WRP 2000, 298 [299] - Radio von hier; BGH, WRP 2000, 300 [301] - Partner with the best; BGH, GRUR 2001, 162 [163] - RATIONAL SOFTWARE CORPORA-TION).

Auch wenn der Gesamtbegriff "metatool" derzeit lexikalisch nicht nachweisbar ist, wird ihn der Verkehr, an den sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten, also nach der weiten Fassung des Warenverzeichnisses alle fachlich interessierten Verbraucher, sowohl aufgrund der ihm geläufigen Kenntnis der beiden Einzelbestandteile "meta" und "tool" als auch der bereits nachweisbaren beschreibenden Verwendung des Gesamtbegriffs "metatool" im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung sowohl für Hardware als auch Software nur als bloße Angabe des Bestimmungszwecks der hiermit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen, nicht aber als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft verstehen.

Der ursprünglich aus dem Griechischen kommende Begriff "meta" ist bereits zum Bestandteil der deutschen Sprache geworden, in der ihm in Verbindung mit Adjektiven oder Substantiven die Bedeutung "zwischen, inmitten, nach(her), später, ver... (im Sinne der Umwandlung, des Wechsels)" zukommt oder er in Verbindung mit Substantiven ausdrückt, dass sich etwas auf einer höheren Stufe oder Ebene befindet, darüber geordnet ist oder hinter etwas steht (vgl DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl, S 1073). In diesem Sinne wird er auch in der elektronischen Datenverarbeitung verwendet. So bezeichnet "Metabetriebssystem" ein Betriebssystem, unter dem mehrere andere Betriebssysteme aktiv sind (vgl Winkler, M+T Computerlexikon, Ausgabe 2002, S 432; Microsoft Press, Computer Lexikon, Ausgabe 2001, S 463), ist der "Metacompiler" ein Compiler, der andere Compiler erzeugt (vgl Microsoft Press, aaO), sind "Metadaten" Daten, die selbst wieder andere Daten beschreiben (vgl Winkler, aaO; Microsoft Press, aaO, S 464), und "Metainformationen" Informationen über Daten (vgl Winkler, aaO), dient eine "Metasprache" zur Beschreibung von Programmiersprachen (vgl Winkler, aaO; Microsoft Press, aaO, S 464), führt eine "Metaanweisung" oder ein "Metabefehl" Steuerungsfunktionen innerhalb eines Compilers oder Assemblers statt wirklicher Aktionen in einem Datenverarbeitungsprogramm aus (vgl Irlbeck, Computer-Lexikon, 3. Aufl, S 518), ist "Metaformat" ein offenes Format für die Beschreibung des Inhalts eines strukturierten Datenbereichs (vgl Microsoft Press, aaO), "Metaflow" ein Vorgang der Datensuche und -verwaltung (vgl Winkler, aaO; Microsoft Press, aaO) und schließlich "Metatag" ein Schlüsselwort in HTML- oder XML-Dokumenten, die der Auffindung von Suchmaschinen dienen (vgl Winkler, aaO, Microsoft Press, aaO). In allen diesen Fällen ist das Präfix "meta" zur Bezeichnung einer übergeordneten Einheit üblich.

Der weitere englischsprachige Begriff "tool" für "Werkzeug" (vgl DUDEN-OX-FORD, Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl, S 1620), gehört nicht nur zum englischen Grundwortschatz (vgl Langenscheidts Grundwortschatz Englisch, 4. Aufl, S 132), sondern steht im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung üblicherweise auch für ein Hilfsprogramm, das eine ganz bestimmte Funktion erfüllt und die Arbeit erleichtern soll (vgl Winkler, aaO, S 686; Irlbeck, Computer-Lexikon, aaO, S 822; Irlbeck, Computer-Englisch, 3. Aufl, S 609); eine Gruppe vordefinierter Routinen, welche ein Programmierer beim Erstellen von Programmen für eine bestimmte Maschine, Umgebung oder Anwendung einsetzen kann, wird dementsprechend "toolbox" oder "toolkit" genannt (vgl Microsoft Press, aaO; Irlbeck, Computer-Lexikon, aaO, und Computer-Englisch, aaO; Winkler, aaO, S 687).

Aufgrund der bekannten und in der Datenverarbeitung üblichen Bedeutung beider Bestandteile wird der Verkehr daher den Gesamtbegriff "metatool" ohne weiteres im Sinne eines ("Über"- oder Hilfs-) Werkzeuges - insbesondere eines Hilfsprogramms - verstehen, welches dazu dient, bestimmte Aufgaben der Datenverarbeitung mittels ein Vielzahl bereitgestellter weiterer Routinen (sog "tools") in erleichterter Form zu erfüllen. In dieser rein beschreibenden Bedeutung wird der Begriff bereits jetzt auf zahlreichen Internet-Seiten verwendet, wie sich den Ausdrucken entnehmen lässt, welche das Patentamt dem angefochtenen Beschluss beigefügt hat. Auch wenn dabei Software im Vordergrund steht, wird der Begriff mittlerweile auch auf Hardware bezogen, wie sich aus der Ankündigung des Fachbereichs für Kunst der Universität Mainz für ein Blockseminar vom 20. bis 25. Oktober 1997 ergibt, welches unter der Überschrift "Metatool-Computer" die Einführung in die Bedienung des Macintosh-Computers der Firma Apple zum Gegenstand hatte (vgl http://www.kunst.unimainz.de/grafik/metatool.html). Insofern kann bereits jetzt festgestellt werden, dass er vom Verkehr für alle Komponenten eines Computers benutzt wird, die eine Vielzahl von Datenverarbeitungsroutinen bereitstellen, gleich ob es sich hierbei um Hard- oder Software handelt.

Aufgrund dieser sich dem angesprochenen Verkehr unmittelbar aufdrängenden Bedeutung wird er daher davon ausgehen, dass die mit dem Begriff "metatool" bezeichneten Dienstleistungen "Telekommunikation" und "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" die Herstellung bzw Übermittlung eines solchen "Über"- oder Hilfsprogramms zum Gegenstand haben. Bei den mit der Anmeldemarke gekennzeichneten Computer-Erweiterungskarten, Computer-Netzwerkanschlüssen und Telekommunikationsanlagen und -geräten wiederum wird er davon ausgehen, dass sie solche Hilfswerkzeuge darstellen bzw Hilfsprogramme enthalten; da er wegen des ohne weiteres verständlichen Sinngehalts des Begriffs "metatool" in der Regel annehmen wird, diese Waren hätten einen solchen Bestimmungszweck, ist auch die vom Anmelder vorgeschlagene Einschränkung des Warenverzeichnisses durch einen sog Disclaimer bei Beibehaltung der Waren-Oberbegriffe nicht geeignet, der Anmeldemarke die beschreibende Bedeutung zu nehmen. Darüber hinaus kann eine derartige Beschränkung auch zu der Gefahr einer Täuschung des Verkehrs über - vermeintlich vorhandene - Eigenschaften der Waren führen (vgl BPatGE 39, 1 - PGI).

Nach alledem wird der Verkehr der angemeldeten Marke für keine der vorgenannten Waren oder Dienstleistungen einen Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft entnehmen. Ohne einen solchen Hinweis ist die Anmeldemarke aber nicht als Unterscheidungsmittel zur Abgrenzung der hiermit gekennzeichneten Produkte des Anmelders von den Produkten anderer Unternehmen geeignet, so dass sie mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig ist.

Ob die Anmeldemarke darüber hinaus auch freihaltebedürftig im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ist, bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung mehr, wenn auch die oben dargestellte rein beschreibende Verwendung des Begriffs "metatool" auf dem hier in Rede stehenden Waren- und Dienstleistungsbereich für die Bejahung eines Freihaltebedürfnisses spricht.

Da somit die Markenstelle der Anmeldemarke zu Recht die Eintragung versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Schermer Albert Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 05.03.2002
Az: 27 W (pat) 40/01


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