Landgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 2. August 2012
Aktenzeichen: 37 O 95/12 (Kart)

(LG Düsseldorf: Beschluss v. 02.08.2012, Az.: 37 O 95/12 (Kart))

Tenor

I.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der besonderen Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung verpflichtet:

1.

ihre Erklärung im Schreiben vom 16.07.2012, gerichtet an die I, in der sie die M mit Wirkung vom 18.07.2012 auffordert, keine über Internetdomains der Antragstellerin zu 2., nämlich

ABCDEFGHvermittelten Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin vorzunehmen bzw. diesbezügliche Tickets auszustellen, schriftlich gegenüber der M und der I mit Wirkung bis zu einer möglichen gerichtlichen abweisenden Entscheidung dieses Antrags in einem Hauptsacheverfahren für gegenstandslos zu erklären;

2.

es zuzulassen, dass die Antragstellerin zu 2. K- und J-Transportleistungen über Internetdomains der L, nämlich

ABCDEFGHanbietet, absetzt oder vermittelt.

II.

Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurück gewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1. zu 50%, die Antragstellering zu 2. zu 10% und die Antragsgegnerin zu 40%.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen tragen vor:

Die Antragstellerin zu 2. (nachfolgend auch nur als „Antragstellerin“ bezeichnet), deren alleinige Gesellschafterin die Antragsgegnerin zu 1. sei, betreibe die Internetportale A, B, C , D, E, F, G, und H, über die sie die Buchung von Flugreisen anbiete und die sich - wie derartige Portale allgemein - dadurch auszeichneten, dass sie den von ihren Kunden erwarteten umfassenden Überblick über die Preisangebote verschiedenster Airlines für die von den Kunden jeweils gewünschte Flugverbindung böten.

Die über diese Internetportale vermittelten Buchungen von Flugreisen würden nicht direkt mit den Airlines sondern über die I („I“) abgewickelt. I sei der größte konzernunabhängige Flugticketgroßhändler (ein sogenannter „Consolidator“) in Deutschland und vermittele Reisebüros, Reiseveranstaltern und Internetportalen Flugtickets von über 170 Airlines.

Die Antragstellerin erhalte bei der Vermittlung von reinen Flugreisen in der Regel keine Entgelte von den Fluggesellschaften und sei somit wie andere Online - Reisebüros darauf angewiesen, sich andere Einnahmequellen zu erschließen. Einnahmen erziele sie im Wesentlichen durch die auf den Portalen geschaltete Werbung, durch die Vermittlung von Drittleistungen anlässlich der Reise (wie z.B. Reiserücktrittsversicherungen) und durch die Erhebung von Serviceentgelten.

Die Antragsgegnerin sei eine der führenden und größten europäischen Fluggesellschaften und Gründungsmitglied der Luftfahrtallianz SkyTeam. Zum Konzernverbund der Antragsgegnerin gehöre u.a. die vormals niederländische Fluggesellschaft J. In Europa sei die Antragsgegnerin mit 69,8 Mio. beförderten Flugpassagieren im Jahr 2010 die größte Gesellschaft. Die Antragsgegnerin vertreibe ihre Transportdienstleistungen im Passagierverkehr zum einen über Flugticketgroßhändler wie z.B. Aerticket. Sie biete zum anderen aber auch auf ihrer eigenen Website www.airfrance.com eine Online-Buchung für Endkunden an.

Die Antragsgegnerin versuche seit einigen Monaten, das Geschäft der Internetportale zu behindern. Dies knüpfe an ähnliche Entwicklungen in den USA an. Im Dezember 2011 habe die Antragsgegnerin sogenannte „Anweisungen für Online-Verkäufe von Luftverkehrsprodukten“ an Reisevermittler gesandt. Die Antragstellerin habe diese „Anweisungen“ weder von der Antragsgegnerin erhalten noch akzeptiert. Im Januar 2012 habe die Antragsgegnerin einzelne angebliche Verstöße der Antragstellerin gegen die „Anweisungen“ gerügt. Die Antragstellerin zu 1. habe die Rügen zurück gewiesen. Im Februar 2012 hätten die Antragstellerinnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eingewilligt, Änderungen bzgl. einzelner der „Rügen“ vorzunehmen. U.a. hätten die Antragstellerinnen zugesagt, Google AdWords nicht mehr in Bezug auf „K“ zu verwenden sowie einzelne Änderungen an den Buchungsabläufen vorzunehmen. Die Verwendung von Google AdWords in Bezug auf die Antragsgegnerin sei vollständig eingestellt, die monierten Buchungsabläufe seien vollständig behoben worden.

Ungeachtet dessen habe die Antragsgegnerin I Mitte Juli 2012 aufgefordert, die Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin binnen zwei Tagen abzubrechen und keine Buchungen, die über die Portale der Antragstellerin generiert wurden, mehr abzuwickeln, soweit dies Dienstleistungen von K bzw. J betreffe. Gleichzeitig seien für den Fall des Zuwiderhandelns der Abbruch der Vertragsbeziehungen mit der Antragsgegnerin sowie weitere Konsequenzen angedroht worden. Gleichzeitig habe die Antragsgegnerin angebliche Verstöße der Antragstellerin gegen die Onlinevertriebsanweisungen der Antragsgegnerin gerügt. Insgesamt habe es sich um acht angebliche Verstöße der Antragstellerin gehandelt, die alle das auf französische Kunden ausgerichtete Buchungsportal E betroffen hätten. Ein behaupteter Verstoß betreffe das Erscheinen einer AdWord-Anzeige von E auf der französischen Website von Google oberhalb der natürlichen Suchergebnisse. Diese Anzeige sei u.a. bei Eingabe des Suchworts „K“ erschienen. Die weiteren von der Antragsgegnerin behaupteten Verstöße beträfen insgesamt sieben Beschwerden von Kunden über den Kundenservice bei Buchungen über das französische Portal E. Konkret gehe es hierbei um Beanstandungen bzgl. Umbuchungen, Stornierungen und Kreditkartengebühren. Diese sieben Beschwerden seien unbegründet und fielen zudem in Bezug auf die Gesamtzahl der vermittelten Flugtickets der Antragsgegnerin nicht ins Gewicht.

Da die Antragsgegnerin, eine der bedeutendsten Fluggesellschaften in Europa sei und das Geschäftsmodell der Antragstellerin ganz wesentlich auf der Preisvergleichsfunktion beruhe, sei sie zwingend darauf angewiesen, Tickets der Antragsgegnerin vermitteln zu können, ansonsten drohe das wirtschaftliche Aus für den Betrieb ihrer Flugreiseportale.

Die Antragstellerinnen haben zunächst beantragt:

1.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ihre Erklärung im Schreiben vom 16. Juli 2012 gerichtet an die I, in der sie die M mit Wirkung zum 18. Juli 2012 auffordert, keine über Internetdomains der L-Gruppe vermittelten Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin vorzunehmen bzw. diesbezügliche Tickets auszustellen, schriftlich gegenüber der M und der I für gegenstandslos zu erklären.

2.

Der Antragsgegnerin wird aufgeben, weiterhin die Vermittlung von Transportdienstleistungen der Antragsgegnerin über Internetdomains bzw. -portale zu ermöglichen, insbesondere es zu unterlassen, über die Internetportale der L-Gruppe vermittelte Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin zu blockieren bzw. nicht auszuführen.

Nachdem die Antragstellerin zu 1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr weiterverfolgt, beantragt die Antragstellerin zu 2.,

1.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ihre Erklärung im Schreiben vom 16.07.2012, gerichtet an die I, in der sie die M mit Wirkung vom 18.07.2012 auffordert, keine über Internetdomains der L, nämlich ABCDEFGHvermittelten Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin vorzunehmen bzw. diesbezügliche Tickets auszustellen, schriftlich gegenüber der M und der I mit Wirkung bis zu einer möglichen gerichtlichen abweisenden Entscheidung dieses Antrags in einem Hauptsacheverfahren für gegenstandslos zu erklären.

2.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, es zuzulassen, dass die Antragstellerin zu 2 auf jegliche Art und Weise und in jeglichem Umfang K- und J-Transportleistungen über Internetdomains der L, nämlich

ABCDEFGHanbietet, absetzt oder vermittelt.

Gründe

Die zulässigen Anträge die nach Antragsrücknahme durch die Antragstellerin zu 1. nur noch von der Antragstellerin zu 2. („Antragstellerin“) in der Fassung des Schriftsatzes vom 31. Juli 2012 weiter verfolgt werden, sind begründet.

Ausgehend von dem Tatsachenvortrag der Antragstellerin sind sowohl die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf für die zu treffende Entscheidung (II.), als auch das Bestehen eines im Wege einstweiligen Rechtsschutzes sicherbaren Verfügungsanspruchs (III.; IV.) und das Bestehen eines Verfügungsgrundes (V.) zu bejahen.

I.

Die Antragstellerin hat ihren Tatsachenvortrag insbesondere durch die von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ihres Geschäftsführers vom 23. Juli 2012 und vom 30. Juli 2012 sowie die die weiteren ihrer Antragsschrift vom 23. Juli 2012 und ihrem Schriftsatz vom 31. Juli 2012 beigefügten Anlagen glaubhaft gemacht. Ihr Tatsachenvortrag ist der Entscheidung gemäß §§ 902 Abs. 2, 936 Zivilprozessordnung (ZPO) zugrunde zu legen.

II.

Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus § 87 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Die funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt aus § 95 Abs. 2 Nr. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Verbindung mit § 87 GWB.

Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts ergibt sich aus § 32 ZPO, weil die Antragsgegenerin durch ihr Verhalten auch im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf in die (auch) zugunsten der Antragstellerin geschützte Freiheit des Wettbewerbs eingreift. Der Zuständigkeitsprüfung ist die schlüssige Darstellung der Antragstellerin zugrunde zu legen, die glaubhaft gemacht hat, Flugtickets der Antragsgegnerin auch an Kunden mit Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf zu vermitteln, so dass sich das Verhalten der Antragsgegnerin auch hier auswirkt (Erfolgsort).

III.

Der Verfügungsantrag zu 2. ist im Wesentlichen gerechtfertigt. Der Anspruch der Antragstellerin („Verfügungsanspruch“) dessen Erfüllung durch die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung in entsprechender Anwendung des § 940 ZPO vorläufig sichergestellt werden soll, ergibt sich jedenfalls aus §§ 20 Abs. 2; 33 Abs. 1, 3 GWB. Danach kann die Antragstellerin zu 2. von der Antragsgegnerin beanspruchen, von ihr auch in Zukunft diskriminierungsfrei zur Vermittlung ihrer Transportleistungen zugelassen zu werden. Dagegen ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin einen völlig schrankenlosen Zugang zu dem Angebot der Antragsgegnerin verlangen könnte, so dass ihr Antrag zurückgewiesen wird, soweit sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zulassung des Zugangs „auf jegliche Art und Weise und in jeglichem Umfang“ begehrt.

Die Antragsgegnerin ist als marktstarkes Unternehmen im Sinne des § 20 Abs. 2 GWB zu behandeln (1.), von dem die Antragstellerin abhängig ist, weil für sie keine ausreichende Möglichkeiten bestehen, auf andere Anbieter auszuweichen (2.). Darüber hinaus bestehen keine sachlichen Gründe, die geeignet sind, das Verhalten der Antragsgegnerin zu rechtfertigen (3.).

(1.)

Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin handelt es sich bei der Antragsgegnerin, deren Konzernumsatz im letzten Geschäftsjahr EUR 24,6 Mrd. betrug, um die größte europäische und weltweit um die achtgrößte Fluggesellschaft, die mit einer Flotte von knapp 600 Flugzeugen Flüge zu über 250 Destinationen in über 110 Ländern anbietet. Nach der Zahl der angebotenen Flugziele liegt die Antragsgegnerin im Vergleich der Fluggesellschaften weltweit auf Platz 4 und in Europa auf Platz 1. Zudem werden eine Reihe von Flugstrecken (innerfranzösisch unter Einschluss der der Überseedepartements, Verbindungen zwischen Frankreich und den Niederlanden, Belgien sowie afrikanischen Staaten) allein von der Antragsgegnerin bedient, so dass schon deshalb von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen ist, weil es in räumlicher Hinsicht für die Abgrenzung der Märkte für Personenbeförderungsleistungen im Flugverkehr auf die einzelne Flugstrecke an kommt. Die jeweilige Flugstrecke ist aus der maßgeblichen Sicht der Marktgegenseite - des die Beförderungsleistung nachfragenden Reisenden - für die Beurteilung der Wettbewerbslage und für die Prüfung, ob die jeweiligen Anbieter die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Regeln beachten, der allein sachgerechte Anknüpfungspunkt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. März 2002, VI-Kart 7/02 (V)).

(2.)

Als Unternehmen, welches in Europa Online-Buchungsportale unterhält, ist die Antragstellerin darauf angewiesen, auch Flugreiseleistungen der Antragsgegnerin anbieten zu können.

Zugunsten der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass eine sortimentsbedingten Abhängigkeit (vgl. Immenga / Mestmäcker, GWB, 4.Auflage, RN 62 ff. zu § 20 GWB) von dem Zugang zu den von der Antragsgegnerin angebotenen Flugreiseleistungen besteht. Eine solche Abhängigkeit ist anzunehmen, wenn ein Hersteller aufgrund der Qualität und Exklusivität seines Produkts ein solches Ansehen genießt und eine solche Bedeutung erlangt hat, dass der nachfragende Kunde in seiner Stellung als Anbieter darauf angewiesen ist, gerade (auch) dieses Produkt in seinem Sortiment zu führen, und sich daher vorhandene Möglichkeiten, auf andere Hersteller auszuweichen, nicht als ausreichend und zumutbar erweisen (vgl. BGH GRUR 1993, 592 - Herstellerleasing).

Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis der Antragstellerin zu der Antragsgegnerin zu bejahen:

(a)

Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass das Hauptmerkmal eines Online-Buchungsportals darin besteht, dass es einen Überblick über das gesamte Angebot an Flugreisen für eine bestimmte Route gibt und einen Vergleich zwischen den hierfür seitens der verschiedenen Airlines angebotenen Tarife ermöglicht (Preisvergleichsfunktion). Dabei wird der jeweils günstigste Flug zuerst angezeigt. Dieser erhält naturgemäß den meisten Zugriff durch Kunden. Kann ein Onlineportal nur noch eingeschränkt die verschiedenen Angebote vergleichen, weil Verbindungen einzelner bedeutender Fluggesellschaften nicht mehr vermittelt werden können, ist das Geschäftsmodell insgesamt stark gefährdet. Die Kunden erwarten von einem solchen Portal, dass darin alle verfügbaren Angebote verglichen werden. Danach und wegen der dargestellten Marktstärke der Antragsgegnerin liegt es auf der Hand, dass die Antragstellerin, um ihre Online - Buchungsportale erfolgreich betreiben zu können, darauf angewiesen ist, auch die Angebote der Antragsgegnerin darstellen und vermitteln zu können. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass mit den Portalen der Antragstellerin konkurrierende Anbieter wie z. B. die Flugbuchungs- und Vergleichsportale N und O auch Flugdienstleistungen der Antragsgegnerin anbieten (dürfen). Das Fehlen der Möglichkeit, über die Onlinebuchungsportale der Antragstellerin Flugdienstleistungen der Antragsgegnerin zu buchen, würde nach alledem zu einem erheblichen Ansehensverlust der Antragstellerinnen und zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit führen. Es ist für die Antragstellerin weder ausreichend noch zumutbar, auf die Angebote anderer Fluggesellschaften auszuweichen, weil der wirtschaftliche Erfolg derartiger Portale von der möglichst vollständigen Einbeziehung aller auf dem Markt angebotenen Flugreiseleistungen abhängig ist. Dies gilt in jedem Fall für die Einbeziehung der Angebote so großer Fluggesellschaften wie der Antragsgegnerin.

(b)

Bei der Antragstellerin handelt es sich im Verhältnis zu anderen Betreibern von Portalen zur Vermittlung von Flugreisen jedenfalls um ein mittleres Unternehmen im Sinne des § 20 Abs. 2 UWG. Daneben besteht auch ein sehr großer Unterschied in dem Verhältnis zu der Antragsgegnerin (vgl. BGH GRUR a.a.O.), deren Konzernumsatz im letzten Geschäftsjahr mit EUR 24,6 Mrd. mehr als das 25-fache des Konzernumsatzes der Antragstellerinnen betrug.

(c)

Nach der glaubhaft gemachten Darstellung der Antragstellerin besteht für das Vorgehen der Antragsgegnerin kein sachlicher Rechtfertigungsgrund. Selbst wenn die nach der Darstellung der Antragstellerin von der Antragsgegnerin ins Feld geführten Beanstandungen als solche gerechtfertigt wären, wären sie erkennbar nicht geeignet, eine derart schwerwiegenden Eingriff wie den Ausschluss der Antragstellerin vom Zugang zu dem Angebot der Antragsgegnerin zu rechtfertigen.

IV.

Der Verfügungsantrag zu 1. ist darauf gerichtet, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die gegenüber der I erteilte Anweisung, keine über die Portale der Antragstellerin generierten Buchungen mehr abzuwickeln, vorläufig für gegenstandslos zu erklären. Diese Begründetheit des Anspruchs ergibt sich aus den Ausführungen unter III., auf die verwiesen wird. Ohne die Abgabe dieser Erklärung der Antragsgegnerin, würde die Verpflichtung der Antragsgegnerin gemäß dem Verfügungsantrag zu 2. der Antragstellerin nicht zur vorläufigen Durchsetzung ihres Anspruchs verhelfen, weil sie zur Abwicklung der zuzulassenden Buchungen auf die Leistungen von I angewiesen ist. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Formulierung des Beschlusstenors nicht so zu verstehen ist, als sei die Antragsgegnerin verpflichtet, im Rahmen ihr Mitteilung auf das vorliegende Verfahren hinzuweisen.

V.

Die besonderen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Leistungsverfügung sind glaubhaft gemacht.

Der Erlass der Leistungsverfügung ist gerechtfertigt, weil die Antragstellerin so dringend auf die Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und ihr so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihr ein Zuwarten auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht zumutbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, VI-U (Kart) 11/09 v. 18.11.2009). Im Rahmen der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung fällt besonders ins Gewicht, dass keine beachtlichen Nachteile erkennbar sind, die der Antragsgegnerin durch die vorläufige Zulassung der Antragstellerin entstehen.

Bei der Bejahung der der Antragstellerin drohenden Nachteile und der an ihren Tatsachenvortrag hierzu zu stellenden Anforderungen ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin für die Vermittlung der Tickets der Antragsgegnerin keine Entgelte erhält, sondern Einnahmen im Wesentlichen durch die Vermittlung von Drittleistungen anlässlich der Reise und durch die Erhebung von Serviceentgelten erzielt. Die Einschätzung der ihr durch das Verhalten der Antragsgegnerin drohenden Nachteile lässt sich deshalb nicht unmittelbar aus der Zahl der in der Vergangenheit für Leistungen der Antragsgegnerin vermittelten Tickets ableiten. Maßgeblich ist vielmehr, ob und in welchem Umfang das Angebot der Antragstellerin für Endkunden aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin an Anziehungskraft verlieren und welche Nachteile sich daraus für die Antragstellerin ergeben würden. Aus den bereits unter III. dargestellten Gründen ist davon auszugehen, dass ein - im Vergleich zu anderen Anbietern - deutlich weniger attraktives Angebot der Antragstellerin sich entscheidend auf ihre Möglichkeit, Einkünfte zu erzielen, auswirkt. Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass das Hauptmerkmal eines Online-Buchungsportals darin besteht, einen Überblick über das gesamte Angebot an Flugreisen für eine bestimmte Route zu geben und den direkten Vergleich zwischen den hierfür von den verschiedenen Airlines angebotenen Tarifen zu ermöglichen (Preisvergleichsfunktion). Kann ein Onlineportal nur noch eingeschränkt die verschiedenen Angebote vergleichen, weil Verbindungen einzelner bedeutender Fluggesellschaften nicht mehr vermittelt werden können, ist das Geschäftsmodell insgesamt gefährdet. Die Kunden erwarten von einem Portal, dass darin alle verfügbaren Angebote verglichen werden. Ist dies nicht mehr der Fall, weicht der Kunde auf die Angebote anderer Anbieter aus, die diese volle Vergleichsfunktion bieten. Dieses Ausweichen der Kunden erfolgt sofort für all die Strecken, für die die Kunden erwarten, dass die nicht mehr verfügbare Airline Flüge anbietet. Im Fall der Antragsgegnerin gilt dies zumindest für alle Flüge von und nach Frankreich bzw. der Niederlande da es sich bei K und J um die Hauptfluggesellschaften dieser Länder (flag ship carrier) handelt, die ihr Streckennetz auf diese Länder ausgerichtet haben. Des Weiteren sind davon alle innerfranzösischen Flüge und Flüge zu den französischen Überseegebieten betroffen. Sobald Kunden feststellen (sei es durch eigene Erfahrung oder weil die Medien dies entsprechend aufgreifen und darstellen), dass eine der führenden europäischen Fluggesellschaften nicht mehr im Sortiment eines Portals geführt wird, ist davon auszugehen, dass die Kunden insgesamt auf andere Portale ausweichen, weil das Angebot der Antragstellerin zu 2 insgesamt nicht mehr als attraktiv empfunden wird. Der für die Antragstellerin drohende Schaden besteht nach alledem nicht nur in dem unmittelbaren Verlust des Geschäfts für alle Routen im Verkehr von und nach Frankreich bzw. den Niederlanden sowie innerhalb Frankreichs und zu den französischen Überseegebieten sondern darüber hinaus im drohenden Verlust des gesamten Geschäfts als Flugreiseportal. Dieser Verlust des Gesamtgeschäfts droht innerhalb der nächsten Monate, da das Internetgeschäft schnelllebig ist. Es gibt keine Kundenbindung und eine hohe Kontrolle des Angebots durch eine Vielzahl von Funktionen (Netzseiten von Reisemagazinen, Zeitschriften, Zeitungen, Verbraucherschutzvereinigungen, Verbänden sowie verschiedenste Kommunikationsforen der Nutzer). Es steht daher zu erwarten, dass das Fehlen der Leistungsangebote der Antragsgegnerin im Angebot der Antragstellerin sehr schnell bekannt und verbreitet würde, zumal auch die Wettbewerber der Antragstellerin ein erhebliches Interesse daran haben werden, dass die Sortimentseinschränkung der Antragstellerin schnell und umfassend bekannt wird.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst. Die Entscheidung ist ohne weiteres vollstreckbar.

Streitwert: € 500.000,00






LG Düsseldorf:
Beschluss v. 02.08.2012
Az: 37 O 95/12 (Kart)


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