Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 23. April 2013
Aktenzeichen: 6 U 35/09
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 23.04.2013, Az.: 6 U 35/09)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. Februar 2009 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus € 4 O 328/06 € unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu ge- fasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.980,13 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der Patentanwalt ist, auf Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung eines Patentanwaltvertrages in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte im Jahre 2000 den Beklagten, die Anmeldung des von ihr entwickelten Patentes mit der Bezeichnung €Vorrichtung und Verfahren zur Stabilisierung der Wasserqualität fremdwassergefluteter Restlochseen von Braunkohletagebauen€ zu begleiten und die weitere anwaltliche Vertretung zur Betreuung des Patentes vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wahrzunehmen.
Das von der Klägerin am 07.09.2000 angemeldete Patent wurde durch das Deutsche Patent- und Markenamt München am 09.01.2003 mit der Nummer 100 44 261 erteilt. Gegen die Erteilung des Patentes legten die L€Verwaltungsgesellschaft mbH (im Folgenden: L€) und die B€ mit Schreiben vom 02.04.2003 Einspruch ein. Die B€ nahm ihren Einspruch später mit Schreiben vom 24.07.2003 zurück.
Die für das Patent fällige Jahresgebühr für das Jahr 2002 wurde durch den Beklagten nicht innerhalb der vom Deutschen Patent- und Markenamt gesetzten Nachfrist bis zum 31.03.2003 gezahlt. Die Zahlung ging erst am 17.04.2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein.
Das Bundespatentgericht teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 11.09.2003 mit, dass das Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei und das Einspruchsverfahren gegen das Patent als erledigt angesehen werde. Ein Antrag des Beklagten an das Deutsche Patent- und Markenamt auf Wiedereinsetzung in die Frist wurde mit Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26.04.2004 bestandskräftig zurückgewiesen.
Die Klägerin macht nunmehr gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund der verspäteten Zahlung der Jahresgebühr und der damit verbundenen Löschung des Patentes geltend. Hierzu hat sie vorgetragen:
Zur praktischen Umsetzung des Patentes sei in G€ eine Versuchsanlage errichtet worden. Im Rahmen der Errichtung der Versuchsanlage habe sie die B€ GmbH mit der Ausführung von Bohrarbeiten beauftragt. Die B€ GmbH habe mit Rechnung vom 10.05.2004 insgesamt einen Betrag von 9.256,95 € brutto (7.980,13 € netto) in Rechnung gestellt, der von ihr € der Klägerin - bezahlt worden sei. Darüber hinaus habe sie Personalkosten bis einschließlich November 2004 für einen ingenieurtechnischen Leiter, einen Elektromeister, einen Elektrofacharbeiter sowie für Transportleistungen in Höhe von insgesamt 15.599,50 € investiert. (Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Anspruchsbegründungsschrift vom 19.11.2007 [Bl. 23 GA] Bezug genommen.)
Darüber hinaus seien ihr infolge der Löschung des Patentes Lizenzgebühren für die Nutzung des Patentes in Höhe von mindestens 490.000,00 € entgangen. Hiervon werde ein Teilbetrag in Höhe von 25.143,45 € als Schadensersatz geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 50.000,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2005 zu zahlen;
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Pflichtverletzung des Beklagten, die zur Löschung des Patentes 100 44 261 führte, noch entsteht, insbesondere aus entgangenen Lizenzgebühren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, das erteilte Patent der Klägerin sei nicht patentfähig gewesen. Das Patent habe lediglich bekannte Verfahren zu einer Möglichkeit der Grundwassersanierung nach dem Braunkohletagebau vereinigt und keine neuen Elemente enthalten, die schützenswert seien. Das Patent sei auch nicht funktionsfähig gewesen. Durch die Löschung des Patentes sei der Klägerin daher kein Schaden entstanden.
Die geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit der Errichtung der Versuchsanlage in G€ seien nicht kausal durch die Pflichtverletzung des Beklagten entstanden.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem am 25.02.2009 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe zwar dem Grunde nach ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 280 BGB zu, indem der Beklagte gegen seine Pflicht verstoßen habe, für die Veranlassung einer rechtzeitigen Zahlung der Patentgebühr Sorge zu tragen. Der Schadensersatzanspruch sei jedoch der Höhe nach nicht begründet. Bei den geltend gemachten Kosten für Bohrarbeiten in Höhe von 9.256,95 € und den Personalkosten in Höhe von 15.599,50 € handele es sich um Kosten, die mit der Pflichtverletzung des Beklagten nicht im direkten Zusammenhang stünden, sondern um €Sowieso-Kosten€, die entstanden seien, um die Erfindung der Klägerin für die Praxis tauglich zu machen. Dass diese Kosten nutzlos oder überflüssig geworden seien, sei nicht erkennbar. Hinsichtlich der geltend gemachten entgangenen Lizenzgebühren habe die Klägerin nicht dargelegt, dass ihr ein Schaden entstanden sei. Sie habe vielmehr selbst vorgetragen, dass eine Sanierung auf der Grundlage des Patentes noch nicht erfolgt sei. Der Feststellungsantrag sei unzulässig, da ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung nicht dargetan sei. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sei angesichts der Ungewissheit, ob bei der Klägerin überhaupt ein Schaden in Form entgangener Lizenzgebühren entstehe, nicht hinreichend vorgetragen, da eine industrielle Nutzung des von der Klägerin entwickelten und patentierten Verfahrens noch nicht feststehe.
Gegen das ihr zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 16.03.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem per Telefax am 14.04.2009 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel € nach auf rechtzeitigen Antrag verlängerter Frist bis dahin € mit einem per Telefax am 15.06.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
Sie macht geltend, bei den Schadensersatzpositionen betreffend die Errichtung der Versuchsanlage in G€ handele es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht um €Sowieso-Kosten€. Ihr sei erstmals im November 2004 bekannt geworden, dass das Patent gelöscht worden sei. Hätte der Beklagte sie rechtzeitig über den gesamten Sachverhalt informiert, hätte sie keine weiteren Kosten auslösenden Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Patents veranlasst. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes, an deren Vorliegen keine zu hohen Anforderungen zu stellen seien, sei ebenfalls gegeben, da sie vorgetragen habe, dass die Wirkprinzipien des gelöschten Patentes in dem gestarteten industriellen Großversuch am Standort S€ eingesetzt würden und nach Abschluss dieses Pilotprojektes eine wirtschaftliche Bewertung von Aufwand und Nutzen und damit auch zur konkreten Höhe der zu erwartenden Verwertungserlöse möglich sei.
Das Pilotvorhaben €S€€ sei zwischenzeitlich abgeschlossen worden. Dem vorliegenden Abschlussbericht vom Mai 2011 sei zu entnehmen, dass das Patent zum damaligen Zeitpunkt erteilungsreif gewesen und der Nachweis der Wirksamkeit der theoretischen Grundlagen in der Praxis gegeben sei. Darüber hinaus werde die Anwendung des Patentes der Klägerin als erfolgversprechende Variante zur Verbesserung der Wasserqualität der € im Bereich oberhalb der Talsperre Sp€ und im S€ angesehen.
Die Klägerin rügt ferner, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie ihrem Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen Dr. G€ nicht nachgekommen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 50.000,00 € zu zahlen sowie
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der Pflichtverletzung des Beklagten, die zur Löschung des Patents 100 44 261 führte, noch entsteht, insbesondere aus entgangenen Lizenzgebühren,
hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Die von der Klägerin geltend gemachten Entwicklungskosten stellten notwendige Kosten dar, die Bestandteil der industriellen Erprobung der Umsetzung des Patentes gewesen wären. Das Pilotvorhaben €S€€ sei nicht auf der Grundlage des gelöschten Patents der Klägerin durchgeführt worden, sondern auf der Grundlage des der B€ erteilten Patents mit der Nummer DE 103 60 704 B 4 mit der Bezeichnung €Anordnung und Verfahren zum Einbringen von Reagenzien in einen Grundwasserstrom€. Bei diesem Projekt seien im Unterschied zu dem erteilten Patent der Klägerin kein alkalisches Medium, sondern Glycerin und Methanol als mikrobiell verwertbare Kohlenstoffquellen in den Untergrund infiltriert worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 21.12.2010 (Bl. 303 f. GA) durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B€. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B€ vom 05.10.2011 (Bl. 355 ff. GA), die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 13.03.2012 (Bl. 385 ff. GA) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 30.03.2012 (Bl. 434 ff. GA) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 14.08.2012 hat der Senat die Einholung einer weiteren Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. B€ zu den Einwendungen der Klägerin angeordnet (Bl. 610 GA) und mit weiterem Beschluss vom 10.09.2012 der Klägerin die Einzahlung eines Auslagenvorschusses in Höhe von 11.000,00 € aufgegeben. Dieser Vorschuss ist durch die Klägerin nicht gezahlt worden.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff. ZPO eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat nur zu einem geringen Teil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Die Klage ist insgesamt zulässig. Insbesondere ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin gegeben.
a)
Wird € wie hier € Ersatz für Vermögensschäden geltend gemacht, ist für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderlich, dass seitens des Klägers substantiiert dargelegt wird, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens wahrscheinlich ist (vgl. BGH NJW 2006, 830, 832, Teilziffer 27 m.w.N.). Ist hingegen ein Schaden bereits eingetreten, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht von der Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadenseintrittes ab, vielmehr ist ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Ersatzpflicht für weitere Schäden nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. BGH NJW 2001, 1431; BGH NJW-RR 2007, 601; von Gerlach VersR 2000, 525, 532).
b)
Im Streitfall ist der Klägerin bereits ein Schaden entstanden, indem durch die nicht rechtzeitige Zahlung der 3. Jahresgebühr das Patent gelöscht worden ist (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG). Das Patent ist ebenso wie das Recht aus dem Patent ein privates Vermögensrecht, nämlich Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. Mes, PatG/GebrMG, 3. Aufl. 2011, § 15 PatG Rn. 3). Mit der Löschung des Patents hat die Klägerin somit bereits einen Schaden erlitten. Sie hat zudem geltend gemacht, im Vertrauen auf die Erteilung des Patentes Aufwendungen gehabt zu haben, die sie anderenfalls bei Kenntnis von der Löschung des Patentes nicht gehabt hätte. Die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts in Form entgangener Lizenzgebühren für die Nutzung des Patentes ist nach dem Vortrag der Klägerin auch hinreichend dargetan, was für die Zulässigkeit des Feststellungsantrages ausreichend ist. Inwieweit eine solche Möglichkeit tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage.
2.
Die Klage ist teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Patentanwaltsvertrages in Höhe von 7.980,13 € zu.
Auf das zugrunde liegende Schuldverhältnis sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, da das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vor dem 1. Januar 2002 zustande gekommen ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
a)
Zwischen den Parteien ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag über die Anmeldung sowie die weitere Betreuung des von der Klägerin entwickelten Patents geschlossen worden. Der Beklagte hat seine ihm aus diesem Vertrag obliegenden Pflichten verletzt.
Nach dem zugrunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag war der Beklagte verpflichtet, für die rechtzeitige Zahlung der 3. Jahresgebühr des Patentes Sorge zu tragen. Diese Pflicht hat er verletzt, indem er es versäumt hat, die von ihm am 24.03.2003 mittels eines Onlinebanking-Programms vorgenommene Überweisung daraufhin zu kontrollieren, ob die Überweisung tatsächlich durch das Programm noch am gleichen Tage ausgeführt wurde. Die Pflichtverletzung ist von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, sondern erstinstanzlich sogar ausdrücklich zugestanden worden. Die Pflichtverletzung erfolgte auch zumindest fahrlässig. Gründe, die ein Verschulden entfallen lassen könnten, hat der Beklagte nicht vorgetragen.
Eine weitere Pflichtverletzung des Beklagten ist darin zu sehen, dass der Beklagte nach der Mitteilung des Bundespatentgerichts vom 11.09.2003, dass das Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen ist, es unterlassen hat, die Klägerin unverzüglich über die Löschung des Patentes zu unterrichten. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, von den Vorgängen um die Löschung des Patentes erst im Oktober 2004 Kenntnis erhalten zu haben. Diese Pflichtverletzung erfolgte ebenfalls schuldhaft; Exkulpationsgründe hat der Beklagte wiederum nicht dargetan.
b)
Infolge dieses pflichtwidrigen Verhaltens ist der Beklagte der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.
Die Klägerin kann mit Erfolg jedoch nur Ersatz in Höhe der von ihr im Rahmen der Errichtung der Versuchsanlage G€ an die B€ GmbH gezahlten Vergütung in Höhe von 7.980,13 € netto verlangen; ein darüber hinausgehender Schadensersatzanspruch besteht nicht.
aa)
Aufgrund der unterlassenen Unterrichtung über das Erlöschen des Patentes kann die Klägerin ihr negatives Interesse ersetzt verlangen in Form der vergeblichen Aufwendungen für die Entwicklung und den Schutz des Patentes ab dem Zeitpunkt, ab dem der Beklagte die Klägerin über das Erlöschen des Patents hätte unterrichten müssen. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, bei rechtzeitiger Information über die verspätete Zahlung der Jahresgebühr und das Erlöschen des Patentes keine weiteren Kosten auslösenden Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Patentes veranlasst zu haben. In diesem Fall wären die von ihr geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit der Errichtung der Versuchsanlage in G€ nicht entstanden. Auf den Hinweis des Senates, dass bislang nicht dargelegt worden sei, dass die Klägerin auch von dem laufenden Einspruchsverfahren gegen die Erteilung des Patentes keine Kenntnis gehabt habe, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.7.2012 vorgetragen, vor Ende Oktober 2004 keine Kenntnis von den Vorgängen um das Patent gehabt zu haben. Gegenteiliges ist von dem Beklagten, der für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweisbelastet wäre, nicht vorgetragen worden. Er hat insbesondere nicht behauptet, die Klägerin laufend über das vor dem Bundespatentgericht anhängige Verfahren informiert zu haben.
Auch soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin habe unabhängig vom Patentschutz das Verfahren auf dem Markt anbieten wollen, weshalb es sich bei den geltend gemachten Kosten um €Sowieso-Kosten€ handele, ist er für diesen Einwand beweisbelastet. Denn indem es der Beklagte unterlassen hat, die Klägerin über das Erlöschen des Patentes infolge der nicht rechtzeitigen Zahlung der 3. Jahresgebühr zu informieren, hat er zugleich eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Mandatsverhältnis verletzt, denn der Beklagte war nach dem Mandatsvertrag verpflichtet, die Klägerin über alle Umstände, die für sie von Bedeutung sein können, unaufgefordert zu informieren. Bei einer Verletzung derartiger Aufklärungs- und Informationspflichten trägt der Schädiger die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre (vgl. BGHZ 61, 118, 121 ff.; BGH NJW 1985, 2595, 2596; BGHZ 124, 153, 159 = NJW 1994, 512; BGH NJW 2009, 2298, 2300 Rn. 22; BGH NJW 2012, 2427, 2429 Rn. 28 m.w.N.). Einen Beweis für seine Behauptung hat der Beklagte nicht angetreten.
Die Durchführung der Arbeiten durch die B€ GmbH ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Die durch den Beklagten bestrittene Höhe ist durch die Rechnung der B€ GmbH vom 10.05.2004 (Bl. 46 GA) hinreichend belegt. Die in Ziffer 7. des Subunternehmervertrages vom 20./21.04.2004 vereinbarte Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und einem Monat ist zwischenzeitlich abgelaufen, so dass davon auszugehen ist, dass der von dem Schlussrechnungsbetrag als Sicherheit einbehaltene Betrag von 5 % gemäß Ziffer 9. des Subunternehmervertrages zwischenzeitlich ebenfalls zur Auszahlung gelangt ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, steht der Klägerin jedenfalls ein wirtschaftlich identischer Freistellungsanspruch zu, der sich aufgrund der ernsthaften und endgültigen Verweigerung des Beklagten, Schadensersatz zu leisten, in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.
Sollte das Vorbringen des Beklagten in dem Schriftsatz vom 01.08.2012, wonach die Leistungen der Klägerin von der L€ bezahlt worden sein, dahingehend zu verstehen sein, dass der Beklagte bestreiten will, die Klägerin habe die vorgelegten Rechnungen beglichen bzw. er behaupten will, die L€ habe der Klägerin die Beträge erstattet, ist dieser erstmals in zweiter Instanz erfolgte Sachvortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
Allerdings kann die Klägerin lediglich Ersatz des angefallenen Nettobetrages von 7.980,13 € verlangen, da sie selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist. Die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug ist von dem Beklagten mit der Berufungserwiderung ausdrücklich geltend gemacht worden.
bb)
Die darüber hinaus geltend gemachten Personalkosten in Höhe von 15.599,50 € sind hingegen nicht substantiiert dargelegt worden, worauf der Senat hingewiesen hat. Es fehlt konkreter Vortrag dazu, welche Arbeiten im Einzelnen durch wen auf welcher Grundlage durchgeführt worden sind und auf welcher Grundlage die Klägerin hier die in Ansatz gebrachten Stundenverrechnungssätze geltend macht. Die Klägerin hat hierzu auf den Hinweis des Senats auch mit dem Schriftsatz vom 19.7.2012 nicht weiter vorgetragen, sondern eingeräumt, dass für diese Arbeiten keine detaillierten Abrechnungen vorliegen. Aus dem Schreiben des F€ e.V. vom 27.6.2008 (Anlage K 11, Bl. 137 f. GA) lässt sich ebenfalls hinsichtlich Art und Umfang der durchgeführten Arbeiten nichts Näheres entnehmen. Der angebotene Zeugenbeweis durch Vernehmung der als Zeugen benannten Herren W€ und Dr. G€ liefe daher auf eine reine Ausforschung hinaus und war daher nicht zu erheben.
c)
Ein darüber hinausgehender Schaden der Klägerin besteht nicht. Insbesondere sind der Klägerin durch den Verlust des Patentes keine Lizenzgebühren oder Verwertungserlöse entgangen.
Der Beklagte hat den ihm obliegenden Beweis, der Klägerin hätte auch in dem Fall, dass die Jahresgebühr rechtzeitig gezahlt worden und das Patent daher nicht von Gesetzes wegen erloschen wäre, ein Anspruch auf Lizenzgebühren nicht zugestanden, weil das der Klägerin erteilte Patent €Vorrichtung und Verfahren zur Stabilisierung der Wasserqualität fremdwassergefluteter Restlochseen von Braunkohletagebauen€ wegen fehlender Patentfähigkeit zwingend hätte widerrufen werden müssen, nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme erbracht.
aa)
Der Beklagte hat eingewandt, das der Klägerin erteilte Patent hätte auf den mit Schreiben vom 02.04.2003 (Bl. 84 ff. GA) erfolgten Einspruch der L€ vor dem Bundespatentgericht ohnehin zwingend widerrufen werden müssen, so dass der Klägerin durch die versäumte fristgerechte Zahlung der Jahresgebühr letztlich kein Schaden entstanden sei. Damit macht der Beklagte den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens geltend, indem er einwendet, der Schaden wäre bei pflichtgemäßem Handeln ebenso eingetreten. Für diesen Einwand trägt der Beklagte die Beweislast. Seiner dahingehenden Beweislast ist er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nachgekommen.
bb)
Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 PatG kann jeder innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Patenterteilung gegen das Patent Einspruch erheben. Der Einspruch kann nur auf die Behauptung gestützt werden, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe vorliegt (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG). So ist das Patent zu widerrufen, wenn sich ergibt, dass der Gegenstand des Patents nicht nach den § 1 bis 5 PatG patentfähig ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) oder das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Ziffer 2 PatG). Patentfähig sind nach § 1 Abs. 1 PatG Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Der Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit ist namentlich dann gegeben, wenn die patentierte Lehre nicht auf technischem Gebiet liegt, nicht ausführbar, wiederholbar und gewerblich anwendbar, nicht neu oder nicht erfinderisch ist (vgl. Benkard/Rogge, PatG 10. Aufl., § 21 Rn. 13).
cc)
Im Streitfall lag ein Widerrufsgrund vor. Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B€, seiner ergänzenden Stellungnahme sowie der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 30.03.2012 zur Überzeugung des Senates fest (§ 286 ZPO), dass die durch das Patent mit der Nummer 100 44 261 geschützte Erfindung nicht patentfähig war und somit auf den zulässigen, insbesondere innerhalb der Dreimonatsfrist des § 59 Abs. 1 Satz 1 PatG eingegangenen Einspruch der L€ widerrufen worden wäre, wenn sich das Einspruchsverfahren nicht infolge des Erlöschens des Patentes erledigt hätte.
Es fehlt sowohl an der Neuheit als auch an der technischen Ausführbarkeit der Erfindung.
(1)
Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B€, an dessen Sachkunde und Fachkompetenz keine Zweifel bestehen, hat hierzu ausgeführt, dass die zugunsten der Klägerin patentierte Erfindung mit dem Ziel der kurzfristigen Stabilisierung der Wasserqualität in Braunkohletagebauen nur ausführbar ist, wenn eine ausreichende Menge an Reduktionsmitteln oder chemischem Treibstoff zur Verfügung steht, damit die für die Ausführung des Patentes erforderlichen komplizierten chemischen Reaktionen überhaupt ablaufen können. Als ein solcher €chemischer Treibstoff€ soll nach den Angaben in der Patentschrift der in Grundwasserleitern reichlich vorhandene organische Kohlenstoff fungieren, dessen Vorhandensein jedoch von den Erfindern des Patentes ungeprüft vorausgesetzt wird. Ob derartige Stoffe jedoch tatsächlich im ausreichenden Maße vorhanden sind, hängt € so der Sachverständige € von der Beschaffenheit der jeweiligen zu sanierenden Kippengrundwässer ab. Das in dem Patent beschriebene technische Verfahren allein reiche demnach nicht aus, um sicherzustellen, dass die angestrebte Reinigung des Grundwassers tatsächlich erreicht wird. Die Erfindung schaffe daher nur die notwendigen hydrogeochemischen Rahmenbedingungen, ohne den erforderlichen Antrieb für die Wirkmechanismen in Form organischer Stoffe zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus bleibt nach den Ausführungen des Sachverständigen nach der Beschreibung des Patentes offen, in welchen Zeiträumen der mit dem Verfahren bezweckte Erfolg erreicht werden könne. Die Gesetzmäßigkeit der chemischen Reaktionskinetik finde in der Beschreibung des Verfahrens keine Berücksichtigung. Dass mit dem erfundenen Verfahren und den von Natur aus vorhandenen braunkohligen organischen Kohlenstoffverbindungen eine kurzfristige, das heißt einen Zeitraum von wenigen Jahren in Anspruch nehmende Stabilisierung der Wasserqualität durch Sulfatreduktion erreicht werde, sei ungeprüft und werde durch die Patentschrift auch nicht belegt. Auf die Reaktionsgeschwindigkeit der Sulfatreaktion durch den als Vorhanden vorausgesetzten organischen Kohlenstoff werde in der Patentschrift nicht eingegangen. Üblicherweise nehme eine Sulfatreduktion in Grundwasserleitern, insbesondere in solchen mit braunkohligem organischem Kohlenstoff, einen allgemein sehr langsamen Verlauf in einer Größenordnung von bis zu 50 Jahren. Es sei zwar theoretisch möglich, dass das patentierte Verfahren funktionieren könne, wenn eine genügend große Menge an reaktivem organischem Kohlenstoff vorhanden sei. Derartiges müsse jedoch in Untersuchungen und unter in-situ-Bedingungen vor Erteilung des Patentes nachgewiesen werden.
Das Patent sei auch nicht neu, da das in der Patentschrift dargestellte Verfahren und die ihm zugrunde liegenden Wirkprinzipien bereits aus Forschung, Lehre und der wasserwirtschaftlichen Praxis bekannt seien. Ähnliche Projekte seien im Zusammenhang mit Untersuchungen von Abraumkippen im R€ Braunkohlerevier sowie im Braunkohletagebau G€ durchgeführt worden. Ähnliche hydrogeochemische Verfahren zur Beschaffenheitsverbesserung von Grundwasser, die dem in Rede stehenden Verfahren sehr ähnlich seien, würden unter anderem in der Wasserwirtschaft zur unterirdischen Enteisenung und bei der Sanierung kontaminierter Grundwässer praktisch eingesetzt. Diese Verfahren setzten ebenso wie das von der Klägerin entwickelte Verfahren dem Prinzip nach Injektionsbrunnen ein, über die mittels Pumpen und Rohrleitungen wässrige Lösungen mit hydrogeochemisch reaktiven Stoffen in einen Grundwasserleiter eingeleitet werden. Bei diesem Verfahren werde das gleiche Wirkprinzip genutzt, jedoch seien diese Verfahren im Gegensatz zu dem patentierten Verfahren der Klägerin nicht abhängig davon, dass die erforderlichen reaktiven Stoffe ausreichend vorhanden seien.
Der Senat folgt den in sich stimmigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen. Der Sachverständige, der Inhaber eines Lehrstuhles für Hydrogeologie an der Technischen Universität C€ ist, beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren im Rahmen seines beruflichen Werdeganges mit dem Thema €Grundwasserschutz€ und war an vergleichbaren Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit umweltrelevanten Folgen des Braunkohlenabbaus auf die Grundwasserqualität beschäftigt. Darüber hinaus war der Sachverständige im Landesamt für Wasser und Abfallwirtschaft in € als Fachgebietsleiter für Grundwasserschutz und Grundwasserbeschaffenheit tätig und für die landesweite Überwachung der Grundwasserbeschaffenheit zuständig. Entgegen der Auffassung der Klägerin verfügt der Sachverständige demnach über hinreichende Erfahrungen bezüglich der Verhältnisse des Braunkohlentagebaus. An seiner Fachkompetenz, die beweiserheblichen Fragestellungen gemäß dem Beweisbeschluss des Senats vom 21.12.2010 auch unter Berücksichtigung der Bedingungen des N€ Kohlenbergbaus sachgerecht zu beantworten, bestehen daher keine Zweifel.
Der Sachverständige hat sich mit den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.12.2011 vorgebrachten Einwendungen gegen sein Gutachten im Einzelnen ausführlich auseinandergesetzt und das von ihm gefundene Ergebnis auch im Lichte der Einwendungen der Klägerin nachvollziehbar und detailliert begründet. So hat der Sachverständige im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Verfahren ihm das in dem Patent der Klägerin zur Anwendung kommende Wirkprinzip bereits bekannt war und aus welchen Gründen das bei dem Patent der Klägerin zur Anwendung kommende Wirkprinzip mit diesen Verfahren vergleichbar ist. Er hat ferner eingehend begründet, warum aus seiner Sicht die patentierte Erfindung keine schützenswerten Elemente enthält, weil die Erfindung den für die angestrebte Sulfatreduktion notwendigen Antrieb nicht bereitstellt, sondern diesen lediglich voraussetzt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten anschaulich die Erfindung der Klägerin mit einem elektrischen Leitungsnetz mit einer Glühbirne verglichen, die ohne die notwendige elektrische Spannung nicht zum Leuchten gebracht werden könne.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stützt sich der Sachverständige bei seiner Beurteilung nicht allein auf die Stellungnahme der L€ in ihrer Einspruchsschrift vom 07.04.2003, sondern beruft sich auf hydrogeochemische Gesetzmäßigkeiten sowie die in der Stellungnahme des Sachverständigen vom 13.03.2012 angeführte wissenschaftliche Literatur. Im Übrigen ist die Argumentation der Klägerin insoweit auch widersprüchlich, wenn sie dem Sachverständigen einerseits vorwirft, nicht die neuesten Ergebnisse der Forschung zu berücksichtigen, andererseits jedoch bemängelt, dass spätere, nach Anmeldung des Patentes erfolgte Veröffentlichungen nicht herangezogen werden könnten.
Soweit der Sachverständige zu den Fragestellungen des Beweisbeschlusses, ob die Erfindung der Klägerin keinerlei schützenswerte Elemente oder zahlreiche, in anderen geschützten Verfahren eingesetzte Wirkprinzipien enthalte, keine Stellung hat nehmen können, steht dies der grundsätzlichen Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens nicht entgegen. Der Sachverständige hat die entscheidungserheblichen Beweisfragen hinreichend beantworten können. Da nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens das Patent der Klägerin bereits unter hydrogeochemischen Gesichtspunkten nicht anwendbar ist, bedurfte es der ergänzenden Einholung eines geohydraulischen oder geotechnischen Gutachtens nicht.
(2)
Den weiteren Einwendungen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 02.07.2012 bzw. 19.07.2012, mit dem die Klägerin nunmehr den Abschlussbericht zum Pilotvorhaben €S€€ zu den Akten gereicht hat, war nicht nachzugehen.
Dem von der Klägerin vorgelegten Abschlussbericht ist zu entnehmen, dass bei dem Pilotvorhaben €S€€ das zugunsten der B€ angemeldete Patent mit der Nummer DE 103 60 704 mit der Bezeichnung €Anordnung und Verfahren zum Einbringen von Reagenzien in einen Grundwasserstrom€ zur Anwendung gekommen ist. Dies spricht eher gegen die Behauptung der Klägerin, dass bei diesem Vorhaben das von der Klägerin entwickelte Verfahren unter in-situ-Bedingungen erfolgreich zum Einsatz gekommen ist. Der Senat sieht sich jedoch nicht in der Lage, dies aus eigener Sachkunde abschließend zu beurteilen. Mit Beschluss vom 14.08.2012 ist daher angeordnet worden, dem Sachverständigen Prof. Dr. B€ die Einwendungen der Klägerin mit der Bitte um Prüfung zuzuleiten, ob sich infolge dessen an seinen gutachterlichen Feststellungen Änderungen ergeben. Die Einholung der ergänzenden Stellungnahme hatte jedoch zu unterbleiben, nachdem die Klägerin den mit Beschluss des Senats vom 10.09.2012 für die ergänzende Stellungnahme angeforderten Auslagenvorschuss in Höhe von 11.000,00 € nicht gezahlt hat. Gemäß den §§ 379 Satz 2, 402 ZPO unterbleibt die weitere Beweisanordnung, wenn die Zahlung des angeforderten Vorschusses nicht so zeitig nachgeholt wird, dass die Beweiserhebung durchgeführt werden kann, ohne dass sich dadurch das Verfahren verzögert. Einer groben Nachlässigkeit der Partei, die den Vorschuss nicht einzahlt, bedarf es nicht. Die Anwendung des § 379 Satz 2 BGB setzt kein Verschulden voraus, sondern knüpft allein an die objektive Tatsache der Nichteinzahlung des Vorschusses an (vgl. OLG Zweibrücken OLGR 2003, 61, zitiert nach juris). Die Klägerin hat die Zahlung des Auslagenvorschusses auch nicht bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachgeholt und ist somit beweisfällig geblieben.
Zwar ist grundsätzlich der Beweisführer für die Zahlung des Auslagenvorschusses vorschusspflichtig. Das ist im vorliegenden Fall der Beklagte, der für den Einwand der fehlenden Patentfähigkeit die Beweislast trägt. Stellt jedoch der Beweisgegner den Antrag, das zunächst auf Veranlassung des Beweisführers eingeholte Gutachten zu ergänzen oder erhebt er Einwendungen gegen das Gutachten, ist er hierfür insoweit vorschusspflichtig (vgl. OLG Köln BauR 2009, 1335, zitiert nach juris). Ein Fall der Beweiserhebung von Amts wegen nach § 144 Abs. 1 ZPO, bei der ein Vorschuss von einer der Parteien nicht angefordert werden darf (vgl. dazu BGH GRUR 2010, 365, zitiert nach juris, Rn. 18), liegt nicht vor.
Der Sachverständige Prof. Dr. B€ hat den von ihm für die Ausarbeitung einer Stellungnahme zu den mit Schriftsatz vom 02.07.2012 erhobenen Einwendungen der Klägerin für erforderlich angesehenen voraussichtlichen Kostenaufwand nachvollziehbar begründet. So hat er in seinem Schreiben vom 14.11.2012 ausgeführt, dass zur Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Klägerin, insbesondere im Hinblick auf den von der Klägerin vorgelegten umfangreichen 69-seitigen Abschlussbericht zum Pilotvorhaben €S€€, umfangreiche numerische Modellierungen und Computerberechnungen durchzuführen und auszuwerten wären, die weit über das Ausmaß der bisherigen Begutachtung hinausgingen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kostenschätzung des Sachverständigen, dem bei der Bemessung des voraussichtlich erforderlichen Aufwandes ohnehin ein nur bedingt überprüfbares Ermessen zusteht, grob überhöht wäre, liegen nicht vor.
Eine Veranlassung zur Einholung der von der Klägerin beantragten Ergänzung des Gutachtens besteht auch nicht deshalb von Amts wegen, weil der Sachverständige Prof. Dr. B€ mitgeteilt hat, zur Erarbeitung einer Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin aus den Schriftsätzen vom 02. bzw. 19.07.2012 sei die Durchführung und Auswertung numerischer Modellierungen wie Computer-Simulationen und Berechnungen erforderlich, die über eine rein verbal-argumentative Stellungnahme hinausgingen. Daraus kann nicht gefolgert werden, wie die Klägerin offenbar meint, dass das schriftliche Gutachten des Sachverständigen nebst seiner ergänzenden Stellungnahme € von der Klägerin als €Basisgutachten€ bezeichnet € als solches nicht verwertbar sei. Dem Sachverständigen war vom Senat ausdrücklich aufgegeben worden, im Rahmen der Gutachtenerstellung zunächst allgemein auf der theoretischen Ebene zu den Beweisfragen Stellung zu nehmen, ohne hierfür konkrete Berechnungen vorzunehmen. Diese Beschränkung auf eine rein verbal-argumentative Ebene macht das Gutachten nicht unverwertbar.
(3)
Soweit die Klägerin anregt, einen anderen Sachverständigen mit der gerichtlichen Begutachtung der Beweisfragen gemäß dem Beweisbeschluss des Senats vom 21.12.2010 zu beauftragen, liegen die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO nicht vor. Danach kommt die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens nur in Betracht, wenn das vorliegende Gutachten unvollständig, nicht nachvollziehbar oder in sich widersprüchlich ist, der Sachverständige nicht über die notwendige Sachkunde verfügt, sich die zugrunde liegenden Anschlusstatsachen geändert haben oder ein anderer Sachverständiger über überlegende Forschungsmittel oder Erfahrung verfügt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 412 Rn. 2). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Insbesondere hat der Senat € wie bereits ausgeführt € keine Zweifel an der Sachkunde und Kompetenz des Sachverständigen, die einschlägige Problematik auch unter Berücksichtigung der hier gegebenen Bedingungen fachgerecht zu beurteilen.
Der Verweis auf einschlägige Veröffentlichungen in Tageszeitungen sowie die von der L€ im Internet veröffentlichten Gutachten, die die Klägerin in Form einer CD in der letzten mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht hat, ist daher nicht geeignet, eine weitere Sachaufklärung zu veranlassen. Unabhängig davon, ob dieses € vier Tage vor der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene - Vorbringen im Hinblick auf §§ 411 Abs. 4, 296 Abs. 1 ZPO noch zu berücksichtigen wäre, steht der Durchführung einer weiteren Sachaufklärung auch hier entgegen, dass zunächst eine gutachterliche Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen einzuholen wäre und die Klägerin den für die weitere Begutachtung angeforderten Auslagenvorschuss nicht eingezahlt hat.
3.
Der zulässige Feststellungsantrag ist nach alledem unbegründet. Der Klägerin ist ein Schaden in Form entgangener Lizenzgebühren nicht entstanden, da das Patent auch bei rechtzeitiger Einzahlung der Jahresgebühr infolge Widerrufs erloschen wäre. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.
Die Möglichkeit weiterer, darüber hinausgehender Schäden, die der Klägerin infolge der Löschung des Patentes entstanden sein könnten, ist von ihr nicht substantiiert dargetan worden.
4.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 09.04.2013 gibt dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf den Wert des Feststellungsantrages ist das Obsiegen der Klägerin hinsichtlich des Zahlungsantrages nur als geringfügig anzusehen und hat auch keine besonderen Kosten veranlasst.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung des Senats einen Einzelfall betrifft und der Senat dabei nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 23.04.2013
Az: 6 U 35/09
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