Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 235/03
(BPatG: Beschluss v. 13.12.2006, Az.: 26 W (pat) 235/03)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 vom 12. Mai 2003 aufgehoben und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Wortfolge Irgendwann erfrischt es jedenals Wortmarke für die Waren der Klassen 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge entbehre für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft. Die angemeldete Marke bestehe aus einer ohne Weiteres verständlichen und grammatisch korrekten Abfolge deutscher Begriffe. Die Wortfolge stelle lediglich ein sloganartiges Versprechen dar, dass die Waren jeden Konsumenten zu einem noch unbestimmten zukünftigen Zeitpunkt erfrischen werden. Gerade die erfrischende Wirkung von Getränken stelle eine wesentliche Eigenschaft dar, mit der auch eingehend im Getränkebereich geworben werde. Die Wortfolge formuliere damit lediglich eine wichtige Eigenschaft, die den beanspruchten Waren zu Eigen sei. Begegne der Verkehr der Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, trete der Gedanke an einen ganz bestimmten Herstellerbetrieb hinter die Vorstellung zurück, dass es sich um eine sloganartige Sachangabe im dargelegten Sinne handele. Daran ändere auch nichts, dass darin auch die fantasievolle Abwandlung der Redewendung "Irgendwann erwischt es jeden" wiedererkannt werden könne, denn die Assoziation einer solchen Redewendung liege aufgrund ihrer relativen Unbekanntheit, aber auch wegen ihrer eher negativen Aussage nicht nahe. Vielmehr werde der Verkehr die angemeldete Marke im wörtlichen, auf der Hand liegenden Sinn verstehen, ohne dass sich eine mögliche Anlehnung an eine bereits bestehende Redewendung aufdränge. Ob außerdem ein Freihaltungsbedürfnis bestehe, könne danach dahinstehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie weiterhin geltend macht, der Slogan sei eintragungsfähig, auf den Verkehr wirke in erster Linie das fantasievolle und originelle Wortspiel zwischen "erfrischt" und "erwischt", der Slogan werde mithin nicht nur als solcher, sondern auch als Herkunftshinweis aufgefasst. Die Anmelderin beruft sich nunmehr hilfsweise auf die Durchsetzung der angemeldeten Wortfolge im Verkehr. Sie bezieht sich zur Glaubhaftmachung auf eine eidesstattliche Versicherung des Marketing-Managers A... der Anmelderin vom 13. Dezember 2006, sowie auf die anwaltliche Versicherung ihres Verfahrensbevollmächtigten, die dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegeben hat.
Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Sache zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 12. Mai 2005 und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 und 3 MarkenG.
1. Die angemeldete Wortfolge "Irgendwann erfrischt es jeden" ist auch nach Auffassung des Senats nicht unterscheidungskräftig im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen der Markenstelle an, die unter anderem auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "Partner with the best" (GRUR 2000, 323) und "Radio von hier" (GRUR 2000, 321) Bezug genommen und die dort aufgestellten rechtlichen Grundsätze auf den vorliegenden Fall zutreffend angewendet hat. Der Verkehr nimmt bei Werbeslogans häufig eine Werbeaussage an, die nicht in erster Linie der Identifizierung der Herkunft des Produktes, sondern ausschließlich seiner Beschreibung dient (BGH, a. a. O. - Radio von hier). Hiervon ist auch vorliegend auszugehen. Die Tatsache, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine Abwandlung der Redewendung "Irgendwann erwischt es jeden" handelt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Diejenigen Verkehrskreise, die die Abwandlung der Redewendung nicht erkennen, sondern den Satz nur als solchen zur Kenntnis nehmen, werden in der angemeldeten Wortfolge nichts Anderes als das Werbeversprechen sehen, dass die damit bezeichneten Waren den Konsumenten irgendwann erfrischen werden. Die übrigen Verkehrskreise, die die Abwandlung und das in ihr enthaltene Wortspiel erkennen, haben ungeachtet dessen keine Veranlassung, in ihr einen Herkunftshinweis zu sehen. Die Abwandlung und Verfremdung bekannter Redensarten oder Sprichwörter ist ein äußerst geläufiges und beliebtes Stilmittel der Werbesprache, und zwar auch im Bereich der Getränkewerbung, wie die Recherchen des Senats ergeben haben. So verhält es sich in Getränkewerbung analog zum vorliegenden Fall etwa bei den Werbesprüchen "Liebe auf den ersten Schluck" ("Liebe auf den ersten Blick"; ANDREAS PILS), "Kiss me, Kindl!" ("Kiss me, Kate!"; KINDL PILS), "Die eiskalte Begegnung der anregenden Art" ("Die unheimliche Begegnung der dritten Art"; MARTINI); "Das kommt mir brasilianisch vor." ("Das kommt mir spanisch vor."; Canario), die nicht als Hinweis auf den Hersteller und damit nicht als Marke aufgefasst werden, sondern allein als sprachlicher Kunstgriff des Werbenden, um die gewünschte Aufmerksamkeit beim Betrachter zu erwecken. Ebenso ist dem Verbraucher aus der Werbung das erklärte Ziel von Werbetreibenden: "Irgendwann kriegen wir euch alle" (DANONE Fruchtjoghurt) und dem Sinn nach Ähnliches bekannt, was der hier angemeldeten Wortfolge ihrem Aussagegehalt nach ebenfalls entspricht. Auch das Verb "erfrischt" wird in der Getränkeindustrie nach der Lebenserfahrung ständig verwendet, um damit eine positive Eigenschaft von kalten Getränken werbemäßig anzupreisen. Soweit die Anmelderin in Zweifel gezogen hat, dass dies auch für die Ware "Bier" der Fall sei, ist nicht erkennbar, woraus sich diese Ausnahme von dem seitens der Anmelderin nicht in Abrede gestellten Grundsatz, dass von nicht stark alkoholhaltigen kalten Getränken eine allgemein erfrischende Wirkung ausgeht, ableitet. Aus alledem ergibt sich, dass die angemeldete Wortfolge "Irgendwann erfrischt es jeden" vom Verkehr primär und völlig im Vordergrund stehend als werbende Sachbeschreibung für die darunter angemeldeten Waren der Klassen 32 und 33 aufgefasst wird, nicht aber als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller der Waren.
2. Ob der Eintragung der Wortfolge auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann demnach offenbleiben.
3. Hinsichtlich der geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung hat die Anmelderin aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine eidesstattliche Versicherung ihres Marketing-Managers A... vom 13. Dezember 2006 vorgelegt, in der er angibt, der Werbeclaim "Irgendwann erfrischt es jeden. Frisches Veltins" werde durch die Anmelderin für die Marke VELTINS seit dem Jahr 2003 verwendet, das Werbebudget für die Marke VELTINS habe in den Jahren 2003-2006 zwischen 6-9 Mio. € für Fernseh-, Rundfunk-, Plakat-, Printwerbung sowie spezielle Maßnahmen am Point of Sale betragen. Zudem hat der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin, Rechtsanwalt B..., in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwaltlich versichert, die genannten Werbemaßnahmen der Anmelderin hätten jeweils auch die hier verfahrensgegenständliche Wortfolge wiedergegeben. Damit ist die Möglichkeit einer Verkehrsdurchsetzung im Sinn von § 8 Abs. 3 MarkenG glaubhaft gemacht, wenn dies auch nicht für alle im Warenverzeichnis aufgeführten Waren zutreffen mag. Überzogene Anforderungen sind für die Glaubhaftmachung jedoch nicht gerechtfertigt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 345 f.). Im Verfahren vor dem Patentgericht sind damit neue wesentliche Tatsachen bekannt geworden, die eine Zurückverweisung der Sache an die Markenstelle zur Vornahme weiterer Ermittlungen im Hinblick auf die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Wortfolge im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG rechtfertigen.
BPatG:
Beschluss v. 13.12.2006
Az: 26 W (pat) 235/03
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