Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. August 2011
Aktenzeichen: X ZB 2/11
(BGH: Beschluss v. 10.08.2011, Az.: X ZB 2/11)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 9. September 2010 verkündeten Beschluss des 10. Senats (Juristischen Beschwerdesenats und Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird kostenfällig zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 150 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Patentinhaberin wurde auf ihre Anmeldung vom 29. April 1996 das europäische Patent 830 386 (Streitpatent) erteilt, das bestimmte chemische Zusammensetzungen mit einem Ethylen- oder Polyethylengerüst sowie Verfahren zu deren Herstellung betrifft. Der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 18. Dezember 2002 veröffentlicht worden, die deutsche Übersetzung der Patentschrift am 24. Juli 2003.
Im Einspruchsverfahren ist das Streitpatent in geänderter Fassung aufrechterhalten worden. Die geänderte europäische Patentschrift ist am 11. Juni 2008 veröffentlicht worden. Mit Eingabe vom 22. August 2008 hat die Patentinhaberin beim Deutschen Patent- und Markenamt eine deutsche Übersetzung davon eingereicht. Zugleich hat sie die Feststellung beantragt, dass die Wirkungen des geänderten europäischen Patents mit der Veröffentlichung durch das Europäische Patentamt eingetreten sind, und die Erstattung der Gebühr für die Veröffentlichung dieser Übersetzung begehrt, die 150 Euro beträgt und die sie unter Vorbehalt entrichtet hat.
Das Patentamt hat den Antrag auf Erstattung der Veröffentlichungsgebühr zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben (BPatG, Beschluss vom 9. September 2010 - 10 W (pat) 19/09, BeckRS 2011, 13958; Leitsatz auch in BlPMZ 2011, 231). Mit ihrer vom Patentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Patentinhaberin ihr Begehren weiter.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft.
1. Die Statthaftigkeit ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass das Patentgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Auch eine zugelassene Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nach dem Gesetz 1 nicht statthaft ist (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 - Xa ZB 28/08, GRUR 2009, 1098 Rn. 6 mwN - Leistungshalbleiterbauelement).
2. § 11 Abs. 3 PatKostG steht der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.
a) Es spricht allerdings viel dafür, dass die genannte Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus nicht nur eine Beschwerde, sondern auch eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts über einen Kostenansatz ausschließt.
Die Regelung ist an § 5 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) angelehnt (BT-Drucks. 14/6203 S. 48). Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 GKG a.F. war eine Beschwerde gegen einen Kostenansatz ausgeschlossen, wenn die Kosten bei dem Rechtsmittelgericht angesetzt worden sind. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. fand eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Für den vorliegenden Zusammenhang wird angesichts des vom Gesetzgeber angestrebten Gleichklangs grundsätzlich nichts anderes gelten können.
b) § 11 Abs. 3 PatKostG steht einer Rechtsbeschwerde jedoch nicht entgegen, wenn der Rechtsmittelführer sich nicht gegen den Ansatz von Kosten wendet, deren Grundlage sich aus dem Gesetz ergibt, sondern die Frage zur Entscheidung steht, ob überhaupt eine Grundlage für die Erhebung der in Rede stehenden Gebühr besteht.
In der genannten Konstellation hat der Senat, wie die Patentinhaberin zutreffend geltend macht, bereits unter Geltung von § 5 GKG a.F. die Rechtsbeschwerde für zulässig erachtet (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - X ZB 9/92, GRUR 1993, 890 f. - Teilungsgebühren; vgl. ferner Beschluss vom 22. Januar 2008 - X ZB 4/07, GRUR 2008, 549 Rn. 10 - Schwingungsdämpfer). Er hält an dieser Rechtsprechung auch für § 11 Abs. 3 PatKostG fest. Auch insoweit ist ausschlaggebend, dass die beiden Regelungen inhaltlich weitgehend 6 gleich ausgestaltet sind. Weder § 11 Abs. 3 PatKostG noch einer sonstigen Vorschrift des Patentkostengesetzes ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Rechtsschutzmöglichkeiten für die hier in Rede stehende Konstellation einschränken wollte.
III. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die in Rede stehende Gebühr sei mit Rechtsgrund entrichtet worden. Dies ergebe sich aus der Übergangsvorschrift in Art. XI § 4 IntPatÜbkG, die anlässlich des Wegfalls der Übersetzungserfordernisse aufgrund des Inkrafttretens des Londoner Übereinkommens vom 17. Oktober 2000 am 1. Mai 2008 geschaffen worden sei. Nach ihr blieben die bisher geltenden Regelungen über die Einreichung von Übersetzungen anwendbar, wenn der Hinweis auf die Erteilung des Patents vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden sei. Auf den Zeitpunkt, zu dem ein Hinweis auf die Aufrechterhaltung des Schutzrechts in geänderter Fassung veröffentlicht worden sei, komme es hingegen nicht an.
Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin sei die Übergangsregelung weder unklar noch wegen unzulässiger Rückwirkung nichtig. Die Regelung sei zwar erst mit Gesetz vom 7. Juli 2008 rückwirkend zum 1. Mai 2008 in Kraft getreten. Hierdurch habe sich für das Streitpatent aber keine inhaltliche Änderung ergeben. Die Übersetzungspflicht habe bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 7. Juli 2008 weiterbestanden. Dass die Aufhebung von Art. II § 3 Int-PatÜbkG schon zuvor mit Gesetz vom 10. Dezember 2003 angeordnet worden sei, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Dieses Gesetz sei schon vor seinem Inkrafttreten wieder aufgehoben worden und habe deshalb niemals Wirksamkeit erlangt.
Die Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜbkG stehe auch nicht in Widerspruch zu den Regeln des Londoner Übereinkommens. Dieses knüpfe in Art. 9 vielmehr ebenfalls an den Zeitpunkt an, zu dem der Hinweis auf die Erteilung des Patents veröffentlicht worden ist. 11 IV. Dies hält der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand.
1. Die Patentinhaberin war gehalten, eine Übersetzung der geänderten Fassung der Patentschrift einzureichen, nachdem das Schutzrecht im Einspruchsverfahren in geänderter Fassung aufrechterhalten worden war.
a) Nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG in der bis zum 30. April 2008 geltenden Fassung hat der Inhaber eines europäischen Patents innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents im Europäischen Patentblatt beim Deutschen Patent- und Markenamt eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift gilt Entsprechendes, wenn das Patent im Einspruchsverfahren in geänderter Fassung aufrechterhalten wird.
b) Diese Vorschrift ist zwar mit Wirkung vom 1. Mai 2008 weggefallen. Sie ist für das Streitpatent aber weiterhin anwendbar. Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜbkG.
Art. II § 3 IntPatÜbkG ist durch Art. 8a Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I S. 1191), das am 11. Juli 2008 verkündet wurde und, soweit hier von Interesse, am 1. Mai 2008 in Kraft getreten ist, aufgehoben worden. Nach der durch Art. 8a Nr. 2 des Änderungsgesetzes eingefügten Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜbkG bleibt die Vorschrift für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, in der Fassung anwendbar, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises gegolten hat. Für das Streitpatent ist danach die Gesetzesfassung maßgeblich, die am 18. Dezember 2002 in Kraft war, als der Hinweis auf die Erteilung des Schutzrechts veröffentlicht worden ist. Dies ist die Fassung, die vom 1. Januar 2002 bis 12. Dezember 2007 (Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ-RevisionsG) 15 vom 24. August 2007, BGBl. 2007 I 2166) in Kraft war und der bis zur Aufhebung geltenden Fassung, soweit hier von Interesse, entspricht.
Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist die Übergangsregelung nicht dahin auszulegen, dass die Übersetzung einer geänderten Fassung der Patentschrift nur dann einzureichen ist, wenn der Hinweis auf die Entscheidung über den Einspruch vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht wurde. Die maßgebliche Gesetzesfassung ist vielmehr allein anhand des Tages zu bestimmen, an dem der Hinweis auf die Erteilung des Schutzrechts veröffentlicht worden ist.
Dafür sprechen bereits Wortlaut und Systematik der Übergangsregelung. Art. XI § 4 IntPatÜbkG stellt - anders als Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜbkG - ausschließlich auf die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung ab. Dies entspricht der Übergangsregelung im Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Londoner Übereinkommen) vom 17. Oktober 2000 (BGBl. 2003 II S. 1667), das für Deutschland am 1. Mai 2008 in Kraft getreten ist (BGBl. II S. 964). In Art. 1 Abs. 1 dieses Übereinkommens hat die Bundesrepublik Deutschland auf die in Art. 65 Abs. 1 EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse verzichtet. Nach seinem Art. 9 gilt das Übereinkommen für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist. Auch diese Übergangsregelung stellt mithin - insoweit hinter der Ermächtigung der Vertragsstaaten in Art. 65 Abs. 1 EPÜ zurückbleibend - nur auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Hinweis auf die Erteilung des Patents veröffentlicht worden ist, und nicht auch auf den Zeitpunkt, zu dem ein Hinweis auf die Aufrechterhaltung des Schutzrechts in geänderter Fassung veröffentlicht wurde.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Wortlaut von Art. XI § 4 IntPatÜbkG nicht deshalb anders zu verstehen, weil im letzten Halbsatz der Vorschrift ohne nähere Spezifizierung von der Veröffentlichung "des Hinweises" die Rede ist. Diese Passage bezieht sich, wie das Patentgericht 20 zutreffend ausgeführt hat, auf die Ausführungen am Beginn der Vorschrift. Dort wird ausschließlich der Hinweis auf die Erteilung des Patents genannt.
Vor diesem Hintergrund sind die von der Rechtsbeschwerde angestellten Überlegungen zum Verhältnis zwischen Erteilungs- und Einspruchsverfahren und die von der Patentinhaberin in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, der Hinweis auf die Erteilung eines Patents werde erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens "rechtskräftig", unerheblich. Die hier maßgebliche Übergangsvorschrift stellt weder auf den Abschluss des Erteilungsverfahrens noch auf den Eintritt einer Bestandskraft oder "Rechtskraft" ab, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem der Hinweis auf die Erteilung des Patents veröffentlicht worden ist. Ob nach diesem Zeitpunkt ein Einspruchsverfahren stattgefunden und welchen Ausgang es genommen hat, ist danach nicht von Bedeutung.
Eine solchermaßen vereinfachte Anknüpfung steht in Einklang mit dem Zweck der Übergangsregelung. Es entspricht grundsätzlich dem wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten, wenn zeitliche Übergangsregelungen an möglichst klare und einfach nachzuvollziehende Kriterien anknüpfen. Für die Frage, ob für ein europäisches Patent eine Übersetzung einzureichen ist, bietet es sich an, auf den Zeitpunkt der Erteilung abzustellen und ein der Erteilung nachfolgendes Einspruchs- oder Beschränkungsverfahren außer Acht zu lassen. Zwar wäre der Gesetzgeber nicht gehindert gewesen, eine differenziertere Regelung zu treffen. Dies führt aber nicht dazu, dass die von ihm gewählte Ausgestaltung, die derjenigen in Art. 9 des Londoner Übereinkommens entspricht, im Wege einer "berichtigenden" Auslegung zu korrigieren wäre.
Dass das Londoner Übereinkommen ausweislich seiner Präambel dem Zweck dient, die im Zusammenhang mit der Übersetzung europäischer Patente entstehenden Kosten zu senken, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Aus Art. 9 dieses Übereinkommens ergibt sich, dass auf das Übersetzungserfordernis nicht schlechthin, sondern erst von einem bestimmten Zeitpunkt an verzichtet werden sollte. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann aus dem Umstand, dass andere Vertragsstaaten des Europäischen Patentüberein-23 kommens im Zuge der Umsetzung des Londoner Übereinkommens großzügigere Übergangsregelungen geschaffen haben, nichts abweichendes gefolgert werden. Ein Vertragsstaat des Europäischen Patentübereinkommens war schon vor Abschluss des Londoner Übereinkommens nicht gehindert, auf das Übersetzungserfordernis vollständig zu verzichten. Dies wurde in Art. 1 Abs. 4 des Londoner Übereinkommens ausdrücklich klargestellt. Ein derart weitgehender Verzicht ist aber gerade nicht Gegenstand dieses Übereinkommens.
c) Der Umstand, dass die Aufhebung von Art. II § 3 IntPatÜbkG - ohne ausdrückliche Übergangsregelung - bereits in Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2470) vorgesehen war, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
Dieses Änderungsgesetz, das in Art. 8b Nr. 4 des bereits genannten Gesetzes vom 7. Juli 2008 aufgehoben worden ist, sollte nach dessen Art. 4 am ersten Tag des vierten Kalendermonats in Kraft treten, der auf das Inkrafttreten des Londoner Übereinkommens folgt. Es wäre mithin am 1. September 2008 in Kraft getreten, nachdem das Londoner Übereinkommen wie bereits erwähnt am 1. Mai 2008 in Kraft getreten war. Soweit die Rechtsbeschwerde hiervon abweichend geltend macht, das Londoner Übereinkommen sei am 1. Februar 2008 und das Änderungsgesetz demgemäß am 1. Juni 2008 in Kraft getreten, verkennt sie, dass das Londoner Übereinkommen seinerseits gemäß dessen Art. 6 Abs. 1 erst am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegen der letzten maßgeblichen Ratifikationsurkunde in Kraft getreten ist. Die letzte Ratifikationsurkunde ist am 29. Januar 2008 hinterlegt worden (BT-Drucks. 16/8783 S. 50). Demgemäß ist das Übereinkommen am 1. Mai 2008 in Kraft getreten. Die Aufhebung von Art. II § 3 IntPatÜbkG war in dem Änderungsgesetz aus dem Jahr 2003 mit weiterem zeitlichem Versatz vorgesehen, damit dem Patentamt eine weitere Vorlaufzeit von drei vollen Kalendermonaten bleiben sollte (BT-Drucks. 15/1646 S. 7). Zutreffend ist das Patentgericht nach allem zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses Gesetz im Zeitpunkt, als seine Aufhebung verkündet worden 26 ist, noch nicht in Kraft war und deshalb niemals Wirkung erlangt hat. Davon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (BT-Drucks. 16/8783 S. 51).
Ob die Bundesrepublik Deutschland ihre Pflichten aus dem Londoner Übereinkommen verletzt hätte, wenn sie über den 30. April 2008 hinaus an dem Übersetzungserfordernis auch hinsichtlich solcher Patente festgehalten hätte, bei denen der Hinweis auf die Erteilung nach diesem Tag veröffentlicht worden ist, kann dahingestellt bleiben. Die rückwirkend zum 1. Mai 2008 in Kraft gesetzte Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜbkG wird wie bereits dargelegt den Anforderungen des Übereinkommens in vollem Umfang gerecht. Sie ist auch aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt die rückwirkende Inkraftsetzung von Art. XI § 4 IntPatÜbkG nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) oder sonstige verfassungsrechtliche Vorgaben.
(1) Die in Rede stehende Regelung hat nicht zu einer echten Rückwirkung geführt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine echte Rückwirkung nur dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 1 BvR 2628/07, NJW 2011, 1058 Rn. 45 mwN). Die hier in Rede stehende Regelung ist zwar zu einem vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt in Kraft gesetzt worden. Sie hat aber gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage zu einer Vergünstigung geführt. Wie bereits dargelegt war bis zur Verkündung von Art. XI § 4 IntPatÜbkG als Bestandteil des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 das Übersetzungserfordernis aus Art. II § 3 IntPatÜbkG weiterhin in Kraft. Zumin-28 dest die Inhaber von Patenten, bei denen der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, blieben deshalb verpflichtet, eine Übersetzung sowohl der erteilten als auch von geänderten Fassungen einzureichen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Londoner Übereinkommen auch ohne ausdrückliche Änderung oder Aufhebung von Art. II § 3 IntPatÜbkG rechtliche Wirkungen zugunsten von Patentinhabern entfalten konnte. Solche Wirkungen konnten jedenfalls nur im Anwendungsbereich dieses Übereinkommens eintreten. Wie bereits dargelegt fallen Patente, bei denen der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, nicht in diesen Anwendungsbereich.
(2) Es liegt auch keine unechte Rückwirkung vor.
Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (BVerfG aaO NJW 2011, 1058 Rn. 47 mwN). Die hier in Rede stehende Regelung hat die Rechtsposition der Patentinhaberin aus den bereits dargelegten Gründen nicht verändert.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine unechte Rückwirkung auch nicht deshalb zu bejahen, weil die Patentinhaberin in ihrem Vertrauen auf das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes aus dem Jahr 2003 enttäuscht worden ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Übersetzungserfordernis bei Inkrafttreten dieses Gesetzes auch für Patente entfallen wäre, bei denen der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist. Der Inhaber eines solchen Patents war in seinem Vertrauen, dass diese Regelung unverändert in Kraft treten werde, jedenfalls nicht schutzwürdig. Er musste vielmehr damit rechnen, dass der Gesetzgeber zu neuen Erkenntnissen gelangen und die Regelung vor ihrem erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehenen Inkrafttreten überarbeiten werde. 32 2. Mit dem Übersetzungserfordernis aus Art. II § 3 IntPatÜbkG bleibt gemäß der Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜbkG auch die zugehörige Kostenregelung in § 2 Abs. 1 PatKostG maßgeblich. Deshalb hat das Patentgericht zu Recht den Gebührentatbestand in Nr. 313 820 des Gebührenverzeichnisses herangezogen.
V. Die Kostenentscheidung hat nur deklaratorische Bedeutung, weil an dem Verfahren neben der Patentinhaberin keine weiteren Personen beteiligt sind (§ 109 Abs. 1 PatG).
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 61 ff. GKG, § 3 ZPO.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich angesehen (§ 107 Abs. 1 PatG).
Keukenschrijver Mühlens Gröning Bacher Schuster Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.09.2010 - 10 W(pat) 19/09 - 38
BGH:
Beschluss v. 10.08.2011
Az: X ZB 2/11
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