Landgericht Kassel:
Beschluss vom 23. Mai 2014
Aktenzeichen: 3 T 542/13

(LG Kassel: Beschluss v. 23.05.2014, Az.: 3 T 542/13)

Nach § 1 III Zwangsverwalterverordnung darf der Verwalter die Verwaltung nicht einem anderen übertragen, sich im Falle seiner Verhinderung zur Besorgung einzelner Geschäfte, die keinen Aufschub dulden, anderer Personen bedienen. Um eine solche Besorgung einzelner Geschäfte handelt es sich dann nicht, wenn der Zwangsverwalter - etwa krankheitsbedingt - sein Amt längere Zeit nicht ausübt und ein mit ihm in gemeinsamer Kanzlei verbundener Rechtsanwalt Tätigkeiten "als amtlich bestellter Vertreter" erbringt.

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 19.09.2013 wird abgeändert.

Dem Zwangsverwalter wird eine Vergütung in Höhe von brutto 261,80 € festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht am 25.01.2013 (Bl. 6 f. d.A.) die Zwangsverwaltung des oben angeführten Grundbesitzes an und bestellte den eingangs bezeichneten Zwangsverwalter. Nach Zustellung des Beschlusses am 06.02.2013 (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 10a d.A.) teilte der mit dem bestellten Zwangsverwalter beruflich verbundene Rechtsanwalt €€..€ mit, dass er den betroffenen Grundbesitz als €amtlich bestellter Vertreter des Zwangsverwalters Rechtsanwalt €€..€€ für diesen in Besitz genommen habe, insoweit wird auf den Schriftsatz vom 04.03.2013(Bl. 51 ff. d.A.) Bezug genommen. Nachdem die Gläubigerin ihren Antrag mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 47 d.A.) zurückgenommen hatte, hob das Amtsgericht die Zwangsverwaltung durch Beschluss vom 05.03.2013 (Bl. 48 d.A.)

auf.

Daraufhin hat der Zwangsverwalter mit Schriftsatz vom 19.03.2013(Bl. 137 ff. d.A.) beantragt, die Verwaltervergütung nach dem tatsächlichen Zeitaufwand ausgehend von einem Stundensatz von 75€ mit insgesamt 883,58 € festzusetzen. Diesem Antrag trat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17.04.2013 (Bl. 191 ff.d.A.) entgegen und rügte u.a., dass wesentliche Tätigkeiten nicht durch den bestellten Zwangsverwalter sondern durch Herrn Rechtsanwalt €...€ erbracht worden seien. Nachdem der Zwangsverwalter sein Vorgehen und die € aus seiner Sicht gegebene € Berechtigung der geltend gemachten Vergütung mit Schriftsatz vom 08.05.2013 (Bl. 212 ff. d.A.) dargelegt hatte, hat das Amtsgericht - nach neuerlicher Anhörung der Beschwerdeführerin - dem Zwangsverwalter durch Beschluss vom 19.09.2013, auf den Bezug genommen wird (Bl. 236 ff. d.A.), die beantragte Vergütung in Höhe von brutto 883,58 € festgesetzt. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 08.10.2013 (Bl. 243 d.A.). Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel am selben Tag (Bl. 243R d.A.)nicht abgeholfen und die Verfahrensakten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Beschwerdeführerin und Zwangsverwalter haben sich im Rechtsmittelverfahren ergänzend geäußert.

II. Das gemäß §§ 793, 567 I Ziff. 1 ZPO an sich statthafte Rechtsmittel wahrt Form und Frist des § 569 ZPO und ist daher zulässig. In der Sache hat es nur teilweise Erfolg.

Nach § 153 I ZVG hat das Gericht die dem Verwalter zu gewährende Vergütung festzusetzen, wobei im Einzelnen auf die Zwangsverwalterverordnung vom 19.12.2003 (ZwVwV) abzustellen ist.

Ausgangspunkt der Festsetzung ist danach § 18 I ZwVwV. Nach dieser Bestimmung erhält der Verwalter bei einer Zwangsverwaltung von Grundstücken, die - wie hier - durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, als Vergütung in der Regel zehn Prozent des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten oder Pachten eingezogenen Bruttobetrags. Soweit vertraglich geschuldete Mieten nicht eingezogen wurden, stehen dem Verwalter zwanzig Prozent derjenigen Vergütung zu, die er erhalten hätte, wenn es zu einem Einzug gekommen wäre. Ergibt sich im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der genannten Regelvergütung, kann der erstgenannte Prozentsatz bis auf fünf vermindert oder bis auf fünfzehn angehoben werden, § 18 II ZwVwV.Steht dem Verwalter eine Vergütung nach § 18 ZwVwV nicht zu,bemisst sich diese nach dem Zeitaufwand, wobei der Verwalter für jede Stunde der für die Verwaltung erforderlichen Zeit eine Vergütung von mindestens 35 € und höchstens 95 € erhält.Hat der Zwangsverwalter das Verwaltungsobjekt in Besitz genommen,steht ihm mindestens eine Vergütung von 600 € zu, ist das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben worden, bevor der Verwalter das Grundstück in Besitz genommen hat, so erhält eine Vergütung von 200 €, soweit er bereits tätig geworden ist, § 20 I, IIZwVwV.

Danach steht dem Zwangsverwalter in der vorliegenden Fallgestaltung lediglich die reduzierte Mindestvergütung i.S.v. §20 II ZwVwV zu.

Nach § 17 I ZwVwV hat der Verwalter Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung sowie auf Erstattung seiner Auslagen. Dabei darf er sich im Falle seiner Verhinderung gemäß § 1 III ZwVwV zur Besorgung einzelner Geschäfte,die keinen Aufschub dulden, anderer Personen bedienen. Auch ist es ihm gestattet, Hilfskräfte zu unselbstständigen Tätigkeiten unter seiner Verantwortung heranzuziehen. Die Übertragung der Geschäftsführung auf einen anderen ist dem Zwangsverwalter hingegen untersagt.

In der vorliegenden Zwangsverwaltung hat der Zwangsverwalter aufgrund krankheitsbedingter Verhinderung Tätigkeiten lediglich am 12.02.2013 entfaltet.

In der Zeit vom 13.02.2013 bis 15.03.2013 ist er hingegen an der Ausübung seines Amtes wegen der Durchführung einer Reha-Maßnahme verhindert gewesen. Ob er entsprechend seinen Ausführungen mit Schriftsatz vom 28.02.2014 (Bl. 263 f. d.A.) nach Beendigung dieser Maßnahme weitere Tätigkeiten, etwa im Zusammenhang mit der Erstellung der Schlussrechnung, entfaltet hat, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen; denn der von dem Zwangsverwalter seiner hier streitbefangenen Abrechnung selbst zugrunde gelegte Tätigkeitsnachweis (vgl. Bl. 139 d.A.) umfasst lediglich den Zeitraum vom 12.02.2013 bis 05.03.2013.

Auch soweit der Zwangsverwalter meint, ihm stehe eine Vergütung für diejenigen Tätigkeiten zu, die der mit ihm beruflich verbundene Rechtsanwalt €€..€ in der vorliegenden Zwangsverwaltung ausgeübt hat, folgt ihm die Kammer nicht. Dabei wird nicht verkannt, dass der Zwangsverwalter ungeachtet seiner haftungsrechtlichen Alleinverantwortung befugt ist, nicht nur Hilfskräfte zu unselbstständigen Tätigkeiten unter seiner Verantwortung heranzuziehen, sondern sich im Falle seiner Verhinderung zur Besorgung einzelner Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, anderer Personen zu bedienen (zum Pflichtenkreis und Delegationsrecht vgl. LG Potsdam, Beschluss vom 05.05.2008€ 5 T 669/07 - unter Bezugnahme auf die Kommentierung bei Haarmeyer/Wuttke/Foerster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 5. Auflage, §1 ZwVwV, Rn. 10-12). Darum geht es vorliegend jedoch nicht.

Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass der Zwangsverwalter aufgrund der bevorstehen- den Reha-Maßnahme den mit ihm beruflich verbundenen Rechtsanwalt €€..€ mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten des vorliegenden Zwangsverwaltungsverfahrens beauftragt hat. Dagegen spricht vielmehr der von Herrn Rechtsanwalt €€..€erstattete Bericht über die Inbesitznahme des Zwangsverwaltungsobjekts vom 04.03.2013, in dem es ausdrücklich heißt, Letzterer sei €als amtlich bestellter Vertreter€tätig geworden. Einen amtlichen Vertreter in diesem Sinne kennt die Zwangsverwalterverordnung hingegen nicht. Mit dieser Bezeichnung wird jedoch erkennbar Bezug genommen auf die Bestimmung des § 53 IBRAO, nach der ein Rechtsanwalt für seine Vertretung sorgen muss,wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben (Nr. 1) oder wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will (Nr. 2). Der allgemeine Vertreter im Sinne von § 53 BRAO ist nach dem gesetzlichen Leitbild mithin nicht eine Person, derer sich der an seiner Berufsausübung gehinderte und/oder ortsabwesende Rechtsanwalt zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bedient. Vielmehr wird ein solcher Vertreter nach §53 IX BRAO in eigener Verantwortung, wenngleich im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Vertretenen tätig und führt €soweit möglich € die Geschäfte des Vertretenen in vollem Umfang fort. Damit handelt es sich bei einer solchen Vertretung gerade nicht die um Delegation einzelner Geschäfte unter der fortdauernden Kontrolle/Verantwortung des Vertretenen, sondern vielmehr um eine umfassende Vertretung eines in eigener Verantwortung tätigen Vertreters. Eine solche Vertretung ist für die anwaltliche Tätigkeit des Zwangsverwalters nach § 53 BRAOstatthaft, hinsichtlich der hier in Rede stehenden Zwangsverwaltung liegt darin jedoch eine € ggf. befristete € Übertragung der gesamten Zwangsverwaltung. Diese ist dem Zwangsverwalter gemäߧ 1 III 1 ZwVwV untersagt.

Ausgehend davon steht dem Zwangsverwalter - lediglich - die reduzierte Mindestgebühr gemäß § 20 II ZwVwV zu; denn er hat das Grundstück nicht in Besitz genommen, ist aber bereits zuvor,nämlich am 12.02.2013, tätig geworden. Zusätzlich hat er Anspruch auf pauschalierten Ersatz seiner Auslagen im Sinne von § 21 II 2ZwVwV sowie der anfallenden Umsatzsteuer, § 17 II ZwVwV.

Danach ergibt sich folgende Berechnung: Vergütung:200,00 €Auslagenpauschale:20,00 €Zwischensumme netto:220,00 €Umsatzsteuer: 41,80 €Gesamtsumme brutto: 261,80 €.Entsprechend war die angefochtene Entscheidung abzuändern und die dem Zwangsverwalter zustehende Vergütung auf 261,80 €festzusetzen. Weitergehenden Erfolg konnte das Rechtsmittel hingegen nicht haben.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; denn die Auseinandersetzung über die Höhe der Zwangsverwaltervergütung ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet, weshalb die Bestimmung des §97 I ZPO nicht zur Anwendung gelangen kann (BGH, Beschluss vom 10.01.2008 - V ZB 31/07).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 III 1 i.V.m.II Nr. 2, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.






LG Kassel:
Beschluss v. 23.05.2014
Az: 3 T 542/13


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