Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 22/01

(BPatG: Beschluss v. 13.12.2002, Az.: 14 W (pat) 22/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 17. November 2000 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 197 39 344.6-41 mit der Bezeichnung

"Kosmetische und dermatologische Lichtschutzformulierungen mit einem Gehalt an Triazinderivaten und Dialkylmaleaten"

aus den Gründen des Bescheides vom 8. Februar 2000 gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.

Dem Beschluß liegen die jeweils am 9. Oktober 1998 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hauptantrag sowie Patentansprüche 1 bis 5 gemäß 2. Hilfsantrag zugrunde.

Die Ansprüche 1 und 4 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

"1. Kosmetische oder dermatologische Lichtschutzzubereitungen enthaltend

(a) eine oder mehrere UV-Filtersubstanzen, gewählt aus der Gruppe der Triazinderivate und

(b) ein oder mehrere Dialkylmaleate, welche sich durch die Strukturformel O O II II R1 - O - C - CH = CH - C - O - R2 auszeichnen, wobei R1 und R2 unabhängig voneinander gewählt werden aus der Gruppe der verzweigten oder unverzweigten Alkylreste mit 6 bis 24 Kohlenstoffatomen.

4. Verwendung von einem oder mehreren Dialkylmaleaten als Lösungsmittel, Lösungsvermittler oder Solubilisator für ein oder mehrere Triazinderivate, insbesondere für die Verwendung in Lichtschutzmitteln."

Die Ansprüche 1 und 3 gemäß 2. Hilfsantrag haben folgenden Wortlaut:

"1. Kosmetische oder dermatologische Lichtschutzzubereitungen enthaltend

(a) eine oder mehrere UV-Filtersubstanzen, gewählt aus der Gruppe - 4,4',4-(1,3,5-Triazin-2,4,6-triyltriimino)-trisbenzoesäuretris(2-ethylhexylester)

- 2,4-Bis-{[4-(2-ethylhexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(3-sulfonato)-2-hydroxypropyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin Natriumsalz,

- 2,4-Bis-{[4-(3-(2-propyloxy)-2-hydroxypropyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(2-ethylhexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-[4-(2-methoxyethylcarboxyl)-phenylamino]-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(3-(2-propyloxy-2-hydroxypropyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-[4-(2-ethylcarboxyl)-phenylamino]-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(2-ethylhexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(1-methylpyrrol-2-yl)-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-tris(trimethylsiloxysilylpropyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(2-methylpropenyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin,

- 2,4-Bis-{[4-(1',1',1',3',5',5',5'-heptamethylsiloxy-2''-methylpropyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methxoyphenyl)-1,3,5-triazin und

(b) ein oder mehrere Dialkylmaleate, welche sich durch die Strukturformel O O II II R1 - O - C - CH = CH - C - O - R2 auszeichnen, wobei R1 und R2 unabhängig voneinander gewählt werden aus der Gruppe der verzweigten oder unverzweigten Alkylreste mit 6 bis 24 Kohlenstoffatomen.

3. Verwendung von einem oder mehreren Dialkylmaleaten als Lösungsmittel, Lösungsvermittler oder Solubilisator für ein oder mehrere Triazinderivate, insbesondere für die Verwendung in Lichtschutzmitteln."

Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, Lichtschutzzubereitungen nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wiesen gegenüber

(3) US 5 487 884 A nicht die erforderliche Neuheit auf. Diese könne nämlich nicht damit begründet werden, daß die Triazinderivate anmeldungsgemäß zu einem anderen Zweck eingesetzt werden würden. Der Gegenstand des Anspruches 1 gemäß 2. Hilfsantrag sei zwar neu, beruhe jedoch auf keiner erfinderischen Tätigkeit, weil es in den Bereich fachmännischen Könnens falle, für eine Substanz ein geeignetes Lösungsmittel zu bestimmen. So ziehe der Fachmann das Öl Dialkylmaleat wegen seiner bekannten hautpflegenden Eigenschaften bei seinen Versuchen durchaus in Betracht, nachdem Triazinderivate bekanntlich öllöslich seien.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat keine Beschwerdebegründung eingereicht und auch keine Anträge gestellt.

Mit Zwischenverfügung vom 22. Oktober 2002 wurden der Anmelderin unter Hinweis auf die Entgegenhaltung (3) und die neu in das Verfahren eingeführte

(4) EP 0 689 828 A1 Zweifel an der Patentfähigkeit sowohl der mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag als auch der gemäß Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag beanspruchten kosmetischen oder dermatologischen Lichtschutzzubereitungen und der jeweils zusätzlich beanspruchten Verwendung von Dialkylmaleaten dargelegt.

Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit dem Prüfungsverfahren noch die Entgegenhaltungen

(1) WO 96/28136 A1 und

(2) Chem. Abstr. 118: 109 738c (1993)

genannt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 73 PatG); sie kann aber nicht zum Erfolg führen.

1. Zum Hauptantrag Kosmetische oder dermatologische Lichtschutzzubereitungen die gemäß Anspruch 1 eine oder mehrere Triazinderivate und ein Dialkylmaleat enthalten, werden durch die Entgegenhaltung (3) neuheitsschädlich vorweggenommen.

So werden in (3) kosmetische Zubereitungen mit Lichtschutzfunktion angegeben, die als Bestandteile Dioctylmaleat neben 2,4,6-Tri(2-pyridyl)-1,3,5-triazin aufweisen (vgl (3) Anspruch 1 iVm Beschreibung Sp 25 Z 65 bis Sp 26 Z 47). Diese Komponenten können die beanspruchten Lichtschutzzubereitungen aber gleichfalls enthalten, nachdem Dioctylmaleat unter die im Anspruch 1 für die dort genannten Dialkylmaleate angegebene allgemeine Formel fällt und das in (3) zusammen mit Dioctylmaleat genannte Triazinderivat von der in diesem Anspruch angegebenen Bezeichnung Triazinderivate gleichfalls umfaßt wird. Damit werden die mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beanspruchten Lichtschutzzubereitungen von den in (3) angegebenen kosmetischen Zusammensetzungen vollständig vorbeschrieben.

Die Ansprüche 2 bis 6 nach Hauptantrag müssen das Schicksal des nicht gewährbaren Anspruches 1 teilen, da über den Antrag der Anmelderin nur insgesamt entschieden werden kann.

2. Zum 2. Hilfsantrag Von den kosmetischen und dermatologischen Lichtschutzzubereitungen gemäß Hauptantrag unterscheiden sich die Zusammensetzungen gemäß 2. Hilfsantrag durch die exakte Angabe der UV-Filtersubstanzen, die in den beanspruchten Formulierungen enthalten sein können.

Die kosmetischen und dermatologischen Lichtschutzzubereitungen gemäß 2. Hilfsantrag mögen daher gegenüber der durch die Entgegenhaltungen vermittelten Lehre zwar neu sein. Die Nennung der in Betracht zu ziehenden UV-Filtersubstanzen kann die erfinderische Tätigkeit jedoch nicht begründen.

Das der Anmeldung zugrunde liegende Problem stellt die schlechte Löslichkeit von Triazinderivaten wie dem 4,4',4''-(1,3,5-Triazin-2,4,6-triyltriimino)-trisbenzoesäuretris(2-ethylhexylester) (= Uvinul¨ T 150) in Lipiden dar, womit eine nachteilige Wirkung auf den angestrebten Lichtschutz verbunden ist (vgl Erstunterlagen S 2 Abs 5 bis S 3 Abs 2 und S 10/11 übergreifender Absatz).

Zur Lösung dieses Problems werden nach Anspruch 1 Lichtschutzzubereitungen vorgeschlagen, die neben den genannten Triazinderivaten auch Dialkylmaleate der dort angegebenen allgemeinen Formel enthalten.

Kosmetische Lichtschutzzubereitungen, die als UV-Filtersubstanz 2,4,6-Tris-[p-(2'-ethylhexyl-1'-oxycarbonyl)-anilino]-1,3,5-triazin (= Uvinul¨ T 150) aufweisen, sind aus der Entgegenhaltung (4) bekannt. Als Lösungsmittel enthalten diese Formulierungen Dioctylmalat, den Alkylester einer C4-Dicarbonsäure, der bedingt durch seinen lipophilen Charakter unter die Substanzgruppe der Öle subsumierbar ist (vgl Anspruch 1 iVm Beschreibung S 2 Z 32 bis 51, S 3 Z 5 bis 44). Im Zusammenhang mit dessen Verwendung vermittelt (4) ferner die Lehre, daß 2,4,6-Tris-[p-(2'-ethylhexyl-1'-oxycarbonyl)-anilino]-1,3,5-triazin mit Dioctylmalat vollständig in Lösung gebracht werden kann und diese Lösung auch stabil ist. Im Ergebnis wird auf diese Weise im weiteren bei gleichbleibender Konzentration des UV-Filters ein höherer Sonnenschutzfaktor erzielt, als mit herkömmlichen Lösungsmitteln (vgl Beschreibung S 3 Z 37 bis 44 iVm Beispiel 1 und Tabelle I).

Davon unterscheidet sich die anmeldungsgemäße Lichtschutzzubereitung im wesentlichen im Austausch des nach (4) verwendeten Dioctylmalates gegen ein oder mehrere Dialkylmaleate der im Anspruch 1 angegebenen allgemeinen Formel. Das Ergreifen dieser Maßnahme muß aber als naheliegend angesehen werden. Die Verwendung von Dioctylmaleat, das unter die für die Dialkylmaleate im Anspruch 1 genannte allgemeine Formel fällt, in Lichtschutzzubereitungen ist nämlich nach den Entgegenhaltungen (1) und (3) gleichfalls bekannt. Dies betrifft nicht nur Zusammensetzungen, die als weitere Zusatzstoffe nicht näher gekennzeichnete UV-Filter enthalten können, sondern auch solche, die ein Triazinderivat enthalten (vgl (1) Ansprüche 1 und 4 iVm Beschreibung S 3 Z 16 bis 23 und S 7 Z 30 bis 32 sowie (3) Beschreibung Sp 25 Z 65 bis Sp 26 Z 47). Wie das in (4) als Lösungsmittel genannte Octylmalat besitzen nun auch dieses Dioctylmaleat und damit die anmeldungsgemäßen Dialkylmaleate eine aus vier Kohlenstoff-Atomen aufgebaute Dicarbonsäure als Grundgerüst. Ferner können die Alkylreste, die die lipophilen Eigenschaften eines Esters bekanntlich in starkem Maße beeinflussen, in beiden Fällen acht Kohlenstoffatome umfassen (vgl (4) Beschreibung S 3 Z 28 bis 35 iVm geltendem Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag). Bei den in Rede stehenden Substanzen handelt es sich somit um Verbindungen, deren struktureller Aufbau weitgehend übereinstimmt, weshalb ein Fachmann - hier ein Chemiker mit Hochschulausbildung mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung kosmetischer und dermatologischer Formulierungen - davon ausgehen wird, daß solche Verbindungen auch hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften, wie zB ihrem lipophilen Charakter, vergleichbar sein werden. Aufgrund dieser Übereinstimmungen wird der Fachmann daher angesichts der der Anmeldung zugrunde liegenden Aufgabe zumindest auch das ihm zur Verwendung in Lichtschutzmitteln aus (1) und (3) bereits bekannte Dioctylmaleat als weiteres Lösungsmittel in Erwägung ziehen. Dies um so mehr, nachdem ihm die Entgegenhaltung (4) auch den Hinweis vermittelt, daß mit der Verwendung von Dioctylmalat als Lösungsmittel die Probleme, die der vorliegenden Anmeldung zugrunde liegen, nämlich die schlechte Löslichkeit von 2,4,6-Tris-[p-(2'-ethylhexyl-1'-oxycarbonyl)-anilino]-1,3,5-triazin, die fehlende Stabilität der Lösung und damit verbunden die Beeinträchtigung des angestrebten Lichtschutzes, gelöst werden können (vgl Erstunterlagen S 2 Abs 5 bis S 3 Abs 2 und S 10/11 übergreifender Absatz iVm (4) Beschreibung S 3 Z 42 bis 44 iVm Beispiel 1 und Tabelle I). Bei dieser Sachlage kann die Bereitstellung der mit dem Anspruch 1 beanspruchten kosmetischen oder dermatologischen Lichtschutzzubereitungen nicht als erfinderische Tätigkeit angesehen werden. Vielmehr bedurfte es dazu lediglich einer begrenzten Anzahl routinemäßiger Versuche, um den gewünschten Erfolg festzustellen.

Der Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag ist somit mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

Da über den Antrag der Anmelderin nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die sich anschließenden Ansprüche 2 bis 5 gemäß 2. Hilfsantrag das Schicksal des Anspruches 1.

Eine mündliche Verhandlung ist von der Anmelderin nicht beantragt und bei der gegebenen Sachlage vom Senat nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Zurückweisung der Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.

Moser Harrer Proksch-Ledig Gerster Pü






BPatG:
Beschluss v. 13.12.2002
Az: 14 W (pat) 22/01


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