Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 19. Oktober 2006
Aktenzeichen: 1 K 2979/05
(VG Köln: Urteil v. 19.10.2006, Az.: 1 K 2979/05)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein alternativer Teilnehmernetzbetreiber (City-Carrier). Die Beigeladene, die E. U. AG (E1. AG) bietet ihren Wettbewerbern, darunter der Klägerin, den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) an.
Mit Beschluss vom 20.04.2005 ( ) traf die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post -jetzt Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen- (Regulierungsbehörde) Entscheidungen nach § 13 Abs. 3 TKG in Bezug auf den Markt Nr. 11 "Entbündelter GroßkundenZugang (einschließlich des gemeinsamen Zugangs) zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten" der Empfehlung der Kommission (2003/311/EG) vom 11.02.2003, ABl. L 114 S.45 (Empfehlung). Zunächst legte sie fest: Die Beigeladene sei als ein den bundesweiten Markt für den Zugang zur TAL beherrschendes Unternehmen zu qualifizieren und verfüge somit über beträchtliche Marktmacht im Sinne des § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TKG. In sachlicher Hinsicht umfasse dieser Markt bezogen auf die tatsächliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland
den entbündelten/gebündelten Zugang zur TAL in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler (HVt) oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt,
Line-Sharing,
entbündelten/gebündelten Zugang zur TAL auf Basis von OPAL/ISIS am HVt oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt. Der TAL-Zugang in Form der reinen Glasfaserleitung sei indes nicht regulierungsbedürftig.
Ferner enthielt dieser Beschluss unter Ziffer I folgende Regulierungsverfügung gegenüber der als Betroffene bezeichneten Beigeladenen: "1. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, anderen Unternehmen
1.1 vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader am HVt oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (Kabel- bzw. Endverzweiger -APL) sowie des gemeinsamen Zuganges zu diesen Teilnehmeranschlüssen durch Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums,
1.2 im erforderlichen Umfang gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader einschließlich der Varianten OPAL/ISIS am HVt,
1.3 zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1 und 1.2 Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen
zu gewähren, sowie
1.4 im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.3 Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen in der Weise zuzulassen, dass solche Unternehmen ihre jeweils am gleichen Standort eines HVts bei der Betroffenen angemieteten Kollokationsflächen miteinander verbinden können, indem ein Unternehmen einem oder mehreren anderen Unternehmen den Zugang zu seinen selber bereitgestellten oder angemieteten Übertragungswegen gewähren kann.
2. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer 1. auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen.
3. Die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer 1. unterliegen der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG.
4. Die Verpflichtung der Betroffenen, Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der reinen Glasfaserleitung zu gewähren, sowie die Genehmigungspflicht der diesbezüglichen Zugangsentgelte wird widerrufen."
Zudem wurde der Betroffenen unter Ziffer II auferlegt, ein einheitliches Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren Angebot sie durch die vorstehende Regulierungsverfügung verpflichtet wird und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu veröffentlichen.
Die Klägerin hat am 20.05.2005 gegen diesen der Beigeladenen zugestellten und zusätzlich im Amtsblatt der Regulierungsbehörde am 20.04.2005 veröffentlichten Beschluss Klage erhoben. Sie macht geltend:
Die Klage sei nicht wegen fehlender Antragstellung im Verwaltungsverfahren unzulässig. Die Regulierungsbehörde lehne es generell ab, Wettbewerber der Betroffenen im Verfahren über den Erlass von Regulierungsverfügungen zu beteiligen. Sofern gleichwohl ein Verwaltungsantrag erforderlich sein sollte, sei dieser in der gemeinsamen Stellungnahme der Branchenverbände VATM und Breko zum Entwurf der Regulierungsverfügung zu sehen. Diese Stellungnahme sei ihr -der Klägerin- als Mitglied von Breko zuzurechnen, da sie diesen Verband mandatiert habe, der Regulierungsbehörde die inhaltlichen Anforderungen an die zu erlassende Regulierungsverfügung darzulegen und zu begründen. Sie sei ferner klagebefugt. Aus der Begründung des TKG-Entwurfs der Bundesregierung ergebe sich, dass § 21 TKG Drittschutz verleihe .
Die Klage sei auch begründet.
Die Regulierungsbehörde müsse der Beigeladenen die Verpflichtung auferlegen, den vollständig entbündelten Zugang gemäß Ziffer 1.1 der Regulierungsverfügung auch dann anzubieten, wenn dafür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und sich der Nachfrager auf ein Angebot der Beigeladenen hin verpflichte, die Investitionsrisiken für den nachfragegerechten Kapazitätsausbau zu übernehmen. Die Regulierungsbehörde gehe sachlich unzutreffend davon aus, dass Kapazitätsprobleme bei den TAL nicht zu befürchten seien, da in der Regel mit der Nachfrage eines Wettbewerbers auch ein Endkunde seinen Anschluss bei der Beigeladenen kündigen werde, wenn er zum Wettbewerber wechseln wolle. Dabei verkenne die Regulierungsbehörde, dass
- beim Wechsel eines Anbieters in vielen Fällen (z.B. bei ISDN Primärmultiplex-Anschlüssen und höherwertigen Datennetzanschlüssen) technisch und betrieblich bedingt für einen begrenzten Zeitraum die alten und die neuen Anschlüsse parallel bereitstehen müssten,
- viele Datennetzanschlüsse aus technischen Gründen außer über bestehende Telefonanschlüsse über zusätzlich benötigte TAL realisiert würden,
- beim Erstbezug eines neu errichteten Gebäudes der Anschluss an das Telefonnetz des Marktbeherrschers erstmalig realisiert werden müsse
oder
- aufgrund von Nutzungsänderungen oder Erweiterungen an bestehenden Gebäuden in diesen ein wesentlich größerer TAL-Bedarf entstehe. Gerade in Fällen relativ geringfügiger Investitionsmaßnahmen für einen Kapazitätsausbau sei es unangemessen, den Zugang an fehlender Kapazität scheitern zu lassen, falls der Wettbewerber das Investitionsrisiko übernehme. Andernfalls würden Zugangsansprüche unterlaufen.
Außerdem enthalte Ziffer 1.4 der Regulierungsverfügung eine ermessensfehlerhafte Einschränkung der Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten der zugangsberechtigten Wettbewerber. Die Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG gehe nämlich davon aus, dass Wettbewerber völlige Handlungsfreiheit bei der Nutzung einer von ihnen bezahlten Kollokation haben müssten, solange der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht -wie hier- nicht nachgewiesen habe, dass eine Nutzungsmöglichkeit aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt bestehe. Ob andere Nutzungsmöglichkeiten zu einem erhöhten Platzbedarf führten, lasse sich nicht generell beantworten, sondern müsse einer außerhalb der Regulierungsverfügung vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung vorbehalten bleiben. Die Regulierungsbehörde sei somit verpflichtet gewesen, in Ziffer 1.4 ohne Einschränkung die gesetzliche Formulierung aus § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG zu verwenden.
Zu Unrecht habe die Regulierungsbehörde es ferner abgelehnt, der Beigeladenen neben der unter Ziffer II begründeten Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots eine Transparenzverpflichtung gemäß § 20 Abs. 1 TKG aufzuerlegen. Dies sei ermessensfehlerhaft, da das Standardangebot nicht von allen Wettbewerbern angenommen werden müsse, sondern davon abweichende Konditionen vereinbart werden könnten. Erst eine Transparenzverpflichtung verschaffe den Wettbewerbern die Möglichkeit, bislang nicht bekannte Einzelvereinbarungen zu beurteilen und mit dem Standardangebot zu vergleichen.
Zudem sei die Regulierungsbehörde verpflichtet gewesen, der Beigeladenen eine getrennte Rechnungsführung aufzuerlegen. Denn nur so könnten Diskriminierungen und konzerninterne Quersubventionierungen festgestellt werden.
Schließlich sei Ziffer 4 der Regulierungsverfügung insoweit rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten, als sich der Widerruf auf die Verpflichtung der Beigeladenen beziehe, Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der reinen Glasfaserleitung zu gewähren. Dieser Entscheidung liege keine ordnungsgemäße Marktanalyse zugrunde. Die Regulierungsbehörde habe sich ausschließlich am Wortlaut der Empfehlung zum Markt Nr. 11 orientiert und so zu Unrecht die reine Glasfaser-TAL ausgegrenzt. Damit verstoße sie zunächst gegen die Pflicht zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten. Denn ihre Annahme, gegenüber den bei der Beigeladenen nachgefragten Zugängen hätten die Wettbewerber ein Vielfaches an eigenen Glasfaserleitungen genutzt, beruhe auf unzureichendem und veraltetem Datenmaterial. Auch fehle eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Reichweite von Überschneidungen und mit den aktuellen und künftigen Austauschbarkeiten zwischen Kupfer- und Glasfaser-TAL. Zwingender Anlass zu genaueren Untersuchungen habe ferner deshalb bestanden, weil die Beigeladene den Glasfaserstreckenanteil in ihrem Zugangsnetz erheblich vergrößere. Mit dem Mitte des Jahres 2005 von der Beigeladenen begonnenen Ausbau eines Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetzes (VDSL) werde innerhalb des zweijährigen Betrachtungszeitraums der Marktanalyse eine erhebliche Veränderung im TAL- Anschlussmarkt eintreten. Dadurch könne die in Kupfertechnik ausgeführte Verbindung vom HVt zum Kabelverzweiger (KVz) vollständig überflüssig werden. Der TAL-Zugangsanspruch von Wettbewerbern liefe ins Leere, da dann kein entbündelter Zugang zwischen HVt und dem Endkunden mehr bestehe. Ferner verstoße der Widerruf gegen das Gebot technologieneutraler Regulierung. Denn eine Unterscheidung von Märkten nach technischen Verfahren sei sachlich nicht angemessen, so dass reine Glasfaser-TAL zu demselben Markt wie Draht-TAL oder Hybrid-TAL zu zählen seien. Schließlich habe die Regulierungsbehörde durch den Widerruf Infrastrukturinvestitionen unzumutbar entwertet. Sie habe ermessensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass sie -die Klägerin- im schutzwürdigen Vertrauen auf die nach bisherigem Recht erfolgte Regulierung des Zugangs zur reinen Glasfaser-TAL in die Erschließung von HVtn investiert habe. Die Beigeladene könne jederzeit die typischerweise besonders hohen Investitionen von Wettbewerbern in reine Glasfaser-TAL durch das vergleichsweise günstige VDSL-Angebot am gleichen Ort gezielt entwerten. Gleichzeitig könne sie den Wert ihrer eigenen Glasfaser-TAL erhalten, indem sie dort kein VDSL anbiete. Diesem Missbrauchspotential könne wirksam nur durch universelle Zugangsverpflichtungen auf allen TAL- und Konzentrationsebenen begegnet werden. Selbst wenn die Ausgrenzung der reinen Glasfaser-TAL aus dem Markt Nr. 11 rechtsfehlerfrei sein sollte, habe der Widerruf nicht ohne Durchführung eines gesonderten Marktanalyseverfahrens erfolgen dürfen. Nach Durchführung einer ordnungsgemäßen Marktanalyse sei die Regulierungsbehörde infolge Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet gewesen, der Beigeladenen für die reine Glasfaser-TAL eine Zugangsverpflichtung aufzuerlegen. Daraus folge ferner die Verpflichtung zur Feststellung der Entgeltgenehmigungspflicht.
Die Klägerin beantragt,
1) die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen die Verpflichtung aufzuerlegen, den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss nach Ziffer 1.1 der Regulierungsverfügung vom 20.04.2005 auch dann anzubieten, wenn dafür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und sie - die Klägerin- sich auf ein Angebot der Beigeladenen verpflichte, die Investitionsrisiken für den nachfragegerechten Kapazitätsausbau zu übernehmen,
2) die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung von Ziffer 1.4 der Regulierungsverfügung vom 20.04.2005 der Beigeladenen die Verpflichtung aufzuerlegen, gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.3 Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen zuzulassen,
3) die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen die Transparenz-Verpflichtung aufzuerlegen, für die zum Zugang berechtigten Unternehmen alle für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigten Informationen zu veröffentlichen, insbesondere Informationen zur Buchführung, zu technischen Spezifikationen, Netzmerkmalen, Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie über die zu zahlenden Entgelte,
4) die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen die Verpflichtung aufzuerlegen, für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss eine getrennte Rechnungsführung durchzuführen,
5 a) Ziffer 4 der Regulierungsverfügung vom 20.04.2005 insoweit aufzuheben, als der Widerruf die Zugangsverpflichtung der Beigeladenen betrifft,
5 b) die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass der vollständig entbündelte Zugang zur TAL auch in Form der reinen Glasfaserleitung am HVt oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt zu gewähren ist und dass die Entgelte für die Gewährung dieses Zugangs der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterliegen,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Klage sei zwar zulässig. Dem stehe in Bezug auf die Verpflichtungsanträge nicht entgegen, dass entsprechende Verwaltungsanträge der Klägerin fehlten. Es liege nämlich nicht im Sinne einer effizienten Verfahrensgestaltung, wenn Unternehmen, denen dem Grunde nach ein Klagerecht zukomme, zur Wahrung ihres Klagerechts verpflichtet wären, im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Erlass einer Regulierungsverfügung eigene Anträge zu stellen. Vielmehr sollte es ausreichen, wenn der mit der Klage begehrte Verwaltungsakt -wie hier- Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen sei.
Die Klage sei aber unbegründet. Die Regulierungsbehörde habe es rechtmäßig abgelehnt, die mit den Klageanträgen zu 1) bis 4) begehrten zusätzlichen Regulierungsmaßnahmen zu treffen. Die Ermessensentscheidung, welche Regulierungsmaßnahmen aufzuerlegen seien, enthalte eine Prognose hinsichtlich der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit, welche nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliege. Rechtlich sei sie nur dann zu beanstanden, wenn ihr willkürliche Annahmen zugrunde lägen oder die Regulierungsbehörde von offensichtlichen Unwahrscheinlichkeiten ausgegangen sei. Davon könne im vorliegenden Falle aber nicht die Rede sein. Die von der Klägerin zur Begründung ihres Antrages zu 1) genannten Engpasssituationen rechtfertigten nicht die Auferlegung von Ausbauverpflichtungen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum es im Falle des Erstbezugs eines Gebäudes dem Wettbewerber nicht zumutbar sein sollte, selbst die TAL zu verlegen. Was den Antrag zu 3) angehe, sei zudem zu berücksichtigen, dass eine Transparenzverpflichtung auch wegen der Regelung in § 22 Abs. 3 TKG nicht erforderlich sei. Der Antrag 5 a) sei unbegründet, weil der Widerruf der Verpflichtung zur Zugangsgewährung aus den im angegriffenen Bescheid dargelegten Gründen rechtmäßig sei. Soweit sich die Klägerin auf den VDSL-Ausbau durch die Beigeladene berufe, verkenne sie, dass der Zugang zur VDSL-Infrastruktur nicht über eine reine Glasfaser-TAL realisiert werden könne. VDSL bestehe ebenso wie andere DSL- Techniken in seinem Anschlussteil aus Kupfer. Dieser Teil sei allerdings kürzer als bei der herkömmlichen Technik und ende in der Regel am KVz. Soweit es der Klägerin hingegen um einen Zugang zum Konzentratornetz gehe, werde sie sich auf die -künftige- Regulierungsverfügung zum Markt 12 (Breitbandzugang für Großkunden -IP-Bitstromzugang-) stützen müssen. Eine Verpflichtung gemäß dem Antrag 5 b) komme schon deshalb nicht in Betracht, weil sie auf eine Regulierung außerhalb des festgelegten Marktes hinauslaufe.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend: Die Verpflichtungsanträge seien unzulässig. Es fehle bereits am Rechtsschutzbedürfnis, da die Klägerin die eingeklagten Regulierungsmaßnahmen nicht im Verwaltungsverfahren beantragt habe. Außerdem mangele es an der Klagebefugnis, da die §§ 20, 21 und 24 TKG der Klägerin kein subjektiv-öffentliches Recht einräumten . Der Anfechtungsantrag zu 5 a) sei unzulässig, da er verfristet sei. Zumindest liege aber Verwirkung vor, da die Klage erst gegen Mitte des voraussichtlichen Geltungszeitraums der Regulierungsverfügung erhoben worden sei.
Abgesehen davon seien die Anträge aber auch unbegründet. Der Klageantrag zu 1) scheitere daran, dass die vorhandene Infrastrukturkapazität schon nach dem Telekommunikationsgesetz vom 25.07.1996 (TKG) die absolute Grenze der Zugangsverpflichtung markiere. Daran habe sich durch § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG nichts geändert. Sähe man dies anders, läge ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in die Wettbewerbs- und Eigentumsfreiheit des regulierten Unternehmens vor. Unabhängig davon seien die von der Klägerin vorgetragenen Engpasssituationen nicht dauerhaft, sondern würden im Rahmen der jeweiligen Angebotserstellung überprüft. Der Klageantrag zu 2) lasse sich nicht auf § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG stützen, da nach dieser Vorschrift keine Einzelfallprüfung erfolge, sondern nur abstrakte Verpflichtungen aufzuerlegen seien. Abgesehen davon seien weitergehende Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten von der Regulierungsbehörde zu Recht wegen erhöhten Platzbedarfs und Wärmeaufkommens im Kollokationsraum abgelehnt worden. Der Klageantrag zu 3) sei unbegründet, weil eine Transparenzverpflichtung neben der unter Ziffer I 2 der Regulierungsverfügung erfolgten Verpflichtung zur Objektivität, Nachvollziehbarkeit, Gleichwertigkeit, Chancengleichheit und Billigkeit nicht erforderlich sei. Die mit dem Klageantrag zu 4) begehrte getrennte Rechnungsführung sei nicht erforderlich, da -wie im angegriffenen Bescheid zu Recht ausgeführt- bereits der Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung eine Quersubventionierung ausschließe. Der Klageantrag zu 5 a) sei aus den Gründen des Urteils des erkennenden Gerichts vom 17.11.2005 -1 K 2924/05- unbegründet. Soweit die Klägerin demgegenüber auf den Ausbau des VDSL-Netzes verweise, verkenne sie, dass diese Maßnahme nichts mit der reinen Glasfaser-TAL zu tun habe. VDSL betreffe nur die Strecke zwischen KVz und HVt. Daneben würden weiterhin Kupferleitungen benötigt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der in den Verfahren 1 K 2924/05 (derzeit beim BVerwG anhängig unter 6 C 28.05) und 1 L 8003/05 beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
Der angegriffene Teil der Regulierungsverfügung vom 20.04.2005 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Klageanträge sind zulässig.
1.1 Dem steht nicht entgegen, dass die mit den Anträgen zu 1) bis 4) und 5 b) begehrten Regulierungsmaßnahmen nicht bereits im Verwaltungsverfahren von der Klägerin beantragt wurden.
Zwar geht die herrschende Meinung vom Erfordernis einer vorherigen Antragstellung aus, so bislang auch für TKG-Verfahren: VG Köln, Urteil vom 04.11.2004 -1 K 8209/01-.
Dies wird abgeleitet aus § 75 VwGO
so:Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl., Rn. 51 Vorb § 40 und Rn. 5 a Vorb § 68,
und dem Erfordernis, dass sich im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung zunächst die Verwaltung mit den Ansprüchen des Einzelnen befassen müsse,
so: BVerwG, Urteil vom 31.08.1995, BVerwGE 99, 158 (160),
oder zusätzlich aus den §§ 42 und 68 Abs. 2 VwGO
so: Sodan-Ziekow, Kommentar zur VwGO, § 42 Rn 37,
oder aus dem Aspekt des Rechtsschutzbedürfnisses,
so: Pietzcker, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 42 Abs. 1, Rn. 96.
Es handelt sich dabei um eine Klagevoraussetzung und nicht nur um eine im Prozess nachholbare bloße Sachurteilsvoraussetzung. Sie gilt auch dann, wenn der eingeklagte Verwaltungsakt ohne Antrag ergehen kann oder gar von Amts wegen erlassen werden muss, so: BVerwG, Urteil vom 31.08.1995, a.a.O. .
Eine Ausnahme wird vom BVerwG dann für gerechtfertigt gehalten, wenn es um einen Folgeantrag geht und die Behörde mit den streitigen Fragen bereits aus Anlass des Erstantrages befasst war,
so: BVerwG, Urteil vom 04.08.1993, NVwZ 1995, 76.
Diese Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor.
Der demnach eigentlich erforderliche Antrag kann auch nicht in der Stellungnahme des Interessenverbandes Breko gesehen werden. Denn dabei handelt es sich nur um eine Einlassung im Rahmen der Anhörung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG. Ein Verwaltungsantrag setzt jedoch -weitergehend- voraus, dass in für die Behörde erkennbarer Weise der Wille zum Ausdruck gebracht wird, definitiv eine Bescheidung eines bestimmten Begehrens zu erstreben,
so: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Kommentar, 9.Aufl., Rn. 35 zu § 22.
Schon daran fehlt es bei der Breko-Stellungnahme. Diese stellt lediglich eine Meinungsäußerung dar. Außerdem ist die Stellungnahme eines Interessenverbandes nicht jedem seiner Mitglieder rechtlich zurechenbar. Es fehlt an der für die Zurechnung von Willenserklärungen erforderlichen Bevollmächtigung (§ 14 Abs. 1 VwVfG).
Nach Auffassung des Gerichts ist jedoch eine weitere Ausnahme vom Erfordernis der vorherigen Antragstellung zu machen, wenn dem Sinn und Zweck eines solchen Antrages dadurch genügt wird, dass -wie hier- die Behörde im Bescheid (S. 11, 16, 18 und 19) eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass und aus welchen Gründen sie die nunmehr eingeklagten Regelungen nicht für gerechtfertigt hält, sie sich im Klageverfahren zur Sache einlässt und dabei sogar die Auffassung vertritt, dass ein zusätzlicher förmlicher Antrag neben der Anhörung im Konsultationsverfahren auf eine ineffiziente Verfahrensausgestaltung hinausliefe. Wollte man unter diesen besonderen Umständen gleichwohl einen vorherigen Verwaltungsantrag verlangen, liefe dies auf eine ungerechtfertigte Förmelei hinaus.
1.2 Es fehlt auch nicht an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Nach dieser Vorschrift muss die Klägerin geltend machen, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein. Das erfordert, dass die Verletzung eigener Rechte auf der Grundlage des Klagevorbringens als möglich erscheint. Dies ist nur dann auszuschließen, wenn sich die Klägerin für ihr Begehren offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise auf eine öffentlich- rechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch dem Schutze der Klägerin als Wettbewerberin dient. Erfordert diese Prüfung die Beantwortung komplexer Rechtsfragen, so kann die Möglichkeit der Rechtsverletzung nicht verneint werden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2002, NVwZ 2003, 605 (606).
Im vorliegenden Zusammenhang ist somit -anders als unten (2.1.2) bei der Frage der Rechtsverletzung- nicht durchzuprüfen, ob die von der Klägerin zur Stützung ihres Begehrens herangezogenen Bestimmungen der §§ 20, 21 und 24 TKG zumindest auch ihrem Schutz als Wettbewerberin der Beigeladenen dienen. Es reicht hier vielmehr die Feststellung aus, dass es sich dabei um komplexe Rechtsfragen handelt, die sich angesichts der den Drittschutz bislang bejahenden Stimmen in der Literatur
vgl.: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz (BerlKommTKG) Thomaschki, Rn 12/13 zu § 21; Berl-KommTKG/Nolte, Rn 25 zu § 20; Koenig/Loetz/Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 126; Schütz, Kommunikationsrecht, Rn 336
nicht offensichtlich verneinen lassen.
1.3 Der Klageantrag zu 1) ist nicht deshalb unzulässig, weil er erst mit Schriftsatz vom 03.03.2006 anhängig gemacht wurde.
Er ist nicht verfristet. Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 VwGO galt nicht. Abgesehen davon, dass insoweit kein Fall der -förmlichen- Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts vorliegt, fehlt es an einer Bekanntgabe gegenüber der Klägerin. Die Regulierungsverfügung wurde nur der Beigeladenen bekannt gegeben, da die Klägerin am Regulierungsverfahren nicht beteiligt war (§ 131 Abs. 1 Satz 2 TKG). Es gilt deshalb zu Lasten der Klägerin nicht einmal die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO,
vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn 6 g zu § 70 VwGO.
Auch ist die Klageänderung, die in der Einführung eines weiteren Klagegrundes (Verpflichtung zum Kapazitätsausbau) liegt,
vgl. Kopp/Schenke, a.a.O. Rn 2 und 5 zu § 91 VwGO,
zulässig. Denn das Gericht hält diese trotz der von der Beklagten verweigerten Einwilligung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO für sachdienlich, da so ein weiteres selbständiges Klageverfahren im Interesse einer abschließende Beilegung des Streits über die Regulierungsverfügung vermieden wird.
1.4 Der Klageantrag zu 5 a) ist entgegen der Auffassung des Beigeladenen nicht verwirkt. Dieser Antrag ist nicht erst gegen Mitte des voraussichtlichen Geltungszeitraums der Regulierungsverfügung, sondern bereits mit der Klageschrift einen Monat nach der öffentlichen Bekanntmachung dieser Verfügung anhängig gemacht worden
2. Die Klageanträge sind aber nicht begründet.
2.1 Das gilt zunächst für den Antrag zu 1).
2.1.1 Für die begehrte Auferlegung einer Verpflichtung der Beigeladenen, den vollständig entbündelten TAL-Zugang auch dann anzubieten, wenn dafür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und die Klägerin sich auf ein Angebot der Beigeladenen verpflichtet, die Investitionsrisiken für den entsprechenden Ausbau zu übernehmen, besteht keine Rechtsgrundlage.
Nach der allenfalls in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG soll die Regulierungsbehörde Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, nach Absatz 1 u.a. die Verpflichtung auferlegen, vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie gemeinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren. Weder aus dem Wortlaut dieser Bestimmung noch aus dem Text der darin in Bezug genommenen Regelung des § 21 Abs. 1 TKG lässt sich entnehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine TAL-Zugangsverpflichtung trotz nicht vorhandener Kapazität begründet werden kann, geschweige denn, dass es möglich sein soll, dem Marktmächtigen einen nachfragegerechten Kapazitätsausbau gegen Übernahme des Investitionsrisikos aufzuerlegen. Im Gegenteil spricht § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG davon, dass die Regulierungsbehörde insbesondere die Möglichkeit der Gewährung des vorgeschlagenen Zugangs angesichts der "verfügbaren Kapazität" zu berücksichtigen hat.
Allerdings heißt es in der entsprechenden Begründung des TKG-Entwurfs (BR- Drs. 755/03 S. 888): "Das Kriterium nach Nummer 2 ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht unter keinen Umständen zum Kapazitätsausbau verpflichtet werden kann. Unter bestimmten, engen Voraussetzungen (wenn etwa ansonsten die auferlegte Verpflichtung ins Leere liefe) soll der RegTP auch eine Verpflichtung zum Kapazitätsausbau möglich sein; das mit dem Kapazitätsausbau einhergehende Zusatzrisiko soll dann allerdings ausschließlich beim Nachfrager liegen. Dies bedeutet, dass dem Unternehmen durch die Ausbauverpflichtungen keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen dürfen, der Wettbewerber also die Investitionsrisiken in vollem Umfang übernehmen muss."
ebenso: BerlKommTKG/Thomaschki, Rn 53 bis 55 zu § 21;
Doch abgesehen davon, dass dies in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden hat, lassen sich die von der Klägerin zur Rechtfertigung genannten Problemfälle
- beim Wechsel eines Anbieters müssten in vielen Fällen (z.B. bei ISDN Primärmultiplex-Anschlüssen und höherwertigen Datennetzanschlüssen) technisch und betrieblich bedingt für einen begrenzten Zeitraum die alten und die neuen Anschlüsse parallel bereitstehen,
- viele Datennetzanschlüsse würden aus technischen Gründen zusätzlich zu den bestehenden Telefonanschlüssen über zusätzlich benötigte TAL realisiert,
- beim Erstbezug eines neu errichteten Gebäudes müsse der Anschluss an das Telefonnetz des Marktbeherrschers erstmalig realisiert werden,
- aufgrund von Nutzungsänderungen oder Erweiterungen an bestehenden Gebäuden entstehe in diesen ein wesentlich größerer Bedarf an TAL,
nicht als "enge" Voraussetzungen im Sinne der o.g. Entwurfsbegründung auffassen. Wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, wäre in diesen Situationen der Ausbau weder technisch noch finanziell geringfügig.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass schon nach der alten Rechtslage (§ 35 TKG ) Kapazitätsengpässe beim entbündelten TAL-Zugang keine Ausbauverpflichtung auslösten, sondern als sachlicher Grund für eine Zugangsverweigerung in Einzelfällen angesehen wurden,
BVerwG, Urteil vom 25.04.2001, NVwZ 2001, 1399 (1406).
Umso mehr hätte Anlass bestanden, eine etwaige Änderung dieser Rechtslage im neuen TKG deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Selbst wenn man jedoch eine entgeltliche Verpflichtung zum Kapazitätsausbau in den von der Klägerin genannten Fällen für möglich hielte, beträfe sie nicht generell die Zugangsverpflichtung nach Ziffer I 1, 1.1 der Regulierungsverfügung, sondern nur Einzelfälle. Diese zu regeln ist aber nicht Aufgabe einer Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 3 TKG, sondern muss der Feinabstimmung in einer Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG oder einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG überlassen bleiben.
2.1.2 Abgesehen davon ist der Klageantrag zu 1) auch deshalb unbegründet, weil § 21 TKG insgesamt nicht dem Schutz der Klägerin dient und sie somit selbst bei Vorliegen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift nicht in ihren Rechten verletzt wäre.
Drittschützend ist eine Norm dann, wenn sich -erstens- aus ihren individualisierenden Tatbestandsmerkmalen ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet, und -zweitens- sich im Wege der Auslegung ermitteln lässt, dass die Norm unmittelbar auch den rechtlichen Interessen dieses Personenkreises zu dienen bestimmt ist und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, seine Rechte berührt,
vgl.: BVerwG Urteile vom 16.09.1993, BVerwGE 94,151(158), und vom 10.10.2002, NVwZ 2003, 605(607).
Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung. Zwar enthält das in § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 3 Nr. 1 TKG enthaltene Tatbestandsmerkmal des Zugangs eine Konkretisierung insoweit, als die Definition des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG nur auf solche Unternehmen abstellt, die die Bereitstellung der Einrichtung "unter bestimmten Bedingungen zum Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten" begehren. Der danach in Betracht kommende Personenkreis unterscheidet sich zwar von der Allgemeinheit, ist aber angesichts der hohen Zahl der in Betracht kommenden Interessenten viel zu groß und angesichts der Offenheit der vorgenannten Definitionsmerkmale nicht hinreichend genug abgegrenzt.
Die zweite Drittschutzvoraussetzung ist ebenfalls nicht erfüllt, da § 21 TKG nicht den Zugangsinteressen von einzelnen Wettbewerbern des beträchtlich Marktmächtigen zu dienen bestimmt ist. Der letzte Halbsatz von § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG weist darauf hin, dass neben dem Schutz der Endnutzerinteressen die Entwicklung des wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endkundenmarktes bezweckt ist. Damit ist aber nicht der einzelne Wettbewerber, sondern nur der Wettbewerb als solcher gemeint. Das wird durch § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG bestätigt, wonach die Regulierungsbehörde im Rahmen der Rechtfertigung einer Zugangsverpflichtung prüfen muss, ob diese in einem angemessenen Verhältnis u.a. zum Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG steht. Dieses Regulierungsziel betrifft "die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und -netze sowie der zugehörigen Einrichtungen und Dienste, auch in der Fläche". Damit ist, wie das Bundesverwaltungsgericht zur vergleichbaren Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG(96) entschieden hat,
BVerwG, Urteil vom 10.20.2002, a.a.O. S.607,
ebenfalls nur der Wettbewerb als Institution und nicht der einzelne Wettbewerber gemeint.
Dem steht nicht entgegen, dass Zugangsverpflichtungen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht nur vom Amts wegen, sondern auch auf Antrag auferlegt werden können. Zwar kann ein solches Antragsrecht grundsätzlich ein Indiz für Drittschutz sein,
vgl.: BVerwG, Urteile vom 15.11.1985, BVerwGE 72, 226(232) und vom 06.03.1987, NJW 1987, 2829 (2830),
doch gilt dies nicht im Rahmen der TKG-Marktregulierung. Das zeigt sich zum einen an der Regelung des § 42 Abs. 4 Satz 5 TKG. Dort heißt es, dass den Antrag auf missbrauchsaufsichtliches Einschreiten jeder Anbieter von Telekommunikationsdiensten stellen kann, der geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn der TKG-Gesetzgeber die drittschützende Wirkung einer Marktregulierungsvorschrift mit der bloßen Verwendung des Antragsbegriffs hätte zum Ausdruck bringen wollen. Zum anderen ist mit der Antragstellung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG gerade keine Verfahrensbeteiligung im Sinne von § 134 Abs. 2 Nr. 1 TKG verbunden, da für Regulierungsverfügungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG eine abweichende Regelung gilt. Hier ist mit der Antragstellung nicht einmal ein Recht auf förmliche Verfahrensbeteiligung verbunden. Vielmehr wird der Antragsteller nicht anders behandelt als sonstige "interessierte Parteien", denen nur Gelegenheit zur Stellungnahme zum Verfügungsentwurf gegeben werden muss. Ist aber ein Antragsteller nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht einmal Verfahrensbeteiligter, so fehlt es an einem sachlichen Grund, um dem bloßen Antragsrecht auch inhaltlichen Drittschutz entnehmen zu können.
Unabhängig davon fehlt es im Rahmen der zweiten Drittschutz-Voraussetzung am Kriterium der Unmittelbarkeit. Denn die Zugangsverpflichtung als solche begründet -anders als etwa § 35 Abs. 1 TKG(96)- keinen Zugangsanspruch, sondern löst abgesehen davon, dass zunächst eine konkrete Leistungsnachfrage vorliegen muss, nur einen Anspruch des Zugangsinteressenten auf Abgabe eines Angebots nach § 22 TKG sowie im Falle des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung trotz ernsthafter Verhandlungen einen Ermessensanspruch auf Erlass einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG aus. Wollte man demgegenüber unmittelbaren Wettbewerberschutz schon auf der Ebene der Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG annehmen, ließe sich dies auch nicht mit der Funktion eines solchen Verwaltungsakts vereinbaren. Denn wie der Regelungszusammenhang mit § 13 Abs. 3 TKG deutlich macht, steht eine derartige Verfügung in notwendigem Zusammenhang mit den jeweiligen Ergebnissen der Marktdefinition und Marktanalyse nach den §§ 10 und 11 TKG. Insbesondere § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG zeigt, dass sich die Marktbeurteilung ausschließlich an den allgemeinen Wettbewerbsverhältnissen auf dem jeweiligen Markt orientiert und nicht den einzelnen Wettbewerber in den Blick nimmt. Für die daran inhaltlich anknüpfende -allgemeine- Regulierungsverfügung kann schwerlich etwas anderes gelten.
Schließlich scheitert die Verneinung von Drittschutz nicht an der Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 TKG, wonach der Widerruf u.a. der Verpflichtung nach § 21 TKG den betroffenen Unternehmen innerhalb einer angemessenen Frist vorher anzukündigen ist. Zwar spricht die Begründung des Gesetzentwurfs davon, dass als "betroffenes Unternehmen" nicht nur der Verpflichtete, sondern auch der Anspruchsberechtigte anzusehen ist,
so: BR-Drs. 755/03 S. 86 zu § 13.
Doch lässt sich daraus nicht schließen, dass eine Anspruchsberechtigung von Zugangsinteressenten bereits auf der Ebene der Auferlegung der Zugangsverpflichtung besteht. Insoweit besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der Auferlegung einer allgemeinen Zugangsverpflichtung und dem Widerruf einer bereits bestehenden und nach §§ 22 oder 25 TKG umgesetzten Zugangsverpflichtung.
2.2 Der Klageantrag zu 2) ist bereits deshalb unbegründet, weil die unterlassene Auferlegung weiterer, über Ziffer 1.4 der Regulierungsverfügung hinausgehender Kooperationsmöglichkeiten nicht rechtswidrig ist.
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG kann die Regulierungsbehörde Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, unter Beachtung von Absatz 1 unter anderem verpflichten, im Rahmen der Erfüllung der Zugangsverpflichtungen nach diesem Absatz oder Absatz 3 Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen zuzulassen, es sei denn, ein Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht weist im Einzelfall nach, dass eine Nutzungsmöglichkeit oder eine Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.
2.2.1 Die Vorschrift scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus, soweit der Klageantrag zu 2) auch auf die Zulassung von "Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen" gerichtet ist. Diese Variante wird zwar vom Text des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG umfasst. Sie ist jedoch regelungswidrig, wenn es -wie hier- um Kollokation nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG geht. Denn bei der Verpflichtung zur Kollokation handelt es sich -anders als etwa bei § 21 Abs. 2 Nr. 3 oder 7 TKG- nicht um Zugangsleistungen, sondern um das Zugänglichmachen von Einrichtungen.
2.2.2 Soweit die Klägerin im Rahmen der Kollokation die "Zulassung von Kooperationsmöglichkeit zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen" ohne Einschränkung auf den in Ziffer 1.4 der Regulierungsverfügung geregelten Kooperationsfall (Verbindung angemieteter Kollokationsflächen) begehrt, ist § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG zwar grundsätzlich einschlägig. Doch ist die ablehnende Ermessensentscheidung der Regulierungsbehörde nicht zu beanstanden, da die Einwendungen der Klägerin nicht greifen. Es kann im vorliegenden Falle somit dahingestellt bleiben, ob -wie die Beklagte meint- Ermessensentscheidungen nach § 21 TKG nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen.
In der Regulierungsverfügung (Beschluss S. 16) wird ausgeführt:
"Darüber hinausgehende Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten, etwa die Ermöglichung einer Untervermietung von Kollokationsflächen oder das Aufstellen von Vermittlungseinrichtungen auf solchen Flächen, wie sie etwa in der Stellungnahme der Verbände Breko und VATM gefordert werden, stehen nach Ansicht der Beschlusskammer dagegen unter Berücksichtigung des Kriterienkataloges in § 21 Abs. 1 TKG nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 TKG und sind daher der Betroffenen nicht gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG auferlegt worden. Die Zulassung weiterer Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten würde den Flächenbedarf an Kollokationsflächen steigern. Dies könnte zu Kapazitätsengpässen führen. Insbesondere wäre zu erwarten, dass die Gestattung einer Untervermietung an Standorten dazu führt, dass Wettbewerber viel Fläche anmieten, um damit entweder den Zugang für andere Wettbewerber unmöglich zu machen oder jedenfalls von den von ihnen gewährten Konditionen abhängig zu machen. Zudem würde das Modell für die Umlegung der Kosten gemeinsam genutzter Einrichtungen umgangen. Ebenso würde das Aufstellen von Vermittlungstechnik auf den Kollokationsflächen zu einem erhöhten Platzbedarf führen. Problematisch wäre auch das durch die Vermittlungstechnik verursachte erhöhte Wärmeaufkommen auf den Kollokationsflächen, das zusätzliche Vorkehrungen der Betroffenen und damit zusätzliche Investitionen erforderlich machen würde. Eine Auferlegung weiterer Nutzungsmöglichkeiten für Kollokationsflächen ist auch nicht zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbs erforderlich. Zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbs trägt es vielmehr bei, wenn Anreize dafür gesetzt werden, dass die Wettbewerber ... ihre Infrastruktur möglichst unabhängig von den Einrichtungen des Zugangsverpflichteten aufbauen."
Der Haupteinwand der Klägerin, es handele sich um sachfremde Erwägungen, da § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG Einschränkungen nur aus technischen Gründen ermögliche, ist schon im Ansatz unzutreffend. Denn § 21 Abs. 2 TKG enthält für alle Zugangsvarianten die Ermessensvoraussetzung "unter Beachtung von Absatz 1". Das bedeutet, dass nach § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG u.a. zu prüfen ist, ob die jeweilige Verpflichtung -hier die Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Zugangsberechtigten- gerechtfertigt ist und ob diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG steht, wobei die Regulierungsbehörde insbesondere die in § 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 7 TKG näher normierten Anforderungen zu berücksichtigen hat. Angesichts dieses umfänglichen Prüfprogramms, welches in der vorstehend wiedergegebenen Beschlussbegründung in nicht zu beanstandender Weise durchgearbeitet wird, kann entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht davon die Rede sein, dass das Gesetz von der völligen Handlungsfreiheit der Wettbewerber bei der Nutzung der von ihnen bezahlten Kollokation ausgehe.
Es trifft auch nicht zu, dass Kooperationsmöglichkeiten, die zu erhöhtem Flächenbedarf führten, nicht aus den von der Regulierungsbehörde genannten Gründen generell ausgeschlossen werden könnten, sondern einer Einzelfallbetrachtung, etwa nach § 25 Abs. 5 TKG, vorzubehalten wären. Ist nämlich eine allgemeine Zugangsverpflichtung erst einmal ohne Einschränkung begründet, so kommt es insoweit nicht mehr auf eine Einzelfallbetrachtung an, sondern die Beigeladene muss gemäß § 22 Abs. 1 TKG auf konkrete Einzelnachfrage unverzüglich ein entsprechendes Angebot abgeben (vgl. auch § 42 Abs. 3 TKG), im Falle allgemeiner Nachfrage sogar in der Form eines Standardangebots (vgl. § 23 TKG i.V.m. Ziffer II der Regulierungsverfügung). Auch wenn es im Anschluss daran nicht zu einer Zugangsvereinbarung kommt, sondern das Anordnungsverfahren nach § 25 TKG durchlaufen werden muss, steht die einmal auferlegte allgemeine Zugangsverpflichtung nicht mehr zur Disposition der Regulierungsbehörde.
2.2.3 Selbst wenn die Verweigerung weiterer Kooperationsmöglichkeiten rechtswidrig wäre, läge keine Verletzung der Klägerin in ihren Rechten vor, weil § 21 TKG aus den oben ( 2.1.2 ) dargelegten Gründen nicht drittschützend ist.
2.3 Der Klageantrag zu 3) ist ebenfalls unbegründet.
2.3.1 Nach § 20 Abs. 1 TKG kann die Regulierungsbehörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichten, für die zum Zugang berechtigten Unternehmen alle für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigten Informationen zu veröffentlichen, insbesondere Informationen zur Buchführung, zu technischen Spezifikationen, Netzmerkmalen, Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie über die zu zahlenden Entgelte.
Davon ausgehend hat es die Regulierungsbehörde -jedenfalls- im Ergebnis zu Recht abgelehnt, neben der Verpflichtung zur Abgabe eines Standardangebots die im Klageantrag näher formulierte Transparenzverpflichtung aufzuerlegen. Es geht der Klägerin nämlich gar nicht um Informationen, die vom Zugangsberechtigten für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigt werden. Vielmehr will sie mit der Auferlegung einer Transparenzverpflichtung erreichen, dass die Zugangsinteressenten vom Standardangebot abweichende Zugangsvereinbarungen in Erfahrung bringen können. Dazu bedarf es aber keiner Regulierungsmaßnahme, sondern es reicht bereits die Regelung des § 22 Abs. 3 TKG aus. Danach müssen Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht alle Vereinbarungen über Zugangsleistungen, an denen sie als Anbieter beteiligt sind, unverzüglich nach ihrem Abschluss der Regulierungsbehörde vorlegen, und die Regulierungsbehörde hat zu veröffentlichen, wann und wo Nachfrager nach Zugangsleistungen eine derartige Vereinbarung einsehen können. Die zusätzliche Auferlegung einer Transparenzverpflichtung wäre somit wegen fehlender Erforderlichkeit ermessensfehlerhaft.
Der Einwand der Klägerin, es sei nicht gewährleistet, dass die Beigeladenen ihrer Verpflichtung aus § 22 Abs. 3 TKG nachkomme, überzeugt nicht. Es fehlt ein glaubhafter Anhalt für ein solches Verhalten, welches nach § 149 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 TKG immerhin mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro bedroht ist,
soweit im veröffentlichten Text des § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG statt Absatz 3 "Abs. 5" von § 22 genannt wird, handelt es sich um ein offensichtliches Redaktionsversehen.
Im Übrigen wäre im Falle normwidrigen Verhaltens nicht plausibel, wieso sich dieses nicht auch auf die Verletzung einer Transparenzverpflichtung erstrecken würde.
2.3.2 Abgesehen davon dient § 20 TKG nicht dem Schutze der Klägerin.
Dabei kann auf sich beruhen, ob diese Vorschrift im Hinblick auf die Formulierung "für die zum Zugang berechtigten Unternehmen" generell eine gleichzeitige Maßnahme nach § 21 TKG voraussetzt,
vgl. BerlKommTKG/Nolte, Rn. 24 zu § 20,
und schon aus diesem Grunde auch ihr aus den oben genannten Gründen keine wettbewerberschützende Wirkung zukommt. Selbst wenn die Auferlegung einer Transparenzverpflichtung keine Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG voraussetzte, wäre die drittschützende Wirkung des § 20 TKG zu verneinen, weil sie sich nicht mit der unter 2.1.2 dargelegten Funktion einer Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 TKG vereinbaren ließe.
2.4 Auch der Klageantrag zu 4) ist unbegründet:
2.4.1 Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG kann die Regulierungsbehörde einem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen eine getrennte Rechnungsführung vorschreiben.
Der Klageantrag zu 4) geht über diese auf Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) vom 07.03.2002, ABl. EG Nr. L 108 S. 7, beruhende Ermächtigung hinaus. Er ist entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht auf "bestimmte" Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen beschränkt. Dieses Tatbestandsmerkmal,
noch deutlicher in der englischen ("specified") und französischen ("certaines") Textfassung von Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Zugangsrichtlinie,
hat zur Konsequenz, dass die Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung nicht für alle denkbaren Zugangsleistungen in Betracht kommt, sondern nur für Teilleistungen. Die dies unberücksichtigt lassende Antragsformulierung ("für ihre Tätigkeiten") wurde auch aus Anlass der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht auf einzelne Zugangs-Teilleistungen beschränkt.
2.4.2 Unabhängig davon hat § 24 Abs. 1 TKG keine wettbewerberschützende Drittwirkung.
Es fehlt an entsprechenden individualisierenden Tatbestandsmerkmalen. Außerdem ließe sich eine solche Drittwirkung nicht mit der unter 2.1.2 dargelegten Funktion einer Regulierungsverfügung vereinbaren.
2.5 In Bezug auf den Klageantrag zu 5 a) wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf das den Beteiligten bekannte Urteil der Kammer vom 17.11.2005 -1 K 2924/05- verwiesen. Dort ist auf den Seiten 10 bis 19 dargelegt, dass eine andere Wettbewerberin der Beigeladenen durch den Widerruf der Verpflichtung zur Zugangsgewährung zur reinen Glasfaser-TAL nicht in ihren Rechten verletzt wird. Der zusätzliche Vortrag der Klägerin bietet keinen hinreichenden Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen.
Die Einwendung der Klägerin, die Annahme der Präsidentenkammer, gegenüber den bei der Beigeladenen nachgefragten Zugängen hätten die Wettbewerber ein Vielfaches an eigenen Glasfaserleitungen -statt von der Beigeladenen angemieteten Glasfaserleitungen- genutzt, beruhe auf unzureichendem Datenmaterial, greift nicht durch. Die gerügte Annahme der Präsidentenkammer beruht nämlich auf Informationen aus dem "letzten Entgeltregulierungsverfahren" der Beigeladenen und der "Abfrage bei den Wettbewerbern für den Tätigkeitsbericht 2002/2003" (so: Markt- Festlegung S. 21 und 31). Wenn auch die jeweiligen Zahlenwerte in der veröffentlichten Begründung der Festlegung unkenntlich gemacht sind, so ist doch die Datenquelle hinreichend deutlich wiedergegeben. Diese hat die Klägerin nicht hinreichend konkret angegriffen.
Soweit die Klägerin geltend macht, es sei nicht berücksichtigt worden, dass durch den VDSL-Ausbau
- VDSL (Very High Bit Rate DSL) erlaubt sowohl die asymmetrische (maximal 52 Mbit/s Downstream, bis zu 1,6 Mbit/s Upstream) als auch eine symmetrische Zugangsmöglichkeit mit maximal 26 Mbit/s in beide Richtungen -
der Glasfaserstreckenanteil der Beigeladenen im Zugangsnetz vergrößert werde, ist dies für die vorliegende Widerrufsentscheidung unerheblich. Denn wie die Beklagte und die Beigeladene unwidersprochen vorgetragen haben, geht der VDSL- Ausbau -in Richtung Endkunde gesehen- nur bis zum KVz und nicht bis zum Teilnehmeranschluss. Daneben bleibt trotz des VDSL-Ausbaus die jeweilige Kupfer-Doppelader vom Teilnehmeranschluss über den KVz bis zum HVt erhalten.
Abgesehen davon waren die Auswirkungen des VDSL-Ausbaus auf den Markt Nr. 11 im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung (20.04.2005) noch nicht absehbar.
Auch ist ein Verstoß gegen das aus § 1 TKG ableitbare Gebot technologieneutraler Regulierung nicht zu erkennen, so dass auf sich beruhen kann, welchen juristischen Stellenwert dieses Gebot hat. Da die Empfehlung den Markt Nr. 11 so definiert, dass es auf den Zugang zu Drahtleitungen ankommt, ist diese Vorgabe gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 TKG "weitestgehend" zu berücksichtigen. Abgrenzungen, die aus der Empfehlung folgen, können somit mangels Vorliegens zwingender nationaler Besonderheiten nicht als Verstoß gegen das Gebot technologieneutraler Regulierung beurteilt werden.
Ebenso wenig greift der Einwand, durch den Widerruf werde schutzwürdiges Vertrauen verletzt, weil Infrastrukturinvestitionen zur Erschließung von HVT`s nunmehr wertlos seien. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass und in welchem Umfange sie selbst überhaupt solche Investitionen für die Nutzung von bei der Beigeladenen gemieteten reinen Glasfaser-TAL getätigt hat. Selbst wenn man von derartigen Investitionen in erheblichem Umfange ausgehen müsste, wären diese nicht wertlos, sondern für den Zugang gemäß Ziffer 1 der Regulierungsverfügung nutzbar. Abgesehen davon gehört das Vertrauen in die dauerhafte Werthaltigkeit von Investitionen nicht zum Prüfprogramm für einen Widerruf. Kommt -wie hier- auf dem Großkunden-Teilmarkt für reine Glasfaser-TAL eine Regulierung nicht in Betracht, so können insoweit Regulierungsmaßnahmen gemäß § 9 Abs. 2 TKG nicht auferlegt und somit auch nicht aufrechterhalten werden.
2.6 Der Klageantrag zu 5 b) ist unbegründet, weil die bisherige Zugangsverpflichtung für die reine Glasfaser-TAL aus den Gründen zu 2.5 ohne Rechtsverletzung der Klägerin widerrufen wurde und sie somit keinen Anspruch auf Feststellung einer entsprechenden Zugangsverpflichtung oder auf Feststellung einer Entgeltgenehmigungspflicht nach § 31 TKG haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 S. 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
VG Köln:
Urteil v. 19.10.2006
Az: 1 K 2979/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/db6c4896b9eb/VG-Koeln_Urteil_vom_19-Oktober-2006_Az_1-K-2979-05