Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 27. März 2015
Aktenzeichen: 6 U 134/14
(OLG Köln: Urteil v. 27.03.2015, Az.: 6 U 134/14)
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 24. 7. 2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 41/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I.
Die Antragstellerin betreibt in Nordrhein-Westfalen ein Kabelnetz, die Antragsgegnerin betreibt bundesweit Telekommunikationsnetze. Die Parteien sind Mitbewerber bei dem Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Antragstellerin bietet in ihrem Kabelnetz Anschlüsse mit Übertragungsraten bis zu 150 MBit/s im Download an. Die Antragsgegnerin bietet ebenfalls Produkte an, die höhere Übertragungsraten im Glasfaserbereich mit bis zu 200 MBit/s und im LTE-Bereich mit bis zu 150 MBit/s im Download ermöglichen.
Die Antragsgegnerin warb im Internet mit einem Video, wie in dem in die einstweilige Verfügung und das landgerichtliche Urteil eingeblendeten "Storyboard" wiedergegeben. Der gesprochene Text lautete:
"2015 wird eine Stadt mit 50.000 Einwohnern so viel Datenverkehr haben wie 1997 das gesamte Internet. Der steigende Datenverkehr verlangt nach einem stetigen Ausbau der Netze. Die U investiert pro Jahr zwischen 3 und 4 Milliarden Euro in ihr Netz.
Bis Ende 2016 wird die Zahl der mit VDSL versorgten Haushalte von 12 auf 24 Millionen steigen. Und auch die Geschwindigkeit wird dank Vectoring deutlich höher.
[An dieser Stelle wird in dem Video ein analoges Anzeigeinstrument gezeigt, bei dem die Nadel von 50 MBit/s auf 100 springt und dann leicht um den höheren Wert pendelt:]
Für eine schnelle Datenübertragung müssen Glasfaserkabel möglichst nah an den Kunden herangeführt werden. Deshalb verlegt die U Glasfaser auf dem Weg von der örtlichen Vermittlungsstelle bis zum Multifunktionsgehäuse am Straßenrand.
Darüber hinaus werden in den Ausbaugebieten viele neue Multifunktionsgehäuse aufgestellt. Dadurch steigt die Zahl der Menschen, die auf VDSL zugreifen können.
Auf der Strecke vom Multifunktionsgehäuse bis ins Haus führt weiterhin eine Kupferleitung. Auf dieser Kupferleitung wird der Datenübertragungsturbo Vectoring eingesetzt.
Vectoring gleicht elektromagnetische Beeinflussungen zwischen den Kupferleitungen aus. Dadurch sind höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich. Beim Herunterladen verdoppelt sich die Geschwindigkeit im VDSL-Netz von maximal 50 MBit/s auf 100 MBit/s. Beim Heraufladen vervierfacht sich die Geschwindigkeit sogar. Von 10 auf 40 MBit/s.
[An dieser Stelle werden in dem Video wieder analoge Anzeigeinstrumente gezeigt, bei denen die Nadel jeweils von 50 beziehungsweise 10 MBit/s auf 100 beziehungsweise 40 springt und dann leicht um den höheren Wert pendelt:]
Ein wichtiger Vorteil. Die Menschen nutzen das Internet heute aktiv. Sie tauschen sich immer mehr über das Internet aus. Beruflich und privat.
Damit Vectoring funktioniert, muss ein Betreiber die Kontrolle über sämtliche Leitungen am Multifunktionsgehäuse haben. Die anderen Anbieter können Netzkapazitäten kaufen und ihren Kunden so ebenfalls schnellere Anschlüsse bieten.
Ein Multifunktionsgehäuse erscheint zunächst einmal relativ mächtig. Wer einen Blick ins Gehäuse wirft, stellt jedoch fest: Hier wird kein Platz verschenkt, sondern High-Tech auf engsten Raum zusammengefasst. Ein Multifunktionsgehäuse beheimatet die Technik für bis zu 800 Internetanschlüsse. Dafür sind unter anderem Stromzufuhr, Belüftung, Steckplätze und Signalverteiler notwendig.
Die Standorte für Multifunktionsgehäuse befinden sich fast immer auf öffentlichem Grund. Deshalb werden die Standorte mit der jeweiligen Kommune abgesprochen. Alternativen werden geprüft, aber der Standort eines Multifunktionsgehäuses kann nicht frei gewählt werden. Die Multifunktionsgehäuse müssen so über das Ausbaugebiet verteilt werden, dass jeder Nutzer einen schnellen Internetanschluss bekommen kann. Sonst würde im Ausbaugebiet ein Loch entstehen, und schnelles Internet für mehrere 100 Familien und Unternehmen bliebe unerreichbar.
Nach dem Ausbau besitzt der gesamte Vorwahlbereich einer Kommune eine topmoderne Infrastruktur € ein entscheidender Standortvorteil."
Die Antragstellerin hat dieses Video unter drei Gesichtspunkten beanstandet:
(1) Zunächst werde über die Geschwindigkeit von VDSL 2-Anschlüssen bei Vectoring im eigenen Netz irregeführt. Dies geschehe dadurch, dass die Werbebotschaft laute, die Geschwindigkeit verdoppele sich generell und durchgängig auf 100 MBit/s.
(2) Weiterhin werde der Eindruck erzeugt, die erreichbare maximale Geschwindigkeit bei Internetanschlüssen betrage generell 100 MBit/s.
(3) Schließlich werde der Eindruck erzeugt, der von der Antragsgegnerin betriebene Netzausbau sei eine Grundvoraussetzung für schnelles Internet. Die Bewerbung der Vectoring-Technologie der Antragsgegnerin sei deshalb irreführend, weil der Ausbau einen gegenüber der Glasfasertechnik technisch veralteten Standard betreffe.
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung untersagt, mit dem Video entsprechend dem - in die Verfügung eingeblendeten - "Storyboard" zu werben, wobei es in dem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das Verbot ausschließlich auf die erste Beanstandung gestützt sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es müsse berücksichtigt werden, dass das Video auf der Seite www.digitalfernsehen.de nur über mehrere Links zu erreichen und in eine Seite eingebettet gewesen sei, die die Vectoring-Technologie erkläre und in diesem Zusammenhang darauf hinweise, dass die maximale Datenübertragungsrate von 50 auf 100 MBit/s erhöht werden solle. Die Werbeaussage des Videos sei in diesem Zusammenhang zu würdigen. Aber auch bei isolierter Kenntnisnahme des Videos gehe der Verbraucher nicht davon aus, dass die Vectoring-Technik zu einer stabilen Übertragungsrate von 100 MBit/s im Download und 40 MBit/s im Upload führe. Auch die beiden anderen Beanstandungen der Antragstellerin seien nicht begründet.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt und zur Begründung ausgeführt, es sei bereits nicht zwingend, dass jeder Verbraucher, der sich das Video ansähe, die schriftlichen Erläuterungen auf der Seite zur Kenntnis nehmen. Außerdem sei das Video auch auf andere Weise im Internet abrufbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Antragsgegnerin weiter das Ziel der Aufhebung der einstweiligen Verfügung und der Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag; insbesondere beanstandet sie, dass das Landgericht nicht die Seite, in die das Video eingebettet worden sei, berücksichtigt habe. Soweit die Antragstellerin auf andere Abrufmöglichkeiten abgestellt habe, so fehle es an der Dringlichkeit. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Einwendungen der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Antragsfassung greifen nicht durch. Die Antragstellerin hat ausdrücklich klargestellt, dass sie mit ihrem Antrag das Video als solches und nicht das Video, wie es auf der in der Antragsschrift genannten Seite www.digitalfernsehen.de abrufbar gewesen sei, angreift. Dem entspricht auch die Formulierung des Antrags, der allein auf das Video und nicht auf die Seite, auf der es erreichbar war, Bezug nimmt. Die Argumentation der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe das Video, wie es auf der Seite zugänglich gewesen sei, als konkrete Verletzungsform beanstandet, so dass andere Abrufbarkeiten im Internet von diesem ursprünglichen Antrag nicht erfasst worden seien, wird diesem Antragsverständnis nicht gerecht. Die Antragstellerin hat die Seite www.digitalfernsehen.de lediglich als ein Beispiel des Zugangs zu dem Video genannt, wie bereits die Formulierung in der Antragsschrift, das Video sei "unter anderem" unter der genannten URL abrufbar, belegt. Ebenso, wie es bei einem Prospekt mit als irreführend beanstandeten Werbeaussagen unerheblich ist, in welchem Ladenlokal er ausgelegt worden ist, so kommt es auch bei dem Video nicht auf die näheren Umstände des Zugänglichmachens an, sondern lediglich auf die Tatsache, dass es überhaupt öffentlich zugänglich gemacht worden ist.
2. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei der Antragstellerin den geltend gemachten Verfügungsanspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 8 Abs. und 3 Nr. 1 UWG zuerkannt.
a) Unabhängig von der Seite, über die das Video abrufbar gewesen ist, wendet es sich von seinem Inhalt her nicht an Fachkreise, sondern an Verbraucher, denen die Technik des "Vectoring" erläutert werden soll. Es kann auch nicht vorausgesetzt werden, dass nur technisch interessierte Verbraucher, die bereits über Vorkenntnisse hinsichtlich dieser Technik verfügen, das Video aufrufen. Es ist aufgrund seiner allgemeinverständlichen, eingängigen Darstellung ersichtlich auf Verbraucher zugeschnitten, die mit dem Begriff des "Vectoring" im Zusammenhang mit Telekommunikation konfrontiert worden sind und sich nunmehr über die damit bezeichnete Technik informieren wollen. Dass bei ihnen bereits Kenntnisse über die Funktionsweise und Leistungsfähigkeit dieser Technik vorhanden sind, kann nicht angenommen werden und wird in dem Video auch nicht vorausgesetzt. Diese Zielgruppe wird beispielsweise auch auf der Seite www.digitalfernsehen.de wie folgt charakterisiert: "Was genau hinter dem Vectoring steht, wissen jedoch nur die wenigsten Internetnutzer. Mit einem neuen Video möchte die [Antragsgegnerin] nun ihre Technologie und die damit verbundenen Ausbauvorhaben näher vorstellen."
Ein erheblicher Teil der so bestimmten Verkehrskreise wird die Aussage des Videos dahingehend verstehen, dass diese Technik uneingeschränkt Downloadgeschwindigkeiten von 100 MBit/s und Uploadgeschwindigkeiten 40 MBit/s erlaubt, wie es das Landgericht zutreffend angenommen hat. Ausschlaggebend ist dabei die folgende Formulierung:
"Beim Herunterladen verdoppelt sich die Geschwindigkeit im VDSL-Netz von maximal 50 MBit/s auf 100 MBit/s. Beim Heraufladen vervierfacht sich die Geschwindigkeit sogar. Von 10 auf 40 MBit/s."
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die genannten Geschwindigkeiten auch beim Vectoring jeweils Maximalgeschwindigkeiten sind, die abhängig von den technischen Gegebenheiten und der Auslastung des Netzes nicht immer erreicht werden. Die Aussage in dem Video lässt sich demgegenüber sprachlich dahingehend verstehen, dass bei Vectoring das Herunterladen stets mit 100 MBit/s und das Heraufladen stets mit 40 MBit/s möglich ist. Das "maximal" bezieht sich nach seiner Stellung im Satz nur auf die erste, bislang mögliche Geschwindigkeit von 50 MBit/s. Gerade im Zusammenhang mit der Vorstellung einer neuen Technik liegt es nahe, dass der Satz tatsächlich im Sinn einer Gegenüberstellung verstanden wird: Bisher waren maximal 50 MBit/s (aber auch weniger) möglich, jetzt konstant 100 MBit/s.
Auch wenn ein anderes Verständnis der Aussage möglich sein mag, muss der Werbende bei mehrdeutigen Aussagen die ungünstige Auslegung gegen sich gelten lassen. Er darf sich nicht unter Berufung auf die eigene, unklare Ausdrucksweise der Verantwortung entziehen (BGH, GRUR 2012, 1053 Tz. 17 - Marktführer Sport; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 5 Rn. 2.100). Rein logisch mag es zutreffen, dass die "Verdoppelung" einer Geschwindigkeit von "bis 50" auch nur zu "bis 100" möglich ist. Der angesprochene Verkehr wird die Aussage jedoch nicht als eine logische Formel, sondern als Anpreisung der Vorzüge der neuen Technik verstehen. Gerade weil er mit der üblichen Formulierung "bis zu" vertraut ist, liegt für ihn die Annahme nahe, dass die neue Technik eine konstante Geschwindigkeit erlaubt. Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Verbraucher bekannt ist, dass in den bestehenden Netzen die jeweils erreichbare Höchstgeschwindigkeit von Faktoren abhängig ist, die nicht von dem Anbieter zu vertreten sind, so dass sie Werbung mit der Übertragungsgeschwindigkeit vor diesem Hintergrund verstehen (vgl. BGH, GRUR 2010, 744 Tz. 48 - Sondernewsletter). Anders sind solche Werbeangaben nämlich zu beurteilen, wenn sie sich auf eine neue, dem Verbraucher noch nicht allgemein bekannte Technik beziehen (Senat, Urteil vom 1. 2. 2013 - 6 U 163/12 - juris Tz. 11), wie es hier der Fall ist. Aus der von der Antragsgegnerin herangezogenen Entscheidung des OLG Frankfurt (WRP 2015, 111 = juris Tz. 18) folgt nichts anderes, da sich die dort zu beurteilende Werbung auf eine dem Verbraucher bereits bekannte Technik bezog. Jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt kann nicht davon ausgegangen werden, dass "Vectoring" bei Verbrauchern eine in diesem Sinn bekannte Technik darstellt, wie es auch die oben zitierten redaktionellen Bemerkungen auf der Seite www.digitalfernsehen.de nahelegen.
Nicht zu überzeugen vermag in diesem Zusammenhang das Argument der Antragsgegnerin, wenn es sich tatsächlich um eine gänzlich neue Leistung handeln würde, würde dies noch deutlicher herausgestrichen werden. Bei dem Video handelt es sich um einen Beitrag, der die Werbebotschaft der Antragsgegnerin in der Gestalt eines informativen Beitrags vermitteln soll; (noch deutlicher) hervorgehobene Eigenwerbung ist in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten.
Verstärkt wird der Eindruck noch dadurch, dass bei der zweiten Aussage, die sich auf die Uploadgeschwindigkeit bezieht, jeder Hinweis darauf fehlt, dass es sich um Maximalgeschwindigkeiten handelt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin folgt auch aus den Anzeigeinstrumenten, die während der Aussagen in dem Video gezeigt werden, nichts anderes. In beiden Fällen wird gezeigt, wie die Nadel von dem niedrigeren Wert auf den höheren Wert (jeweils am "Anschlag" der Anzeige) springt. Auch wenn sie um den höheren Wert pendelt, so sind die Ausschläge nur geringfügig und decken insbesondere nicht den gesamten Bereich der Anzeige ab. Diese grafische Darstellung suggeriert allenfalls, dass es sich bei dem Höchstwert nicht um einen exakten Wert handelt, sondern dass gewisse - geringe - Abweichungen nach unten, aber auch nach oben möglich sind. Er erscheint damit nicht als ein Maximalwert, sondern als ein Durchschnittswert, der regelmäßig erreicht wird. Auch die bildliche Darstellung verstärkt daher noch das oben wiedergegebene Verbraucherverständnis.
b) Das Landgericht hat auch mit Recht allein auf das Video und nicht auf das Umfeld auf der Seite "www.digitalfernsehen.de" abgestellt. Zutreffend ist, dass bei der Beurteilung einer geschäftlichen Handlung unter dem Gesichtspunkt der Irreführung darauf abzustellen ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung auf Grund des Gesamteindrucks der Anzeige versteht. Einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung dürfen deshalb nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (BGH, GRUR 2003, 361, 362 - Sparvorwahl; GRUR 2003, 800, 803 - Schachcomputerkatalog; GRUR 2014, 88 Tz. 30 - Vermittlung von Netto-Policen; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 5 Rn. 2.90 m. w. N.).
Im vorliegenden Fall bilden jedoch das Video und sein jeweiliges Umfeld, aus dem heraus es aufgerufen werden kann, keine "geschlossene" Darstellung. Das Video ist ersichtlich dazu geeignet, in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt zu werden. Auch die Antragsgegnerin behauptet nicht, dass sie das Video exklusiv für die Seite www.digitalfernsehen.de, die nicht von ihr betrieben wird, erstellt hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin es - zumindest unter anderem - auf der Plattform "Z" veröffentlicht hat. Sie hat weder den Vortrag der Antragstellerin, das Video sei über einen bestimmten Z-Verweis zugänglich gewesen, noch, dass sie das Video nach Erlass der einstweiligen Verfügung dort gelöscht habe, bestritten. Auf der Seite www.digitalfernsehen.de wurde das Video nicht selber vorgehalten. Unstreitig zeigt diese Seite derzeit anstelle des Videos die Nachricht "Dieses Video existiert nicht". Ruft man die Seite auf, so lässt sich feststellen, dass sich an dieser Stelle tatsächlich nur ein Verweis auf "Z" befindet. Auch in der Berufungsbegründung hat die Antragsgegnerin nicht bestritten, dass sie das Video auf "Z" eingestellt hat.
Der Antragsgegnerin musste daher klar sein, dass dieses Video nicht nur auf "Z" abrufbar war, sondern auch in andere Internetseiten - wie es beispielsweise bei www.digitalfernsehen.de geschehen ist - eingebunden werden konnte, wie es auch rechtlich zulässig ist (EuGH, GRUR 2014, 1196 Tz. 15 ff. - BestWater/Mebes). Das Video ist daher nicht anders zu beurteilen als beispielsweise ein Werbeprospekt, der von der Antragsgegnerin in den unterschiedlichsten Kontexten verteilt wird. Wenn ein solcher Prospekt irreführenden Aussagen enthält, könnte sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, dass diese beispielsweise durch ein Plakat in einem Ladenlokal, in dem er vorgehalten wird, richtiggestellt werden. Spätestens nach der BestWater/Mebes-Entscheidung des EuGH (a. a. O.) musste die Antragsgegnerin damit rechnen, dass ihr Video in den unterschiedlichsten Kontexten abrufbar sein würde, auf die sie keinen Einfluss mehr hatte. Sie durfte daher nicht eine irreführende Botschaft im Vertrauen in die Welt setzen, die Irreführung werde von denjenigen, die das Video nutzen oder auf es verweisen, korrigiert werden.
Selbst wenn nur auf die Seite www.digitalfernsehen.de abgestellt würde, würde sich an dem Ergebnis nichts ändern: Die erläuternde Texte finden sich in einem redaktionellen Bericht auf der Seite, und es wird darauf hingewiesen, dass das eingebettete Video Werbung der Antragsgegnerin enthält. Eine Werbeanzeige kann aber nicht im Zusammenhang mit redaktionellen Beiträgen ausgelegt werden, die sich in einem räumlichen Kontext mit ihr befinden.
Auf dieser Grundlage ist es daher unbeachtlich, wenn durch die Erläuterungen auf der Internetseite www.digitalfernsehen.de der durch das Video hervorgerufene irreführende Eindruck korrigiert wird. Der Verstoß liegt allein in der Veröffentlichung des Videos, so dass auch die Antragsfassung, durch die die Antragsgegnerin die Werbung mit diesem Video unabhängig von seinem Kontext untersagt wird, nicht zu weitgehend ist.
3. Auf die beiden anderen Beanstandungen, die das Landgericht als nicht zutreffend angesehen hat, ist die Antragstellerin in der Berufungsinstanz nicht mehr zurückgekommen.
4. Der Verfügungsgrund wird vermutet (§ 12 Abs. 2 UWG).
5. Die Kostenentscheidung des Landgerichts, mit der es die gesamten Kosten der Antragsgegnerin auferlegt hat, ist nicht zu beanstanden. Bereits in der einstweiligen Verfügung hat es zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin einen einheitlichen Lebenssachverhalt unter verschiedenen Gesichtspunkten beanstandet hat, wobei es sich bei den Beanstandungen jedoch lediglich um alternativ heranzuziehende Begründungen handelt, die nicht kumulativ geltend gemacht werden (vgl. BGHZ 194, 314 = GRUR 2013, 401 Tz. 24 - Biomineralwasser).
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 27.03.2015
Az: 6 U 134/14
Link zum Urteil:
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