Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 12. August 2008
Aktenzeichen: I-24 U 139/07

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 12.08.2008, Az.: I-24 U 139/07)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Mai 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

A.

Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 12. Juni 2008. Darin hat der Senat im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Das Landgericht hat zu Recht die Klage auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar gemäß §§ 675, 611 ff. BGB in Höhe von EUR 5.597,06 aus der Vertretung der Beklagten durch die Klägerin in dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Verfahren 21 U 25/2001) wegen Verjährung abgewiesen. Auch die auf Verurteilung der Klägerin gerichtete Widerklage auf Zahlung von EUR 2.156,88 aus ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist nicht zu beanstanden.

1.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Anwaltshonorar ist verjährt. Hierauf hat sich die Beklagte berufen, weshalb sie zur Leistungsverweigerung berechtigt ist (§ 214 Abs. 1 BGB).

a.

Der Honoraranspruch der Klägerin wurde mit Beendigung des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am 07. November 2001 fällig.

Nach dem gemäß § 61 Abs. 1 RVG hier noch maßgebenden § 16 S. 1 BRAGO (= § 8 Abs. 1 S. 1 RVG) kann sich der Eintritt der Fälligkeit in einem gerichtlichen Verfahren nach mehreren Tatbeständen richten (z.B. Erledigung des Auftrags, Beendigung der Angelegenheit). Für den Eintritt der die Verjährungsfrist in Gang setzenden Fälligkeit ist lediglich erforderlich, dass einer der beiden Fälligkeitstatbestände erfüllt ist (BGH AnwBl. 1985, 257; NJW-RR 1992, 255; NJW 2006, 2701, 2703; Senat, Beschluss vom 11. Februar 2008, Az. I-24 U 104/07 bei JURIS und BeckRS 2008 10064; N. Schneider in Gebauer/Schneider, § 16 BRAGO Rn. 111). Ist der Rechtsanwalt in einer gerichtlichen Angelegenheit tätig, kommen noch die speziellen Tatbestände des § 16 S. 2 BRAGO (= § 8 Abs. 1 S. 2 RVG) hinzu (Kostenentscheidung, Ende des Rechtszugs, Ruhen des Verfahrens für mehr als drei Monate).

Die Mitteilung der Berechnung gemäß § 18 BRAGO (= § 10 RVG) hat keinen Einfluss auf den Ablauf der Verjährungsfrist. Die Verjährung beginnt daher auch dann bei Fälligkeit, wenn noch keine oder keine ordnungsgemäße Abrechnung erteilt worden ist (N. Schneider in Gebauer/Schneider, a.a.O., § 16 Rn. 113 m.w.N.). Außerdem ist die bürotechnische Abwicklung belanglos, wenn der Auftrag erledigt (BGH AnwBl. 1985, 257) oder der Rechtszug beendet ist (Senat OLGR Düsseldorf 1999, 298). Gleiches gilt für ein sich anschließendes Kostenfestsetzungsverfahren (BGH aaO.)

Hier war zumindest nach § 16 S. 2 BRAGO Fälligkeit eingetreten. Denn der Rechtszug vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/Main war mit dem Vergleich, der das Verfahren insgesamt abschloss, am 07. November 2001 beendet. Damit wurde die Vergütung der Klägerin fällig.

b.

Die Verjährung des Honoraranspruchs der Klägerin begann gemäß § 201 BGB a.F. mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vergütung fällig geworden war, somit am 01. Januar 2002. Die Verjährungsfrist betrug gemäß §§ 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB zwei Jahre. Mithin war mit Ablauf des 31. Dezember 2003 Verjährung eingetreten.

c.

Verjährungsunterbrechende Maßnahmen der Klägerin in unverjährter Zeit sind nicht schlüssig dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich.

aa.

Der undatierte Antrag der Klägerin auf Kostenfestsetzung gemäß § 19 BRAGO, der nach ihrem Vorbringen unter dem 31. Dezember 2004 gestellt worden war, vermochte die bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2003 eingetretene Verjährung nicht mehr zu hemmen (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. i.V.m. § 19 Abs. 7 BRAGO).

bb.

Soweit die Klägerin behauptet, sie habe mit dem vormaligen Geschäftsführer der Beklagten schon vor Beginn des ersten Mandats eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die Anwaltsvergütung erst nach Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens fällig sein solle, führt auch dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat schließt sich auch insoweit den Erwägungen des Landgerichts an.

Die Unschlüssigkeit des Klagevorbringens folgt noch aus einem weiteren Gesichtspunkt: Aufgrund des unstreitigen Vorbringens der Parteien ist nämlich davon auszugehen, dass die Parteien, sofern sie eine solche Vereinbarung tatsächlich getroffen haben, diese - jedenfalls hinsichtlich der Abrechnung des streitgegenständlichen Verfahrens - einvernehmlich aufgehoben haben, indem sie sich durch ihr Verhalten von einer solchen Verabredung gelöst haben.

So hat die Klägerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Landgericht Frankfurt (Az. 3-10 O 109/00) vor einer Kostenfestsetzung (und damit nach ihrem Vorbringen vor Fälligkeit) abgerechnet. Denn diese Rechnungen datieren auf den 08. und 20. Dezember 2000, während der Kostenfestsetzungsantrag gemäß §§ 103 ff. ZPO erst am 20. Februar 2001 gestellt wurde. In der Übersendung dieser Abrechnungen liegt das konkludente Angebot, jedenfalls für diesen Rechtsstreit die behauptete Fälligkeitsvereinbarung aufzuheben. Dieses Angebot hat die Beklagte angenommen, denn sie hat unstreitig die Rechnungen der Klägerin mit Überweisungen vom 20. Dezember 2000 und 03. Januar 2001 bezahlt.

Auch nach Abschluss des Berufungsverfahrens mit dem Vergleichsschluss am 07. November 2001 hat die Klägerin ihre Honorarforderung vor einer Kostenfestsetzung abgerechnet. Sie hat der Beklagten unter dem 16. November 2001 neben dem Sitzungsprotokoll und der Empfehlung, den Vergleichsbetrag zeitnah an den Gegner zu zahlen auch die Honorarabrechnung übersandt. Diese ist zwar undatiert, stammt nach dem Vorbringen der Klägerin jedoch vom 16. November 2001 und wurde somit von der Klägerin unmittelbar nach dem Eintritt der Fälligkeit und vor dem Abschluss eines Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht.

Diese Abrechnungsweise in beiden Instanzen ergeben indes vor dem Hintergrund einer angeblichen Vereinbarung über ein Hinausschieben der Fälligkeit keinen Sinn. Sie lassen den Vortrag der Klägerin als unschlüssig erscheinen.

Darüber hinaus ist es rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Klägerin auf die Fälligkeitsvereinbarung beruft, da sie selbst durch ihr Verhalten dagegen verstoßen hat (§ 242 BGB "venire contra factum proprium").

cc.

Die Meinung der Klägerin, die "Kostenentscheidung" des Vergleichs sei fehlerhaft gewesen, weshalb eine Abrechnung nicht habe erfolgen können, ist rechtsirrig. Das - im übrigen unter dem 14. Januar 2002 berichtigte - Protokoll war nicht Grundlage der Kosten, die die Klägerin von der Beklagten aufgrund des Anwaltsdienstvertrages fordern konnte. Denn diese Kosten entstanden unabhängig von der im Berufungsrechtszug vergleichsweise getroffenen Vereinbarung der Prozessparteien. Sie richteten sich allein nach den verwirklichten Gebührentatbeständen der BRAGO. Dazu gehörte gemäß § 23 BRAGO a.F. der Vergleichsabschluss ohne Rücksicht auf die nachträglich berichtigte Protokollierung. Die Einigung der Parteien wurde durch die fehlerhafte Kostenvereinbarung ("1/4 zu 4/5") nicht berührt ("falsa demonstratio non nocet" Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 133 Rn. 8).

2.

Der Widerklage hat das Landgericht ebenfalls zu Recht stattgegeben, weshalb die Berufung der Klägerin auch insoweit unbegründet ist.

Das Landgericht hat im Tatbestand und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils als unstreitig festgehalten, dass die Beklagte die Prozessgebühr über EUR 2.156,88 zwei Mal bezahlt hat. Damit war eine Überzahlung eingetreten, die den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch der Beklagten aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB begründet. An diese Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden; denn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen nicht.

Die Klägerin hat in der Klageschrift selbst dargelegt, dass die Beklagte auf die Prozessgebühr des erstinstanzlichen Verfahrens EUR 2.156,88 gezahlt habe, die sie mit der (nicht vorliegenden) Rechnung Nr. 0401277 vom 19. März 2003 geltend gemacht habe. Zu diesem Vorbringen hat die Beklagte in der Klageerwiderung vom 26. Juni 2006 - unwidersprochen - dargelegt, dass die erstinstanzlichen Kosten von ihr vollständig gezahlt wurden. Dies stellte die Klägerin im Schriftsatz vom 26. September 2006 ausdrücklich als unstreitig hin. Darüber hinaus hat die Beklagte sich das Vorbringen der Klägerin zu der Rechnung Nr. 0401277 vom 19. März 2003 ausdrücklich zu eigen gemacht, dass eine Zahlung auf die mit dieser Rechnung erhobene Prozessgebühr über EUR 2.156,88 erfolgt sei. Diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht entgegengetreten, weshalb das Landgericht es zu Recht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig behandelt hat. Da zudem über diesen Vortrag im Termin vom 5. Oktober 2006 verhandelt worden ist, dürfte sogar ein vorweggenommenes Geständnis nach § 288 ZPO vorliegen (vgl. BGH NJW 2004, 513; NJW 1978,885; Zöller/Greger ZPO, 26. Aufl., § 288 Rn. 3a). Für einen Widerruf im Sinne von § 290 ZPO ist nichts ersichtlich.

Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe lediglich die Prozessgebühr für das Berufungsverfahren gezahlt, weshalb diese auch bei der Abrechnung der zweitinstanzlichen Gebühren berücksichtigt worden sei, wird dies als unstreitig und zutreffend unterstellt. Die in Anrechnung gebrachte Zahlung für das Berufungsverfahren betrug jedoch EUR 1.908,89 = DM 3.733,46. Dies lässt sich schon betragsmäßig nicht mit der von der Klägerin eingeräumten Zahlung der Prozessgebühr für das erstinstanzliche Verfahren von EUR 2.156,88 = DM 4.218,49 in Übereinstimmung bringen.

Auch die Abrechnung der Klägerin in der Klageschrift stützt das Vorbringen der Beklagten. Denn dort hat die Klägerin drei Gebühren nach §§ 11, 31 BRAGO in ihre Abrechnung eingestellt. Abgesehen davon, dass für das erstinstanzliche Verfahren 13/10-Gebühren nicht angefallen sein können, hat die Klägerin auch nur zwei Gebühren im ersten Rechtszug verdient, die der Kostenfestsetzungsantrag für dieses Verfahren vom 20. Februar 2002 ausweist und die nach dem unstreitigen Sachverhalt auch ausschließlich angefallen sind.

Im Hinblick auf dieses erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin ist das Landgericht demzufolge zu Recht davon ausgegangen, dass die zweifache Zahlung der erstinstanzlichen Prozessgebühr durch die Beklagte nicht bestritten wurde. Das nunmehrige Bestreiten in der Berufungsinstanz hat deshalb gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt zu bleiben, ganz abgesehen davon dass das gerichtliche Geständnis dadurch nicht wirksam widerrufen worden ist.

B.

Das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 04. August 2008 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Auf die Ausführungen der Klägerin zur angeblichen Absprache mit dem vormaligen Geschäftsführer der Beklagten, die Einrede der Verjährung solle nicht erhoben werden, kommt es aus den unter A. 1. c. bb. genannten Gründen nicht an. Da die Klägerin, wie im Beschluss gleichfalls dargelegt, selbst gegen die behaupteten Vereinbarungen zur Abrechnung der Verfahren verstoßen hat, stellt es sicherlich keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich die Beklagten hinsichtlich noch offener Honorarteilbeträge auf die Einrede der Verjährung berufen. Im Übrigen enthält der Schriftsatz der Klägerin kein weiteres Vorbringen, welches nicht bereits in dem Beschluss vom 12. Juni 2008 behandelt worden wäre bzw. welches hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts relevant wäre. Dies gilt auch für die Ausführungen zur Widerklage.

C.

Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen, war die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO).

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Einer gesonderten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es im Hinblick auf § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht.

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt EUR 7.753,94.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 12.08.2008
Az: I-24 U 139/07


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