Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 51/07
(BPatG: Beschluss v. 17.02.2009, Az.: 33 W (pat) 51/07)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 IR vom 12. Februar 2007 des Deutschen Patentund Markenamts teilweise aufgehoben, soweit der Widerspruch hinsichtlich folgender Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:
Costs analyses, business organization and personnel management; business, commercial and tax management.
Insoweit wird der angegriffenen Marke der Schutz wegen des Widerspruchs aus der Marke 300 14 995 verweigert.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Schutzgewährung der international registrierten Wort-/Bildmarke IR 812 838 für Klasse 16: Paper, cardboard and goods made from these materials; printed matter; newspapers; journals; books; periodicals; calendars; photographs; printers' type; printers' blocks;
Klasse 35: Costs analyses, business organization and personnel management; business, commercial and tax management; publicity and advertising texts; press advertising; marketing research, opinion polling;
Klasse 41: Publication of journalistic texts;
Klasse 42: Legal services, opinions and expertises; ist Widerspruch eingelegt worden aus der farbigen Wort-/Bildmarke 300 14 995 (mit den Farben schwarz und grün)
für Klasse 9: Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger;
Klasse 38: Telekommunikation, internetbezogene Telekommunikationsdienstleistungen (soweit in Klasse 38 enthalten); Zurverfügungstellung eines Internetzuganges;
Klasse 42: Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellung von Computerprogrammen zur Abbildung und Optimierung von Geschäftsprozessen, z. B. in Enterprise-Resource-Planning-Systemen (ERP-Systemen); Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen, insbesondere durch Einsatz von Computerprogrammen zur Datenund Informationsverarbeitung und unter Einbeziehung von neuen Kommunikationstechnologien; zur Verfügungstellung von Speicherplatz auf Internetservern, Bereitstellung von Daten und Datenbanken auf Internetservern, Bereitstellen von Daten zum Download, Abbildung von unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen in Computerprogrammen; Datenübertragung über Internet.
Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat die Markenstelle für Klasse 35 IR durch ein Mitglied des Patentamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, obwohl die Marken in ihren prägenden Wortbestandteilen (klanglich) identisch seien. Es fehle an jeglicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen. Dienstleistungen rund um den Computer und das Internet würden in der Regel nicht von denselben Unternehmen erbracht werden wie die Erstellung von Rechtsgutachten, die Veröffentlichung journalistischer Texte, die Marktund Meinungsforschung, Werbung usw., denn hierzu würden Computerprogramme nur als Hilfsmittel benötigt. Es ergäben sich auch kaum sonstige Berührungspunkte. Andernfalls wäre angesichts der Verbreitung von Computerprogrammen und Internetzugängen die Ähnlichkeit mit anderen Waren und Dienstleistungen uferlos. Im Übrigen würden die speziellen und hochwertigen Dienstleistungen nur unter Anwendung einer gewissen Sorgfalt in Anspruch genommen. Auch Waren wie Papier, Pappe, Druckereierzeugnisse usw. wiesen zu Datenverarbeitungsgeräten, Magnetaufzeichnungsträgern usw. allenfalls eine Warenferne auf. Angesichts dieser Ferne der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen sei sogar bei identischen Marken eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung besteht unter Berücksichtigung der Wechselwirkung der maßgebenden Faktoren die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken. Die Dienstleistungen "cost analyses, business organization, personnel management, tax management" seien insbesondere mit der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen" ähnlich, denn hierzu gehörten insbesondere Kostenanalysen, die Analyse der geschäftlichen Organisation, das Personalmanagement und das Businessund Taxmanagement. Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe also eine erhebliche Warenund Dienstleistungsähnlichkeit, denn zumindest lägen insoweit einander ergänzende Dienstleistungen vor. Außerdem seien die Zeichen nahezu identisch, so dass selbst eine geringere Warenund Dienstleistungsähnlichkeit zur Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreiche.
Beide Marken würden maßgebend durch ihren Bildbestandteil geprägt. Die Bildbestandteile seien hingegen nicht derart gestaltet, dass sie im Gedächtnis der Verkehrskreise als Unterscheidungsmerkmale haften blieben. Insbesondere sei die Markeninhaberin offensichtlich selbst nicht im Stande, dem Bildelement der jüngeren Marke eine eindeutige Beschreibung zuzuschreiben. Zudem sei der Begriff "infor" in keiner Weise beschreibend. Er stehe weder für "Information" noch für "Informationstechnologie" und sei insoweit auch keine gängige Abkürzung. Die Widersprechende bestehe seit 1984 und vertreibe unter der Marke "infor" seit den neunziger Jahren, inzwischen weltweit, ERP-Software an über 2000 Kunden. Zudem habe sie in diesem Zusammenhang mehrere nationale und internationale Marken mit dem Bestandteil "infor" angemeldet, nämlich die Wort-/Bildmarken "infor: business solutions", "infor:com", "infor:LINUX", "infor:NT" und "infor: net solutions".
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der angegriffenen Marke den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu verweigern.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Mangels erkennbarer Dienstleistungsähnlichkeit fehle es an jeglicher Verwechslungsgefahr. Wenn überhaupt, würden die EDV-und internetbezogenen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke nur als Hilfsmittel für die Erbringung der Dienstleistungen der angegriffenen Marke gebraucht, was jedoch den Verkehr nicht veranlasse, eine gemeinsame betriebliche Herkunft der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen anzunehmen. Dies bestätigten auch verschiedene Entscheidungen des Bundespatentgerichts und des Harmonisierungsamts. Zweck, Eigenschaft und nötige Kompetenzen seien für diese Dienstleistungen jeweils so unterschiedlich, dass sie nicht in Wettbewerb zueinander stünden, nicht substituierbar seien und der ausschließlich angesprochene gewerbliche Fachverkehr nicht auf gemeinsame Herkunftsstätten schließe. Während die Dienstleistungen der angegriffenen Marke ein schöpferisches Moment enthielten, nämlich die Analyse zur Entwicklung neuer Handlungsstrategien, zielten die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke eher auf die Darstellung und Optimierung des Gegebenen mit den Mitteln der Software ab. Ebenso wie etwa Dienstleistungen eines Architekten mit denen eines Bauhandwerkers oder Herstellers von Baumaterialien nicht ähnlich seien, bestünden auch zwischen den analytischen, betriebswirtschaftlichen und rechtlich beratenden sowie managementbezogenen Dienstleistungen der Markeninhaberin einerseits und der Softwareerstellung der Widersprechenden andererseits keine ausreichenden Berührungspunkte, um von einer entfernten Ähnlichkeit auszugehen. EDV-Dienstleistungen hätten insoweit lediglich eine arbeitende Funktion und dienten allenfalls als "Mittel zum Zweck".
Insbesondere sei auch die "Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen" der Widerspruchsmarke keine unternehmensberatende, kreative Tätigkeit, sondern ziele ausweislich ihrer Klasseneinteilung sowie ihrer Spezifizierung mit dem Zusatz "insbesondere durch Einsatz von Computerprogrammen zur Datenund Informationsverarbeitung" auf eine softwarebasierende Optimierung ab, also lediglich auf die effizientere Ausführung der vorgefundenen Abläufe bzw. zur Ausführung der vorgeschalteten betriebswirtschaftlichen, Kostenund Managemententscheidungen. Auch insoweit seien die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke allenfalls Hilfsmittel.
Auch wenn die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Faktoren zu beurteilen sei, so müsse jeder dieser Faktoren wenigstens in einem geringen Maße gegeben seien. Fehle es an einem Faktor völlig, wie hier an der Warenund Dienstleistungsähnlichkeit, so sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, ohne dass es noch auf den Grad der anderen beiden Faktoren ankomme. Hier liege eine absolute Unähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen vor, die nicht durch eine Zeichenidentität oder eine etwaige Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgeglichen werden könne.
Zudem sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Hinblick auf die Anlehnung der Widerspruchsmarke an den im Telekommunikationsund Computerbereich glatt beschreibenden Begriff "Information" nur schwach. Die Abkürzung "INFOR" sei außerdem verbraucht. Die Markeninhaberin verweist hierzu auf verschiedene Zurückweisungsund Widerspruchsentscheidungen des Deutschen Patentund Markenamts und des Harmonisierungsamts. Der Verkehr werde sich bei der Widerspruchsmarke daher in erster Linie an den willkürlich gewählten Bildund Farbelementen orientieren. Auf diese Elemente sei der Schutzbereich der Widerspruchsmarke beschränkt.
Soweit die Widersprechende dahingehend argumentiere, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch Benutzung gesteigert sei, habe sie abgesehen von bloßen Behauptungen hierzu nichts glaubhaft vorgetragen. Insbesondere habe die Widersprechende keine Umsätze und keine detaillierte Aufstellung darüber angegeben, für welche Waren und Dienstleistungen die Widerspruchsmarke wo und in welchem Maße benutzt werde. Die bloße Behauptung könne ohne hinreichende Glaubhaftmachung nicht ausreichen. Zudem sei es nicht klar, welcher Anteil der angeblichen wirtschaftlichen Tätigkeit auf die Widerspruchsmarke und nicht vielmehr auf die von der Widersprechenden genannten anderen "infor" -Marken entfielen. Im Übrigen fehle auch jeder Nachweis dafür, dass die anderen Marken überhaupt benutzt würden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könne daher auch nicht von einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ausgegangen werden. Selbst wenn man von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgehe, fehle es angesichts der abweichenden Bildelemente und der absoluten Unähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen an einer Verwechslungsgefahr.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. Hinsichtlich der unter Ziff. 1. des Entscheidungsausspruchs genannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke besteht die Gefahr von Verwechslungeni. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2, 107, 114 MarkenG. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH Mitt. 06, 512 -LIFE/THOMSON und jüngst GRUR 08, 343 -BAINBRIDGE/Bridge, Nr. 33 m. w. N.).
a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist normal, allenfalls aber -wovon der Senat zugunsten der Markeninhaberin ausgeht -moderat geschwächt. Zwar kommt im Hinblick auf die Anlehnung an den Begriff "Information" eine gewisse Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke in Betracht. Im Gegensatz zu den Kürzeln "Info" oder "Inform." sowie dem englischen Verb "to inform" ist "infor" jedoch nicht als Fachbzw. Sachabkürzung oder sonstige Sachangabe mit Bezug zu dem Begriff "Information" belegt oder anderweitig in diesem Sinne bekannt. Soweit die Markeninhaberin die Schutzunfähigkeit von "infor" geltend machen will und dazu auf die Entscheidung eines Erstprüfers, in der die Anmeldung "INFOR-MED" wegen einer "Wesensgleichheit" mit dem hier nicht interessierenden Fachbegriff "Infomed" zurückgewiesen worden ist, sowie auf die Zurücknahme einer Marke "infor:MATION", die das bekannte Wort "Information" nur leicht abgewandelt vollständig wiedergibt, verweist, ist dies für den Beleg der Schutzunfähigkeit oder einer auch nur geschwächten Kennzeichnungskraft völlig unzureichend. Ebenso wenig vermag der Hinweis auf 1729 Treffer zu eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "infor" eine brauchbare Aussage zur angeblichen Verbrauchtheit dieses Worts zu geben. Ausweislich der von der Markeninhaberin vorgelegten ersten Trefferseite eines Datenbankauszugs sind in dieser Zahl Marken mit berücksichtigt, die Worte wie z. B. "INFORUM"; "Informationstechnik; "Informationsund Daten-Systeme", "INFORMATION" usw. enthalten, und damit das hier relevante Markenwort "infor" gar nicht als solches wiedergeben bzw. als selbständiges Teilwort erkennen lassen. Somit handelt es sich beim übereinstimmenden Markenbestandteil "infor" bzw. "INFOR" jedenfalls nicht um einen besonders schwachen oder gar völlig schutzunfähigen Bestandteil.
Umgekehrt bestehen auch für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine zureichenden Anhaltspunkte. Soweit die Widersprechende hierzu Tatsachen vorgetragen hat, sind sie von der Markeninhaberin im Verfahren vor der Markenstelle ausdrücklich und im Beschwerdeverfahren nochmals sinngemäß bestritten worden. Da auch keine Gerichtsbekanntheit einer intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke vorliegt, ist diese somit nicht liquide. Nach alledem neigt der Senat zur Zuerkennung einer normalen Kennzeichnungskraft, geht allerdings zugunsten der Markeninhaberin, was hier nicht entscheidungserheblich ist, im Folgenden von einer (moderaten) Kennzeichnungsschwäche aus.
b) Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen liegen hinsichtlich der von der Löschungsanordnung betroffenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Identitäts-, zumindest aber im Bereich einer engeren Ähnlichkeit. Denn die für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistungen "Costs analyses, business organization and personnel management; business, commercial and tax management", also Kostenanalyse, Unternehmensorganisation und Personalmanagement; Unternehmens-, Geschäftsund Steuermanagement, überschneiden sich offensichtlich mit der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen, insbesondere durch Einsatz von Computerprogrammen zur Datenund Informationsverarbeitung unter Einbeziehung von neuen Kommunikationstechnologien". Dieser Dienstleistungsbegriff umfasst nach seinem nicht eingeschränkten Wortlaut auch betriebswirtschaftlichunternehmerische Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen. Damit ist er teilidentisch, zumindest jedenfalls hochgradig ähnlich zu den o. g. Dienstleistungen der jüngeren Marke, da die beiderseitigen Dienstleistungen jeweils eine Analyse und Erfassung unternehmerischer Kosten und betrieblicher Organisation und Abläufe (einschließlich solche mit Bezug zu Steuern oder Personal) mit umfassen und sich damit auch nach ihrem Zweck (Verbesserung der Unternehmenseffizienz) und der Qualifikation ihres Erbringers entsprechen. Insoweit ist von einer (Teil-)Identität, jedenfalls aber von einer hochgradigen Ähnlichkeit dieser Dienstleistungen auszugehen.
Im Gegensatz zur Auffassung der Markeninhaberin kann der für die Widerspruchsmarke eingetragene Dienstleistungsbegriff "Beratung zur Optimierung von Geschäftsabläufen, insbesondere ... " nicht wegen seiner Klassifizierung nach Klasse 42 und seiner benachbarten technischen Dienstleistungsbegriffe sachlich eingegrenzt werden, etwa im Sinne einer technischen bzw. EDV-Beratung. Denn der fragliche Dienstleistungsbegriff ist weder wörtlich eingegrenzt, da er nur durch die Formulierung "..., insbesondere ..." konkretisiert wird, noch ist er im Hinblick auf eine Dienstleistungsklasse inhaltlich begrenzt (kein Zusatz "..., soweit in Klasse 42 enthalten"). Selbst wenn er im Anmeldeverfahren entgegen den gebührenrechtlichen Vorschriften über die Erhebung von Klassengebühren nicht nach der Art der Beratung spezifiziert worden sein sollte ("organisatorische Beratung" = Klasse 35; "finanzielle Beratung" = Klasse 36 und/oder "technische Beratung" = Klasse 42), so könnte ein solcher Fehler nach der Eintragung der Widerspruchsmarke nicht mehr zu Lasten ihres durch den Wortlaut des Dienstleistungsverzeichnisses definierten Schutzbereichs gehen. Der Grundsatz der Bindung an die Markeneintragung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 41, Rdn. 4) verlangt, dass das Patentamt oder -gericht im Kollisionsverfahren bei der gebotenen förmlichregisterrechtlichen Betrachtung keine mit dem Wortlaut der Dienstleistungsbezeichnung nicht zu vereinbarende sachliche Begrenzung vornehmen darf.
c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.
Zwar wenden sich die im Identitätsbzw. Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen an spezielle Verkehrskreise (Unternehmensmanager, Geschäftsführer, Unternehmensberater, Vermittler von Managern usw.), die den spezialisierten und regelmäßig hochwertigen Dienstleistungen samt deren Kennzeichnungen mit besonderer Aufmerksamkeit begegnen. Dennoch liegt eine derart hohe Ähnlichkeit der Marken vor, dass eine Verwechslungsgefahr festzustellen ist.
Beide Marken werden nach ihrem klanglichen Gesamteindruck durch den Wortbestandteil "INFOR" geprägt. Dies würde auch dann gelten, wenn ihm eine gewisse Kennzeichnungsschwäche anhaften würde, wovon der Senat zugunsten der Markeninhaberin ausgeht (s. o.). Denn angesichts des nicht kurz und eindeutig zu benennenden Bildbestandteils der angegriffenen Marke, erst recht im Hinblick auf das nur aus einem grünen Doppelpunkt bestehende Bildelement der Widerspruchsmarke ist damit zu rechnen, dass beide Marken im mündlichen Verkehr weitgehend nur mit "infor" benannt werden. Somit hat der Wortbestandteil eine den klanglichen Gesamteindruck beider Marken alleinprägende Stellung.
Auch in schriftbildlicher Hinsicht stehen die Wortbestandteile noch weitgehend im Vordergrund, während die nur werbeüblichen Grafiken entsprechenden Bildelemente kaum in der Erinnerung haften bleiben.
Selbst wenn man zugunsten der Markeninhaberin davon ausgeht, dass ein etwaiger, auf den beschreibenden Begriff "Information" hinweisender Sinngehalt in der (schutzfähigen) Abwandlung "infor" aus Rechtsgründen nicht als begriffliche weitere Übereinstimmung berücksichtigt werden darf, so muss angesichts der klanglichen und schriftbildlichen Annäherungen dennoch eine (teilweise) Verwechslungsgefahr festgestellt werden.
Der angefochtene Beschluss war damit teilweise aufzuheben und der angegriffenen Marke insoweit der Schutz zu versagen.
2. Hinsichtlich der nicht in der Löschungsanordnung aufgeführten Dienstleistungen der angegriffenen Marke kann schon mangels jeglicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden.
Es ist nicht ersichtlich, ob und welche wirtschaftlichen Berührungspunkte die für die jüngere Marke eingetragenen Papierwaren, Druckereierzeugnisse Druckhilfsmittel, Veröffentlichung journalistischer Texte und Rechtsdienstleistungen mit den EDV-und telekommunikationsbezogenen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke haben sollen. Hierfür hat die Widersprechende auch nichts vorgetragen. Insoweit war die Beschwerde teilweise zurückzuweisen.
Bender Knoll Kätker Cl
BPatG:
Beschluss v. 17.02.2009
Az: 33 W (pat) 51/07
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