Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 20. Oktober 2005
Aktenzeichen: I-19 W 11/04 AktE
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 20.10.2005, Az.: I-19 W 11/04 AktE)
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 22.09.2004 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Te-nor des angefochtenen Beschlusses zum Zinsausspruch dahinge-hend ergänzt wird, dass die bare Zuzahlung von 18,21 EUR pro Stamm- und Vorzugsaktie ab dem 01.12.2000 bis zum 11.04.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszins und seit dem 12.04.2002 mit 2 % über dem Basiszins des § 247 BGB zu verzinsen ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außerge-richtlichen Kosten der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin, die auch die Vergütung und die Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre zu tragen hat.
Der Beschwerdewert wird auf 200.000,00 EURO festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller waren Aktionäre der ... ... ... ... (im folgenden ... ...). Diese wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 21.06.2000, dem ihre Hauptversammlung am 18.08.2000 zugestimmt hatte, auf die ...... AG (im folgenden .... - ....) verschmolzen. Die Verschmelzung wurde in die Handelsregister der übertragenden Gesellschaft am 24.10.2000 und der übernehmenden Gesellschaft am 30.10.2000 eingetragen. Sie wurde am 30.11.2000 für die ... ... und am 24.11.2000 für die .... - .... im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Den durch die Verschmelzung ausscheidenden Aktionären der ... ........ AG wurden für je eine auf den Namen lautende Aktie Lit. A (Stammaktie) und Lit. B (Vorzugsaktie) der ... ........ AG im Nennbetrag von 50 DM eine auf den Namen lautende Stückaktie der ..... ... ........ AG ohne Vinkulierung mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von 50 DM je Aktie und Gewinnberechtigung ab dem 01.01.2000 gewährt.
Die Antragsteller haben die gerichtliche Bestimmung eines Ausgleichs durch bare Zuzahlung mit der Begründung beantragt, das in dem Verschmelzungsvertrag vom 21.06.2000 ermittelte Umtauschverhältnis der Aktien sei unangemessen. Die Antragsteller haben hierzu vorgetragen, die Herleitung der Unternehmenswerte sei nicht plausibel. Anhand wichtiger Kennzahlen sogenannter Bestands- und Stromgrößen (Kapitalanlagen, Eigenkapital, Versicherungsbestand, Bruttobeträge, Beträge insgesamt usw.) ergebe sich ein günstigeres Umtauschverhältnis von etwa 16 % zugunsten der Aktionäre der ... ....
Die Antragsteller haben beantragt,
gemäß § 15 UmwG einen Ausgleich durch bare Zuzahlung für die Aktionäre der ... ........ AG festzusetzen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Landgericht hat zu der Frage der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft .....+..... Mit Beschluss vom 22.09.2004 hat das Landgericht für jede Stammaktie und Vorzugsaktie der ... ........ AG im Nennwert von 50 DM eine bare Zuzahlung in Höhe von 18,21 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, nach dem Inhalt des Gutachtens vom 25.06.2004 sei ein Umtauschverhältnis 1 : 0,95209 angemessen.
Gegen diesen Beschluss richten sich die fristgerecht eingelegten Beschwerden der Antragsteller. Die Antragstellerin zu 1) ist der Ansicht, die Verzinsung der baren Zuzahlung habe am Tag der Hauptversammlung zu beginnen. Weiter sei unwahrscheinlich, dass die Umtauschverhältnisse bis auf einen Betrag von 0,02 DM wertidentisch seien. Eine Überprüfung lasse sich jedoch nur anhand der Arbeitspapiere des Verschmelzungsprüfers nachvollziehen. Der Antragsgegnerin möge auferlegt werden, diese Arbeitspapiere vorzulegen. Erst dann lasse sich "anhand der Analyse der Bewertungsrelevanz der Informationsbeschaffung, des eingesetzten Instrumentariums zur Prognose der künftigen finanziellen Überschüsse, der gewählten Bewertungsmaßstäbe (Annahmen und Berechnungen), der dokumentierten Plausibilitätsüberlegungen und der Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung (AFA 2/1983) der Vorgutachter verlässlich und für die Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar feststellen, ob das Ergebnis der Überprüfung zu einer Neubewertung zwingt bzw. inwieweit die Einwendungen der Antragsteller begründet sind oder nicht". Zu dem Gutachten der Sachverständigen .....+.... könne nicht Stellung genommen werden, da die auf Seite 2, vorletzter Absatz des Gutachtens konstruierten Kautelen nicht erfüllt seien. Der Unterzeichner der Beschwerdeschrift sei nicht Minderheitsaktionär, sondern Verfahrensbevollmächtigter eines Minderheitsaktionärs.
Der Antragsteller zu 2) ist der Ansicht, die bare Zuzahlung sei unzureichend, da die Zuführungsquote zur Rückstellung für Beitragserstattungen bei der ... ........ mit 95 % höher angesetzt worden sei als bei der Antragsgegnerin, bei der nur 94 % zum Ansatz gekommen seien. Diese Ungleichbehandlung zum Nachteil der ehemaligen Xxxxx-Aktionäre sei zu korrigieren. Im übrigen sieht der Antragsteller zu 2) keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verschmelzungsrelation korrigiert werden müsse. Jedoch sei die bare Zuzahlung zu niedrig bemessen, weil auch der gerichtliche Sachverständige bei beiden Verschmelzungspartnern von überhöhten Kalkulationszinsfüßen ausgegangen sei, die zu einer gleichmäßigen Unterbewertung der Verschmelzungspartner geführt hätten. Werde diese Unterbewertung korrigiert, so nehme auch der absolute Betrag der Zuzahlung entsprechend zu.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die unterschiedliche Zuführungsquote für den Zeitraum bis 2039 zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) sei aufgrund der unterschiedlichen Ausgangspositionen beider Gesellschaften sachgerecht. Hierzu verweist sie auf die Entwicklung der Überschussbeteiligung in den Jahren vor der Verschmelzung der beiden Gesellschaften. Diese Daten zeigten, dass die ..... ... ........ AG in der Vergangenheit aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung ihres Geschäfts deutlich niedrigere Überschussbeteiligungen aufgewiesen habe. Die Differenz habe in den letzten Jahren im Durchschnitt bei über 3 % gelegen. Hinzu komme, dass die freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung bei der ..... ... ........ mit 3,5 % der mathematischen Reserven im Verhältnis deutlich höher gelegen habe als bei der ... ........ mit 2,47 %. Ausgehend von diesen Unterschieden sei die Differenz in den Zukunftsjahren auf ca. 1 % zugunsten der Aktionäre der ... ... reduziert worden.
Die gerichtlichen Gutachter hätten die Angemessenheit des Basiszinses und des Risikozuschlags bestätigt. Die Kapitalanlageergebnisse seien in Anlehnung an die erwartete Zinsentwicklung geplant worden, eine Reduzierung des Basiszinssatzes würde also auch zu einer Reduzierung der Kapitalanlageergebnisse führen. Im übrigen hält die Antragsgegnerin den Ansatz eines Wachstumsabschlags durch den gerichtlichen Sachverständigen für unangemessen. Jedenfalls bestehe für eine noch weitergehende Reduzierung des Kapitalisierungszinssatzes keine Veranlassung.
Die deutlich höhere Bewertung der Antragsgegnerin bei dem Squeeze-Out im Jahr 2002 beruhe im wesentlichen auf der veränderten steuerlichen Situation, da für die Zukunft praktisch überhaupt keine steuerliche Belastung mehr unterstellt werde, sowie auf einer bei Abschluss der Bewertungsarbeiten angenommenen außerordentlich günstigen Entwicklung der Kapitalmärkte. Beide Annahmen hätten sich zwischenzeitlich als Trugschluss erwiesen.
Der Umstand, dass die Unternehmenswerte je Aktie bei der ... ... und bei der ..... ... ... nahezu identisch bei knapp unter 700 DM gelegen hätten, beruhe auf einer entsprechenden Festlegung der Kapitalerhöhung bei der ..... ... ....
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller sind gemäß §§ 309 Abs. 1, 307 Abs. 1 UmwG a.F., 22 FGG zulässig, da sie frist- und formgerecht eingelegt wurden. Da die Beschwerden nach dem 01.09.2003 eingelegt worden sind, finden die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes auf das vorliegende Beschwerdeverfahren Anwendung. Die sofortigen Beschwerden haben aber in der Sache bis auf eine Ergänzung des Zinsausspruchs keinen Erfolg.
1.
Den Antragstellern ist zuzugeben, dass die ihnen von dem Landgericht zugesprochene bare Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 2 UmwG nicht nur mit 2 %, sondern ab dem 01.12.2000 bis zum 11.04.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszins und seit dem 12.04.2002 mit 2 % über dem Basiszins des § 247 BGB zu verzinsen ist. Da das Landgericht in der Begründung des Anspruchs auf eine bare Zuzahlung auf die genannte Vorschrift abstellt, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, das gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen ist.
Der Beschluss des Landgerichts war insoweit zu ergänzen, als nach §§ 208, 30 Abs.1 S.2, § 15 Abs.2 UmwG die Barabfindung nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung des Formwechsels nach § 201 S.2 UmwG bekannt gemacht gilt, mit jährlich 2% über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen. Diese Vorschrift ist mit Art. 5 der Verordnung über die Ersetzung von Zinssätzen vom 05.04.2002 (BGBl I, S.1250) geändert worden. Die bare Zuzahlung ist ab 12.04.2002 mit 2% über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen. Bei der vorliegenden Entscheidung ist die Änderung zu berücksichtigen.
Den Beginn der Verzinsung hat das Landgericht richtig auf den 01.12.2000 festgelegt.
Gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 UmwG ist die bare Zuzahlung nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 UmwG als bekannt gemacht gilt, zu verzinsen. § 19 Abs. 3 UmwG sieht die Bekanntmachung durch den Bundesanzeiger und mindestens ein anderes Blatt vor. Die zweite Veröffentlichung erfolgte in dem Bundesanzeiger vom 30.11.2000. Mit Ablauf dieses Tages gilt die Bekanntmachung als erfolgt.
Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 S. 1 UmwG, wonach die Verzinsung nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Hauptversammlung beginnt, sondern erst mit der Bekanntmachung der Eintragung, ist verfassungskonform, weil die Vorschrift des § 15 Abs. 2 S. 2 UmwG ausdrücklich die Möglichkeit der Geltendmachung eines weiteren Schadens vorsieht. Ein solcher Schaden, der im übrigen mit der Leistungsklage zu verfolgen wäre (vgl. Lutter UmwG, 2. Aufl., § 15 RdNr. 8 ), ist von den Antragstellern nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
2.
Die von dem Landgericht gemäß § 15 Abs. 1 UmwG festgesetzte Zuzahlung ist richtig berechnet. Die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken sind nicht geeignet, das von der gerichtlichen Sachverständigen als sachgerecht und angemessen beurteilte Umtauschverhältnis in Zweifel zu ziehen.
a)
Das Umtauschverhältnis ist nur dann unangemessen, wenn die hingegebenen Aktien der übertragenen Gesellschaft nicht den gleichen Wert haben wie die dafür von der übernehmenden Gesellschaft dem außenstehenden Aktionär unter Hinzurechnung der baren Zuzahlung angebotenen Aktien. Mit der Feststellung des Umtauschverhältnisses soll die wirtschaftliche Identität der Anteilsinhaberschaft zwischen übertragener und übernehmender Gesellschaft sichergestellt werden (Dehner, UmwG, 2. Aufl. 1996, § 15 Rdnr. 5; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 15 Rdnr. 1). Zur Bestimmung des Umtauschverhältnisses ist die sogenannte Verschmelzungswertrelation festzustellen. Hierfür ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich. Der Wert des Unternehmens bestimmt sich maßgeblich danach, wie der Wert der Gesellschaft ohne den Abschluss des Unternehmensvertrags zu beurteilen wäre. Der nach diesen Grundsätzen ermittelte Wert stellt die angemessene Abfindung dar, weil der ausscheidende Aktionär die Summe erhalten muss, die dem Wert seiner Beteiligung an dem Unternehmen voll entspricht. Nur die volle Abfindung ist angemessen und wird der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gerecht (BVerfGE 14, 263, 284; BGHZ 71, 40, 51; BayObLG, WM 1996, 526, 528; Senat, AG 1990, 397; Senat, NZG 2004, 429; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz - Koppensteiner, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 27; Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 305 Rdnr. 18).
Bei der Bewertung des Umtauschverhältnisses sind die gerichtlichen Sachverständigen zutreffend von der Ertragswertmethode ausgegangen und haben fiktiv darauf abgestellt, wie sich beide Unternehmen entwickelt hätten, wenn sie als selbständige Einheiten fortgeführt worden wären. Die Ertragswertmethode ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt (OLG Zweibrücken, WM 1995, 980, 981; Hüffer, a.a.O., § 305 Rdnr. 19; Stellungnahme HFA 2/1983, WpG 1983, 468; Seetzen, WM 1994, 46, 48). Bei der Unternehmensbewertung ist primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Gegebenenfalls ist das Ergebnis um die gesonderte Bewertung von Beteiligungen und von sogenanntem nicht betriebsnotwendigem Vermögen, das regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt wird, zu ergänzen. Das Ergebnis der Prognose ist mit einem an der Rendite des öffentlichen Kapitalmarktes orientierten Kalkulationszinsfuß zu kapitalisieren (BGH NJW 1982, 2441; BGH NJW 1985, 192, 193; Senat, ZIP 1988, 1555, 1556; Senat, WM 1990, 1282, 1286; Senat, AG 1992, 200, 203).
Die .... - .... AG verfügte über Einlagen bei Kreditinstituten und andere Geldforderungen, die nach der Bestandsübertragung von der .... - ......... nicht mehr betriebsnotwendig sind und von den Sachverständigen deshalb mit dem Nennwert in Höhe von TDM 4.697 unter Aufzinsung auf den Bewertungsstichtag dem Wert des Versicherungsbestands der .... - .... hinzu gerechnet worden sind.
Unberücksichtigt bleiben konnte die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Einziehung des Börsenwertes in die Unternehmensbewertung, weil keines der bewerteten Unternehmen börsennotiert war.
Die einzelnen Angriffe der Antragsteller gegen die Bewertung des verschmolzenen Unternehmens führen nicht zu einer anderen Festsetzung des Umtauschverhältnisses. Der Senat war nicht gehalten, ein ergänzendes Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 25.06.2004 einzuholen. Dies wäre nur dann erforderlich, wenn die Einwendungen gegen das Gutachten schlüssig wären. Daran fehlt es.
b)
Zu den Angriffen der Antragsteller gegen die Bewertung der verschmolzenen Unternehmen im einzelnen:
(1)
Der Beschwerdeführer zu 1) rügt, dass die gerichtlich bestellten Sachverständigen die Zuführungsquote zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) bei der ... ... bis zum Jahr 2039 auf 95 % und ab diesem Zeitpunkt auf 94 % bestimmt haben, bei der ..... ... ... hingegen durchweg auf 94 %.
Dieser pauschale Einwand überzeugt nicht. Die Festsetzung der unterschiedlichen Zuführungsquoten ist sachlich begründet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt. Die gerichtlichen Sachverständigen haben die von ihnen angewandte Bewertungsmethode eingehend und nachvollziehbar dargestellt und diese Methode bei der Bewertung der verschmolzenen Unternehmen zutreffend angewandt.
Die Zuführungsquote beschreibt den Prozentsatz des Rohüberschusses vor Steuern, der in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) eingestellt wird und deshalb den Aktionären nicht zur Verfügung steht. Die Zuführung zur RfB wird von dem Management unter Beachtung gesetzlicher Vorschriften, der Gewinnbeteiligung an die Versicherungsnehmer und der individuellen Risikosituation des Unternehmens (inklusive Sollvabilitätsbetrachtung) festgelegt. Eine untere Schranke findet sich in der Regelung des § 81 c Abs. 3 Satz 1 VAG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung der ......... (ZR-Quoten V), die für den Neubestand eine Mindestquote zur Zuführung zur RfB in Höhe von 90 % des jährlich erzielten Kapitalanlageergebnisses vorsieht. Für den Altbestand gelten vergleichbare Regelungen. Die jedes Jahr zugeführten Beiträge werden dem Versicherungsnehmer nicht sofort, sondern zeitlich versetzt in den folgenden Perioden zugeschrieben. Deshalb wird jedes Jahr ein Teil der RfB, die sogenannte Festlegungsschicht, für die Ausschüttung an die Versicherungsnehmer im folgenden Jahr deklariert. Der nicht durch die Gewinnbeteiligung gebundene Teil der RfB wird als freie RfB bezeichnet und dient dem Unternehmen als Reserve zum Ausgleich von Schwankungen im Überschuss. Um den Besonderheiten der .........sunternehmen mit lang laufenden Verträgen Rechnung zu tragen, sehen die Sachverständigen grundsätzlich die Verwendung einer 3-Phasen-Methode vor. Die erste Phase sieht dabei den Zeitraum 2000 bis 2002 mit einer detaillierten Planungsrechnung vor, die zweite Phase eine 30-jährige Ertragsprojektion auf Basis des Bestandsablaufs unter Einbezug der zukünftigen Entwicklung des Neugeschäfts. Im Anschluss daran sollte in der dritten Phase ein nachhaltiges Ergebnis für die ewige Rente angesetzt werden. Aufgrund des zeitlichen Verzugs seit dem ersten Bewertungsgutachten und der Verschmelzung der .... - ......... mit dem Deutschen Herold konnten den Sachverständigen neue Hochrechnungen der gewünschten Form nicht zur Verfügung gestellt werden. Deshalb haben sich die Sachverständigen auf die Verwendung einer - ebenfalls zulässigen - 2-Phasen-Methode mit einer detaillierten Planungsrechnung für den Zeitraum 2000 bis 2002 und dem Ansatz eines nachhaltigen Ergebnisses ab dem Jahr 2003 entschieden. Bei der Festsetzung der Quote der Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung bei der ... ... halten die Sachverständigen die Vorgabe des Managements, in den Planungszahlen 2000 bis 2002 eine Quote von 95 % anzusetzen, für zutreffend. Eine statisch komparative Analyse der beiden Gesellschaften hatte gezeigt, dass die freie RfB im Verhältnis zu den mathematischen Reserven bei der ... ... mit 2,47 % geringer als bei der .... - .... mit 3,55 % ausfällt. Aus diesem Grund, so die Sachverständigen, sei durch das Management bei vergleichbarer Gewinnbeteiligung der Gesellschaften ein höherer Prozentsatz mit 95 % bei der Zuführung für angemessen erachtet worden. Dies halten auch die Sachverständigen, deren Prüfungsmaßstab die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge durch freie und unbelastete Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätsspanne gemäß § 53 c VAG ist, für angemessen. Die Sachverständigen ändern die Quote der Zuführung ab dem Jahre 2039 mit der Begründung, aufgrund der höheren Zuführung finde im Laufe der Zeit eine Angleichung der beiden Reservequoten statt, womit sich eine unterschiedliche Zuführungsquote nicht mehr rechtfertigen lasse. Die Sachverständigen haben die Stärkung der Reserve durch die erhöhte Zuführungsquote deshalb modelliert und eine Angleichung der Reservestärke für das Jahr 2039 abgeschätzt und ab dem Jahr 2040 das nachhaltige Ergebnis angesetzt. Es unterscheidet sich von den vorangegangenen Jahren nur bei dem Ansatz der Zuführungsquote von nun 94 % bei ansonsten unveränderten Werten. Bei Ansatz dieser Zuführungsquoten sei die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleistet. Die als Anlage B2 überreichten Seiten aus dem Verschmelzungsbericht belegen im übrigen, dass die .... - .... in der Vergangenheit jeweils deutlich niedrigere Überschussbeteiligungssätze aufwies. Die Differenz lag in den letzten Jahren vor der Verschmelzung im Durchschnitt bei über 3 %.
(2)
Der Antragsteller zu 2) rügt weiter, die bare Zuzahlung sei zu niedrig bemessen, weil der gerichtliche Sachverständige bei beiden Verschmelzungspartnern von überhöhten Kalkulationszinsfüßen ausgegangen sei, was zu einer gleichmäßigen Unterbewertung der beiden Verschmelzungspartner geführt habe.
Auch dieser Einwand greift nicht durch. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben den Ertragswert zutreffend durch Diskontierung der künftigen finanziellen Überschüsse auf den Bewertungsstichtag ermittelt. Sie haben hierzu überzeugend ausgeführt, dass sich hinter der Berechnung des Ertragswertes ein Vergleich zwischen den aus dem Unternehmen den Eigentümern zufließenden Ertragsüberschüssen und einer alternativen Geldverwendungsmöglichkeit verberge. Vergleichsmaßstab sei der Zahlungsstrom, der durch eine Investition in fest verzinsliche Wertpapiere der öffentlichen Hand zum sogenannten landesüblichen Zinsfuß erzielt werden könne. Um die beiden Zahlungen vergleichen zu können, müssten beide Zahlungsströme die gleichen qualitativen Eigenschaften haben, also in ihrer Fristigkeit, Unsicherheit, Verfügbarkeit und Kaufkraft äquivalent sein. Bei der Bestimmung des zu den langfristigen zukünftigen Erträgen aus dem Unternehmen äquivalenten Basiszinssatzes sei einerseits die langfristige durchschnittliche Rendite für Wertpapiere von Emittenten mit bester Bonität zu berücksichtigen, da über alle Hoch- und Niedrigzinsphasen dieser Wert auch künftig erwartet werden könne (landesüblicher Zinsfuß), andererseits sei dem aktuellen Zinsniveau insoweit Rechnung zu tragen, als der Kapitalgeber, der fest verzinsliche Wertpapiere erwerbe, auf die zum aktuellen Zeitpunkt gültige Rendite für einen gewissen Zeitraum festgelegt sei. Die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über neun bis zehn Jahren habe im Zeitraum von 1980 bis August 2000 zwischen 10,8 % und 3,9 % gelegen, der Durchschnitt habe sich zwischen 7,0 % und 7,5 %, im August 2000 bei 5,6 %, bewegt. Vor diesem Hintergrund halten die Sachverständigen nachvollziehbar und überzeugend den Ansatz von 6 % im gemeinsamen Verschmelzungsbericht für angemessen.
Der Senat folgt diesen sorgfältig begründeten und überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen ebenso wie ihrer Herleitung des Risikozuschlags, den die Sachverständigen unter Berücksichtigung von Kapitalmarktdaten nach den Grundsätzen des Capital Asset Pricing Model (CAPM) bemessen. Die Sachverständigen begründen die Höhe der Risikoprämie mit 5 % überzeugend damit, Kapitalmarktuntersuchungen zu langjährigen Betrachtungszeiträumen hätten gezeigt, dass Investitionen in Aktien in der Vergangenheit höhere Renditen erzielt hätten als Anlagen in risikoarmen Gläubigerpapieren. Ausgehend von einer - auch vom Betrachtungszeitraum - abhängigen Bandbreite von 4 % bis 6 % sei im vorliegenden Fall die Risikoprämie mit 5 % angesetzt worden. Es seien keine Anhaltspunkte bekannt, dass Investoren in der Zukunft eine von der Vergangenheit wesentlich abweichende Risikoprämie fordern würden. Die Sachverständigen haben die durchschnittliche Risikoprämie um die besondere Risikostruktur der zu bewertenden Gesellschaften modifiziert. Dazu haben sie den sogenannten Beta-Faktor bestimmt, welcher die relative Kursschwankung einer spezifischen Aktie gegenüber der Gesamtheit der Aktien widerspiegelt. Wesentlicher Anhaltspunkt für die Herleitung des Beta-Faktors sei die Korrelation historischer Renditevolatilitäten börsennotierter Vergleichsunternehmen gegenüber einem Aktienindex. Zur Approximation des Beta-Faktors des zu bewertenden Unternehmensbereiches haben die Sachverständigen die Beta-Faktoren mehrerer vergleichbarer, börsennotierter Unternehmen ermittelt und danach den Ansatz eines Beta-Faktors von 0,3 für angemessen erachtet. Danach haben die Sachverständigen den Risikozuschlag überzeugend auf 1,5 % festgelegt.
Auch insoweit kommt es auf die Ausführungen der Antragsgegnerin zu dem Basiszins und dem Risikozuschlag nicht an. Die Antragsgegnerin weist aber zu Recht darauf hin, dass ein Vergleich mit der Bewertung bei dem Squeeze-Out im Jahr 2002 nicht indiziert, dass die absoluten Werte der ... ... und der .... - .... im Jahr 2000 zu niedrig bestimmt worden sind. Die deutlich höhere Bewertung im Jahr 2002 kann durchaus auf der veränderten steuerlichen Situation beruhen. Die Antragsgegnerin führt insoweit unwidersprochen aus, dass bei der Bewertung im Jahr 2002 für die Zukunft praktisch überhaupt keine steuerliche Belastung mehr unterstellt worden sei. Auch hierzu trägt der Antragsteller zu 2) keine Tatsachen vor, um seinen Einwand der angeblich überhöhten Kalkulationszinsfüße zu begründen.
(3)
Die Antragstellerin zu 1) moniert, die Umtauschverhältnisse seien "so zusammengestrickt worden ..., dass bis auf einen Betrag von 0,02 DM die Aktien beider Unternehmen im Bereich von fast 700 DM wertidentisch" seien. Dies sei "bereits statistisch sehr unwahrscheinlich".
Auch dieser Einwand ist unbegründet. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben den Wert je Aktie à 50 DM bei der ... ... auf 743,25 DM und bei der .... - .... auf 707,65 DM bestimmt und eine entsprechende bare Zuzahlung ermittelt. Tatsachen, wodurch diese Feststellungen, denen der Senat sich anschließt, in Zweifel gezogen werden könnten, trägt die Antragstellerin nicht vor. Im übrigen verweist die Antragsgegnerin auf die Entstehungsgeschichte der .... - ...., die bis Anfang 2000 eine rechtlich unselbständige Niederlassung der Schweizerischen .... - ......... gewesen sei. Das Unternehmen sei Anfang 2000 als Sacheinlage in die .... - .... eingebracht worden. Bei der zu diesem Zweck durchgeführten Kapitalerhöhung sei der Nominalbetrag so festgelegt worden, dass der Wert der .... - .... je 50 DM des erhöhten Grundkapitals der .... - .... dem Wert der ... ..., bezogen auf je 50 DM des Grundkapitals der ... ..., entsprochen habe. Dadurch sei erreicht worden, dass das Umtauschverhältnis bei der anschließenden Verschmelzung auf der Basis der ermittelten Unternehmenswerte 1 : 1 betragen habe. Dies habe der Vereinfachung des Aktienumtauschs gedient. Auch diesem Vortrag tritt die Antragstellerin zu 1) nicht entgegen, insbesondere nicht mit Einwänden, weshalb die Festlegung des Umtauschverhältnisses durch die gerichtlich bestellten Sachverständigen unrichtig sein soll.
3.
Nicht nachzugehen war dem Antrag des Antragstellers zu 2), dem Sachverständigen die Vorlage bestimmter Unterlagen, die Grundlage seines Gutachtens waren, aufzugeben.
Den Verfahrensbeteiligten steht zwar das Recht zu, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen, die dem Gericht vorliegen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie auch verlangen können, ihnen sämtliche Unterlagen zugänglich zu machen, die der Sachverständige bei seiner Begutachtung verwertet hat. Ein Anspruch auf Einsichtnahme besteht dann nicht, wenn das Gericht die Vorlage der Unterlagen nicht für erforderlich hält (Senat, WM 1984, 732, 738). Das Gutachten soll ebenso wie der Verschmelzungsbericht neben den allgemein dem Aktionär zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen und nicht sicherstellen, dass alle Einzelheiten der Berechnung nachvollzogen werden können (vgl. Emmerich/Habersack-Emmerich, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 2. Aufl. 2001, § 193 a RdNr. 17; MüKo AktG-Altmeppen, 2. Aufl. 2000, § 293 a RdNr. 37; Senat, NZG 2003, 588,594; Senat, NZG 2004, 429,430).
Der Vortrag in der Beschwerdebegründung der Antragstellerin zu 1), zu dem Gutachten der Sachverständigen .....+.... könne nicht Stellung genommen werden, da die auf S. 2 des Gutachtens enthaltenen Kautelen zwar für die Antragstellerin zu 2), nicht aber für deren Verfahrensbevollmächtigten erfüllt seien, ist - ohne dass hierauf gesondert hinzuweisen wäre - unrichtig und kann angesichts der allgemein bekannten Stellung eines Verfahrensbevollmächtigten nur so verstanden werden, dass die Antragstellerin zu 1) zu dem Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht im einzelnen Stellung nehmen möchte.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 15 Abs. 2, 4 SpruchG.
Den Geschäftswert hat der Senat für das Beschwerdeverfahren gemäß § 15 Abs. 1 SpruchG auf 200.000 EUR festgesetzt; infolge der Zurückweisung der Anträge ist der Mindestwert maßgeblich.
xxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxxx
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 20.10.2005
Az: I-19 W 11/04 AktE
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