Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 467/99

(BPatG: Beschluss v. 09.08.2000, Az.: 32 W (pat) 467/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die seit dem 10. August 1995 für die Waren und Dienstleistungen

"Belichtete Filme, Tonträger, insbesondere Audiocassetten, CDs und Schallplatten, Videobänder; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Schreibwaren; Lehr und Unterrichtsmaterial, insbesondere in Form von Druckereierzeugnissen und Spielen; Aufkleber, Sticker; Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, Sweatshirts; Schuhwaren; Kopfbedeckungen, insbesondere Schirmmützen; Filmproduktion; Filmvermietung; Filmvorführungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Volksbelustigungen"

eingetragene Wortmarke SALEM ist Widerspruch erhoben aus der seit dem16. Dezember 1988 für

"Ausbildung, Erziehung und Unterricht"

eingetragenen Wortmarke 1 132 188 SCHULE SCHLOSS SALEM und aus SALEM als notorisch bekannter Marke.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat beide Widersprüche zurückgewiesen, weil die - bestrittene - Benutzung der Widerspruchsmarke 1 132 188 nicht ausreichend glaubhaft gemacht und die behauptete Notorietät von SALEM nicht nachgewiesen worden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er ist der Auffassung, daß nicht nur er, wie die eingereichten Unterlagen belegten, sondern ganz allgemein Ausbildungsstätten wie Universitäten und Internate sowie auch staatliche Schulen Druckereierzeugnisse und Bekleidungsstücke verkauften, die die Bezeichnung der Ausbildungsstätte tragen. Deshalb werde jedermann mit SALEM gekennzeichnete Bekleidungsstücke, Druckereierzeugnisse etc, mit der Schule Schloß Salem in Verbindung bringen.

Daneben sei SALEM der Marktführer unter den deutschen Internaten, was dadurch belegt sei, daß in Zeitungsausschnitten von unabhängiger dritter Seite davon gesprochen werde, daß es sich bei dem Internat Salem um eine berühmte Schule handele. Deshalb sei SALEM eine notorisch bekannte Marke.

Der Widersprechende beantragt, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 28. Juli 1999 aufzuheben und die Eintragung der Marke 395 22 359 zu löschen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und die Kosten des patentamtlichen und des Beschwerdeverfahrens dem Widersprechenden aufzuerlegen.

Er ist der Auffassung, daß keine rechtserheblichen beachtlichen Ähnlichkeiten zwischen den für die angegriffene Marke geschützten Waren und Dienstleistungen und "Ausbildung, Erziehung und Unterricht", die für die Widerspruchsmarke 1 132 188 "SCHULE SCHLOSS SALEM" eingetragen seien, bestünden und die Notorietät einer Marke SALEM des Widersprechenden nicht nachgewiesen sei. Da dies ganz offensichtlich der Fall sei, entspreche es der Billigkeit, der Widersprechenden die gesamten Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Widerspruch aus der Marke 1 132 188 SCHULE SCHLOSS SALEM Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Die Gefahr von Verwechslungen ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen fehlt. Der Widersprechende hat die Benutzung seiner eingetragenen Marke "SCHULE SCHLOSS SALEM" für die eingetragenen Dienstleistungen "Ausbildung, Erziehung und Unterricht" in einer Internatsschule durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung in Verbindung mit Rechnungs- und Briefvordrucken glaubhaft gemacht. Diese Dienstleistungen sind jedoch den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke nicht derart ähnlich, daß die beteiligten Verkehrskreise die wechselseitigen Waren und Dienstleistungen bei identischer oder ähnlicher Kennzeichnung demselben Unternehmen zurechnen würden. Zwar mögen Waren nach Art der angegriffenen Marke wie belichtete Filme, Tonträger, Druckereierzeugnisse, Fotografien und Schreibwaren sowie Lehr- und Unterrichtsmaterial im Internat Verwendung finden und etwa auch an Eltern der Schüler und ehemalige Schüler verkauft werden; eine irrtümliche Zuordnung der Waren und Dienstleistungen zu ein und demselben Unternehmen ist jedoch nicht zu befürchten. Es konnte nicht festgestellt werden, daß (Internats)Schulen als Hersteller oder Vertreiber der Waren den Markt in rechtserheblichem Umfang bedienen. Hierbei handelt es sich vielmehr um sogenannte Hilfswaren, die nicht Gegenstand einer eigenständigen gewerblichen Tätigkeit eines Internats sind. Vielmehr dienen sie in erster Linie der Erfüllung der Pflichten gegenüber den Schülern. Sie haben daher bei der Prüfung der Ähnlichkeit im Rahmen von § 9 Abs. 1 MarkenG außer Betracht zu bleiben (vgl. Althammer-Ströbele, MarkenG, 5. Aufl., § 9 Rdn 56). Entsprechendes gilt gegenüber den weiteren im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren, wie Aufkleber, Sticker und Bekleidungsstücke. Auch hier bestehen keine Anhaltspunkte für das regelmäßige gewerbliche Anbieten der Waren durch eine (Internats)Schule. Solche mit Schulabzeichen versehenen Waren mögen die "corporate identity" unter den Schülern fördern und als Werbemittel der Verbreitung der Bekanntheit der Schule dienen. Es dürfte aber dem Träger einer (elitären) Schule wohl kaum daran gelegen sein, jedermann die Gelegenheit zu geben, als Werbeträger aufzutreten. Auch diese Waren sind daher nur Hilfswaren.

Nichts anderes gilt für die Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Filmproduktion; Filmvermietung; Filmvorführungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Volksbelustigungen". Auch hier ist nicht feststellbar, daß diese Dienstleistungen über den eigentlichen Aufgabenbereich von Ausbildung, Erziehung und Unterrichtung hinausgehen und üblicherweise gewerblich angeboten werden. Zwar trifft es zu, daß auch Schulen zB Theaterstücke aufführen, die einem allgemeinen Publikum offenstehen können. Darin liegt aber kein vordergründig kommerzieller Auftritt, sondern eine Darstellung einer erfolgreichen Schulausbildung.

2. Widerspruch aus SALEM als notorisch bekannter Marke Nach § 42 Abs 2 Nr 2 MarkenG kann Widerspruch auch aus einer notorisch bekannten Marke erhoben werden, sofern diese Eigenschaft amtsbekannt oder nachgewiesen ist. Das ist hier nicht der Fall.

3. Kosten Der Antrag der Markeninhaberin, dem Widersprechenden die Kosten des patentamtlichen und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, war zurückzuweisen.

a) Kosten des Beschwerdeverfahrens Nach § 71 MarkenG kann das Patentgericht unter anderem bestimmen, daß die einem Beteiligten erwachsenen Kosten dem Gegner zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

Grundsätzlich hat im Markenbeschwerdeverfahren jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Das bloße Unterliegen eines der Beteiligten in der Sache rechtfertigt allein die Kostenauferlegung nicht (vgl Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 71 Rdn 12). Billigkeitsgesichtspunkte, die eine ausnahmsweise andere Kostenregelung rechtfertigen könnten, hat weder der Markeninhaber vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Vor dem Hintergrund der sehr ähnlichen Marken(worte) kann es dem Widersprechenden nicht als Verstoß gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten angelastet werden, daß er die wechselseitigen Waren und Dienstleistungen als ähnlich betrachtet hat. Seine Beschwerde war damit nicht ohne weiteres erkennbar aussichtslos oder von ersichtlich verfahrensfremden Zielen geleitet, so daß es beim Grundsatz, der jeweils eigenen Kostentragung verbleibt.

b) Kosten des patentamtlichen Verfahrens Ob der Antrag, dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt aufzuerlegen, als Anschlußbeschwerde gegen die Nichtauferlegung von Kosten durch das Deutsche Patent- und Markenamt zulässig ist, kann dahinstehen, denn der Antrag wäre aus den Gründen zu 3a) nicht begründet, da auch hierfür die Billigkeit für eine solche Entscheidung erforderlich wäre (§ 63 Abs. 1 MarkenG).

Winkler Dr. Fuchs-Wissemann Sekretaruk Mü/prö






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Beschluss v. 09.08.2000
Az: 32 W (pat) 467/99


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