Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Februar 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 128/99
(BPatG: Beschluss v. 01.02.2000, Az.: 24 W (pat) 128/99)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 20. September 1996 veröffentlichte Eintragung der Marke 396 02 756 Suntuinmit einem ua die Waren
"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare"
umfassenden Warenverzeichnis ist beschränkt auf diese Waren Widerspruch erhoben aufgrund der für die Waren
"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Sonnenschutzmittel"
am 14. November 1994 eingetragenen Marke 2 084 961 SUNTIME, wobei der Widerspruch nur auf die Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" gestützt ist.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, zwischen den zum Vergleich stehenden Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Dem Gesamteindruck nach seien die beiden Marken nicht ähnlich. Der gemeinsame Markenanfang "Sun" sei markenrechtlich stark verbraucht und erlange deshalb für den kennzeichnenden Charakter der Gesamtmarke wenig Bedeutung. Somit komme es vor allem auf die Endbestandteile an, bei denen nicht damit zu rechnen sei, daß "tuin" wie "TIME" verstanden werde oder umgekehrt.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.
Nachdem im Laufe des Beschwerdeverfahrens die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hatte, hat die Widersprechende unter Vorlage entsprechender Glaubhaftmachungsunterlagen die rechtserhaltende Benutzung dieser Marke für verschiedene Sonnenschutzmittel geltendgemacht. Daraufhin hat die Markeninhaberin die Markenbenutzung für "Sonnenschutzmittel" außer Streit gestellt; im übrigen aber nach wie vor bestritten.
Die Widersprechende ist der Auffassung, die Widerspruchsmarke sei auch für die "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" rechtserhaltend benutzt, da die von der Benutzung betroffenen Waren über den Sonnenschutz hinaus in den Bereich der Körperpflege reichten. Die Vergleichsmarken unterlägen der Gefahr von Verwechslungen. Die hier fraglichen beiderseitigen Waren seien ähnlich, wenn nicht sogar gleich. "Suntuin" liege auch im markenmäßigen Ähnlichkeitsbereich von "SUNTIME". Daran ändere die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils "Sun" nichts. Denn bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der beiden Markenwörter hätten die weiteren Bestandteile "tuin" und "TIME" für die Annahme einer Verwechslungsgefahr auch in klanglicher Hinsicht ausreichende Gemeinsamkeiten.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im vorgenannten Umfang zu beschließen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die beiden Markenwörter nicht für verwechselbar ähnlich. Der übereinstimmende Bestandteil "Sun" könne zwar beim Vergleich der Markenwörter nicht völlig unberücksichtigt bleiben, jedoch komme ihm im Zeichenganzen nur unterdurchschnittliches Gewicht zu, so daß die nachfolgenden, abweichenden Bestandteile mehr Beachtung fänden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet.
Bei der Entscheidung über den Widerspruch gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG können für die Widerspruchsmarke die Waren "Sonnenschutzmittel" berücksichtigt werden, nachdem die Markeninhaberin die Benutzung der älteren Marke für diese Waren nicht mehr bestreitet. Soweit allerdings im Warenverzeichnis der Marke 2 084 961 "Sonnenschutzmittel" gesondert aufgeführt sind, kann die Widersprechende jedoch keine Rechte herleiten, weil sie ihren Widerspruch rechtswirksam (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl, § 42 Rdn 29) iSv § 27 Abs 2 Nr 10 MarkenV) ausschließlich auf die weiteren eingetragenen Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" gestützt hat. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, daß zwischen den in einem Warenverzeichnis enthaltenen einzelnen Warenbegriffen grundsätzlich kein wechselseitiges Ausschließungsverhältnis besteht (vgl BPatG GRUR 1997, 133, 124 "ORION"). Insoweit ist eine Berücksichtigung der Ware Sonnenschutzmittel auch durch Subsumtion (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 26 Rdn 70 ff) unter den Oberbegriff "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" möglich. Im Wege der Integration kann damit im vorliegenden Fall zugunsten der Widersprechenden zumindest von den Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Sonnenschutzmittel" ausgegangen werden (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 26 Rdn 76). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der im "Taurus"-Fall (GRUR 1990, 39, 40 f) eine Integrationswirkung der von der Markenbenutzung betroffenen, im Warenverzeichnis ausdrücklich aufgeführten Einzelware (damals "Kassettenrecorder") hinsichtlich weiterer ebenfalls im Warenverzeichnis enthaltener Waren ("Tonbandgeräte") bejaht hat.
Der Widerspruch scheitert jedoch daran, daß nicht angenommen werden kann, für das Publikum, welches unter der angegriffenen Marke angebotenen "Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Mitteln zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare" und mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten "Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Sonnenschutzmittel" begegnet, bestehe die Gefahr von Verwechslungen iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, obgleich insoweit unbedenklich Warenähnlichkeit bis hin zu Warenidentität im Sonnenschutzmittelbereich vorliegt.
Der Widerspruchsmarke kommt für diesen Warenbereich nur eine unter dem Durchschnitt liegende Kennzeichnungskraft zu. "SUNTIME" ist eine zeitbezogene Bestimmungsangabe in dem Sinne, daß die so bezeichneten Sonnenschutzmittel in Zeiten zum Einsatz kommen sollen, in denen die Sonne scheint. Dieser Sinngehalt ist vor dem Hintergrund solcher Kosmetika für jedermann ohne weiteres verständlich. "Suntime" - in englischen Sprachwörterbüchern nicht vermerkt -, setzt sich aus zwei Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammen und ist über dies sprachregelmäßig gebildet.
Hiervon ausgehend kann die angegriffene Marke nicht mit der Widerspruchsmarke als ähnlich angesehen werden, ebensowenig dem Klange wie dem Schriftbild nach. Da das Wort "Sun" als gemeinsame erste Silbe der Markenwörter vor dem warenmäßigen Hintergrund beschreibend und damit zu kennzeichnungsschwach ist, um in maßgeblicher Weise auf die Verwechslungsgefahr der beiden Wörter ihrem Gesamteindruck nach einwirken zu können, verschafft die zweite Hälfte des jeweiligen Markenworts "tuin" gegenüber "TIME" der angegriffen Marke einen ausreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke. Gemeinsam ist diesen Teilen nur das "t". Klanglich ins Gewicht fällt insofern, daß dem Doppelvokal "ai" in "TIME" in "tuin" - bei welcher sich anbietenden Aussprache etwa als "ui" oder "ju" auch immer - keine entsprechende Vokalität gegenübersteht. In schriftbildlicher Hinsicht steht dem in Großschrift durch drei waagrechte Striche und kleingeschrieben durch die runde Form markanten Schlußbuchstaben "E" der Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke kein vergleichbares Schriftzeichen gegenüber.
In diesem Zusammenhang kann sich die Widersprechende auch nicht auf das "Duraflex"-Urteil des Bundesgerichtshofs (GRUR 1970, 308, 309) berufen. Die dortige Fallgestaltung und die vorliegende sind nicht vergleichbar. So heißt es dort zum Klagezeichen ("Luxaflex", weder der Bestandteil "flex" noch die Vorsilbe "Lux" enthielten für den Verkehr klar verständliche Angaben über Beschaffenheit oder Bestimmung der so gekennzeichneten Jalousien oder deren Teile. Demgegenüber ist die vorliegende Widerspruchsmarke "SUNTIME" von geschlossener und ohne weiteres verständlicher beschreibender Art.
An der Kennzeichnungsschwäche von "SUN" scheitert auch die Annahme einer durch gedankliche Verbindung hervorgerufenen Verwechslungsgefahr. Denn der hierfür erforderliche Hinweischarakter ist insbesondere kennzeichnungsschwachen Markenteilen abzusprechen (vgl BGH GRUR 1998, 927, 929 "COMPO-SANA"; vgl auch Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 186 mwNachw).
Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Dr. Ströbele Werner Dr. Schmitt Mr/prö
BPatG:
Beschluss v. 01.02.2000
Az: 24 W (pat) 128/99
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