Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Mai 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 133/04
(BPatG: Beschluss v. 08.05.2007, Az.: 33 W (pat) 133/04)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Februar 2004 insoweit teilweise aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 396 49 262 zurückgewiesen worden ist.
2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 49 262 wird antragsgemäß die teilweise Löschung der Marke 398 03 405 angeordnet, nämlich für die Waren:
"Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer".
Gründe
I Gegen die Eintragung der Wortmarke 398 03 405.2 Diana the 1.st.
für Klasse 3:
Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer;
Klasse 12:
Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser;
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, Photographien, Schreibwaren;
Klasse 35:
Werbung, Marketing, Geschäftsführung im Bereich Liefern und Anbieten, betriebswirtschaftliche Beratung;
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 396 49 262.2 DIANA für Klasse 1:
Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke;
Klasse 3:
Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;
Klasse 5:
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2004 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle hält die jüngere Marke trotz Warenidentität im Bereich der Warenklasse 3 und hochgradiger Markenähnlichkeit den danach erforderlichen deutlichen Abstand zur Gegenmarke ein. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich die Marken deutlich voneinander. Die Widerspruchsmarke "Diana" sei eine eingliedrige Wortmarke mit normaler Kennzeichnungskraft, wohingegen die jüngere Marke "Diana the 1.st." eine aus dem Namen "Diana" und einer Zahlenkennung bestehende mehrgliedrige Wortmarke sei. Beide Marken besäßen somit klanglich und schriftbildlich erhebliche Abgrenzungsmerkmale. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke werde nicht allein durch das Wort "Diana" geprägt. Vielmehr werde der Verkehr den Markenbestandteil "Diana" nicht vom Zusatz "the 1.st." trennen, sondern die Marke als Gesamtbegriff im Sinne von Adels- und Herrschertiteln wie etwa "Heinrich der Achte" oder "Friedrich der Zweite" auffassen. Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr scheide aus, da seitens der Widersprechenden keine Serienmarke mit dem Stammbestandteil "Diana" vorliege und zudem analysierende Zwischenschritte notwendig seien, um die jüngere Marke als Abwandlung der Widerspruchsmarke im Sinne einer Kennzeichnung einer bestimmten Produktlinie zu verstehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass sich bei den Waren der Klasse 3 hochgradig ähnliche und identische Waren gegenüberstünden, so dass die Marken zur Vermeidung von Verwechslungen einen sehr großen Abstand zueinander aufweisen müssten. Die jüngere Marke "Diana the 1.st." werde allein durch den Bestandteil "Diana" kollisionsbegründend geprägt, da die Angabe "the 1.st." lediglich dazu diene, die Stellung der Namensträgerin hervorzuheben, nicht jedoch als unterscheidendes Merkmal geeignet sei. Zudem sei "Diana the 1.st." einer von vielen Rufnamen der englischen Prinzessin Diana und der Zusatz "the 1.st." mit Begriffen wie "Rose of England", "Königin der Herzen", "Princess of Wales" austauschbar, weshalb der angesprochene Verkehr bei der jüngere Marke durch den Bestandteil "Diana" den Rufnamen der englischen Prinzessin erkennen und somit die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke verwechseln werde. Eine Analogie der Bildung der jüngeren Marke mit Adels- und Herrschertiteln, wie von der Markenstelle ausgeführt, sei nicht nachvollziehbar. Ergänzend verweist die Widersprechende auf die Entscheidung der 1. Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes vom 18. Juli 2002 (R0410/01-1 - Princess Diana/Diana), in der das Wort "Princess" lediglich als erläuternder Zusatz und der Bestandteil "Diana" als prägend für die Gesamtmarke "Princess Diana" angesehen worden sei. Dies gelte vorliegend auch für die jüngere Marke.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Widersprechende ihren Widerspruch auf folgende Waren der angegriffenen Marke beschränkt:
"Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer".
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke im beantragten Umfang zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist, nachdem sie ihren Widerspruch auf die Waren der Klasse 3 der angegriffenen Marke beschränkt hat, vollumfänglich begründet.
In diesem Umfang besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen i. S. von §§ 42 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH Mitt. 06, 512 - LIFE/THOMSON m. w. N.).
a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist normal. Dabei spielt es keine Rolle, ob und in welchem Umfang der Verkehr in der Widerspruchsmarke nur einen Mädchenvornamen sieht oder auch an die verstorbene Prinzessin von Wales erinnert wird. In keiner Hinsicht ist die Widerspruchsmarke für die noch streitgegenständlichen Waren der Klasse 3 beschreibend.
b) Die sich gegenüberstehenden Waren liegen, soweit sie auf Seiten der angegriffenen Marke noch streitgegenständlich sind, im Identitätsbereich. Teilweise stimmen die beiderseitigen Waren im Bereich der Klasse 3 wörtlich überein, im Übrigen ("Seifen") fallen sie unproblematisch unter den für die Widersprechende geschützten Oberbegriff "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege".
c) Die angegriffene Marke hält den danach erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.
Zwar lassen sich die Marken zuverlässig unterscheiden, wenn man sie in ihrer Gesamtheit vergleicht, da der nur in der angegriffenen Marke vorhandene zusätzliche Bestandteil "the 1.st." als Verlängerung um das Doppelte weder überhört noch überlesen werden kann. Für einen zumindest noch beachtlichen Teil des Verkehrs wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke jedoch allein von ihrem Bestandteil "Diana" geprägt. Zwar ist von der registrierten Form der Marken auszugehen, wobei es grundsätzlich nicht zulässig ist, aus der angegriffenen Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen. Dies zwingt indessen nicht dazu, die Marken stets in allen jeweiligen Merkmalen zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9, Rdn. 232, 235 m. w. N.).
Für die Prägung der jüngeren Marke durch das Wort "Diana" spricht zunächst die Zusammensetzung der angegriffenen Marke aus einem Vornamen und einem Zusatz, der - gerade auch durch die üblicherweise nur gesprochene Einleitung "the" - von breiten Verkehrskreisen als Namenszusatz verstanden wird, der bei Regenten die chronologische Reihenfolge des Namensträgers gegenüber gleichnamigen Regenten kenntlich macht. Bei solchen Gesamtnamensbezeichnungen übernimmt jedoch häufig allein der Vorname die wesentliche Individualisierungsfunktion. So werden entsprechende Personen in der öffentlichen Berichterstattung in der Regel zunächst mit dem vollständigen Namen, einschließlich des Reihenfolgezusatzes benannt, z. B. "König Juan Carlos I ("... der erste ...") von Spanien", was eine genaue Identifizierung der Person und Funktion ermöglicht. Im weiteren Verlauf berichterstattender Artikel oder Nachrichtenbeiträge wird der umständliche Zusatz dann jedoch meist weggelassen (z. B. "... Juan Carlos traf gegen 16.00 Uhr ein. ..."), da zumeist als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass nur der aktuelle Titelinhaber gemeint ist. Dementsprechend wird der Verkehr auch bei ähnlich gebildeten Kombinationen zur bequemlichen Verkürzung neigen, sofern er Gründe hat, in einer solchen Gesamtkombination die Benennung einer individuellen Person zu sehen, die auch allein mit dem Vornamen treffend wiedergegeben werden kann.
Dies ist vorliegend bei der Marke "Diana the 1.st." der Fall. Denn hier kommt der erhebliche Bekanntheitsgrad der 1997 verstorbenen Prinzessin von Wales hinzu, die nur unter ihrem Vornamen bekannt war und ist. Zwar ist sie nicht mit einem Titel bekannt, bei dem sie den Zusatz "I" ("die erste") führte. Auch ist der in der angegriffenen Marke enthaltene Zusatz orthografisch falsch gebildet. Dennoch wird der Verkehr allein wegen der dennoch vorhandenen Erkennbarkeit eines üblicherweise nur Hochadeligen vorbehaltenen Zusatzes unwillkürlich an die betreffende Person erinnert. Damit ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs die jüngere Marke auf "Diana" verkürzt und nur in diesem Wort den prägenden Bestandteil der Gesamtmarke sieht. Insoweit stehen sich identische Markenwörter gegenüber, so dass eine Verwechslungsgefahr besteht.
Der Beschwerde war daher im beantragten Umfang stattzugeben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
BPatG:
Beschluss v. 08.05.2007
Az: 33 W (pat) 133/04
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