Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. August 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 29/00
(BPatG: Beschluss v. 16.08.2000, Az.: 10 W (pat) 29/00)
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Deutschen Patentamts - Prüfungsstelle für Klasse F 22 B - vom 22. März 2000 aufgehoben.
Gründe
I Am 27. März 1998 meldete Herr K... ein Patent an und beantragte die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Am 11. Mai 1998 stellte er Prüfungsantrag.
Durch Beschluß vom 20. Januar 1999 wurde dem Anmelder im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe der Antragsteller als Vertreter für das Patenterteilungsverfahren mit Wirkung vom 17. Dezember 1998 beigeordnet. Dieser beantragte am 13. Januar 1999 eine Frist zur Erwiderung auf einen Mängelbescheid des Patentamts vom 17. November 1998 und wies gleichzeitig darauf hin, daß eine Neuanmeldung unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der vorliegenden Anmeldung beabsichtigt sei.
Am 16. März 1999 widerrief der Anmelder die dem Antragsteller erteilte Vollmacht.
Mit Bescheid vom 21. Mai 1999 teilte das Patentamt dem Anmelder mit, daß die Patentanmeldung wegen Inanspruchnahme der inneren Priorität gemäß § 40 Abs. 5 PatG als zurückgenommen gelte.
Der Antragsteller berechnet die ihm zu erstattenden Kosten auf 1 078,80 DM. Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 16. November 1999 setzte das Patentamt eine 13/10-Gebühr gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstG in Höhe von 910,00 DM, Postgebühren von 20,00 DM und einen Betrag von 14,88 DM als Mehrwertsteuer von 16% fest. Der Beschluß wurde dem Vertreter am 30. November 1999 zugestellt.
Am 1. Dezember 1999 bat der Antragsteller die unrichtig berechnete Mehrwertsteuer (16% von 910,00 DM = 148,80 DM) zu korrigieren und den berichtigten Betrag von 1 078,80 DM zur Anweisung zu bringen. Das Patentamt hat auf dem Beschluß vom 16. November 1999 einen entsprechenden berichtigenden Vermerk am 7. Dezember 1999 angebracht.
Durch Beschluß vom 22. März 2000 hob das Patentamt den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 16. November 1999 auf und erließ einen neuen Kostenfestsetzungsbeschluß, durch den dem Antragsteller Kosten in Höhe von 330,60 DM zuerkannt wurden. Zur Begründung führte die Prüfungsstelle aus, daß der Vertreter erst im Prüfungsverfahren beigeordnet worden sei. Dort habe sich seine Tätigkeit auf die Einreichung eines Fristgesuches beschränkt. Es sei daher nur die Hälfte der 7/10-Gebühr für das Prüfungsverfahren anzusetzen. In der dem Beschluß beigefügten Rechtsmittelbelehrung wurde der Vertreter darauf hingewiesen, daß er gegen den Beschluß innerhalb eines Monats nach Zustellung Beschwerde beim Patentamt einlegen könne.
Der Antragsteller erhob am 13. April 2000 Beschwerde mit dem Antrag, den Beschluß vom 22. März 2000 der Höhe nach zu korrigieren und den zu erstattenden Betrag auf 1 078,80 DM festzusetzen.
Zur Begründung trägt er vor, daß er wegen der erheblichen Mängel der von dem Anmelder selbst gefertigten Anmeldung mit Schriftsatz vom 24. März 1999 eine weitere Anmeldung unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der Voranmeldung eingereicht habe. Wie ihm vom Patentamt fernmündlich bestätigt worden sei, gelte die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auch für die Nachanmeldung. Es sei ihm daher eine 13/10-Gebühr gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO zu erstatten.
II Die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22. März 2000 ist gemäß § 7 Nr. 2 VertrGebErstG iVm § 62 Abs. 2 Satz 4 PatG statthaft und auch im übrigen zulässig. Der Antragsteller hat die an sich gegebene zweiwöchige Beschwerdefrist nicht versäumt, weil die Frist aufgrund der Zustellung des Beschlusses mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden ist.
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Die Prüfungsstelle ist zwar zu Recht davon ausgegangen, daß dem Antragsteller nur eine halbe 7/10-Gebühr gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 VertrGebErstG in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 18. Juli 1998 zusteht. Nach § 6 VertrGebErstG erhält der Vertreter Gebühren erst ab dem Zeitpunkt seiner Beiordnung. Diese ist vorliegend im Prüfungsverfahren erfolgt. Die Tätigkeit des Antragstellers hat sich dort auf die Einreichung eines Fristgesuchs beschränkt. Er erhält daher nach § 4 VertrGebErstG nur die Hälfte der Gebühr für das Prüfungsverfahren. Seiner Ansicht, er habe für die Nachanmeldung Anspruch auf die Erstattung einer 13/10-Gebühr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VertrGebErstG, kann nicht gefolgt werden, denn die Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung des Antragstellers ist nur für das Patenterteilungsverfahren in Sachen der von dem Anmelder eingereichten Anmeldung bewilligt worden.
Der angefochtene Beschluß vom 20. März 2000 ist jedoch ungeachtet der sachlich zutreffenden Festsetzung einer halben Prüfungsgebühr aufzuheben, weil er an einem erheblichen Verfahrensmangel leidet. Die Prüfungsstelle war nicht befugt, den vom Antragsteller nicht angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß vom 16. November 1999 aufzuheben und einen neuen Beschluß zu erlassen, in dem anstelle der ursprünglich antragsgemäß anerkannten 13/10-Gebühr die sachlich richtige Gebühr in Höhe einer halben 7/10-Gebühr festgesetzt ist. Dieses Vorgehen verstößt gegen den auch im patentamtlichen Verfahren geltenden allgemeinen Verfahrensgrundsatz, daß rechtsmittelfähige Beschlüsse nur im Falle ihrer Anfechtung mit den statthaften Rechtsmittel aufgehoben oder abgeändert werden dürfen und eine Abänderung, die in einseitigen Verfahren im Wege der Abhilfe erfolgen kann, nicht zu Lasten des Rechtsmittelführers vorgenommen werden darf (vgl Busse, PatG, 5. Aufl, § 47 Rdn 60, 61; Schulte, PatG, 5. Aufl, § 47 Rdn 6 und § 79 Rdn 1).
Das Patentamt wird allerdings noch zu prüfen haben, ob in dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren die Bundeskasse zu beteiligen ist, die - soweit aus den Amtsakten ersichtlich - von der Kostenfestsetzung durch den Beschluß vom 16. November 1999 nicht in Kenntnis gesetzt worden ist und daher von ihrem in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 128 Abs. 3 BRAGO möglicherweise bestehenden selbständigen Anfechtungsrecht nicht Gebrauch machen konnte.
Bühring Hövelmann Dr. Schermerbe
BPatG:
Beschluss v. 16.08.2000
Az: 10 W (pat) 29/00
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