Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 127/99
(BPatG: Beschluss v. 02.08.2000, Az.: 26 W (pat) 127/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 1998 und 24. März 1999 insoweit aufgehoben, als der IR-Marke 633 016 der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland teilweise versagt wurde.
Auch insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 2 058 958 zurückgewiesen.
G r ü n d e I Gegen die für die Waren 20 Meubles glaces (miroirs),cadres; produits, non compris dans d'autres classes, en bois, liège, roseau, jone, osier, corne, os, ivoire, baleine, ecaille, ambre, nacre ecume de mer, succedanes, de toutes ces matières ou en matières plastiques, 21 Ustensiles et recipients pour le menage ou la cuisine (ni en metaux precieux, ni en plaque); peignes et eponges, brosses (à l'exception des pinceaux), materiaux pour la brosserie; materiel de nettoyage paille de fer; verre brut et miouvre (à l'exception du verre de construction); verriere, porcelaine et faience non comprises dans d'autres classes, 30 Cafe, the cacao, sucre, riz, tapioca, sagou, succedanes du cafe, farines et preparations faites de cereales, pain, ptisserie et confisiere, glaces comestibles; miel, sirop de melasse; levure, poudre pour faire lever; sel, moutarde; vinaigre, sauces (condiments); epices; glace à rafraichir.
32 Bières; eaux minerales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres preparations pour faire des boissons.
33 Boissons alcooliques (à l'exception des bières).
34 Tabac; articles pour fumeurs; allumettes.
um Schutz in Deutschland nachsuchende IR-Marke 633 016 ICEBERG ist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Marke 2 058 958 ISENBECK, die für "Bier" eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke wegen des Widerspruchs den Schutz teilweise, nämlich für die Waren der Klasse 32, verweigert und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marken seien klanglich verwechselbar, wenn die angegriffene Marke buchstabengetreu deutsch ausgesprochen werde, womit in rechtserheblichem Umfang zu rechnen sei. Die Vergleichswörter "Itseberg" und "Isenbeck" wiesen die gleiche Silbenanzahl, den gleichen Sprechrhythmus, die gleiche Vokalfolge und weitere Übereinstimmungen im Konsonantengerüst auf. Gegenüber diesen klangtragenden Übereinstimmungen seien die Abweichungen von "TS" ggü "S" in der ersten Silbe und "RG" ggü "CK" am Wortende nicht prägnant genug, um Verwechslungen zu verhindern. Der Begriffsgehalt der angegriffenen Marke sei auch nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr entscheidend zu vermindern, weil die Bedeutung der Marke dann nichts zur Verminderung der Verwechslungsgefahr beitragen könne, wenn der Verkehr sich verhöre oder beide Marken wegen ihrer Ähnlichkeiten für identisch halte.
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, ihre Marke halte den markenrechtlich erforderlichen Abstand trotz teilweise identischer Waren selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe ein. Mit einer buchstabengetreuen deutschen Aussprache der IR-Marke "ICEBERG" als "ITSEBERG" sei in einem rechtlich beachtlichen Umfang nicht zu rechnen, weil dem deutschen Verkehr das englische Wort "ice" und seine korrekte Aussprache wegen der Verwendung von Bezeichnungen wie "Holiday on Ice" oder "Icecream" in Deutschland bekannt seien. Werde die angegriffene Marke korrekt wie "Eisberg" ausgesprochen, unterschieden sich die Marken sowohl in der Silbenanzahl als auch in den Vokalen der Anfangssilbe deutlich voneinander. Hinzu kämen die Abweichungen an den Wortenden "BERG" bzw. "BECK" sowie der vom deutschen Verkehr sofort erfassbare Sinngehalt von "ICEBERG".
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des DPMA vom 19.11.1998 und vom 24.03.1999 aufzuheben, soweit der IR-Marke 633 016 wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 058 958 der Schutz verweigert worden ist, und den Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, mit einer deutschen, buchstabengetreuen Aussprache von "ICEBERG" wie "Iseberg" sei deswegen zu rechnen, weil dieses Wort - anders als""Holiday On Ice" oder "Icecream" - mit "BERG" einen deutschen Wortbestandteil enthalte. Eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht bestehe auch bei einer englischen Aussprache der schutzsuchenden IR-Marke wie "Eisbärk", da die Widerspruchsmarke englisch wie "Eisenbäck" klinge. Mit einer entsprechenden Aussprache der Widerspruchsmarke sei deshalb zu rechnen, weil das Bier der Widersprechenden u.a. auch in den USA vertrieben werde.
II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet. Zwischen der IR-Marke 633 016 und der prioritätsälteren deutschen Marke 2 058 958 besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Zwar sind die Waren der Klasse 32, für die die angegriffene IR-Marke um Schutz nachsucht, mit den Waren, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, - was Biere betrifft - gleich und im übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ähnlich. Jedoch reichen die zwischen der angegriffenen Marke und der normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke bestehenden Unterschiede auch unter Berücksichtigung der bestehenden teilweisen Warenidentität, die einen deutlichen Abstand der Marken erfordert (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; BGH BlPMZ 1999, 191 - TIFFANY), in jeder Richtung aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Wörter "ICEBERG" und "ISENBECK" sowohl am Wortanfang, an dem sie als zweiten Buchstaben ein "S" bzw. ein "C" aufweisen, als auch in der Wortmitte, in der die Widerspruchsmarke den zusätzlichen, in der angegriffenen Marke fehlenden Buchstaben "N" enthält, und auch am Wortende, an dem die deutlich unterschiedlichen Konturen der Buchstaben "RG" bzw. "CK" vorhanden sind, ausreichend voneinander. Die dargestellten Unterschiede treten auch dann gegenüber den vorhandenen Übereinstimmungen deutlich genug hervor, wenn die Marken in Kleinbuchstaben geschrieben werden sollten. In diesem Fall treten insbesondere die Oberlänge des Endbuchstabens "k" in der Widerspruchsmarke sowie die Unterlänge des Endbuchstabens "g" in der angegriffenen Marke deutlich in Erscheinung.
In klanglicher Hinsicht kommen sich die Marken bei einer korrekten englischen Aussprache des ersten Wortteils "ICE" der schutzsuchenden Marke als "Eis" nicht verwechselbar nahe. "Eisberg" und "Isenbeck" weisen außer der Übereinstimmung in dem Anfang "BE" der letzten Silbe keine Übereinstimmungen auf, unterscheiden sich jedoch in der Silbenanzahl sowie in den Wortanfängen markant voneinander. Mit einer englischen Aussprache der Widerspruchsmarke oder einer buchstabengetreuen, deutschen Aussprache der angegriffenen Marke ist nach Überzeugung des Senats in einem rechtlich noch erheblichen Umfang nicht zu rechnen. Für eine englische Aussprache der Widerspruchsmarke als "Eisenbäck" hat der Verkehr keinerlei Veranlassung, da der Wortanfang "Isen" kein englischer Begriff ist und er auch sonst keine klangliche oder begriffliche Nähe zu irgendeinem bekannten englischen Wort aufweist. Gegen eine buchstabengetreue deutsche Aussprache des in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortanfangs "ICE" spricht maßgeblich, daß es sich hierbei um einen Begriff des englischen Grundwortschatzes handelt, der dem deutschen Verkehr bereits aus dem Englischunterricht bekannt ist. Seine Bekanntheit ist durch die Verwendung des englischen Begriffs "ICECREAM" für Speiseeis im englischen Sprachraum (Großbritannien/Irland/USA/Kanada etc.) sowie in anderen touristischen Gebieten, in denen das Angebot dieser Ware in der Welthandelssprache Englisch erfolgt, noch deutlich gesteigert worden. Ein weiterer großer Teil des deutschen Verkehrs, der im übrigen nicht oder nur sehr wenig Englisch spricht, kennt die Bezeichnung "ICE" in ihrer korrekten Aussprache zudem durch die berühmte Eisrevue "HOLIDAY ON ICE", die nahezu in jedem Jahr in Deutschland zu sehen ist und für die mit erheblichem Aufwand geworben wird. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß - wie von der Markenstelle angenommen - noch ein rechtserheblicher Teil des deutschen Verkehrs den Wortanfang "ICE" der angegriffenen Marke buchstabengetreu deutsch wie "I-TSE" aussprechen wird.
Eine deutsche Aussprache des Wortteils "ICE" wird auch nicht durch die nachfolgende Silbe "BERG" nahegelegt. Hiergegen spricht zunächst, daß es auch amerikanische Namen mit der - zugegeben ursprünglich deutschen - Bezeichnung "BERG" gibt, deren Namensträger - wie z.B. der bekanntermaßen aus den USA stammende Regisseur Steven Spielberg - auch in Deutschland nahezu allgemein bekannt sind. Für ein englischsprachiges Verständnis und eine ebensolche Aussprache des Wortanfangs "ICE" der angegriffenen Marke spricht aber vor allem die Tatsache, daß sich bei dieser Aussprache die angegriffene Marke als ein Begriff sowohl der englischen wie der deutschen Sprache darstellt. Hinzu kommt, daß die Bezeichnung "Eis" angesichts des zunehmenden Angebots von sog. "Eisbier", das nach einem besonderen Brauverfahren hergestellt wird, für Bier nicht fernliegt.
Gegen eine buchstabengetreue deutsche Aussprache der angegriffenen Marke spricht vor allem die Tatsache, daß es einen deutschen Begriff "ICE", abgesehen von der Bezeichnung für den Intercity Express der Bahn, der jedoch keinen Bezug zu den hier beanspruchten Waren aufweist, nicht gibt.
Das im Verkehr zu erwartende Verständnis der angegriffenen Marke i.S. von "Eisberg" trägt dann zusätzlich dazu bei, die ohnehin nicht gegebene klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr weiter zu verringern.
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestand keine Veranlassung.
Kraft Eder Reker Bb
BPatG:
Beschluss v. 02.08.2000
Az: 26 W (pat) 127/99
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