Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 132/03

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2004, Az.: 24 W (pat) 132/03)

Tenor

I. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markeist unter der Nummer 397 62 294 für die Waren

"Parfümerien, Eau de Cologne, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Deodorants für den persönlichen Gebrauch, kosmetische Sonnenschutzmittel; Zahnputz- und Zahnpflegemittel; chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Babykost; Präparate auf der Basis von Vitaminen, Spurenelementen und/oder Mineralien als Nahrungsergänzungsmittel für medizinische und nichtmedizinische Zwecke"

in das Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 13. August 1998.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der am 9. Februar 1923 eingetragenen Marke 297 676 Klosterfrauderen Warenverzeichnis lautet:

"Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate, Desinfektionsmittel; Weine, Spirituosen, Parfümerien, kosmetische Mittel, ätherische Öle, Kölnisches Wasser, Toilettenwässer, Karmeliter, Melissengeist, Seifen, Stärkepräparate (soweit in den Klassen 3 und 5 enthalten)".

Als Inhaberin dieser Marke weist das Register die Firma "M... GmbH & Co" aus;

2. aus der seit 5. Oktober 1961 für die Waren

"Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen, Pflaster, Verbandstoffe, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Arzneiweine, pharmazeutische Präparate, die mit reinem Weingeist als Lösungssubstanz hergestellt sind; Brunnen- und Badesalze; diätetische Nährmittel; Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Seifen, Wasch- und Bleichmittel"

eingetragenen Marke 753 590 Als Markeninhaberin ist im Register die Firma "M1... GmbH & Co KG" angegeben.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung beider Widerspruchsmarken bestritten.

Mit Erstbeschluß vom 22. Juni 2000 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts beide Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch den Wortbestandteil "HILD.I.SAN" geprägt werde. Insoweit beständen zwischen den Vergleichsmarken keinerlei Berührungspunkte. Eine Verwechslungsgefahr könne aber auch dann nicht bejaht werden, wenn man den Widerspruchsmarken allein den Bildbestandteil der jüngeren Marke gegenüberstelle. Im Verhältnis zu der Marke 297 676 "Klosterfrau" komme insoweit nur eine begriffliche Ähnlichkeit in Betracht. Diese liege jedoch nicht vor, weil der Begriff "Klosterfrau" nicht die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung des Bildbestandteils der angegriffenen Marke darstelle. Die zutreffende Bezeichnung dieses Bildbestandteils sei vielmehr "Kräuterfrau" oder "Nonne mit Kräutern". Im Verhältnis zu der Widerspruchsmarke 753 590 weise der Bildbestandteil der jüngeren Marke weder eine bildliche noch eine begriffliche Ähnlichkeit auf.

Gegen diesen Beschluß ist von der Firma "M... GmbH & Co." Erinne- rung eingelegt worden. Als "Widerspruchszeichen" ist in der Erinnerungsschrift vom 28. Juli 2000 nur die "Marke 297 676 Klosterfrau (Wortzeichen)" genannt.

Mit Beschluß vom 24. Januar 2003 ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. Die Markenstelle hat offen gelassen, ob sich die Erinnerung auch gegen die Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke 753 590 richte, denn diese Zurückweisung sei aus den zutreffenden Gründen des Erstbeschlusses jedenfalls zu Recht erfolgt. Auch im Verhältnis zu der Wortmarke 297 676 "Klosterfrau" liege eine Verwechslungsgefahr nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, daß der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch ihren Bildbestandteil geprägt werde und das Wort "Klosterfrau" die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung dieses Bildbestandteils darstelle. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt.

Hiergegen ist von der Firma "M... GmbH & Co." und von der Firma "M1... GmbH & Co. KG" mit zwei gesonderten Schriftsätzen vom 26. Februar 2003 Beschwerde eingelegt worden. Die Beschwerdegebühr wurde durch eine Einzugsermächtigung für die Firma "M1... GmbH & Co. KG" entrichtet. Zur Glaubhaft- machung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken ist eine eidesstattliche Versicherung des Herrn P... vom 7. April 2003 sowie weiteres Glaubhaftmachungsmaterial vorgelegt worden.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hat die Markenstelle den Gesamteindruck der jüngeren Marke nicht zutreffend beurteilt. Dieser werde allein durch den Bildbestandteil geprägt, der schon wegen seiner Größe im Vordergrund stehe. Der Wortbestandteil "HILD.I.SAN" erscheine demgegenüber als bloßes Detail der bildlichen Gesamtgestaltung. Er weise keine begriffliche Bedeutung auf und biete keinen Anhaltspunkt, der im Gedächtnis haften bleibe. Daher könne im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr die angegriffene Marke allein mit dem Wortbestandteil benenne. Andererseits komme der Widerspruchsmarke 297 676 "Klosterfrau" ebenso wie der Widerspruchsmarke 753 590 nicht nur für die Ware "Melissengeist", sondern allgemein auf dem Gebiet der Naturheilmittel eine überragende Verkehrsbekanntheit zu. Deswegen werde der Verkehr den Bildbestandteil der angegriffenen Marke mit dem Begriff "Klosterfrau" benennen. Im Verhältnis zu der Widerspruchsmarke 753 590 bestehe eine bildliche Verwechslungsgefahr.

Die Beschwerdeführerin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 397 62 294 anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, 1. die Beschwerde zurückzuweisen, 2. der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Er erkennt an, daß die Widerspruchsmarke 297 676 "Klosterfrau" für die Ware "Melissengeist" rechtserhaltend benutzt ist. Die weitergehende Nichtbenutzungseinrede wird aufrechterhalten. Im übrigen verteidigt er die Beschlüsse der Markenstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst hierzu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Die in der Terminsladung vom 8. Oktober 2004 insoweit angesprochenen Bedenken sind ausgeräumt.

Im Register ist als Inhaberin der Widerspruchsmarke 297 676 die Firma "M... GmbH & Co" vermerkt, als Inhaberin der Widerspruchsmarke 753 590 dagegen die Firma "M1... GmbH & Co KG". Dabei handelt es sich jedoch um die identische Rechtsperson. Die Abweichung beruht offensichtlich auf einem Fehler des Patentamts. Wie sich aus der Markenakte 605 352 (Leitakte) ergibt, hatte die Widersprechende dem Patentamt mit Schriftsatz vom 12. August 1982 (aaO Bl. 74 ff.) angezeigt, daß sich der Firmenname von "M2... KG" in "M1...GmbH & Co. KG" ge- ändert habe, und umentsprechende Änderung des Registereintrags u.a. bei den Marken 297 676 und 753 590 ersucht. Während die Änderung bei der Marke 753 590 korrekt vorgenommen wurde, ist bei der Marke 297 676 der Rechtsformzusatz "KG" offenbar versehentlich vergessen worden.

Daher liegt - obwohl im vorliegenden Verfahren zwei gesonderte Beschwerdeschriftsätze eingereicht wurden - nur eine Beschwerde vor, für die auch die eine erforderliche Beschwerdegebühr gezahlt worden ist (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 66 Rdn. 74).

2. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet.

a) Was zunächst den Widerspruch aus der Marke 753 590 (Bildmarke "Drei Nonnen im Spitzbogen") angeht, kann die Beschwerde schon deswegen keinen Erfolg haben, weil dieser Widerspruch durch den Erstbeschluß der Markenstelle vom 22. Juni 2000 rechtskräftig zurückgewiesen ist.

Die Beschwerdeführerin hatte gegen die angegriffene Marke mit gesonderten Schriftsätzen Widerspruch aus den Marken 297 676 und 753 590 eingelegt, wobei die Widersprechende jeweils entsprechend dem Registerstand bezeichnet worden ist. Beide Widersprüche sind mit dem Beschluß vom 22. Juni 2000 zurückgewiesen worden. Dagegen ist Erinnerung eingelegt worden. In der Erinnerungsschrift vom 28. Juli 2000 ist als "Widerspruchszeichen" jedoch nur die "Marke 297.676 Klosterfrau (Wortzeichen)" genannt. Als Widersprechende ist in Übereinstimmung mit dem insoweit unrichtigen Registerstand die Firma "M... GmbH & Co." angegeben. Die Erinnerungsbegründung vom 27. Oktober 2000 enthält dieselben Angaben. Auch inhaltlich befaßt sie sich nur mit dem Widerspruch aus der Marke 297 676. Die Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke 753 590 ist daher von der Widersprechenden nicht mit der Erinnerung angefochten worden (vgl. für die entsprechende Problematik im Beschwerdeverfahren Ströbele/Hacker, aaO, § 66 Rn. 68; BPatG, Beschl. v. 31.1.1995, 30 W (pat) 72/94, S. 4/6 - mit der Terminsladung übermittelt). Daß sich die Markenstelle in ihrem Erinnerungsbeschluß vom 24. Januar 2003 vorsorglich noch einmal mit dem Widerspruch aus der Marke 753 590 befaßt hat, vermag daran nichts zu ändern.

b) Der verbleibende Widerspruch aus der Marke 297 676 "Klosterfrau" (im folgenden: Widerspruchsmarke) ist von der Markenstelle zu Recht wegen fehlender Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen worden.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfaßten Waren (oder Dienstleistungen). Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 "Lloyd"; GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma"; BGH GRUR 2004, 783, 784 "NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX"; GRUR 2004, 235, 237 "Davidoff II", jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

aa) Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Ware "Melissengeist" (= Rote Liste, Hauptgruppe 49 "Hypnotika/Sedativa") steht nicht im Streit. Darüber hinaus kann zugunsten der Widersprechenden von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auch für die Waren "Franzbranntwein" (= Rote Liste, Hauptgruppe 5 "Analgetika"), "Aktiv-Kapseln" (= Rote Liste, Hauptgruppe 25 "Arteriosklerosemittel"), "medizinische Bäder" und "Pflegepuder" ausgegangen werden. Ob außerdem eine rechtserhaltende Benutzung für "Johanniskraut-, Artischocken- und Baldrian-Hopfen-Dragees" anerkannt werden könnte, erscheint dagegen zweifelhaft. Johanniskraut- und Baldrian-Hopfen-Dragees sind als Sedativa im Sinne der Hauptgruppe 49 der Roten Liste einzustufen, wogegen es sich bei den Artischocken-Dragees um Nahrungsergänzungsmittel handelt. Insoweit hätten die Umsätze in der eidesstattlichen Versicherung vom 7. April 2003 getrennt angegeben werden müssen. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn schon im Hinblick auf die Ware "Melissengeist" ist davon auszugehen, daß sich die Vergleichsmarken auf identischen Waren begegnen können.

bb) Zugunsten der Widersprechenden kann des weiteren unterstellt werden, daß der Widerspruchsmarke nicht nur für die Ware "Melissengeist", sondern auch für die übrigen gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG zu berücksichtigenden Waren eine stark erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt. Außerdem besteht teilweise Identität bzw enge Ähnlichkeit der Waren beider Marken.

cc) Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher von einem großen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen. Dieser wird jedoch von der angegriffenen Marke nicht berührt, da die Vergleichsmarken keine hinreichende Ähnlichkeit aufweisen.

Die angegriffene Marke ist eine kombinierte Wort-Bild-Marke, die in ihrer Gesamtheit offensichtlich unter keinem Gesichtspunkt mit der Widerspruchsmarke verwechselt werden kann, da der Wortbestandteil "HILD.I.SAN" keinerlei Ähnlichkeit mit dem Begriff "Klosterfrau" aufweist. Eine Verwechslungsgefahr kommt daher - wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat - nur in Betracht, wenn der Gesamteindruck der jüngeren Marke allein von dem Bildbestandteil geprägt wird (vgl. zu dieser sog. "Prägetheorie" Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 371 ff.) und wenn der Begriff "Klosterfrau" die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung dieses konkreten Bildes darstellt (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 783 "Zwilling/Zweibrüder"; Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 245). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Ob eine kombinierte Marke in ihrem Gesamteindruck durch einen ihrer Bestandteile geprägt wird, ist grundsätzlich anhand der Marke selbst, d.h. ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke zu beurteilen (BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"; GRUR 2000, 895, 896 "EWING"; GRUR 2002, 342, 343 "ASTRA/ESTRA-PUREN"). Die Markenstelle ist insoweit zutreffend von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz ausgegangen, daß der Verkehr bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Wirkung zumißt (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT"; GRUR 2004, 775, 776 "EURO 2000"; GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"; Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 434 m.w.N.). Die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Marke gibt keinen Anlaß, hiervon abzuweichen. Zwar ist der Wortbestandteil "HILD.I.SAN" nach Art eines Sockels in das Bild integriert. Dieses ist auch deutlich größer als der Wortbestandteil. Andererseits ist der Wortbestandteil aber als Aufschrift des vorstehenden Sockels optisch in den Vordergrund gerückt. Außerdem sind - wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat - gewisse beschreibende Anklänge des Bildes nicht zu verkennen, wogegen dem Wortbestandteil ohne weiteres normale Kennzeichnungskraft zukommt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die angegriffene Marke in einer Weise durch den Bildbestandteil beherrscht wird, daß dieser allein ihren Gesamteindruck prägt.

Der Ausgangspunkt der vorstehenden Erwägungen, daß die Gewichtung der Bestandteile einer kombinierten Marke nur anhand dieser Marke selbst vorzunehmen ist, hat allerdings in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine wichtige Einschränkung für den Fall erfahren, daß ein jüngeres kombiniertes Zeichen einem älteren einteiligen Zeichen mit erhöhter Kennzeichnungskraft gegenübersteht. Demnach wirkt es sich nicht nur auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke aus, wenn diese durch ihre Benutzung im Verkehr eine verstärkte herkunftshinweisende Funktion erlangt hat. Vielmehr führt ein solcher Wandel dazu, daß die besondere herkunftshinweisende Funktion des gestärkten Zeichens vom Verkehr auch dann wahrgenommen wird, wenn ihm das Zeichen nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen jüngeren Kombinationszeichens begegnet. In diesem Fall kann somit die Frage, welcher Bestandteil das jüngere mehrgliedrige Zeichen prägt, nicht mehr unabhängig von der Vergleichsmarke, sondern muß unter Einbeziehung der erhöhten Kennzeichnungskraft der Vergleichsmarke beantwortet werden (BGH GRUR 2003, 880, 881 "City Plus"; OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 4, 5 "BEANIES"; s. auch schon BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"; vgl. auch BGH GRUR 2004, 239 "DONLINE" und zum ähnlichen Problem des markenmäßigen Gebrauchs eines im Verkehr bereits anderweitig als Herkunftshinweis bekannten Zeichens BGH GRUR 2004, 151, 154 "Farbmarkenverletzung I"; GRUR 2004, 154, 156 "Farbmarkenverletzung II").

Dies setzt allerdings voraus, daß die ältere Marke in identischer oder zumindest wesensgleicher Form Eingang in die jüngere Kombinationsmarke gefunden hat (vgl. BGH GRUR 2003, 880, 881 "City Plus"). Im vorliegenden Fall ist dagegen der Bildbestandteil der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke nicht einmal (begrifflich) verwechselbar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Begriff "Klosterfrau" die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung des konkreten Bildes wäre. Davon kann nicht ausgegangen werden. Der Bildbestandteil der jüngeren Marke läßt verschiedene Benennungen zu. Man kann dieses Bild - wie die Markenstelle richtig ausgeführt hat - als "Kräuterfrau", als "Nonne" oder als "Frau oder Nonne mit Kräutern" beschreiben. Die - zumindest für die Ware "Melissengeist" - erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vermag daran nichts zu ändern. Sie führt allenfalls dazu, daß die Bezeichnung "Klosterfrau" als eine weitere Möglichkeit der Benennung in Betracht gezogen wird. Diese bloße Möglichkeit reicht aber für die Annahme einer begrifflichen Verwechslungsgefahr nicht aus (Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 245 m.w.N.).

Auch unter Berücksichtigung der besonderen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann nach alledem nicht angenommen werden, daß der Bildbestandteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein prägt und es zu begrifflichen Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke kommt. Ob - wie die Widersprechende geltend macht - dieser Bildbestandteil geeignet ist, Assoziationen an die Widerspruchsmarke hervorzurufen, kann dahinstehen. Denn solche bloßen Assoziationen liegen außerhalb des markenrechtlichen Schutzbereichs (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 782 "Zwilling/Zweibrüder").

3. Dem Antrag des Markeninhabers, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, war nicht zu entsprechen. Im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren trägt jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten grundsätzlich selbst (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Eine hiervon abweichende Anordnung kommt nur in Betracht, wenn die Belastung mit den eigenen Kosten ausnahmsweise unbillig erscheint (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Widerspruch trotz ersichtlich fehlender Markenähnlichkeit weiterverfolgt wird (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, § 71 Rn. 30). Davon kann hier nicht gesprochen werden. Andere Gründe für eine Kostenauferlegung sind weder ersichtlich noch vom Markeninhaber vorgetragen worden.

Dr. Ströbele Kirschneck Dr. Hacker Bb






BPatG:
Beschluss v. 23.11.2004
Az: 24 W (pat) 132/03


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