Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. März 2004
Aktenzeichen: 21 W (pat) 313/02

(BPatG: Beschluss v. 16.03.2004, Az.: 21 W (pat) 313/02)

Tenor

Nach Prüfung des Einspruchs wird das Patent Nr. 199 09 331 widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 3. März 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte und am 14. September 2000 offengelegte Patentanmeldung ist das Patent mit der Bezeichnung "Leuchte mit multiplen Spektraleigenschaften" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 16. Mai 2002 erfolgt.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung einen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 4 vorgelegt. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat sie den Hilfsantrag 4 zum Hauptantrag erklärt.

Danach lautet der Patentanspruch 1:

"Leuchte mit einer Einrichtung (3; 51) zur Aufteilung des Lichts einer Lampe (7, 58), welche das von der Lampe (7; 58) der Leuchte abgegebene Licht in mindestens zwei getrennte Lichtbündel aufteilt, sowie mit einer Einrichtung (12, 15, 17a, 17b, 63), welche für die zwei Lichtbündel jeweils verschiedene Strahlengänge festlegt, wobei zumindest in einem ersten Strahlengang ein wellenlängenselektives Element (17a; 17b; 61) vorhanden ist, welches farbgebend oder farbverändernd wirkt, während mindestens in einem zweiten Strahlengang kein derartiges Element oder ein Element mit anderen wellenlängenselektiven Eigenschaften vorhanden ist, so daß das Licht, dessen Abgabe von der Leuchte über den ersten Strahlengang erfolgt, farblich von dem Licht verschieden ist, dessen Abgabe über den zweiten Strahlengang erfolgt, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung zur Aufteilung des Lichts der Lampe (3; 51) und/oder einen wellenlängenselektives Element (17a; 17b; 61) so eingerichtet sind, daß die Spektraleigenschaften des über den ersten Strahlengang abgestrahlten Lichts in Abhängigkeit von einem Abstrahlwinkel, der in einer Ebene senkrecht zur Leuchtenachse liegt, variieren."

Zu den rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 11 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, eine Leuchte gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 zur Verfügung zu stellen, welche einen stärker differenzierten Einsatz von Farbeffekten bei der Beleuchtung zulässt (Seite 2a, vorletzter Absatz der Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung).

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:

(D3) DE 297 10 475 U1

(D7) EP 0 678 700 A1.

Zur Begründung führt sie aus, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei aus der D3 in Verbindung mit der D7 nahegelegt. So sei in der D3 davon die Rede, dass die eingesetzte lichttechnische Abdeckung als Prismen ausgebildet sein könne. Die D7 betreffe eine Leuchte, mit der farbige Muster als ansprechender Effekt erzeugt werden könnten, so dass es für den Fachmann auf der Hand liege, die Prismen gemäß der D3 dementsprechend zur Aufspaltung des Lichts in verschiedene Farben zu verwenden.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit folgenden Unterlagen: Ansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 4 vom 16. März 2004, Beschreibung Seite 2 und 2a, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2004, Beschreibung gemäß Patentschrift 199 09 331 C2 Spalte 1, Zeilen 1 bis 11, Spalte 1 Zeilen 58 bis Spalte 8, Zeile 8, drei Blatt Zeichnungen (Figuren 1 bis 5) gemäß Patentschrift.

Die Patentinhaberin hält den Gegenstand des Anspruchs 1 für neu und erfinderisch. Sie führt im Wesentlichen aus, dass es sich bei der beanspruchten Leuchte um eine nicht naheliegende konstruktive Weiterentwicklung handele, mit der es möglich sei, Farben des abgestrahlten Lichts in Abhängigkeit vom Abstrahlwinkel zu variieren. In der D3 seien zwar auch Prismen vorhanden, mit denen grundsätzlich eine Zerlegung in Farben bewirkt werden könne, jedoch seien diese Prismen unregelmäßig angeordnet, wodurch lediglich eine Lichtstreuung zustande komme und keine Veränderung der Spektraleigenschaften des abgestrahlten Lichts in Abhängigkeit des Abstrahlwinkels erreicht werde. Die D7 beschreibe einen Kristall-Lüster und betreffe somit einen ganz anderen Stand der Technik.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren (§ 147 Abs 3 PatG) auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 PatG (vgl. BPatG Mitt. 2002, 417, 418 - Etikettierverfahren).

Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Einspruch hat auch Erfolg.

Der geltende Patentanspruch 1 ist formal zulässig, denn er findet seine Stütze in den erteilten Ansprüchen 1 und 8.

Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 lautet:

(a) Leuchte mit einer Einrichtung (3; 51) zur Aufteilung des Lichts einer Lampe (7; 58),

(b) welche das von der Lampe (7; 58) der Leuchte abgegebene Licht in mindestens zwei getrennte Lichtbündel aufteilt,

(c) sowie mit einer Einrichtung (12, 15, 17a, 17b, 63), welche für die zwei Lichtbündel jeweils verschiedene Strahlengänge festlegt,

(d) wobei zumindest in einem ersten Strahlengang ein wellenlängenselektives Element (17a; 17b; 61) vorhanden ist, welches farbgebend oder farbverändernd wirkt,

(e) während mindestens in einem zweiten Strahlengang kein derartiges Element oder ein Element mit anderen wellenlängenselektiven Eigenschaften vorhanden ist,

(f) so dass das Licht, dessen Abgabe von der Leuchte über den ersten Strahlengang erfolgt, farblich von dem Licht verschieden ist, dessen Abgabe über den zweiten Strahlengang erfolgt, dadurch gekennzeichnet,

(g) dass die Einrichtung zur Aufteilung des Lichts der Lampe (3; 51) und/oder ein wellenlängenselektives Element (17a; 17b; 61) so eingerichtet sind, dass die Spektraleigenschaften des über den ersten Strahlengang abgestrahlten Lichts in Abhängigkeit von einem Abstrahlwinkel, der in einer Ebene senkrecht zur Leuchtenachse liegt, variieren.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist zwar neu, aber er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der D3 ist eine Leuchte bekannt (Figur 2 mit zugehöriger Beschreibung auf Seite 8, Zeile 31 bis Seite 9, Zeile 24 in Verbindung mit Seite 7, Zeile 32 bis Spalte 8, Zeile 29 und Anspruch 1), die einen für das von der Lampe 8 abgestrahlte Licht teildurchlässigen Reflektor 5 aufweist, wobei die Teildurchlässigkeit beispielsweise durch in den Seitenwänden des Reflektors vorgesehene Schlitzungen 15 erzielt wird (Seite 8, Zeilen 23 bis 34). Durch diesen Reflektor wird erreicht, dass das Licht der Lampe 8 zum einen hauptsächlich über ein in der Hauptöffnung des Reflektors angeordnetes Lamellenraster 12 nach unten abgestrahlt und zum anderen durch die Seitenwände 7 des Reflektors ("Seitenreflektoren") in zwei neben dem Reflektor 5 befindliche Seitenkörper 9 eingekoppelt wird. Damit ist eine Einrichtung zur Aufteilung des Lichts der Lampe vorhanden, welche das von der Lampe abgegebene Licht in mindestens zwei getrennte Lichtbündel aufteilt, wonach in der D3 die Merkmale a. und b. des geltenden Patentanspruchs 1 gegeben sind.

Desweiteren ist dort beschrieben, dass das über die Schlitzungen 15 in die Seitenkörper 9 eingekoppelte Licht über Abstrahlflächen 11 in den Außenraum nach unten abgestrahlt wird (Seite 9, Zeilen 1 bis 24). Das bedeutet nichts anderes, als dass eine Einrichtung vorhanden ist, welche für die - mindestens - zwei Lichtbündel jeweils verschiedene Strahlengänge festlegt, nämlich einen Strahlengang über die Lamellen 12 nach unten und mindestens einen Strahlengang über die Schlitzung 15 durch den Seitenkörper und über die Abstrahlfläche 11 nach außen, wonach das Merkmal c. erfüllt ist.

Wie auf Seite 10, Zeilen 25 bis 29 dargestellt ist, können beispielsweise die Seitenwand 10 des Seitenkörpers 9 und die Abstrahlfläche 11 unterschiedlich eingefärbt sein, wodurch der weitere Verlauf der Strahlung farblich beeinflusst wird. Somit ist, wie im Merkmal d. angegeben, zumindest in einem Strahlengang, nämlich über die Seitenkörper 9, ein wellenlängenselektives Element vorhanden, welches farbgebend oder farbverändernd wirkt (Merkmal d.), während mindestens in einem zweiten Strahlengang, nämlich im Strahlengang über die Lamellen nach unten, kein derartiges Element vorhanden ist (Merkmal e.). Somit ist das Licht über den ersten Strahlengang farblich von dem Licht über den zweiten Strahlengang verschieden (Merkmal f.). Insgesamt sind damit die im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale aus der D3 bekannt.

Das verbleibende kennzeichnende Merkmal (Merkmal g.), wonach die Einrichtung zur Aufteilung des Lichts der Lampe (3; 51) und/oder ein wellenlängenselektives Element (17a; 17b; 61) so eingerichtet sind, dass die Spektraleigenschaften des über den ersten Strahlengang abgestrahlten Lichts in Abhängigkeit von einem Abstrahlwinkel, der in einer Ebene senkrecht zur Leuchtenachse liegt, variieren, ist zwar in der D3 nicht ausdrücklich beschrieben. Dieser Unterschied kann jedoch die Patentfähigkeit nicht begründen. Denn ein Fachmann, hier ein in der Entwicklung von Leuchten tätiger Fachhochschulingenieur, wird zur Lösung seines Problems, nämlich die Erzielung eines stärker differenzierten Einsatzes von Farbeffekten bei der Beleuchtung (vgl. zugrundeliegende Aufgabe), nicht nur daran denken, das farbgebend oder farbverändernd wirkende Element im ersten Strahlengang hinsichtlich einer einzigen Farbe auszugestalten. Vielmehr wird er die Erzeugung verschiedener Farben in Betracht ziehen, wie er es beispielsweise aus der dem Fachgebiet der Leuchten zuzurechnenden D7 kennt, in der beschrieben ist, zur Erzielung auch ästhetisch ansprechender Wirkungen des von einer Leuchte abgestrahlten Lichts farbige Muster zu erzeugen (Spalte 1, Zeilen 42 bis 51). Dort ist zwar nur davon die Rede, ein farbiges Muster an der Decke oder Wand zu erzeugen. Für den Fachmann liegt es aber auf der Hand, derartige Lichtverteilungen bei Bedarf auch auf der zu beleuchtenden Fläche hervorzurufen. Die Erzeugung eines solchen Musters bedeutet dann nichts anderes, als dass die Spektraleigenschaften des über den ersten Strahlengang abgestrahlten Lichts in der zu beleuchtenden Ebene variieren, mithin in Abhängigkeit von einem Abstrahlwinkel, der in einer Ebene senkrecht zur Leuchtenachse liegt. Somit ergibt sich die Leuchte mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen in naheliegender Weise.

An dieser Betrachtung ändert auch der Einwand der Patentinhaberin nichts, wonach in der D3 die eingesetzten Prismen nicht farbgebend sondern lediglich lichtstreuend wirken, denn darüber, wie die Spektraleigenschaften in Abhängigkeit von einem Abstrahlwinkel, der in einer Ebene senkrecht zur Leuchtenachse liegt, verändert werden, ist im geltenden Anspruch 1 nichts ausgesagt.

Der geltende Patentanspruch 1 hat somit wegen fehlender Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand. Da nur über den Antrag insgesamt entschieden werden kann, teilen die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 das Schicksal des Patentanspruchs 1.

Dr. Winterfeldt Schuster Richter Dr. Strößner ist wegen Versetzung an das DPMA an der Unterschrift verhindert.

Dr. Winterfeldt Dr. Maksymiw Pr






BPatG:
Beschluss v. 16.03.2004
Az: 21 W (pat) 313/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/dd17d6ccecae/BPatG_Beschluss_vom_16-Maerz-2004_Az_21-W-pat-313-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share