Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 6. Januar 1997
Aktenzeichen: 4 O 19/97

(LG Düsseldorf: Urteil v. 06.01.1997, Az.: 4 O 19/97)

Tenor

I.

Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils der Kammer vom 17.4.1997 gegen die Beklagten zu 1) und 2) abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten zu 1) und 2) im Termin vom 17.4.1997 veranlaßten Kosten sowie der Kosten der Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist. Diese Kosten haben die Beklagten zu 1) und 2) zu tragen.

III.

Das Urteil ist für die Klägerin wegen ihrer Mehrkosten ohne Sicherheitsleistung, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- DM vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1) und 2) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Marke ( … )

die am 5.10.1988 angemeldet und am 14.6.1989 für die Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Mittel zum Desinfizieren, Pflegen und Behandeln von tierischer Haut; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" eingetragen wurde.

Die Klägerin hat unter der Bezeichnung "( … )" vom 27.2.1995 bis zum 14.11.1995 in Deutschland über 90.000 l eines medizinischen Mittels zum Pflegen und Reinigen der Zitzen von Milchkühen vertrieben und dabei einen Umsatz von 596.272,50 DM erzielt.

Die Beklagte zu 1) vertreibt ein Zitzenpflegemittel unter der Bezeichnung "( … )". Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagten zu 1). Die Beklagten zu 3) und 4) sind die Geschäftsführer der Beklagten zu 2).

Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Beklagten durch die Verwendung der Bezeichnung "( … )" für ein Zitzenpflegemittel ihre Markenrechte verletzten. Soweit die Bezeichnung des Produkts der Beklagten zusätzlich den Bestandteil "eimü" enthalte, der für "Eimermacher, Münster" stehe, benutze sie diesen als Hausmarke, wie aus dem mit Schriftsatz vom 14.11.1997 vorgelegten Anlagenkonvolut K 8 ersichtlich sei.

Die Kammer hat am 17.4.1997 gegen die Beklagten zu 1) und 2) Versäumnisurteil erlassen, wogegen diese Einspruch eingelegt haben. Mit Beschluß vom 7.10.1997 hat die Kammer die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt.

Die Klägerin beantragt,

I.

das Versäumnisurteil gegen die Beklagten zu 1) und 2) aufrecht zu erhalten und

II.

die Beklagten zu 3) und 4) zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

"( … ) "

für Mittel zur Zitzenpflege zu benutzen, insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

2.

der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter II.1 bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe des unter der Kennzeichnung "eimü GOLDDIP" mit den vorbezeichneten Waren erzielten Umsatzes sowie unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.

III.

festzustellen, daß die Beklagten zu 3. und 4. als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1. und 2. verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend unter Ziffer II.1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils gegen die Beklagten zu 1) und 2) die Klage abzuweisen.

Sie stellen eine Markenverletzung in Abrede. Die Bezeichnungen seien nicht ähnlich und die Rechtsprechung "( … )" könne nicht herangezogen werden, da auch der Bestandteil "( … ) " das angegriffene Zeichen wesentlich präge. Eine Verwechslung scheide auch deshalb aus, weil sie die Bezeichnung stets in Verbindung mit einer stehenden Kuh, die von Hand gemolken werde und den Betrachter anschaue, verwendeten. Schließlich seien die Waren nicht ähnlich, da das Mittel der Klägerin ein Arzneimittel zur Mastitisprophylaxe, das Produkt der Beklagten zu 1) ein Pflegemittel sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz zu, da die Beklagten ihre Markenrechte nicht verletzen.

Für die einander gegenüberstehenden Zeichen besteht keine Verwechslungsgefahr. Verwechselungsgefahr für den angesprochenen Verkehrskreis kann sich nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen der Identität oder Ähnlichkeit des angegriffenen Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ergeben. Sind die Waren oder Dienstleistungen identisch, kommt es entscheidend auf den Grad der Ähnlichkeit der Marken an (vgl. Amtl. Begr., BT-Drs. 12/6581, S. 71, r.Sp.u., S. 74). Dabei sind als relevante Gesichtspunkte auch die Stärke oder Schwäche der geschützten Marke sowie im Rahmen der Prüfung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Produkte die Herstellungsbetriebe und auch die Vertriebswege der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zu berücksichtigen (a.a.O., S. 72, l. Sp.o.). Alle genannten Bestimmungsfaktoren beeinflussen wechselseitig die Verwechslungsgefahr. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum alten Recht kann also bei Waren- und Dienstleistungsidentität die Ähnlichkeit der Zeichen und/oder die Kennzeichnungskraft der geschützten Marke regelmäßig geringer sein, als sie bei bloßer Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sein müßte (vgl. etwa BGH, GRUR 1991, 609 (611) SL; GRUR 1993, 118 (119) Corvaton/Corvasal; GRUR 1993, 972 (975) Sana/Schosana; GRUR 1995, 50 (51) Indorektal/Indohexal).

Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Marke "( … ) " durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweist und die Produkte von Klägerin und Beklagten identisch oder jedenfalls nahezu identisch sind, fehlt es an einer eine Verwechslungsgefahr begründenden Ähnlichkeit der Zeichen.

Der Klagemarke "( … ) " steht die Bezeichnung "( … ) " gegenüber. Diese beiden Bezeichnungen weisen nur ganz geringe Ähnlichkeit auf. Eine Verwechslungsgefahr käme dann in Betracht, wenn bei der zusammengesetzten Bezeichnung der Beklagten dem Bestandteil "( … ) " die den Gesamteindruck prägende Kraft zukäme, der gegenüber der Bestandteil "( … ) " als Herstellerbezeichnung zurückträte. Dann würde der Bezeichung "( … ) " die Bezeichnung "( … ) " gegenüberstehen.

Diese Voraussetzungen sind indes nicht gegeben. Zwar steht der Bestandteil "( … ) " für "( … ) ", verweist also in abgekürzter Form auf Hersteller und Herstellungsort. Auch tritt eine Herstellerangabe im allgemeinen weitgehend in den Hintergrund, weil der Verkehr die Waren meist nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheidet, sondern seine Aufmerksamkeit auf die sonstigen Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richtet (BGH GRUR 1996, 404 BLENDAX PEP; BGH GRUR 1996, 977 DRANO/P3-drano).

Nach der Rechtsprechung ist es aber der Beurteilung des Einzelfalles vorbehalten, ob in der Sicht des Verkehrs ein Bestandteil als Herstellerangabe im Gesamtzeichen in den Hintergrund tritt oder nicht. So kann beispielsweise die Art der Zeichengestaltung und -verwendung der Herkunftsbezeichnung als Zeichenbestandteil, vor allem neben einem nur schwach kennzeichnenden weiteren Bestandteil, die Vorstellung des Verkehrs bestimmen, die Herstellermarke werde als zusätzliche Unterscheidungshilfe in einer für das Gesamtzeichen prägenden oder jedenfalls wesentlich mitbestimmenden Art eingesetzt. Zudem ist die Beurteilung davon abhängig, ob die Herstellerangabe als solche dem Verkehr bekannt ist oder nicht (BGH GRUR 1996, 404 BLENDAX PEP; BGH GRUR 1996, 774 falkerun/LE RUN; BGH WRP 1997, 1186 IONOFIL).

Der Zeichenbestandteil "( … )" tritt bei der Bezeichnung "( … )" nicht zurück.

Zum einen tritt er neben einen Zeichenbestandteil mit allenfalls normaler, aber eher schwacher Kennzeichnungskraft. Denn die Bezeichnung "( … )" verweist darauf, daß es sich um ein goldfarbiges Dipmittel handelt, wobei ein "( … )" im allgemeinen Sprachgebrauch als Produkt, in das man etwas eintaucht, bekannt ist und im Sprachgebrauch der hier angesprochenen Verkehrskreise Eingang als Mittel zum Eintauchen der Zitzen von Kühen gefunden zu haben scheint. Die Bezeichnung "( … )" enthält daher beschreibende Elemente, die ihre Kennzeichnungkraft schwächen.

Zum anderen kann aber die Bezeichnung "( … ) " deshalb nicht zurücktreten, weil die Beklagte zu 1) sie bei ihren übrigen Produkten ganz überwiegend nur mit beschreibenden Produktangaben verbindet und daher gerade nicht davon auszugehen ist, daß der Verkehr sie als Herstellerangabe unbeachtet läßt. So verwendet die Beklagte zu 1) sie für "( … ) ", "( … ) ", "( … ) ", "( … ) ", "( … ) ( … ) " und "( … ) ", also mit Angaben, die keine kennzeichnende Bedeutung haben. Auch bei "( … ) ", "( … ) " und "( … ) " ist der weitere Zeichenbestandteil nicht oder kaum zur Kennzeichnung geeignet. Allein bei den Produkten "( … ) " und "( … ) " könnte den Bezeichnungen "( … ) " und "( … ) " trotz der beschreibenden Elemente eine selbständige kennzeichenrechtliche Bedeutung zukommen. Berücksichtigt man indes, daß die Bezeichnung "( … ) " im übrigen mit beschreibenden Angaben verwenden wird, wird auch hier der weitere Bestandteil nicht als prägend angesehen werden können. Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, bei der angegriffenen Form in "( … ) " die Herstellerangabe und in "( … ) " die kennzeichnungskräftige Produktbezeichnung zu sehen.

Scheidet eine Markenverwechslung wegen der fehlenden Ähnlichkeit der Zeichen aus, so kann in der Benutzung der angegriffenen Bezeichnung auch dann kein Wettbewerbsverstoß gemäß § 1 UWG liegen, wenn die Beklagte zusätzlich die goldene Färbung des Produkts übernommen hat; die Farbe des Produkts ist zudem nicht Gegenstand des Klageantrags.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 344, 238 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 300.000,- DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 06.01.1997
Az: 4 O 19/97


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