Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Februar 2009
Aktenzeichen: 19 W (pat) 347/06
(BPatG: Beschluss v. 09.02.2009, Az.: 19 W (pat) 347/06)
Tenor
Das Patent 10 2004 054 708 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 3 vom 9. Februar 2009 wie überreicht Beschreibung gemäß Hilfsantrag 3 vom 9. Februar 2009 wie überreicht einschließlich Einschub E Zeichnungen wie Patentschrift
Gründe
I Das Deutsche Patentund Markenamt hat für die Anmeldung vom 12. November 2004 ein Patent mit der Bezeichnung "Türband" erteilt, und die Patenterteilung am 9. Februar 2006 veröffentlicht.
Gegen das Patent hat die Fa. H... GmbH mit Schriftsatz vom 9. Mai 2006, eingegangen per Fax am selben Tag, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie unzulässige Erweiterung nach § 21 (1) Nr. 4 PatG, und mangelnde erfinderische Tätigkeit nach §§ 61, 21 (1) Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG geltend gemacht.
Die Einsprechende ist der Ansicht, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ergebe sich für den Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnis in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Die aufgabengemäße Belastbarkeit der Scharniers und die Eignung für schwere Türen sei auch bei dem Stand der Technik nach der US 2 001 356 gegeben. Die anspruchsgemäßen Kugellager dienten nur der Führung, und dazu seien sie aus dem Stand der Technik nahegelegt. Die zusätzlichen Merkmale nach Hilfsantrag 1 bis 4 stellten jeweils nur fachmännische Ausgestaltungen eines Kugellagers dar bzw. seien Maßnahmen die sich beim Einbau von Kugellagern von selbst ergäben.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Streitpatent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Streitpatent aufrecht zu erhalten.
Hilfsweise verteidigt sie das Patent im Umfang der überreichten Hilfsanträge 1 bis 4 (jeweils geänderte Patentansprüche und Beschreibung -incl. gemeinsamen Einschub E).
Die Patentinhaberin tritt den Ausführungen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die nach dem § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 begründete Zuständigkeit des Senats wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht berührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 9. Dezember 2008 (X ZB 6/08) -Ventilsteuerung).
Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zweifelsfrei gegeben.
1. Gegenstand des Patents, Aufgabe Das Patent betrifft ein Türband. Die Patentschrift führt dazu aus, dass es bekannt sei, derartige Türbänder in Ausnehmungen im Türflügel und in der Türzarge einzusetzen und verdeckt anzuordnen. Bekannte Scharniere mit zwei Scharnierbügeln, die schwenkbeweglich um eine vertikale Drehachse miteinander verbunden sind, seien aber nicht mehr einsetzbar, wenn an die Profile überlappende Falze angeformt werden, da sie bei geöffneter Tür an die Achse anstoßen und die Drehbewegung blockieren würden (vgl. Abs. [0002] bis [0004]. Die Patentschrift beschreibt deshalb als nächstkommenden Stand der Technik das Scharnier nach US 2 001 356. Dieses ist mit einer virtuellen Drehachse versehen, so dass die überlappenden Falze Raum haben, das aber nach Ansicht der Patentinhaberin nicht so formstabil und tragfähig ist wie für schwere Türen erwünscht.
Hieraus ergibt sich die Aufgabe, ein verdeckt angeordnetes Türband anzugeben, welches für überlappende Türflügelund Türzargenprofile einsetzbar ist. Des Weiteren soll das Türband auch eine hohe Formstabilität aufweisen und für schwere Türflügel geeignet sein (Abs. 0005 der Streitpatentschrift).
Nach Anspruch 1 des Streitpatents (mit einer für diesen Beschluss eingefügten Nummerierung) besteht die Lösung dieser Aufgabe in einem:
"1) Türband für eine Anordnung zwischen einem aus Rahmenprofilen zusammengesetzten Türflügel (1) mit einer endseitig angeformten Falz und einer aus Rahmenprofilen zusammengesetzten Türzarge (3) mit einer endseitig angeformten Falz, die sich in der Türschließstellung an der Türinnenund an der Türaußenseite überlappen, 2) wobei das Türband (2) verdeckt zwischen dem Türflügel (1) und der Türzarge (3) angeordnet ist 3) und zwei Aufnahmekörper (7, 8) aufweist, die in stirnseitige, parallel zur Türebene verlaufende Ausnehmungen (9, 10) im Türflügel (1) und in der Türzarge (3) einsetzbar sind, 4) wobei das Türband (2) paarweise zusammenwirkende Scharnierbügel (11, 12) umfasst, wobei einer der beiden Scharnierbügel (11) gabelförmig mit zwei an einem Verbindungsabschnitt (20) anschließenden Gabelarmen (21) ausgebildet ist und der andere Scharnierbügel (12) in den Freiraum zwischen den Gabelarmen (21) eingesetzt ist, 5) wobei das Türband (2) Kugeln (30) als Gleitelemente umfasst, die bei einer Öffnungsbzw. Schließbewegung zur gegenseitigen Führung der Scharnierbügel (11, 12) dienen und die zwischen den Scharnierbügeln (11, 12) angeordnet und oberund unterseitig in an den Scharnierbügeln (11, 12) befestigten bogenförmigen Laufbahnen (31) geführt sind, und 6) wobei an den Aufnahmekörpern (7, 8) jeweils das eine Ende eines Scharnierbügels (11, 12) um eine vertikale Achse verschwenkbar gelagert ist und das andere Ende des anderen Scharnierbügels (12, 11) längsbeweglich schräg zur Türebene geführt ist."
Nach Hilfsantrag 1 bis 4 sind dem erteilten Anspruch 1 -unter Streichung des Wortes "und" am Ende des Merkmals 5 und einer offensichtlich fehlerhaft doppelten Einfügung im Hilfsantrag 2 -folgende Merkmale angefügt:
Hilfsantrag 1:
8) "und wobei die Laufbahnen (31) mit senkrecht zur Gleitrichtung ausgerichteten Einsteckzapfen (33) versehen sind, welche in Bohrungen
(34) im jeweils zugeordneten Scharnierbügel (11, 12) eingreifen."
Hilfsantrag 2:
7) "und wobei die Kugeln (30) in bogenförmigen Führungskäfigen (32) angeordnet sind, die sich bei einem Öffnungsbzw. Schließvorgang mit den auf den Laufbahnen (31) abrollenden Kugeln (30) mitbewegen."
Hilfsantrag 3:
8) "wobei die Laufbahnen (31) mit senkrecht zur Gleitrichtung ausgerichteten Einsteckzapfen (33) versehen sind, welche in Bohrungen (34) im jeweils zugeordneten Scharnierbügel (11, 12) eingreifen, 9) und wobei die Scharnierbügel (11, 12) Gewindebohrungen (35) zur Aufnahme von Gewindestiften (36) aufweisen, die gegen die Einsteckzapfen (33) zu stellbar sind."
Hilfsantrag 4:
7) "wobei die Kugeln (30) in bogenförmigen Führungskäfigen (32) angeordnet sind, die sich bei einem Öffnungsbzw. Schließvorgang mit den auf den Laufbahnen (31) abrollenden Kugeln (30) mitbewegen, 8) die Laufbahnen (31) mit senkrecht zur Gleitrichtung ausgerichteten Einsteckzapfen (33) versehen sind, welche in Bohrungen (34) im jeweils zugeordneten Scharnierbügel (11, 12) eingreifen, 9) und die Scharnierbügel (11, 12) Gewindebohrungen (35) zur Aufnahme von Gewindestiften (36) aufweisen, die gegen die Einsteckzapfen
(33) zu stellbar sind."
2. Fachmann Als Fachmann sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Entwicklung von Türscharnieren an.
3. Offenbarung und Zulässigkeit der geltenden Ansprüche Der erteilte Anspruch 1 setzt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 4 (Merkmal 4) und 9 (Merkmal 5) zusammen. Zwar ist er nicht mehr auf eine Tür, sondern auf ein Türscharnier gerichtet. Dass es bei der Anmeldung in erster Linie auf das Türscharnier ankam, konnte der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen jedoch ohne weiteres entnehmen. Die erteilten Ansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 10 bis 13. Die zusätzlichen Merkmale 7 bis 9 nach Hilfsantrag 1 bis 4 entsprechen den erteilten Ansprüchen 4 bis 6.
Die Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 4 sind damit ursprünglich offenbart und zulässig.
4. Auslegung der Ansprüche Die Merkmale 1 bis 3, sowie das erste Merkmal im Anspruch 2, betreffen nicht das beanspruchte Türband selbst, sondern seinen Einbau in den Rahmenprofilen. Sie gestalten das Türband nur so weit, wie die Eignung des Türbands für diesen Einbau betroffen ist. In erster Linie ist das der Umstand, dass die Scharnierbügel einen Raum für die im Schließzustand überlappenden Falze freigeben müssen. Außerdem muss natürlich ein verdeckter Einbau möglich sein.
Eine Verbindung zwischen zwei Teilen muss nicht unbedingt zwischen den Teilen liegen. Wenn aber wie in Merkmal 5 Kugeln zwischen den Scharnierbügeln angeordnet sind, ist das für den Fachmann eine eindeutige Positionsangabe.
Aus der Angabe, dass an den Scharnierbügeln (11, 12) bogenförmige Laufbahnen befestigt sind, sieht der Fachmann fertigungstechnisch zunächst separate Laufbahnen beansprucht, die allerdings auch unlösbar an den Scharnierbügeln befestigt sein können. Eine Einstellung auf spielfreien Lauf wäre dann nicht möglich.
Dem Merkmal 9 in Hilfsantrag 3 und 4 entnimmt der Fachmann einer Zuordnung von Gewindestiften und Einsteckzapfen. Damit muss zwar nicht zwangsläufig jedem Einsteckzapfen ein Gewindestift gegenüberstehen, aber jedenfalls so vielen, das eine verzugsfreie und genaue Einstellung des Spiels über die gesamte Laufbahnlänge möglich ist. Die von der Einsprechenden erwähnte Darstellung nur eines einzigen Gewindestiftes 36 in der Figur 5 sieht der Fachmann als zeichnerische Vereinfachung an (s. Gewindebohrung 35 rechts und links neben dem Gewindestift 36 in Fig. 5).
4. Stand der Technik Die US 2 001 356 ist unstreitig die nächstkommende Entgegenhaltung. Die Kinematik dieses Türbands entspricht der des Streitpatents. Auch dort sind zwei kreissegmentförmige Scharnierbügel vorgesehen, die aufeinander gleiten. Die Scharnierbügel werden dabei durch Führungsstifte 9, 9a, die in Schlitzen 10, 10a gleiten, aneinander geführt (S. 1, re. Sp. Z. 18 bis 28) und beschreiben damit eine Kreisbewegung um eine gemeinsame virtuelle Achse. Der Raum dieser virtuellen Achse innerhalb der Kreisbögen bleibt aber frei und gibt Platz für den in den Figuren 1 bis 3 dargestellten, über den Rahmen B hinausragenden Falz. Wie die Figuren 4 bis 6 zeigen, kann das Scharnier auch kompakt zusammengeklappt werden, wobei die Aufnahmekörper 1, 3, 1a, 3a unmittelbar aneinander anliegen. Damit ist das Scharnier auch in gleicher Weise wie das patentgemäße Scharnier für einen verdeckten Einbau in den Stirnseiten von Tür und Zarge nach Merkmal 1) bis 3) geeignet, auch wenn dort eine andere Einbauart gezeigt ist. Weiterhin ist daraus -mit den Worten des Anspruchs 1 -bekannt, dass:
4) das Türband paarweise zusammenwirkende Scharnierbügel 5, 5a umfasst, wobei einer der beiden Scharnierbügel 5a gabelförmig mit zwei an einem Verbindungsabschnitt 6a anschließenden Gabelarmen ausgebildet ist und der andere Scharnierbügel 5 in den Freiraum zwischen den Gabelarmen eingesetzt ist (S. 1, re. Sp. Z. 2 bis 7), 5teilw) wobei das Türband Gleitelemente 9, 9a umfasst, die bei einer Öffnungsbzw. Schließbewegung zur gegenseitigen Führung der Scharnierbügel dienen (S. 1, re. Sp. Z. 18 bis 28)
6) wobei an den Aufnahmekörpern 1, 3, 1a, 3a jeweils das eine Ende eines Scharnierbügels 5, 5a um eine vertikale Achse 4, 4a verschwenkbar gelagert ist und das andere Ende 6, 6a des anderen Scharnierbügels längsbeweglich schräg zur Türebene (in Führungen 8, 8a) geführt ist (S. 1, l. Sp. Z. 53 bis r. Sp. Z. 17).
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 (Restmerkmal 5) sind dort keine Kugeln und Kugelführungen zwischen den Bügeln vorgesehen.
Die EP 1 234 940 A2 zeigt ein Türband für verdeckten Einbau (Abs. 0001) bei dem mehrere kreissektorförmige Teile teleskopartig ineinandergeschoben sind. In den Ausführungsformen nach Figur 3 bis 9 sind sie durch Gleitführungen, nach Figur 10 bis 15 durch Kugelführungen aneinander geführt. Auch diese Scharnierteile bewegen sich auf einer Kreisbahn mit einer virtuellen Achse, so dass im Inneren der Kreisbahn Raum für überlappende Falze ist (vgl. Fig. 16, 17, Abs. 0014). Es ist damit ebenfalls in gleicher Weise wie das patentgemäße Scharnier für einen verdeckten Einbau an der Stirnseite nach Merkmal 1) bis 3) geeignet. Bei der Ausführungsform nach Fig. 10 bis 12 sind die Segmente aus Seitenwänden und Stirnwänden 28, die als Kugellaufbahnen ausgestaltet sind, zusammengesetzt (Abs. 0017). Daraus ist -mit den Worten des Anspruchs 1 -bekannt, dass:
4teilw) das Türband zusammenwirkende Scharnierbügel (Sektorelemente 9) umfasst, 5) wobei das Türband Kugeln als Gleitelemente umfasst, die bei einer Öffnungsbzw. Schließbewegung zur gegenseitigen Führung der Scharnierbügel dienen und die zwischen den Scharnierbügeln angeordnet und oberund unterseitig in an den Scharnierbügeln befestigten bogenförmigen Laufbahnen 28a bis d geführt sind.
Die CH 197 528 zeigt ein vergleichbares teleskopisches Scharnier jedoch ohne gesonderte Kugellaufbahnen.
Aus weiteren in der mündlichen Verhandlung aufgegriffenen Druckschriften sind Einzelmerkmale bekannt, wie Kugelkäfige aus der AT 213 161 oder der WO 02/057578 A2 und Kugellaufbahnen mit einstellbarem Spiel aus der EP 422 419 B1.
Die übrigen noch im Verfahren befindlichen Druckschriften wurden in der mündlichen Verhandlung weder vom Senat noch von den Beteiligten aufgegriffen. Sie bringen auch keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht.
5. Hauptantrag Ausgehend von der US 2 001 356 muss die objektive Aufgabe erst ermittelt werden, denn dem bekannten Scharnier kann die Eignung für in der Aufgabenstellung nach Absatz 0005 der Streitpatentschrift aufgeführten schwere Türen mit überlappenden Profilen und Formstabilität dem patentgemäßen Scharnier nicht abgesprochen werden. Denn wie die Patentschrift im Abs. 0007 angibt, resultiert die Eignung für schwere Türen und die Formstabilität aus den ineinandergreifenden Gabelarmen, die bei dem bekannten Scharnier genauso ineinandergreifen. Eine spielärmere Führung der Scharnierbügel aneinander, wie von der Patentinhaberin geltend gemacht, kann der Senat dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht zuerkennen, denn er umfasst auch Ausführungsformen, bei denen die Kugellaufflächen unlösbar und nicht verstellbar mit den Scharnierbügeln verbunden sind, in denen somit eine Einstellung und Minimierung des Spiels nicht möglich ist. Auch die von der Patentinhaberin ins Feld geführte Schwächung der Scharnierbügel durch die Führungsschlitze ist einer von vielen Faktoren der Dimensionierung und Materialwahl, der für sich allein den Aufgabenteil Eignung für schwere Türen nicht rechtfertigt.
Nach Überzeugung des Senats kann dem erteilten Anspruch 1 objektiv nur noch das Problem einer hohen Reibung und eines hohen Verschleißes des bekannten Türbandes zugrunde liegen. Dieses Problem stellt sich bei der praktischen Erprobung des Scharniers von selbst.
Zur Lösung dieses Problems sind Kugellager die erste Wahl des Fachmanns. Zudem stößt der Fachmann bei der Suche nach Scharnieren mit ähnlichem Einsatzgebiet entsprechend Merkmal 1 bis 3 (also nicht nur bei einer rückschauenden Suche nach Kugellagern, wie die Patentinhaberin meint) auf die EP 1 234 940 A2, bei der dafür schon sektorierte Kugellager verwendet wurden. Kugellager haben in aller Regel separate Laufbahnen aus Material, das dafür geeignet und gewöhnlich gehärtet ist. Konstruktionen mit Laufbahnen, die in Tragekonstruktionen aus gleichem Material integriert sind, wie die Ausführungsbeispiele nach Fig. 13 bis 15 der EP 1 234 940 A2, sind demgegenüber ungewöhnlich.
Mit dem Einsatz von Kugellagern mit separaten Laufbahnen an Stelle der Stiftführungen zwischen den Scharnierbügeln des Scharniers nach US 2 001 365 gelangt der Fachmann ohne erfinderische Überlegung zu dem Scharnier nach dem erteilten Anspruch 1.
Die Patentinhaberin weist zwar zutreffend darauf hin, dass sowohl das Scharnier nach der US 2 001 356 als auch der aus der aus EP 1 234 940 A2 und CH 197 528 bekannte Scharniertyp zum Anmeldetag schon seit ca. 60 Jahren bekannt waren. Der Senat sieht aber darin weder ein lange Zeit unbefriedigtes Bedürfnis, noch Bemühungen der Fachwelt oder über längere Zeit hingenommene wirtschaftliche Nachteile (vgl. Schulte Patentgesetz, 8. Aufl. § 4, Rdn. 135). Er sieht in der Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Kugellagern vielmehr eine Abwägung zwischen konstruktivem Aufwand und Verschleißfestigkeit bzw. Leichtgängigkeit.
Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 sind auch die auf ihn zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 nicht patentfähig.
6. Hilfsanträge 1 und 2 Einsteckzapfen und Stifte sind dem im Maschinenbau ausgebildeten und erfahrenen Fachmann als Grundelemente zur positionsgenauen Befestigung von Maschinenteilen geläufig. Ihr Einsatz übersteigt auch bei Türbändern nicht das fachmännische Handeln.
Das gleiche gilt für Kugelkäfige, die bei Kugellagern üblich sind, um die Kugeln auf gleichem Abstand zu halten. Zum Beleg hat die Einsprechende zutreffend die WO 02/057578 A2 und die AT 213 161 genannt. Dass die Kugelkäfige die Kugeln am Herausfallen hindern, wie von der Patentinhaberin vorgetragen, ist ein bei demontierbaren Kugellagern bekannter Nebeneffekt, der ihren Einsatz noch zusätzlich anregt.
Damit ist auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 jeweils nicht erfinderisch. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 sind auch die auf ihn zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 nicht patentfähig.
7. Hilfsantrag 3 Mit den Einsteckzapfen nach Merkmal 8, gegen die Gewindestifte zustellbar (Merkmal 9) sind, kann das Spiel der Kugellager eingestellt und bis auf Null (oder darüber hinaus auf Vorspannung) reduziert werden, ohne dass dadurch die Reibung wesentlich größer wird. Damit wird ein Verkippen der Scharnierbügel gegeneinander vermieden, was das Türband nicht nur formstabil macht, sondern auch die durch das Türgewicht verursachten Kippmomente auf die beiden Schwenklager und die Kugellager verteilt.
Es kann somit auch anerkannt werden, dass diese Ausführungsform aufgabengemäß formstabiler und für schwere Türen besser geeignet ist, als das Türband nach US 2 001 356.
Ausgehend von dem bekannten Scharnier mag sich zwar diese Aufgabe von selbst stellen. Es mag auch sein, dass der Fachmann insbesondere bei Werkzeugmaschinen (EP 422 419 B1) spielfrei einstellbare Kugellager kennt. Damit allein ist es aber nicht getan. Der Fachmann musste bei dem bekannten Türband erst die spielbehaftete Verbindung zwischen den Scharnierbügeln als Schwachstelle erkennen, und weiterhin feststellen, dass eine Vermeidung des Spiels die Stabilität erhöht, was mit Gleitflächen oder Kugellagern ohne Einstellmöglichkeit kaum (das würde eine Null-Toleranz-Fertigung verlangen) aber mit einstellbaren Kugellagern gut realisierbar ist. Dafür gab es im Stand der Technik keinen Hinweis. Die Scharniere mit Sektor-Kugellagern nach EP 1 234 940 A2 und CH 197 528 sind wegen ihrer mehrgliedrigen Teleskopbauweise noch weniger formstabil und tragfähig als das bekannte Scharnier nach US 2 001 356 und zeigen somit in eine andere Richtung. Einstellbare Sektor-Kugellager sind im Stand der Technik gar nicht nachgewiesen.
Um zum Scharnier nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 zu kommen, bedurfte es somit erfinderischer Überlegungen. Der Anspruch 1 hat deshalb ebenso wie die auf ihn rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 Bestand Bertl Gutermuth Dr. Kaminski Dr. Scholz Be
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Beschluss v. 09.02.2009
Az: 19 W (pat) 347/06
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