Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2009
Aktenzeichen: 23 W (pat) 1/09

(BPatG: Beschluss v. 07.07.2009, Az.: 23 W (pat) 1/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Die vorstehend genannte Patentanmeldung ist am 13. November 1996 unter Inanspruchnahme zweier japanischer Prioritäten (JP P 7-295811 vom 14. November 1995 sowie JP P 8-267566 vom 8. Oktober 1996) mit der Bezeichnung "Magnetooptischer Aufzeichnungsträger" beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet worden.

Unter Verweis auf die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften - DE 37 16 392 A1 (Druckschrift D1),

- EP 0 416 656 B1 (Druckschrift D2) und - JP 63-204533 A (Druckschrift D3)

i. V. m. zugehörigem englischsprachigem Abstract (Druckschrift D4)

ist die Patentanmeldung mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G11B vom 26. Januar 2005 (zugestellt am 25. Februar 2005) zurückgewiesen worden. Als Begründung wurde von der Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegenstand des zum Zurückweisungszeitpunkt geltenden Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Zwar sei der Anmeldegegenstand im Hinblick auf die vorstehend genannten Druckschriften neu, jedoch beruhe dieser nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns, da er sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach den Druckschriften D1 und D2 sowie unter Anwendung fachüblicher Maßnahmen ergebe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerecht eingereichte Beschwerde der Patentanmelderin vom 23. März 2005 (am selben Tag beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangen). Mit der Beschwerdebegründung vom 29. Dezember 2005 (beim Bundespatentgericht eingegangen am 30. Dezember 2005) reicht die Anmelderin neue Patentansprüche 1 bis 10 ein und führt aus, dass deren Gegenstände im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik patentfähig seien.

Mit Terminsladung vom 27. Mai 2009 ist die Anmelderin noch auf die dem Senat bekannt gewordenen Druckschriften -EP 0291 248 B1 (Druckschrift D5) und -EP 0309 202 A2 (Druckschrift D6)

hingewiesen worden, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Bedeutung sein könnten.

Zu der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2009 ist die ordnungsgemäß geladene Anmelderin nicht erschienen.

Von der Anmelderin liegt aus dem schriftlichen Verfahren sinngemäß der Antrag vor, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G11B des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. Januar 2005 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen (vgl. Gerichtsakte, Blätter 16 und 17, Absatz "5. Anträge"):

Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht am 30. Dezember 2005, ursprüngliche Beschreibungsseiten 1 bis 19 und ursprüngliche Zeichnung, 11 Blatt, Figuren 1 bis 15.

Der verteidigte Patentanspruch 1 hat hierbei folgenden Wortlaut:

"Magnetooptischer Aufzeichnungsträger,

-mit einer Aufzeichnungsschicht (5) zum Aufzeichnen von Information in Form von Markierungen,

-mit einer zusätzlichen Rückseitenschicht (7) aus weichmagnetischem Material,

-mit einer Wiedergabeschicht (3), welche auf die Aufzeichnungsschicht (5) auflaminiert ist und bei welcher die Magnetisierungsrichtung der Aufzeichnungsschicht (5) bei hohen Temperaturen auf die Wiedergabeschicht (3) übertragen wird, und -mit einer unmagnetischen Schicht (6),

-wobei die zusätzliche Rückseitenschicht (7) auf der von der Wiedergabeschicht (3) abgewandten Seite der Aufzeichnungsschicht (5) vorgesehen ist und -wobei die unmagnetische Schicht (6) zwischen der Aufzeichnungsschicht (5) und der zusätzlichen Rückseitenschicht (7) angeordnet ist."

Wegen der auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.) Es kann dahinstehen, ob die geltenden Patentansprüche 1 bis 10 zulässig sind, denn die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist nicht begründet, da sich der magnetooptische Aufzeichnungsträger des verteidigten Patentanspruchs 1 nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2009 als nicht patentfähig erweist (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 Li. Sp. Abs. 3 "Elastische Bandage").

2.) Nach Angabe der mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen übereinstimmenden Offenlegungsschrift betrifft die vorliegende Patentanmeldung einen magnetooptischen Aufzeichnungsträger in Form einer magnetooptischen Platte zur Verwendung in einer magnetooptischen Aufzeichnungsund Wiedergabevorrichtung (vgl. Spalte 1, Zeilen 3 bis 6).

Solche magnetooptischen Aufzeichnungsträger sind wiederbeschreibbare Datenträger, welche auf dem grundlegenden Prinzip beruhen, dass das verwendete magnetooptische Material im von der Anmelderin genannten Stand der Technik eine SeltenerdmetallÜbergangsmetall-Legierung (vgl. Offenlegungsschrift, Spalte 3, Abschnitt "erstes Ausführungsbeispiel", Zeilen 20 bis 35), unter einem externen magnetischen Feld 12 durch einen mittels einer Objektivlinse fokussierten Lichtstrahl 10 mit geeigneter Temperaturverteilung 13 bis an seine Curietemperatur erhitzt wird, wobei die lokale Magnetisierung des Materials verloren geht. Beim Ausschalten/Entfernen des Lichtstrahls kühlt das Aufzeichnungsmaterial ab und nimmt dann die Magnetisierung an, die ihm durch das äußere Feld aufgeprägt ist.

Beim Auslesen der als Magnetisierung gespeicherten Information wird diese durch Erhitzen mittels eines Lichtstrahls auf eine magnetische Ausleseschicht übertragen, wodurch der Polarisationswinkel von an dieser Schicht reflektiertem Licht verändert wird (Kerr-Effekt). Diese Polarisationsänderung kann als Signal aus dem Speichermedium optisch ausgelesen werden (vgl. hierzu auch Offenlegungsschrift, Spalte 2, Zeilen 22 bis 30).

Gemäß den Ausführungen in der Offenlegungsschrift geht die Patentanmeldung von einem als "Erstes Ausführungsbeispiel" bezeichneten Stand der Technik aus (vgl. Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung), wobei diese bekannte magnetooptische Platte ein Substrat 1, eine transparente, dielektrische Schicht 2, eine Wiedergabeschicht 3, eine optional aufgebrachte (erste) nicht magnetische Schicht 4, eine Aufzeichnungsschicht 5, eine Schutzschicht 8 und eine Überzugsschicht 9, die in dieser Reihenfolge auflaminiert sind, umfasst (vgl. Offenlegungsschrift, Spalte 3, Zeilen 20 bis 35).

Dieser Schichtaufbau, insbesondere mit optional vorgesehener (erster) unmagnetischer Zwischenschicht, ist beispielsweise im von der Anmelderin genannten Stand der Technik [nach Druckschrift D4] offenbart. Dieser vermittelt die Lehre, zur Verbesserung der Aufzeichnungsdichte den magnetooptischen Aufzeichnungsträger aus zwei magnetisch gekoppelten Filmen (reading layer, writing layer) auszugestalten. Die Lehre [der Druckschrift D4] umfasst ferner das dem Schichtaufbau zugehörige Lese-/Schreibverfahren mittels eines Lichtstrahls. Hierbei wird eine spezielle Temperaturverteilung im Lichtstrahlfleck genutzt. Dieses Verfahren ist dem Fachmann als magnetisch hervorgerufene Superauflösung (MSR -magnetically induced superresolution) bekannt. Bei dem Leseverfahren gemäß dem genannten Stand der Technik liegt -trotz Berücksichtigung der optionalen (ersten) unmagnetischen Zwischenschicht -die kürzestmögliche Markierungslänge im Bereich von 0,5 µm, die bei einer gewünschten Verkürzung der Markierungslänge zur Erhöhung der Aufzeichnungsdichte, beispielsweise auf 0,25 µm das Trägersignal-Rauschsignal-Verhältnis (TRV) einen ungünstigen, d. h. zu kleinen Wert annimmt (vgl. hierzu Offenlegungsschrift, Spalte 1, Zeilen 32 bis 56).

Vor diesem technischen Hintergrund liegt der vorliegenden Patentanmeldung daher die Aufgabe zugrunde, einen magnetooptischen Aufzeichnungsträger zu schaffen, mit dem selbst dann, wenn kurze Markierungen abgespielt werden, ein gutes Trägersignal-Rauschsignal-Verhältnis bei erhöhter Aufzeichnungsdichte erzielt werden kann (vgl. Offenlegungsschrift, Spalte 1, Zeilen 57 bis 61).

Diese Aufgabe wird durch den magnetooptischen Aufzeichnungsträger gelöst, wie er im geltenden Anspruch 1 angegeben ist.

Ausgehend von dem gattungsgemäßen magnetooptischen Aufzeichnungsträger mit Aufzeichnungsund Wiedergabeschicht sieht die Lehre der vorliegenden Patentanmeldung zusätzlich eine weichmagnetische Rückseitenschicht 7 vor, welche auf der von der Wiedergabeschicht 3 abgewandten Seite der Aufzeichnungsschicht 5 angeordnet und von dieser durch eine zusätzliche unmagnetische Schicht 6 getrennt ist.

Wenn von einem erfindungsgemäßen magnetooptischen Aufzeichnungsträger eine Markierung abgespielt wird, wird die Wiedergabeschicht mittels eines extern eingestrahlten Lichtstrahls 10 erwärmt, um die Magnetisierungsrichtung der Aufzeichnungsschicht 5 auf die Wiedergabeschicht 3 zu übertragen. Die zusätzliche Rückseitenschicht 7 aus weichmagnetischem Material wird dabei durch den durch die Aufzeichnungsschicht 5 erzeugten Magnetfluss nahezu rechtwinklig durchsetzt, was zu einer höheren magnetischen Feldliniendichte führt. Daher reicht der von der Aufzeichnungsschicht 5 erzeugte Magnetfluss weiter als dies ohne die zusätzliche Rückseitenschicht 7 der Fall wäre (vgl. hierzu Offenlegungsschrift, Figur 9 und Figur 10 jeweils mit zugehöriger Beschreibung), wodurch das entsprechende Signal und damit das Trägersignal-Rausch-Verhältnis im Auslesebereich (Wiedergabeschicht 3) größer wird. Da dadurch das durch die magnetischen Momente der Aufzeichnungsschicht erzeugte Magnetfeld am Auslesebereich größer wird, wird die Fläche der Wiedergabeschicht mit magnetischen Momenten, die dieselbe Richtung wie die magnetischen Momente der Aufzeichnungsschicht haben, größer. Auf diese Weise kann beim Wiedergeben von Signalen von einem magnetooptischen Träger selbst bei kurzen Markierungen, d. h. bei einer höheren Aufzeichnungsdichte, in der Aufzeichnungsschicht ein gutes Signal-Rauschverhältnis im ausgelesenen Signal der Wiedergabeschicht erzielt werden. Dieser Effekt wird durch das zusätzliche Vorsehen der unmagnetischen Schicht 6 zwischen der Aufzeichnungsschicht 5 und der zusätzlichen Rückseitenschicht 7 noch verstärkt (vgl. Offenlegungsschrift, Spalte 2, Zeilen 4 bis 21 sowie Fig. 14 mit zugehöriger Beschreibung Spalte 10, Zeilen 4ff).

3.) Der im verteidigten Patentanspruch 1 beanspruchte magnetooptische Aufzeichnungsträger beruht im Hinblick auf den Stand der Technik nach den Druckschriften D5 und D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Dieser ist hierbei als ein berufserfahrener, mit der Entwicklung von magnetischen und magnetooptischen Speichermedien vertrauter Diplom-Physiker mit Hochschulabschluss zu definieren.

So offenbart Druckschrift D5 (vgl. Fig. 8 mit zugehöriger Beschreibung) ein magnetooptisches Speichermedium mit -einer Aufzeichnungsschicht (recording film 13) zum Aufzeichnen von Informationen in Form von Markierungen,

-einer zusätzlichen Rückseitenschicht aus weichmagnetischem Material (soft magnetic film 20),

-einer Wiedergabeschicht (reproducing film 12), welche auf der Aufzeichnungsschicht befestigt ist (vgl. Seite 8, Zeilen 35 und 36, "..., and the second reproducing magnetic film 12 attached on the first magnetic film 13.") und bei welcher die Magnetisierung der Aufzeichnungsschicht bei hohen Temperaturen auf die Wiedergabeschicht übertragen wird (vgl. Seite 3, vorle Abs bis Seite 4, erster Abs), wobei -die zusätzliche Rückseitenschicht (soft magnetic film 20) auf der von der Wiedergabeschicht (reproducing film 12) abgewandten Seite der Aufzeichnungsschicht vorgesehen ist.

Hierbei subsummiert der Fachmann unter dem in Druckschrift D5 verwendeten englischsprachigen Begriff "attach" neben anderen ihm bekannten Befestigungsmöglichkeiten als gleichwertiges Herstellungsverfahren auch das "Laminieren" der jeweiligen Schichten im Sinne eines fachnotorischen Austauschmittels.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 lediglich durch das zusätzliche Vorsehen einer unmagnetischen Schicht, welche zwischen der Aufzeichnungsschicht und der zusätzlichen Rückseitenschicht angeordnet ist.

Dieser einzige Unterschied ist jedoch nicht geeignet, die erfinderische Tätigkeit des Fachmanns zu begründen. Denn ausgehend von dem -dem Fachmann im Bereich Speichermedien immer zu unterstellenden -Bestreben nach stetiger Verbesserung des Trägersignal-Rausch-Verhältnisses als Voraussetzung für die Erhöhung der Aufzeichnungsdichte, wird sich dieser im relevanten Stand der Technik nach zusätzlichen Mitteln umschauen, welche die in Druckschrift D5 als vorteilhaft offenbarte Wirkung der Signalverstärkung durch die rückseitig angebrachte Weichmagnetschicht weiter verstärken bzw. verbessern. In diesem Zusammenhang lehrt ihn die gattungsgemäße Druckschrift D6, bei magnetischen Aufzeichnungsträgern die Aufzeichnungsdichte durch Erzeugen eines höheren Wiedergabeausgangssignals - was der Fachmann mit einem besseren Trägersignal-Rausch-Verhältnisses gleichsetzt -zu erhöhen (vgl. Druckschrift 6, Seite 2, Zeilen 39 bis 41). Dies geschieht in Übereinstimmung mit der Lehre der Druckschrift D5 durch eine rückseitig angebrachte weichmagnetische Schicht, wobei hier zwischen der weichmagnetischen Schicht und der magnetischen Aufzeichnungsschicht zur weiteren Signalverstärkung in vorteilhafter Weise eine unmagnetische Zwischenschicht angeordnet ist (vgl. Fig. 3 mit zugehöriger Beschreibung Seite 4, Zeilen 4 bis 7, laminated non magnetic intermediate layer 4 i. V. m Seite 5, Zeilen 10ff). Die hierdurch erzielte Verbesserung des magnetischen Feldlinienverlaufs ist dabei unabhängig davon, ob die in der Aufzeichnungsschicht gespeicherte magnetische Information an der Auslesestelle -wie bei der Druckschrift D6 -direkt magnetisch oder -wie beim Gegenstand der Druckschrift D5 -indirekt magnetooptisch mittels Laserreflexion unter Ausnützung des Kerr-Effekts ausgelesen wird.

Folgt der Fachmann diesem Hinweis und überträgt die Lehre der Druckschrift D6 auf den magnetooptischen Aufzeichnungsträger nach Druckschrift D5 führt ihn dies zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1. Somit beruht der magnetooptische Aufzeichnungsträger des geltenden Anspruchs 1 ausgehend vom Offenbarungsgehalt der Druckschriften D5 und D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Der geltende Patentanspruch 1 ist daher nicht patentfähig.

4.) Mit dem Anspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die restlichen direkt oder indirekt auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 (BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz -Informationsübermittlungsverfahren II" m. w. N.).

Bei der dargelegten Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Dr. Tauchert Dr. Hock Brandt Maile Me






BPatG:
Beschluss v. 07.07.2009
Az: 23 W (pat) 1/09


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